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Sind wir uns da ganz sicher?
ОглавлениеDas war die erste »Unschärferelation« und die, die am häufigsten zitiert wird: Man kann nie den Ort und den Impuls eines Teilchens gleichzeitig kennen, und wenn man eines von beiden kennt, verliert man jegliche Gewissheit bezüglich des anderen. Im Lauf der Entwicklung der Quantentheorie entdeckten wir andere Paare von Eigenschaften, die alle miteinander verknüpft sind (einigen davon werden wir später begegnen), aber Heisenbergs Original erschütterte dennoch die Grundlagen der Physik.
Grob gesagt, behauptet die Quantentheorie, dass es unmöglich ist, alles über ein Objekt zu wissen, weil es immer etwas geben wird, was wir nicht messen können. Wenn man genug über eine Eigenschaft weiß, verliert man automatisch Informationen über etwas anderes.
Newtons Sichtweise des Universums, derzufolge wir die Zukunft kennen, indem wir die Gegenwart kennen, wird von einem an Heuschnupfen leidenden Mathematikfreak niedergemetzelt. Man kann nicht alles über die Gegenwart wissen, daher gibt es auch nie eine korrekte Vorhersage der Zukunft. Nie.
Manchmal wird das heisenbergsche Unschärfeprinzip falsch dargestellt, indem man sagt, dass unsere Messgeräte nicht gut genug sind, um alle Eigenschaften eines Teilchens zu kennen, aber das läuft ins Leere. Es spielt keine Rolle, wie gut wir einen Detektor konstruieren, und es spielt auch keine Rolle, mit welcher Genauigkeit wir eine Messung vornehmen. Wir können die Eigenschaften eines Teilchens nie völlig präzise angeben, weil es nicht ausschließlich ein Teilchen ist, sondern auch eine Welle.
Ein Elektron nach seinen Teilcheneigenschaften zu fragen ist wie die Frage: »Welcher Buchstabe ist Krieg und Frieden?« oder »Welche Farbe hat ein Regenbogen?« Es ist der Versuch, etwas einzugrenzen, das nicht eingegrenzt werden kann.
Wie Heisenberg selbst sagte: »Wir können die Gegenwart prinzipiell nicht in all ihren Einzelheiten kennen.«27 Die Quantentheorie zwingt uns, Newtons Traum der genauen Vorhersage der Zukunft aufzugeben.
In der Alltagswelt ist es einfach zu wissen, wo sich ein Gegenstand befindet und wie schnell er sich bewegt. Das bildet in der Tat die Grundlage von jedem Sport. Ein Quantenbasketballspiel wäre völlig undurchführbar (obwohl urkomisch), weil, wenn wir einen Ball mit einem bekannten Impuls werfen, wir nicht mehr sicher sein könnten, wo er ist. Er würde zu einer ballartigen Wolke in der Luft verschwimmen und, obwohl wir zusehen könnten, wie schnell sich diese Wolke bewegt, könnten wir nicht genau angeben, wo wir stehen müssten, um sie zu fangen. Der einzige Grund, warum wir das Unschärfeprinzip in unserem Alltagsleben nicht bemerken, besteht darin, dass wir sehr groß im Vergleich mit der Größe von »Unschärfewolken« sind. Es bereitet zwar keine Probleme, wenn wir alltägliche Aufgaben erledigen, aber wenn wir Messungen an einem einzelnen Teilchen vornehmen wollen, stoßen wir auf eine Mauer von Unwissenheit.
Das bedeutet auch, dass ein Teilchen nie zum Stillstand gebracht werden kann. Wenn ein Elektron bei seiner Bewegung um einen Kern anhalten würde, hätte es eine eindeutig bestimmte Position und einen einzigen Impuls (null). Es würde sich nur wie ein Teilchen verhalten, und sein Wellencharakter würde verschwinden. Das geschieht aber nicht, und deshalb müssen die Teilchen in unablässiger Bewegung sein.
In Heisenbergs eigenen Worten:
»Daher wurde es fast drei Uhr nachts, bis das endgültige Ergebnis der Rechnung vor mir lag. … Im ersten Augenblick war ich zutiefst erschrocken. Ich hatte das Gefühl, durch die Oberfläche der atomaren Erscheinungen hindurch auf den tief darunterliegenden Grund von merkwürdiger innerer Schönheit zu schauen, und es wurde mir fast schwindlig bei dem Gedanken, dass ich nun dieser Fülle von mathematischen Strukturen nachgehen sollte, die die Natur dort unten vor mir ausgebreitet hatte. Ich war so erregt, dass ich an Schlaf nicht denken konnte. So verließ ich in der schon beginnenden Morgendämmerung das Haus und ging an die Südspitze des Oberlandes, wo ein allein stehender, ins Meer vorstehender Felsturm mir immer schon die Lust zu Kletterversuchen geweckt hatte. Es gelang mir ohne größere Schwierigkeit, den Turm zu besteigen, und ich erwartete auf seiner Spitze den Sonnenaufgang.«28