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11 Optimismus – eine positive Kraft


Eine optimistische Einstellung ist nicht nur wesentlich für das Aufrechterhalten von Mitgefühl, sondern auch ganz allgemein für ein glückliches Leben. Und es gibt viele Gründe, optimistisch zu sein. Wenn wir Unangenehmes oder Leidvolles erleben, gibt es immer eine Ursache oder Bedingung, die diese Erfahrung hervorgebracht hat: Ein Mangel an Nahrung führt dazu, dass wir hungrig sind, Krankheit führt dazu, dass wir Schmerzen leiden und uns schlecht fühlen. Aber diese Ursachen und Bedingungen sind nicht permanent. Sie lassen nach oder verschwinden oft ganz, sodass unser Leiden ein Ende hat. Um beim Beispiel Krankheit zu bleiben: Es geht uns vielleicht extrem schlecht, weil wir eine bakterielle Lungenentzündung haben. Aber wenn Antibiotika die Ursache unserer Erkrankung – die Bakterien – zerstören, verschwindet auch unser Krankheitsgefühl. Selbst wenn die Beseitigung der unmittelbaren Ursache unseres Leidens nicht in unserer Macht steht – beispielsweise wenn ein geliebter Mensch gestorben ist –, wissen wir, dass der Schmerz im Laufe der Zeit nachlassen wird.

Vor einigen Jahren interviewte eine amerikanische Journalistin den Dalai Lama. Sie fragte: „Sie wirken so glücklich, aber Sie mussten vor vielen Jahren aus Ihrer Heimat fliehen und konnten bis heute nicht nach Tibet zurückkehren. Dort ereignete sich ein Völkermord und die Umwelt wurde in unglaublichem Ausmaß zerstört. Ihr Volk hat ungeheuer gelitten, sowohl die Menschen, die in Tibet blieben, als auch die, die Ihnen ins indische Exil gefolgt sind. Wieso sind Sie nicht wütend über die illegale Besetzung Ihres Landes durch die kommunistischen Chinesen?“

Der Dalai Lama schenkte ihr sein ansteckendes Lächeln und erwiderte: „Wenn ich wütend wäre, würde ich mich elend fühlen. Ich könnte nicht richtig schlafen oder essen und meine Gesundheit würde darunter leiden. Das würde niemandem helfen. Also schaue ich auf alles, was gut ist, erfreue mich daran und bleibe optimistisch.“

Die Antwort des Dalai Lama zeigt uns, dass es sogar unter schrecklichen Umständen möglich ist, optimistisch zu bleiben und sich zu freuen. Über die Segnungen des Mitgefühls für andere und für uns selbst nachzudenken, gibt uns Hoffnung und Zuversicht. Mit dieser positiven Haltung können wir geistige Muster transformieren und unsere guten Eigenschaften stärken, indem wir Mitgefühl entwickeln.

Echtes Mitgefühl bedeutet nicht, dass wir uns selbst ignorieren oder vernachlässigen. Es ist sogar sehr wichtig, dass wir Mitgefühl mit uns selbst haben: Wir sind Lebewesen, die wie alle anderen leidvolle Erfahrungen machen. Ist uns unser Wunsch, mitfühlend zu sein, bewusst, können wir auf uns selbst achten, unser eigenes Leiden anerkennen und damit umgehen. Das hat überhaupt nichts mit Selbstbezogenheit zu tun. Wenn wir selbstbezogen sind, interpretieren wir jede Situation von unserem begrenzten Standpunkt aus. Ich beziehe dann alles auf MICH, so als sei mein Glück wichtiger als das aller anderen und mein Leiden schlimmer als das aller anderen. Selbst unter katastrophalen Umständen ist es möglich, Optimismus und Lebensfreude zu bewahren, wenn man über die Segnungen des Mitgefühls für andere und sich selbst reflektiert.

Es stimmt auch nicht, dass wir leiden müssen, um echtes Mitgefühl für andere empfinden zu können. Manche Leute meinen, es sei egoistisch, auch nur das kleinste bisschen Freude zu empfinden: „Es gibt so viel Schmerz und Leid auf der Welt. Wenn ich mich davon nicht ständig niedergedrückt fühle, habe ich kein echtes Mitgefühl.“ Diese Denkweise ist jedoch falsch. Es ist nichts verkehrt daran, glücklich zu sein. Jeder von uns wünscht sich das! Es ist möglich, Freude zu empfinden, ohne egoistisch zu sein. Tatsächlich entfernt uns Mitgefühl von der Selbstbezogenheit, indem wir sowohl das Glück anderer als auch unser eigenes im Blick haben, und das vergrößert die Freude. Und diese Freude macht es uns wiederum leichter, Mitgefühl zu kultivieren.

BETRACHTUNG

Sich selbst mitfühlendes Verständnis entgegenbringen

Wie reagieren Sie, wenn Sie das Leid anderer sehen oder davon erfahren? Fühlen Sie sich schuldig, weil Sie glücklich sind, während andere leiden? Überlegen Sie, ob Sie dadurch mehr oder weniger hilfreich für andere sein können. Wenn wir von uns selbst verlangen, zu leiden, um mitfühlend sein zu können, wird uns unser Mitgefühl bald versiegen und damit ist niemandem geholfen. Schauen Sie, ob es Ihnen möglich ist, positive Gefühle zu haben – beispielsweise, sich darüber zu freuen, dass Sie in der Lage sind, sich berühren zu lassen und Empathie und Mitgefühl zu empfinden –, wenn Sie mit einer Situation konfrontiert werden, in der jemand wirklich leidet. Es kann inspirierend sein, zu erleben, dass an die Stelle unserer Schuldgefühle ein Gefühl der Fürsorge für andere tritt.

Die Weisheit eines offenen Herzens

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