Читать книгу Il Maestro - Tim Siegler - Страница 6
3.
Оглавление… Lisabella! , schoss es ihm immer wieder durch den Kopf. Diese eine, seine große Liebe für die er sein Leben geopfert hätte. Seit nunmehr über 10 Jahren hatte er nichts mehr von ihr gehört. Keine Aufnahmen, nicht einmal ein Foto in einer dieser ihm verhassten Schmierblätter des Boulevardjournalismus. Einfach nichts. Er mochte nicht daran denken, aber es könnte doch auch sein, dass sie gar nicht mehr am Leben war. Das darf nicht sein! , wischte er sich über sich selbst ärgernd diese Gedanken des Grauens schnell fort. Die Turmuhr unten im Dorf schlug gerade die zehnte Stunde des Tages und so begann er sich wieder auf seinen ermüdenden, immer gleichen Tagesablauf zu besinnen. Pünktlich mit dem Schlag der genannten Uhr tauchte die Magd auf dem kleinen Anstieg zu seinem Haus auf. Sie trug seit jeher immer ein bäuerliches Gewand und hatte mit dem selbst geflochtenen Korb auf ihrem Rücken ihre liebe Mühe. Nun, sie war nicht mehr die Jüngste, aber für den Maestro die einzige Abwechslung des Tages. Ihr Korb war für gewöhnlich randvoll. Lebensmittel stapelten sich neben Dingen des häuslichen Gebrauches und natürlich hatte sie auch an seine Tageszeitungen gedacht. Es war immer dieselbe Prozedur. Der Maestro nahm sich erst die regionale Tageszeitung vor, darauf folgten die größte Italienische und die Britische. Anschließend lass er die Tageszeitung der Deutschen und zum Abschluss und weil er die Sprache der Franzosen als Zweitsprache perfekt beherrschte den „Liberation“. Er war durch seine zahlreichen Konzertreisen ins Ausland vertraut mit der Schreibweise der Kritiker verschiedenster europäischer Staaten. Nur die amerikanische Presse langweilte ihn. Wie er auch ansonsten eine recht negative Einstellung gegenüber der überseeischen Staaten hatte. Schon während seiner Karriere war er nur einmal in den USA aufgetreten und das war nur einen Kurzbesuch in New York wert. Dennoch war er sich sicher, dass auch die Menschen in Amerika seine Stimme kannten oder gekannt hatten. Nur beweisen, nein beweisen konnte er es nicht.
„Buongiorno!“, rief ihm die Magd erschöpft zu, als sie am Haus angekommen war. „Wie geht es ihnen heute Maestro? Ist das nicht ein herrlicher Tag dieses besonders schönen Frühlings?“.
„Wie sie meinen.“, winkte er desillusioniert ab. „Er ist wie der gestrige, der vorgestrige und der vor vorgestrige Tag auch. Ich habe mich nicht verändert, sie haben sich nicht verändert, die Welt ist auch noch die gleiche.“
„Aber Maestro, kommen sie! Die Vögel zwitschern herrlich und es riecht nach dem ersten frisch gemähten Gras. Man bekommt sofort Frühlingsgefühle wenn man nicht aufpasst.“
„Ach was… Nun denn, ich verspüre solche Gefühle nicht mehr. Ich kann mich auch nicht daran erinnern jemals solche Gefühle empfunden zu haben.“. Bis auf dieses eine Mal... , begann er in diesem Moment zu denken.
Die Magd ging durch die geöffnete Tür der Stube und stellte ächzend den Korb auf den Tisch aus rustikalem Eichenholz. Der Maestro folgte ihr, stellte die Tasse auf dem Herd ab und begann die Zeitungen in all dem Sammelsurium verschiedenster Köstlichkeiten und anderen Dingen zu suchen.
„Ich werde erst einmal lüften“, verkündete die Magd und begann voller Tatendrang die fünf alten Fensterläden des einstöckigen Hauses aufzureißen. Der Maestro schüttelte wie immer den Kopf. Er bewunderte den Aktionismus der Magd und die Hingabe mit der sie ihm im Haushalt half.
„Maestro, singen Sie heute für mich? Bitte!“ fragte die Magd. Es war ein altes Spiel zwischen den beiden. Jeden Tag wenn die Magd zu ihm kam fragte sie ihn, ob er nicht wenigstens einmal für sie singen würde. Er verneinte stets und so gingen schon viele Jahre ins Land, ohne dass sie auch nur einen Ton ihres Maestros zu hören bekam. Natürlich verneinte er auch dieses Mal ihre Bitte. Stattdessen ging er wieder hinaus auf die Bank vor seinem Haus und begann mit der Lektüre seiner Zeitungen. Dies würde immerhin an die zwei Stunden dauern und bis dahin hatte die Magd sicherlich sein Mittagessen bereitet. Eines musste er ihr hoch anerkennen. Ihre Kochkünste waren die einer italienischen Mamma. Nicht ohne Grund war sein Körperumfang in den letzten zwei Jahrzehnten beachtlich gewachsen. So ließ er sie im Haus werken und setze sich seufzend in die Frühlingssonne.