Читать книгу Vergisst mich Gott, wenn ich Gott vergesse? - Tim van Iersel - Страница 12
Gottes Antwort
ОглавлениеEs ist besser zu fragen: Was ist Gottes Antwort auf das Leiden?
Die Menschwerdung und die Auferstehung Jesu sind lebendige Beweise für Gottes Liebe und seine Macht. Hier lässt Gott erkennen, wie er uns liebt und mit uns sein will. Diese Liebe motiviert uns, Glaubensgemeinschaften zu bilden, wie es in der frühen Kirche geschah. In solchen Gemeinschaften können wir klagen, Fragen stellen, aber auch Vertrauen wagen und einander in Krankheit und Leid tragen.
In diesen Gemeinschaften teilen wir Brot und Wein. Gerade dabei erfahre ich immer öfter die Liebe und die Macht Gottes, der uns so nahe kommt.
Als Kind konnte ich wenig mit dem Abendmahl anfangen. Wenn mein Bruder und ich zu Hause, bevor wir in die Kirche gingen, vier anstelle von drei Süßigkeiten auf der Anrichte liegen sahen, sagten wir uns: „Heute gibt es also Abendmahl.“ Wir bekamen eine extra Süßigkeit, um den (längeren) Gottesdienst zu überstehen. Als Kinder durften wir nicht teilnehmen und das Abendmahl bedeutete nur Langeweile.
Heute ist das anders. Das Abendmahl zu feiern ist für mich zu einer intensiven Erfahrung geworden. Jetzt bin ich selbst Pfarrer und darf das Brot mit den Bewohnern in Pflegeheimen teilen. Nach den Worten Jesu bei seinem letzten Mahl und nach dem Brechen des Brotes darf ich zu jedem Anwesenden gehen und das Brot reichen. Das berührt mich tief. Ich muss mich dabei im wahrsten Sinne des Wortes hinunterbeugen zu den Menschen, die in einem Rollstuhl sitzen oder nicht mehr aufstehen können. Das Hinabbeugen geschieht, um einander auf Augenhöhe zu begegnen, in liebevoller Verbundenheit. Das Abendmahl ist das Zeichen der Verbundenheit mit Jesus, der sich uns schenkt. Und das Zeichen der Verbundenheit miteinander als Gemeinschaft.
Da kann es geschehen, dass wir Gott begegnen und ihn sehen inmitten von Krankheit und Trauer. Manchmal wird uns das erst im Nachhinein bewusst, so wie den Emmausjüngern15, die erst spät erkennen: Er ist da. Als Jesus nach dem Teilen des Brotes verschwunden war, sagen die zwei Emmausjünger, die traurig mit Jesus unterwegs gewesen waren und ihn nicht erkannt hatten: „Brannte nicht unser Herz, da er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete?“16 Erst da erkannten sie ihn!
Gott ist groß, manchmal unbegreiflich, mächtig und Ehrfurcht gebietend – und gleichzeitig unbegreiflich nahe. Immanuel, Gott mit uns, den wir fragen und vor dem wir klagen dürfen. Er sieht und hört und kennt uns.
Ich habe keine Antwort auf die Frage nach dem Warum.
Aber ich will diesem persönlichen Gott vertrauen und seine Liebe mit anderen teilen, in einer Gemeinschaft, die Trauer und Leid aufnimmt und trägt als Leib Christi. Und die um seine Wiederkunft bittet: Komm, Jesus, schnell: Maranatha!