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2. Kapitel
ОглавлениеAm folgenden Tag treffe ich mich mit Ava zum Frühstück. Das Wochenende wollen wir gemeinsam entspannt ausklingen lassen und versuchen, endlich einen Termin für unseren Urlaub festzulegen. Mal davon abgesehen, habe ich ihr auch noch eine freudige Nachricht zu übermitteln. Immerhin wird der Trip ja von meinen Eltern bezahlt. Das dürfte sie unglaublich freuen. Schließlich hat sie leider nicht das Privileg reiche Eltern zu haben. Dank meiner Eltern, bleiben uns beiden diese Vorzüge im Urlaub erhalten, obwohl wir mit einem Gemeinschaftspool im Wellnessbereich eines Hotels gerechnet haben.
„Also, welche Termine stehen zur Verfügung?“, frage ich sie. In mir brodelt die Vorfreude auf ihren Gesichtsausdruck, wenn ich die Bombe platzen lasse.
„Ich habe mir die Woche vor Weihnachten bis einschließlich die erste Woche im neuen Jahr freigehalten“, lässt sie mich wissen.
„Okay, das klingt doch gut. Ich wäre gerne an Weihnachten bei meiner Familie. Was hältst du also von deiner ersten Urlaubswoche? Von Montag bis Sonntag. Weihnachten ist ja erst mittwochs. Wir hätten also fünf komplette Tage, wenn man Montag und Sonntag für An- und Abreise abzieht“, überlege ich laut und werfe somit den ersten Termin in den Raum. Ava sieht mich an und nickt langsam. In ihrem hübschen Köpfchen scheint es zu rattern. Gedankenverloren nimmt sie einen Schluck von ihrem Cappuccino.
„Das hört sich gut an. Dann haben wir das Wochenende zum Packen und können montags ganz entspannt in den Urlaub starten. Mit dem Fahren wechseln wir uns dann ab. Immerhin sind es von hier bis zum Jasper National Park knapp fünf Stunden. Mit Pausen werden es also gute sechs.“
Ich kann mich nicht länger zusammenreißen und wie von selbst breitet sich ein fettes Grinsen in meinem Gesicht aus. Ava sieht mich irritiert an.
„Warum grinst du so? Habe ich Milchschaum im Gesicht?“ Sie tastet in ihrer Handtasche nach einem kleinen Kosmetikspiegel und betrachtet ihr Spiegelbild. Als sie nichts gefunden hat, klappt sie ihn wieder zusammen und wirft ihn achtlos in die offene Tasche. Ich lehne mich über den Tisch, greife nach ihren Händen und drücke sie leicht, wobei mir ihre gemachten Fingernägel in die Haut stechen Die Aufregung breitet sich kribbelnd in meinem ganzen Körper aus und ich fühle mich, als wäre ich in einen Ameisenhügel gefallen.
„Ava, ich muss dir noch was sagen.“ Ich mache eine theatralische Pause und sehe sie dabei an. „Meine Eltern haben mir gestern Abend offenbart, dass sie uns den Trip zu Weihnachten schenken werden. Mit allem, was dazugehört. Wir wohnen in einem Ferienhaus mit recht zentraler Lage, uns steht Personal zur Verfügung und einen Chauffeur haben wir auch noch. Alles Grundlegende wird von ihnen bezahlt, lediglich was wir auf den Ausflügen kaufen oder neben der Grundverpflegung haben möchten, müssen wir selbst übernehmen.“ Ich gebe ihr die Zeit, um meine Worte wirken zu lassen. Sie sieht mich einfach an, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Als sie sich nach einer gefühlten Ewigkeit immer noch nicht rührt, werde ich misstrauisch.
„Ava? Ist alles gut?“, frage ich vorsichtig und wedle mit der Hand vor ihrem Gesicht herum. „Hallo?“
Plötzlich zieht sie mich quer über den Tisch an sich und drückt mich, bis ich das Gefühl habe zu ersticken. Zum einen weil sie trotz ihrer zierlichen Statur eine ziemliche Kraft hat, zum anderen weil ich ihr Parfüm mit jedem Atemzug tief einatmen muss.
„Ob alles gut ist? Du hast mir gerade erklärt, dass ich einen gesamten Urlaub, für den ich seit Beginn des Jahres gespart habe, von deinen Eltern geschenkt bekomme! NATÜRLICH IST ALLES GUT! Es ist sogar mehr als gut! Es ist PERFEKT!“, kreischt sie mir ins Ohr und verstärkt nochmals ihre Umarmung, ehe sie mich in die Freiheit entlässt und ich gierig wie ein Ertrinkender nach Luft schnappe.
„Dir ist bewusst, dass du mich gerade fast erwürgt hättest?“ Hustend schnappe ich nach Luft.
„Und dir ist bewusst, dass ich dank dir gerade fast einen Herzinfarkt bekommen hätte?“, gibt sie die Frage an mich zurück. Ich verdrehe die Augen und nehme einen Schluck von meinem Mimosa.
„Also, dann halten wir die erste Woche von deinem Urlaub fest?“
Ava nickt und atmet tief durch.
„Mein Gott, ich könnte gerade heulen vor Freude. Jetzt kann ich das gesparte Geld anderweitig verwenden. Ich hatte mich bereits darauf eingestellt, abends eine Stunde in einer Badewanne aufzuweichen, um zumindest das Gefühl eines Whirlpools zu bekommen.“ Sie tupft sich mit den Fingern unter ihren Augen herum, als würde sie bereits versuchen, Tränen wegzuwischen, damit diese nicht ihr Make-up ruinieren.
„Zum Beispiel kannst du deinem besten Freund ein riesiges Weihnachtsgeschenk machen“, sage ich, ehe ich wieder ernst werde. „ Dann werde ich später meinen Eltern bescheid geben. Sind ja zum Glück noch knapp sechs Wochen. Sie sollen dann schnellstmöglich mit ihren Leuten in Kontakt treten und das festmachen.“
„Oh Gott, ich kann es kaum abwarten!“, quietscht Ava und greift nach ihrem Mimosa. „Auf uns, auf deine Eltern und auf den bevorstehenden Urlaub!“ Unsere Gläser stoßen klirrend aneinander und auch ich komme immer mehr in Urlaubsstimmung.
***
Die restlichen Wochen bis zu unserem Urlaub vergehen wie im Flug.
Wir haben vereinbart, dass der Trip bei mir zu Hause startet und meine Eltern haben dem Chauffeur Bescheid gegeben, dass er uns gegen acht Uhr morgens abholen soll. Mit Ava habe ich ausgemacht, dass sie gegen halb acht bei uns sein soll, damit wir nochmal in Ruhe durchgehen können, ob wir alles haben, was wir für die Woche benötigen. Eventuell wäre dann sogar noch Zeit, um eine Kleinigkeit zu frühstücken.
Überpünktlich, wie Ava nun mal ist, geht die Klingel bereits um kurz nach sieben. Die Freude auf ihrem Gesicht spricht Bände, als ich ihr die Tür öffne.
„Guten Morgen, Sonnenschein“, begrüße ich sie und ziehe sie in eine Umarmung. „Na, gut geschlafen?“ Als wir uns aus der Umarmung lösen, bewundere ich sie einmal von oben bis unten. Ihre blonden, sonst schulterlangen Haare hat sie zu einem unordentlichen Dutt hochgebunden. Außerdem trägt sie einen beigefarbenen Parka, eine klassische Bluejeans und dicke Stiefel.
„Guten Morgen! Nein, nicht wirklich, wenn ich ehrlich bin. Ich bin viel zu aufgeregt und voller Vorfreude auf diesen Urlaub“, gesteht sie. „Frag nicht, wie viel Make-up ich im Gesicht habe, um meine Augenringe zu kaschieren.“
„Verständlich. Ging mir ähnlich. Wenn ich auf drei Stunden Schlaf komme, dann ist das viel.“
„Das sieht man. Ein wenig Make-up würde dir auch nicht schaden!“
Mit einem breiten Grinsen tritt sie ein und stellt ihren Koffer neben meinen. Vorsorglich habe ich auch noch eine kleine Reisetasche gepackt und einige Snacks darin verstaut. Man weiß ja nie, wann einen der Hunger übermannt.
„Sind deine Eltern auch schon wach?“
„Ja, sie sind gerade beim Frühstück im Esszimmer. Wir haben ja noch ein bisschen Zeit. Wenn du willst, können wir noch eine Kleinigkeit essen.“ Nickend stimmt sie mir zu und wir machen uns auf den Weg zu meinen Eltern. Maria hat sich wie immer selbst übertroffen und ein tolles Buffet auf der großen Tafel bereitgestellt. Neben Obst und zwei Sorten Cornflakes, befindet sich auch ein Korb mit einer Auswahl an Brötchen und Brot auf dem Tisch. Daneben steht eine silberne Platte mit Aufschnitt und eine weitere Platte mit Käse. Gekrönt wird das ganze mit zwei großen Krügen frischem Saft. Als wir am Tisch ankommen, eilt Maria bereits mit einem weiteren Teller herbei und richtet den Platz zu meiner Linken her. Kaum hörbar bedankt sich Ava bei ihr, als sie sich an den gedeckten Platz setzt.
„Guten Morgen, Mr. und Mrs. Brown!“, begrüßt Ava meine Eltern.
„Guten Morgen, Ava. Na, freust du dich auf euren Trip?“, fragt meine Mutter und nimmt einen Schluck von ihrem Saft.
„Oh ja! Ich bin schon ganz aufgeregt. Ich konnte heute Nacht kaum schlafen.“ Ava greift nach einer Scheibe Weißbrot, hält jedoch in ihrer Bewegung inne. Statt sich eine Scheibe zu nehmen, dreht sie sich kurz weg und kramt in einer Tasche, die mir zuvor gar nicht aufgefallen ist.
„Bevor ich es vergesse, ich habe hier noch eine Kleinigkeit. Ich weiß gar nicht, wie ich mich bei Ihnen dafür bedanken soll, dass Sie uns diesen unglaublichen Trip schenken!“ Sie überreicht meiner Mutter ein doch recht großes Päckchen, das in glänzendes Papier eingepackt und mit einer roten Schleife verziert ist. Wieder einmal bin ich überrascht, was in eine Stofftasche so alles reingeht, denn von außen war dieses Geschenk noch nicht einmal zu erahnen.
„Ach, das wäre doch nicht nötig gewesen“, bedankt sich meine Mutter, lächelt ihr freundlich zu und macht sich an der Schleife zu schaffen. Währenddessen wendet sich Ava meinem Vater zu.
„Das Geschenk ist für Sie beide. Ich hoffe, es gefällt Ihnen, auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist.“
Mein Vater setzt die Kaffeetasse ab und sieht sie überrascht an.
„Bestimmt, auch wenn ich meiner Frau recht gebe. Es wäre wirklich nicht nötig gewesen. Du weißt doch, wie gern wir dich haben. Du gehörst ja praktisch schon zu unserer Familie“, erklärt er ihr und zwinkert ihr zu.
„Wow!“, stößt meine Mutter aus und blickt abwechselnd zwischen uns und dem Inhalt der Box hin und her. Sie greift hinein und holt etwas Rundes mit glänzendem Rand hervor. „Hast du das selbst gemacht?“
Ava nickt und wird ein wenig rot. Sie liebt es, handgefertigte Geschenke zu verschenken und man merkt ihr ihre Freude dabei richtig an. In all ihren Geschenken steckt viel Liebe.
„Das sieht ja richtig cool aus. Was ist das alles?“, frage ich sie.
„Das ist eine Sauna-Torte. Die Mitte ist aus zwei großen Handtüchern für den Saunabesuch geformt. Die Deko besteht aus drei Fläschchen mit verschiedenen Düften für den Aufguss und verschiedenen Wellness-Tees und drum herum ist Schokolade für zwischendurch“, erklärt Ava stolz.
„Das ist wirklich sehr schön. Und so nett! Das wäre aber nicht nötig gewesen, Ava“, bedankt sich meine Mutter.
„Ich bin Ihnen für den Trip einfach unendlich dankbar. Deshalb wollte ich mich dafür revanchieren. Ohne Sie würden Nico und ich jetzt nicht in den Genuss eines Chauffeurs und eines hauseigenen Wellnessbereichs kommen. Und was gibt es Schöneres, als nach einem ausgiebigen Spaziergang oder einer Wanderung in einen Whirlpool zu steigen?“ Ava lacht in die Runde und nimmt schließlich einen Schluck Kaffee.
Die verbleibende Zeit bis zur Ankunft unseres Chauffeurs vergeht wie im Flug, dementsprechend gehetzt sind wir, als es pünktlich um acht Uhr an der Tür klingelt.
„Ihr habt alles?“, fragt meine Mutter und wir bejahen synchron ihre Frage. „Wunderbar. Dann wünsche ich euch eine wundervolle Zeit. Genießt die Eindrücke und lasst es euch gut gehen.“ Sie drückt uns zum Abschied und auch mein Vater lässt sich ein Schulterklopfen nicht nehmen.
Als wir aus der Tür treten, verschlägt es mir den Atem und nur mit Mühe bringe ich genügend Konzentration auf, um nicht zu stolpern. Unser Chauffeur ist kein alter Mann mit Bierbauch. Nein. Er ist jung, hat blonde, kurzrasierte Haare, sein Gesicht ziert ein gepflegter Bart und er sieht in seinem Anzug einfach umwerfend aus. Um mir nichts anmerken zu lassen, wende ich umgehend meinen Blick von ihm ab und bringe Avas und meinen Koffer zum Kofferraum.
„Guten Morgen, ich bin Logan Taylor und stehe Ihnen für die gesamte Dauer Ihres Ausflugs zur Verfügung“, stellt sich der junge Mann vor und Ava schüttelt entzückt seine Hand, ehe ich es ihr notgedrungen gleich tue. Sein Händedruck ist fest und doch hat er zugleich auch etwas Sanftes. Er sieht mich mit seinen haselnussbraunen Augen an und ich habe das Gefühl, er würde mir dabei direkt in die Seele blicken. Der Händedruck kommt mir ein wenig zu lang vor, oder bilde ich mir das nur ein? War die Begrüßung bei Ava ebenso lang wie bei mir? Oder länger? Abwesend entziehe ich langsam meine Hand und sehe Ava an, die mich etwas verwirrt mustert.
Der skeptische Blick meiner Mutter entgeht mir nicht. Sie beäugt unseren Chauffeur von oben bis unten und zieht unmerklich eine Augenbraue in die Höhe.
„Also dann, auf geht’s!“, gebe ich schnell den Startschuss für unseren Ausflug und möchte Ava schon die Tür aufhalten, als mir Logan lächelnd zuvorkommt. Im Moment möchte ich so schnell wie möglich los. Nicht nur, weil ich mich so auf unseren Urlaub freue, vielmehr ist es die Tatsache, dass ich nicht möchte, dass meine Mum einen doofen Spruch Logan gegenüber loslässt.
Apropos Logan.
Wie ich diesen Anblick die nächsten Tage überstehen soll, weiß ich leider nicht, doch ganz ehrlich?
Es gibt durchaus Schlimmeres!
***
Die ersten zwei Stunden vergehen wie im Flug. Ava und ich sitzen auf dem Rücksitz und sehen uns auf den Bildschirmen in den Nackenstützen vor uns Frozen an, um die Zeit ein wenig zu überbrücken. Da meine Eltern nicht geknausert haben, was den Service angeht, mangelt es uns auch nicht an Bequemlichkeit. Sitzheizung, Massage-Sitze und – die absolute Krönung – eine Flasche Champagner auf Eis. So lässt sich eine knapp sechsstündige Autofahrt aushalten. Klar, wenn die Flasche leer ist, dann ist sie leer, doch wir hatten ja auch nicht vor betrunken in unseren Urlaub zu starten.
So genießen wir die Fahrt, bewundern die Landschaft und diskutieren über alles, was wir noch nicht bis ins kleinste Detail durchdiskutiert haben. Als wir dann aber nach einer kurzen Pause keine Themen mehr haben, über die wir uns unterhalten können, schreibe ich Ava kurzerhand eine Textnachricht.