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Tag 3 – Dienstag, 1. August

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Wie erwartet gewann ich die Wette: Sam erschien am nächsten Tag erneut. Das Thermometer war bereits am frühen Morgen auf über dreißig Grad geklettert, und die schwüle Luft hatte sich in eine stechende, trockene Hitze verwandelt. Ich empfand das als Erleichterung, aber damit war ich allein auf weiter Flur: Die brennende Sonne ließ die Pflanzen erschlaffen, machte Frau Berger leidend und Kasimir lethargisch.

Ich hatte um zehn Uhr einen Termin gehabt, eine junge Frau. Ihre Frage war eine 'Wie'-Frage gewesen, und es hatte mich viel Geduld gekostet, mit diesem geistigen Vakuum einen Weg auszuarbeiten, der sie an ihr ersehntes Ziel führen konnte. Menschen mit wenig Fantasie waren die schlimmsten, wenn es um 'Wie'-Fragen ging, da ihnen nichts ferner lag, als Alternativen zu finden. Sie reduzierten alles auf ein dickköpfiges 'Warum denn nicht?', und es gab nichts, was mehr bremste. Als ich den bitteren Nachgeschmack ihres Magens mit einem zweiten Glas Wasser aus meinem Mund spülte, erschien Frau Berger im Konsultationszimmer. Sie stemmte die Hände in die Hüften und starrte mir über die Kamera in der Deckenlampe direkt ins Gesicht.

»Er ist wieder da«, sagte sie, die Stimme vibrierend vor mühsam beherrschter Empörung. »Man könnte glauben, er wolle Ihnen den Hof machen. Er hat diesmal gar nicht geläutet, er lehnt an diesem rostigen Auto und ...«

»Raucht?«, ergänzte ich.

Sie nickte. »Auch. Und er hat die Dame angesprochen, die gerade bei Ihnen war.«

Ich horchte auf. »Holen Sie ihn rein.«

»Kein Wasser«, sagte Frau Berger streng, als wäre das die finale Höchststrafe. Was bei diesem Wetter vielleicht sogar zutraf - mehr aber noch war es Frau Bergers Zeichen dafür, dass Sam kein willkommener Kunde mehr war.

Ich nickte. »Kein Wasser.«

Sam kam herein, setzte sich, sein Notizbuch schon in der Hand.

»Wie viel Zeit habe ich noch übrig?«, erkundigte er sich, ich sparte mir mein sonst obligatorisches Kundenlächeln.

»Fünf Minuten.«

»Fünf? Sie haben gestern ...«

»Fünf Minuten«, unterbrach ich ihn. »Zum Ersten sind Sie gestern abgehauen, als ich Sie eingeladen habe, zu bleiben und Ihre Fragen zu stellen. Zum Zweiten machen Sie meiner Freundin Angst, wenn Sie vor der Tür herumlungern. Und zum Dritten: Was erlauben Sie sich, meine Kundschaft zu belästigen? Sie bekommen fünf Minuten. Nutzen Sie sie.«

Sam blickte finster in die Kamera. Die Rasur war mittlerweile zwei Tage überfällig, die Haare so aufgeplustert, als hätte er sie sich die ganze Nacht gerauft, und unter seinen Augen lagen unübersehbare Ringe. Er schien das Hemd von gestern zu tragen, darüber ein kratziges Tweed-Jackett, das eher etwas für kalte Herbsttage war als für diese Hitzewelle im Hochsommer. Vielleicht bescherte sein drohender Tod ihm Gänsehaut.

»Ihnen macht das Spaß, oder?«, fragte er. »Mich zu quälen.«

»Nein. Aber Sie haben gelacht, wollten mich nicht ernst nehmen. Was sollte ich tun? Sie anbetteln?«

»Schon gut«, gab er zurück.

»Also, haben Sie Fragen? Neue Fragen?«

»Ja.«

»Dann los, Ihre Zeit läuft.«

Ich aktivierte die Uhr, Sam blickte in seine Notizen.

»Warum sollte ich Ihnen weitere Fragen stellen?«

Ich nickte, denn damit war Sam schon eher auf dem richtigen Weg. »Da Sie so Ihr Schicksal ändern können.«

»Das geht?«

Ich seufzte, weil er grundlegende Dinge nicht wusste. Und weil er nicht nachgedacht hatte, oder besser: weil er nicht weit genug gedacht hatte.

»Ja, natürlich. Stellen Sie sich vor, Sie fliegen morgen in Urlaub und ich sage Ihnen, dass das Flugzeug abstürzen wird. Steigen Sie dann ein?«

»Wenn ich an so was glaube – nein.«

»Und damit hätten Sie Ihr Schicksal geändert. Sie würden morgen nicht durch einen Flugzeugabsturz sterben können, wenn Sie kein Flugzeug betreten.«

»Aber ich würde sterben.«

»Irgendwann, ja. Und sobald Sie den Entschluss gefasst hätten, nicht in dieses Flugzeug zu steigen, würde ich die nächste Falltür sehen, die der Tod für Sie bereithält. Das könnte ebenfalls morgen sein, weil Sie statt des Flugzeugs die Bahn nehmen und die in einen Güterwagen rast – oder erst in sechzig, siebzig Jahren.«

»Also sind diese Schüsse am 10. August meine nächste Falltür?«

»Ja.«

»Dann muss ich versuchen, diesen Schüssen zu entgehen.« Sam klappte sein Büchlein wieder zu. »Gut. Ich werde mich nicht erschießen lassen.«

Ich runzelte die Stirn, denn das hatte endgültig geklungen: Vielen Dank für die Auskunft, dann ist ja alles geklärt. Das sah ich anders.

»Meinen Sie, es genügt, wenn Sie sich vornehmen, am 10. August etwas besser auf sich aufzupassen?«

»Tut es das nicht?«

Ich verzog skeptisch den Mund. »Möglicherweise. Aber ich denke, dass das zu wenig ist.«

»Ich nicht.«

Sam klang sehr sicher, und ich hätte ihn damit gehen lassen können. Doch ich tat es nicht. Und erinnerte mich an Sams Todesmoment: ein dämmeriges Zimmer, eine schemenhafte Person, helle Lichtblitze. Sam hatte bisher nicht nach Details gefragt, und das wunderte mich. Ich würde es wissen wollen, dachte ich, und zwar alles. Wie lange dauert es. Habe ich Schmerzen. Kann ich noch etwas sagen. Was sage ich. Bin ich allein. Habe ich Angst.

»Wollen Sie gar nicht wissen, wie es passiert?«, fragte ich, Sam verzog den Mund.

»Nicht unbedingt. Finden Sie das wichtig?«

»Ja, durchaus«, sagte ich. »Wenn Sie die Schüsse umgehen wollen. Kurz zusammengefasst läuft es so ab: Sie betreten eine Wohnung. Dort sprechen Sie mit einem Mann, er zieht eine Waffe und bedroht sie. Sie sind überrascht, erschrocken. Er schießt, Sie sterben.«

»Und was ist daran nun wichtig? Der Mann?«

»Alles. Der Mann, Ihre Überraschung, die Schüsse.«

Sam lächelte, und ein neuer Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. Erleichterung? Ja. Plus ein bisschen Überlegenheit und Überheblichkeit.

»So kann es ja jetzt nicht mehr laufen«, sagte er.

»Warum nicht?«, erkundigte ich mich, Sam sah drein, als wäre das die dümmste Frage des Jahrhunderts.

»Ich weiß doch jetzt, was geschehen wird. Und wäre nicht mehr überrascht über die Waffe. Wenn ich nicht überrascht bin, verläuft die ganze Szene anders.«

»Nicht unbedingt«, antwortete ich, und wischte damit die überhebliche Erleichterung aus seinem Gesicht.

»Warum?«

»Nun«, setzte ich an, »Sie denken, dass Sie Ihr Schicksal schon dadurch geändert haben, dass Sie nun damit rechnen, bedroht zu werden. Sie glauben, weil sie anders reagieren, werden die Schüsse nicht fallen. Ist das in etwa korrekt?«

»Ja.«

»Das ist Blödsinn. Was, wenn dem Mann egal ist, wie Sie reagieren? Ob Sie erschrecken oder nicht? Wenn er den Auftrag hat, Sie zu töten? Oder auch nur den Willen? Dann schießt er, egal was für ein Gesicht Sie ziehen.«

Sam gab ein Knurren von sich.

»Also können Sie immer noch genauso sterben, wie ich es gesehen habe«, fuhr ich fort. »Und: Sie können nicht planen, nicht überrascht zu sein. Überraschung ist ein Gefühl, es kommt von allein. Sie müssen andere Dinge ändern, um sich zu retten. Entscheidende Dinge. Dinge, auf die Sie wirklich Einfluss haben.«

Sam dachte darüber nach, die Uhr stand bei neunzig Sekunden.

»Okay, ich verstehe«, antwortete er schließlich. »Was sagten Sie eben, wo werde ich erschossen?«

»In einem Zimmer in einer heruntergekommenen Wohnung. Es ist dämmerig darin, ich konnte nicht viel erkennen.«

»Gut. Wie wäre es, wenn ich fremde, düstere Wohnungen meide? Mich in einen Park setze? In die Sonne?«

»Kommt ein Auto vorbei und entführt Sie.«

»Haben Sie gesehen, dass mich jemand entführt?«

»Nein. Sie haben das Zimmer aus freien Stücken betreten. Dann fielen die Schüsse. Aber wenn Sie sich nur etwas anders verhalten, können Ihre Mörder ebenfalls umdisponieren. Das Zentrale ist Ihr Tod.« Ich sah Unverständnis in seinem Blick. »Konzentrieren Sie sich nicht auf die Schüsse, auf den Raum oder die Tageszeit«, betonte ich nochmals, »sondern darauf, dass Sie umgebracht werden sollen. Die Methode ist nebensächlich, ebenso der Ort oder die Zeit. Man könnte Sie auch zwingen, dieses Zimmer zu betreten, wenn Sie nicht freiwillig kommen, diese Wohnung aber unbedingt der Tatort sein soll.«

»Mich zwingen? Wie denn?«

»Jeder hat etwas, mit dem man ihn erpressen kann. Wenn man drohen würde, Ihre Mutter umzubringen, Sie das aber verhindern können, wenn Sie zu einer bestimmten Adresse kommen, dann werden Sie gehen. Und betreten freiwillig einen Raum. In dem man auf Sie schießt.«

Sam sah nicht überzeugt aus, was entweder an seiner Frau Mama oder meinen Argumenten lag. Ich seufzte und versuchte es ein letztes Mal.

»Sie können Ihr Schicksal nicht ändern, wenn Sie nur solche Kleinigkeiten angehen. Wie zu glauben, man könne Sie nicht mehr überraschen, oder sich in die Sonne zu setzten.«

»Dann sagen Sie mir, wie ich es machen soll.«

Die Stoppuhr signalisierte mit einem leisen Piepsen, dass Sams Zeit abgelaufen war, ich brachte sie zum Schweigen.

»Was war das?«, erkundigte er sich.

»Ihre Zeit ist um.«

»Ich bin aber noch nicht fertig!«

»Oh doch. Ich habe Ihnen für Ihre 9.999 Euro eine 'Was'-Frage beantwortet: Was passiert am 10. August«, entgegnete ich, langsam am Ende meiner Geduld. »Jetzt haben Sie eine neue Frage: Wie kann ich verhindern, dass ich am 10. August sterben werde? Eine neue Frage erfordert eine neue Sitzung. Eine weitere Stunde.«

»Warum?«

Seine Stimme klang herausfordernd.

»Weil Sie Ideen haben müssen. Beispiel Flugzeugabsturz: Nicht fliegen. Das wäre einfach. Beispiel 'nicht ermordet werden': Das ist komplizierter. Sie müssen sich überlegen, was Sie tun werden – nicht gern tun würden oder vielleicht tun könnten, sondern wirklich tun können und tun werden. Sie sind kein zufälliges Opfer, Sie werden gezielt getötet. Finden Sie den Grund, bringen Sie etwas ins Rollen, verändern Sie etwas Wichtiges. Dann kann ich erneut in Sie hinein sehen und schauen, ob das geholfen hat.«

»Ob die Falltür weg ist?«

»Ja. Ich werde wissen, ob Ihre Maßnahmen greifen, oder ob Sie nur anders sterben. Sicher möchten Sie am 10. August genau so wenig erstochen oder erdrosselt werden?«

»Ertränkt auch nicht«, sagte er, ich dachte an dreckiges Flusswasser in meinem Mund, schauderte – was er bemerkte und mich ärgerte. Das hier lief ganz und gar nicht so, wie es üblich war. Wie es gut war. Ich antwortete nicht, sah ihn nur an. Wartete ab.

»Eine weitere Stunde?«, fragte Sam schließlich, ich nickte.

»Ja.«

»Für 9.999 Euro?«

»Ja.«

»Wo soll ich das Geld hernehmen?«

»Jeder hat 9.999 Euro. Verkaufen Sie etwas. Wenn Sie tot sind, können Sie es eh nicht mehr ausgeben.«

»Was soll ich verkaufen? Mein Auto? Meine Wohnungseinrichtung?«

Ich verzog den Mund. »Wenn Ihre Wohnung im gleichen Zustand ist wie Ihr Auto, sollten Sie noch was anderes in der Hinterhand haben.«

Sam merkte auf.

»Was haben Sie gegen mein Auto?«, fragte er, ich schüttelte amüsiert den Kopf. Er hatte die Mörder im Nacken und sorgte sich darum, was sein fahrbarer Untersatz für einen Eindruck machte!

»Es ist eine Schande für seine Zunft«, gab ich zurück. »Es hat die billigsten Stahlfelgen drauf, die man auf dem Schrottplatz bekommen kann, der rechte Außenspiegel stammt von einem zehn Jahre jüngeren Modell, das Dach wird von Klebestreifen zusammengehalten und der Motor röchelt, als würden Sie Heizöl tanken.«

Sam bedachte mich mit einem bösen Blick – scheinbar mochte er sein Auto. Aber wenn man etwas mochte, sollte man es gut behandeln.

»Ich glaube, ich muss Ihnen langsam mal ein Kompliment machen«, sagte er, ich runzelte die Stirn. Komplimente bekam ich von meinen Kunden des Öfteren, zusammen mit Dankesbriefen, Blumengebinden, Obstkörben und Pralinenpackungen. Aber Sams Stimme hatte vor Ironie getrieft. Und er hatte jetzt einen Gesichtsausdruck, als hätte er die Nadel im Heuhaufen gefunden, den Knoten durchschlagen oder was auch immer: Er sah schon wieder aus, als wäre er verdammt stolz auf sich.

»Ja, ich muss Ihnen ein Kompliment machen«, wiederholte er mit Triumph in der Stimme. »Sie haben hier ein Geschäftsmodell, das echt Schule machen könnte. Solange Sie sich nicht von den Bullen erwischen lassen, versteht sich.«

»Wie bitte?« Meine Stimme klang jetzt genervt, aber genauso fühlte ich mich auch.

»Wer beweist mir, dass diese erste ... ah ja, 'Gebühr', überhaupt jemals gezahlt worden ist?«, fragte Sam. »Die Karte könnte von Ihnen sein. Sie schicken diese Einladungen raus, wir Blödmänner kommen hier an, Sie machen uns gehörig Angst – und kassieren dann echte 9.999 dafür, um uns dabei zu helfen, diese Angst loszuwerden. Eine Angst, die Sie erzeugt haben, mit einer Glückwunschkarte für ein paar lausige Euro.«

Ich starrte ihn an, er starrte zurück – ohne zu blinzeln, ohne das leiseste Anzeichen dafür, dass ihm das Gesagte leidtat. Oder dass er Zweifel daran hegte. Und das reichte mir dann auch.

»Ein schönes Restleben noch«, sagte ich und schaltete meine Kamera wie auch mein Mikrofon aus.

***

Sam blieb sitzen, rührte sich nicht. Eine Minute, zwei, drei. In der vierten Minute holte er die Zigaretten aus der Jackentasche, in der fünften Minute stand Frau Berger im Zimmer, mit entrüstet in die Hüften gestemmten Armen.

»Ich muss doch sehr bitten«, sagte sie, was aus ihrem Munde eine grobe Beleidigung war.

Sam sah sie nur an.

»Machen Sie die Zigarette aus«, forderte Frau Berger, Sam sah auf seine qualmende Hand.

»Sie behauptet, dass ich sterbe«, antwortete er, was Frau Berger nicht aus der Ruhe brachte.

»Das tun wir alle, ab dem Moment unserer Geburt.«

»Aber niemand weiß, wann. Niemand weiß das Jahr, den Monat, den Tag.«

Frau Berger lachte, leise und humorlos. »Ach ja? Waren Sie schon mal in der Onkologie? Dort schauen die Ärzte auf Ihren Tumor und geben Ihnen eine Eieruhr mit. Die tickt, tickt und tickt.«

»Aber das sind Ärzte«, sagte Sam mit der altklugen Version seiner dunklen, nun vor Angst rauen Stimme.

Frau Berger nickte. »Ja, junger Mann, da haben Sie recht. Ärzte sind Pfuscher, sie haben bei meinem Mann genau 59 Tage zu wenig geschätzt. Das Fräulein lag richtig«, setzte sie hinzu, trat vor, nahm Sam die Zigarette aus der Hand und trug sie mit spitzen Fingern vor sich her aus dem Raum, als handele es sich um eine entsicherte Handgranate.

Sie schloss die Tür hinter sich, was mich schmunzeln ließ. Sam gefiel Frau Berger, keine Frage, sonst hätte sie ihn an einem Ohr gepackt und vor die Tür gesetzt. Wahrscheinlich weckte er bislang verborgene mütterliche Instinkte: Waschen, kämmen, füttern, durchknuddeln. So, wie er jetzt dasaß, mit dem gesenkten Kopf und den Handballen auf den Augen, sah er aus, als könne er all das dringend gebrauchen.

»Ich verstehe, dass Sie glauben, so etwas sehen zu können«, sagte er schließlich, und es war ihm anzusehen, wie er sich quälte. Wie er vernünftig, aufgeklärt und abgeklärt wirken wollte, aber trotzdem hier sitzen und fragen musste.

»Aber verstehen Sie denn nicht, dass ich einfach nicht daran glauben kann?«

Ich schaltete das Mikrofon wieder ein, ließ meine Kamera jedoch aus.

»Ich will ehrlich zu Ihnen sein: Ich glaube auch niemand anderem, der von sich behauptet, er könne in die Zukunft sehen. Ich weiß nur, dass ich das kann. Es macht keinen Spaß, und mein Leben ist dadurch verdammt kompliziert. Und Sie haben immer noch nicht die Frage aller Fragen gefunden.«

»Die Mutter aller Fragen?« Sam lächelte ein schiefes Lächeln.

Ich nickte, auch wenn er das gar nicht sehen konnte.

»Ja. Sie waren eben schon auf dem richtigen Weg.«

»Ich dachte, Sie wollten nicht orakeln«, konterte Sam, und ich musste lachen. Zur Belohnung schaltete ich nun auch meine Kamera wieder ein.

»Gut, dann Klartext. Und rein hypothetisch, damit Sie in keinen Glaubenskonflikt geraten.«

Ich lächelte, um meinen Worten die Spitze zu nehmen. Sam rieb sich die Augen, was sie allerdings nur noch röter machte.

»Sind Sie bereit? Vorurteilsfrei bereit?«

Er nickte, atmete tief ein.

»Prämisse eins«, sagte ich. »Nehmen Sie an, ich kann, was ich kann. Woher auch immer, warum auch immer.«

»Gut.«

»Prämisse zwei: Nehmen Sie an, nicht ich habe Ihnen diese Karte geschrieben, sondern jemand anderes.«

»Gut.«

»Konklusion aus Prämisse eins und zwei?«

Sam schwieg, ich seufzte.

»Noch mal, mit anderen Worten. Ich kann die Zukunft sehen. Jemand sagt Ihnen, Sie sollen mich fragen, was an einem bestimmten Tag passiert. Was sagt Ihnen das über den Absender?«

Stille, dann atmete Sam tief ein.

»Das sagt mir, dass der Absender schon wissen muss, was am 10. August passiert.«

»Richtig.«

»Aber wie kann er das wissen?«

Ah, endlich. Ich lächelte.

»Weil der Absender der Karte derjenige ist, der Sie töten wird. Er hat den Entschluss gefasst, er hat einen Plan gemacht, und nach jetzigem Stand der Dinge wird es auch funktionieren.«

Tödliches Orakel

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