Читать книгу Können wir auf Gravitationswellen surfen? - Tim Ruster - Страница 10
Auf Wolken schweben: Ferien auf der Venus
ОглавлениеUnser Nachbarplanet Venus wurde von den Weltraumtourismusanbietern lange verschmäht. Zu schlecht war das Image des Planeten, der immerhin den Spitznamen »Höllenplanet« trägt – und das nicht ganz zu Unrecht: Auf der Oberfläche der Venus mit ihren 465 Grad kommen selbst hitzeerfahrene Reisende ins Schwitzen. Auch nachts wird es nicht kühler, da die Venus über eine äußerst dichte Atmosphäre verfügt. Hinzu kommen weitere Aspekte der Venusgeologie, die von vielen Touristen als unangenehm empfunden werden: Mindestens 37 aktive Vulkane sind über die Planetenoberfläche verteilt. Das gesamte Terrain wirkt lebensfeindlich und ist geprägt von erstarrten Lavaflüssen. Aus den dichten Venuswolken regnet es oft – allerdings kein Wasser, sondern Schwefelsäure. Versuche aus der Anfangsphase des Venustourismus, diesen Säureregen als Attraktion zu vermarkten, können als gescheitert betrachtet werden und wurden von einigen Besuchern sogar als »ätzend« bezeichnet.
Findigen Reiseanbietern ist es zu verdanken, dass die Venus heutzutage trotz dieser widrigen Umstände als beliebter Urlaubsort gilt. Denn die touristischen Aktivitäten auf unserem Nachbarplaneten finden nicht mehr auf seiner Oberfläche statt, sondern weit oben in den Wolken. In einer Höhe von 100 Kilometern über der Planetenoberfläche finden Reisende angenehme Temperaturen von um die 30 Grad vor und können in einem der zahlreichen schwebenden Wolkenhotels den Ausblick auf die höllische Oberfläche genießen.
Ökologisch interessierte Reisende können sich einem der zahlreichen SETI-Projekte auf der Venus anschließen. SETI steht für »Suche nach extraterrestrischer Intelligenz« und erfreut sich auf der Venus besonders großer Beliebtheit, da außerirdische Lebensformen in der Venusatmosphäre grundsätzlich für möglich gehalten werden. Seit im Jahr 2019 ein Forschungsteam der Universität Cardiff verkündete, in der Venusatmosphäre eine ungewöhnlich hohe Menge der auf der Erde meist biologisch entstehenden Substanz Phosphan entdeckt zu haben, ist ein wahrer Wettlauf um den Beweis für Leben auf der Venus entbrannt. Wer also nicht den ganzen Tag im Hotel verbringen möchte, kann sich an den überall angebotenen biochemischen Analysen der Venusatmosphäre beteiligen und vielleicht als Entdecker von außerirdischem Leben in die Geschichtsbücher eingehen.
Obwohl ein dauerhafter Aufenthalt auf der Oberfläche der Venus nicht empfohlen wird, gibt es Extremsportanbieter, die Tagestouren zu den bekanntesten Naturschauplätzen des Planeten anbieten. Empfehlenswert ist der Aufstieg zum Maat Mons, dem höchsten Berg und Vulkan der Venus. Mit einer Gipfelhöhe von rund 8 Kilometern liegt ein Vergleich zum irdischen Mount Everest nahe – Reisende sollten allerdings einplanen, dass die Temperaturen rund 400 Grad höher sind und der Maat Mons noch aktiv ist, also jederzeit ausbrechen könnte. Sprechen Sie Ihren Touranbieter unbedingt darauf an, ob er für diese Risiken vorgesorgt hat!
GEHEIMTIPP
Im Rahmen des Venera-Programms schickte die Sowjetunion in der Zeit von 1961 bis 1983 mehrere Sonden zur Venus, wovon einige sogar Landegeräte zur Oberfläche mitführten. Venusbesucher, die sich für die Geschichte der Raumfahrt interessieren, können im Rahmen einer Tagestour diese sowjetischen Landegeräte besichtigen. Besonders interessant sind die Überreste von Venera 9, die im Jahr 1975 erstmals Bilder von der Venusoberfläche und damit erstmals direkte Bilder von der Oberfläche eines anderen Planeten überhaupt zur Erde sendete. Aber Achtung: Die extremen Bedingungen der Venus haben deutliche Spuren an den Gerätschaften hinterlassen, sodass nicht mehr allzu viele Details erkennbar sind.