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Ka­pi­tel 3

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End­lich Wo­chen­en­de. Ob­wohl für An­fang März nicht un­ge­wöhn­lich, hat­te es in der Nacht von Frei­tag auf Sams­tag un­un­ter­bro­chen ge­schneit, so­dass sich über der Ein­fahrt und den Gar­ten eine di­cke Schicht Schnee ge­legt hat­te.

Re­bec­ca wünsch­te sich nichts sehn­li­cher, als dass die Tage wie­der län­ger wur­den und sie end­lich auf der Ter­ras­se im Gar­ten sit­zen konn­te. So aber muss­te sie mit der Couch und Paul ne­ben sich vor­lieb­neh­men, nach­dem sie vom Schnee­schie­ben nach drin­nen ge­kom­men war.

Ihr Freund hat­te sei­nen Lap­top auf dem Schoß ste­hen und surf­te ge­lang­weilt durch das Netz. Nor­ma­le­r­wei­se hat­te Re­bec­ca so viel mit der Un­ter­richts­vor­be­rei­tung zu tun, dass ihr gar nicht in den Sinn kam, Lan­ge­wei­le zu emp­fin­den. Doch das Schnee­schie­ben hat­te sie aus­ge­laugt.

Au­ßer­dem durch­flu­te­te sie ein gu­tes Ge­fühl bei der Vor­stel­lung, am Sonn­tag al­les zu schaf­fen und da­für heu­te nichts ma­chen zu müs­sen. Paul schau­te sich auf ei­ner Baum­schul-Web­si­te Kie­fern an. Da Re­bec­ca we­nig an sei­nen Gar­ten­vor­stel­lun­gen in­ter­es­siert war, lag sie auf der an­de­ren Sei­te des So­fas und sah ih­rem Part­ner, der nur ein ver­schwitz­tes Un­ter­hemd und eine löch­ri­ge Jeans trug, da­bei zu, wie er auf die Ta­s­ta­tur sei­nes Lap­tops ein­häm­mer­te.

Manch­mal schau­te Paul et­was in­ter­es­sier­ter, wenn er mein­te, ein pas­sen­des Form­ge­hölz ge­fun­den zu ha­ben. Er rieb sich da­bei über die grau­en Bart­stop­peln sei­nes Kinns und mur­mel­te un­ver­ständ­li­che Wor­te vor sich hin. »Was für ein Wu­cher!«, platz­te es aus ihm her­aus. »Und das im­mer am An­fang des Jah­res, wenn …« Re­bec­ca war in Ge­dan­ken bei ih­rem Schü­ler und ih­rer ero­ti­schen Fan­ta­sie von vor we­ni­gen Ta­gen. Doch so­lan­ge sich Paul in ih­rer Nähe be­fand, woll­te es ihr trotz ge­schlos­se­ner Au­gen nicht ge­lin­gen, sich ero­ti­sche Po­si­ti­o­nen mit Lou vor­zu­stel­len.

Noch in Ge­dan­ken ver­sun­ken, wur­de sie jäh durch das Klin­geln des Te­le­fons auf­ge­rüt­telt. Paul hat­te schon den Hö­rer ge­grif­fen. In den we­ni­gen Se­kun­den der Pau­se schau­te er zu Re­bec­ca auf.

»Hal­lo, Tom«, sag­te er. Wie­der ent­stand eine Stil­le, in der Paul mehr­mals nick­te. Dann sag­te er: »Ja, Zeit hät­ten wir. Wann passt es euch?« Er­neut Ruhe. »Gut, bis dann.«

Paul leg­te den Hö­rer wie­der auf die Vor­rich­tung des Te­le­fons. »Tom war dran. Er hat uns für heu­te Abend zum Es­sen bei sich und Ly­dia ein­ge­la­den. Ich habe zu­ge­sagt.«

Un­fass­bar, wie sie bei der Ent­schei­dungs­fin­dung über­g­an­gen wur­de. »Ist doch in Ord­nung, oder?«

Sie zuck­te gleich­gül­tig mit den Schul­tern: »Ja, geht klar. Ha­ben so­wie­so nichts vor.«

Sie schau­te Paul teil­nahms­los an. Der Blick­kon­takt zwi­schen ih­nen: emo­ti­ons­los, kalt. Schwei­gen um­fing sie wie eine lee­re Hül­le, in der sie seit Jah­ren ein­ge­schlos­sen wa­ren.

»Wel­che Zeit sol­len wir da sein?«

»Halb sechs.«

Er­neu­tes Schwei­gen. Die Stand­uhr auf dem Ka­min zeig­te noch nicht ein­mal vier Uhr an.

»Was ma­chen wir so­lan­ge?«

In den Rech­ner schau­end, mur­mel­te er: »Hast du nichts für die Schu­le vor­zu­be­rei­ten?«

Woll­te er sie wie ein ner­vi­ges An­häng­sel los­wer­den, um sei­ne Ruhe zu be­kom­men? »Doch. Kei­ne Lust. Ei­gent­lich reicht es, wenn ich mich mor­gen dar­um küm­me­re.«

»Fang doch heu­te schon an.« Das sag­te der Rich­ti­ge! Paul han­del­te im­mer ge­treu dem Mot­to: »Was du heu­te kannst be­sor­gen, das ver­schie­be stets auf mor­gen.« Selbst jetzt war ihm das Sur­fen im In­ter­net wich­ti­ger, als sich mit ihr zu un­ter­hal­ten.

»Weißt du, mal sagst du, ich soll nicht so viel für die Schu­le ma­chen und jetzt er­mun­terst du mich dazu, et­was zu tun? Wie ab­surd ist das ei­gent­lich?«, frag­te Re­bec­ca per­plex, als sie dar­über nach­sann, wie er sie ge­ra­de los­wer­den woll­te. Doch Paul re­a­gier­te nicht.

Ge­nervt roll­te Re­bec­ca mit den Au­gen, als sie er­kann­te, dass in die­sem Mo­ment die Web­sei­te der Baum­schu­le wich­ti­ger für ihn war als sie.

»Du­schen?«, frag­te sie, um Paul auf an­de­re Ge­dan­ken zu brin­gen.

»Kei­ne Lust«, ant­wor­te­te er.

»Du willst doch nicht so bei un­se­ren Freun­den er­schei­nen, in die­sem ver­lot­ter­ten, ver­schwitz­ten Zu­stand und mit die­sem …«, Re­bec­ca ver­zog an­ge­wi­dert das Ge­sicht, »… die­sem Hemd.«

Paul hob pro­vo­kant sei­nen rech­ten Arm und schnup­per­te an sei­ner Ach­sel. Ob­wohl er selbst kurz den Mund ver­zog, gab er spöt­tisch zu­rück: »Riecht nicht mehr so frisch.«

»Komm. Wir ge­hen jetzt du­schen, Paul.« Re­bec­ca setz­te ein ver­füh­re­ri­sches Ge­sicht auf. »Da­nach könn­ten wir doch ein we­nig ku­scheln.« Sie warf die De­cke, in die sie ein­ge­wi­ckelt war, bei­sei­te, robb­te zu Paul her­über, schmieg­te sich an ihn und hoff­te, dass er die Ein­la­dung zum Sex ver­stand.

»Ja, gut«, sag­te er knapp, ohne je­doch viel Be­geis­te­rung zu zei­gen.

»Fein«, gab Re­bec­ca freu­dig zu­rück und ging Rich­tung Bad.

An der Tür an­ge­kom­men, merk­te sie, dass Paul ihr nicht folg­te. »Was ist? Kommst du? Ich dach­te, wir du­schen ge­mein­sam?«, hak­te sie er­neut ins Wohn­zim­mer ru­fend nach.

»Ja, gleich«, brüll­te er mit ei­nem leicht ge­reiz­ten Un­ter­ton in ihre Rich­tung.

Selbst als Re­bec­ca nackt war, fehl­te von Paul jede Spur. Er saß noch im­mer wie par­al­le­li­siert über dem Bild­schirm des Lap­tops.

»Kommst du jetzt oder muss ich al­lein du­schen?«, frag­te sie ge­reizt.

Wi­der­wil­lig trot­te­te Paul Rich­tung Schlaf­zim­mer, zog sich aus und er­schien da­nach nackt vor der Du­sche. Re­bec­ca ließ be­reits das feuch­te Nass über ih­ren Kör­per rie­seln und wan­der­te da­bei mit ih­rem Blick an Paul auf und ab. Seit ih­rem Ken­nen­ler­nen hat­te er sich op­tisch ver­än­dert: Der Bauch war di­cker ge­wor­den, was vor al­lem dar­an lag, dass er nicht mehr al­lein wohn­te und re­gel­mä­ßig Sport trei­ben konn­te. Bei ei­nem Haus ka­men Ver­pflich­tun­gen dazu, de­nen man sich nicht ent­zie­hen konn­te. Hät­te sie ge­ahnt, dass der Gar­ten und das Haus solch eine Ar­beit ma­chen, hät­te sie dem Haus­bau viel­leicht we­ni­ger eu­pho­risch zu­ge­stimmt. Wie naiv sie da­mals ge­we­sen war!

Re­bec­ca überg­ab Paul den Dusch­kopf und seif­te sich mit ei­ner wohl­rie­chen­den Lo­ti­on ein. Da­bei dreh­te sie ihm den Rü­cken zu und spür­te, wie sich der Strahl des Was­sers an ih­rem Po er­goss. Sie trat nä­her an ih­ren Freund her­an, so­dass das Was­ser über ih­ren Kör­per lief. Paul rieb ihr von hin­ten die Sei­fe und den Schaum vom Ober­kör­per, kne­te­te die Brüs­te sanft und be­rühr­te zärt­lich ih­ren Scham­be­reich. Die Be­rüh­run­gen durch sei­ne Hän­de fühl­ten sich warm, weich und be­kannt an.

Wäh­rend er die Strei­chel­ein­hei­ten fort­s­etz­te und das an­ge­neh­me Was­ser über sei­nen und ih­ren Kör­per floss, ver­rin­ger­te Paul die Di­stanz zwi­schen ih­nen. Sei­ne Hän­de wur­den for­dern­der und Re­bec­ca spür­te sei­ne Här­te an ih­rem Po.

Er um­fass­te ihre Hüf­te und press­te sei­ne Ei­chel ge­gen ihre Schamlip­pen. Die er­re­gen­den Be­rüh­run­gen durch sei­ne Schwanz­spit­ze lie­ßen Re­bec­ca feucht wer­den. Sie stöhn­te auf.

Da­bei stell­te sie sich vor, wie Elou­ans Pe­nis über ihre Spal­te rieb. Wäh­rend sie die Au­gen ge­schlos­sen hielt, er­kann­te sie Lous wun­der­schö­nes, eben­mä­ßig ju­gend­li­ches Ge­sicht. Re­bec­ca spür­te nicht Pauls männ­lich her­ben Kör­per mit der Brust­be­haa­rung und dem un­ter­setz­ten Leib, son­dern die gleich­mä­ßi­ge Haut ih­res Schü­lers so­wie sei­nen mus­ku­lö­sen, schlan­ken Kör­per mit der un­be­haar­ten Brust.

Er häng­te den Dusch­kopf in die Hal­te­rung ein und ging ab­ge­trock­net in die Schlaf­stu­be. Als Re­bec­ca kam, lag er auf der Sei­te. Sei­ne un­vor­teil­haf­ten Kur­ven und die An­sät­ze der Schwimm­rin­ge am Bauch sta­chen ihr ins Auge. Pauls her­ber, von Männ­lich­keit über­sä­ter Kör­per war we­nig at­trak­tiv, fast ekel­er­re­gend. Sei­ne Scham­be­haa­rung war mitt­ler­wei­le so lang, dass es sie an­wi­der­te, mit ihm zu schla­fen.

Aber er hat­te sie in der Du­sche der­ma­ßen heiß ge­macht, dass in die­sem Mo­ment das Aus­se­hen zweit­ran­gig war.

Als Re­bec­ca auf das Bett glitt, roll­te sich Paul auf den Rü­cken und ver­schränk­te die Arme hin­ter dem Kopf. Das war die Ein­la­dung dazu, sich auf ihn zu set­zen und zu rei­ten. Un­ele­gant schwang sie ihr lin­kes Bein über Pauls Schoß und setz­te sich auf ihn. Mü­he­los glitt sein Glied in sie hin­ein, da sie feucht von den Be­rüh­run­gen un­ter der Du­sche war.

Er um­fass­te sie mit den Hän­den an der Hüf­te und schob sie wie eine Gum­mi­pup­pe über sein Be­cken. Ihre Brüs­te wipp­ten bei je­der Be­we­gung auf und ab.

Aber der un­in­spi­rier­te Sex lang­weil­te sie schon nach kur­z­er Zeit und ihr Blick schweif­te aus dem Fens­ter des Schlaf­zim­mers hin­aus. Das Win­ter­wet­ter hat­te sich be­ru­higt, da le­dig­lich ver­ein­zel­te Flo­cken vom Him­mel fie­len und sie nicht mehr nach drau­ßen ge­hen muss­te, um in der Ein­fahrt Schnee zu schie­ben.

Wäh­rend sie wei­ter von ih­rem Freund vor und zu­rück ge­scho­ben wur­de, merk­te Re­bec­ca, wie ihre Lust ab­nahm. Gleich­zei­tig hör­te sie an Pauls Stöh­nen, dass er nicht mehr lan­ge brauch­te. Gleich war es ge­schafft! Von der Lei­den­schaft, die sie un­ter der Du­sche ge­fühlt hat­te, war nichts mehr üb­rig ge­blie­ben.

Er schob sie zu­nächst wei­ter über sei­nen Un­ter­leib. Dann roll­te er sie kur­zer­hand auf den Rü­cken und drang hart in sie ein.

Die Missi­o­nar­s­stel­lung raub­te ihr jeg­li­ches Ver­lan­gen. Stan­dard­sex. Er wür­de noch we­ni­ge Male zu­sto­ßen, dann kurz auf­stöh­nen, ein klei­nes »Ah« aus­hau­chen und wie ein Mehl­sack auf das Bett fal­len. Jetzt noch selbst Hand an sich zu le­gen, wo Re­bec­ca doch wuss­te, dass es gleich vor­bei war, woll­te sie nicht.

Paul pump­te, wäh­rend sie kei­ne Be­gier­de mehr nach ihm ver­spür­te und nur noch woll­te, dass er end­lich von ihr abließ. Die Be­we­gun­gen schmerz­ten. Es half nichts mehr, die Au­gen zu schlie­ßen und sich Elou­an vor­zu­stel­len, weil Pauls Stöh­nen im­mer un­nach­gie­bi­ger in ihr Ohr drang. Sein Hö­he­punkt pass­te zum drö­gen Sex.

Kurz ver­harr­te er über ihr, be­vor er ab­ge­kämpft auf das Bett plumps­te. Mit ei­nem emo­ti­ons­lo­sen, kur­z­en Kuss roll­te er sich von ihr weg und schloss die Au­gen, ohne auch nur einen Ton von sich zu ge­ben. Das Zei­chen war un­miss­ver­ständ­lich: Paul woll­te jetzt sei­ne Ruhe ha­ben, lie­gen blei­ben, ein­dö­sen.

Wie ein brunf­ti­ger Hirsch, der so­eben eine Hor­de Hirsch­kü­he be­gat­tet hat­te, lag er ne­ben ihr. Sein Brust­korb hob und senk­te sich nach dem an­stren­gen­den Ko­itus. Re­bec­ca robb­te vom Bett her­un­ter und be­gab sich schleu­nigst ins Bad, um sei­nen Sa­men un­ter der Du­sche aus­zu­spü­len. Glib­be­rig lief die Soße her­aus, an ih­rem Bein her­un­ter.

Der Was­ser­strahl, der ge­gen ih­ren Un­ter­leib drück­te, er­reg­te Re­bec­ca. Die un­ge­wohn­ten Emp­fin­dun­gen auf ih­rem Kitz­ler ver­ur­sach­ten eine un­be­schreib­lich hef­ti­ge Lust. Die Feuch­tig­keit der Sper­mi­en, der Druck der Brau­se und ihre Fin­ger, die ihr Lust­zen­trum um­kreis­ten, trie­ben sich un­auf­halt­sam Rich­tung Hö­he­punkt.

Re­bec­ca stell­te sich vor, wie Elou­an ge­mein­sam mit ihr un­ter der Du­sche steht. Sein gött­li­cher Kör­per zeich­net sich vor ih­rem in­ne­ren Auge ab. Sie lässt ih­ren Blick zu sei­nem statt­li­chen Pe­nis wan­dern, den sie mit ih­rer Hand mas­siert, wäh­rend er mit den Fin­gern über ihre Klit reibt. Fes­ter kne­tet sie sei­ne Ho­den, reibt am Schaft auf und ab. Er ist so ver­flucht hart und gleich­zei­tig but­ter­weich. Sei­ne feuch­ten Fin­ger ver­stär­ken wie­der­um den Druck auf ihre Kli­to­ris. »Ah!«, stöhnt sie.

Mit un­ge­ahn­ter Wucht roll­te der Or­gas­mus über Re­bec­ca. Ihre Schei­den­wän­de zo­gen sich zu­sam­men, kon­tra­hier­ten. Noch ein­mal das Ge­fühl er­le­ben! Er­neut schloss Re­bec­ca sie die Au­gen, stütz­te sich mit der lin­ken Hand an der Dusch­ka­bi­ne ab, sieht wie­der Elou­an vor sich, wie er stöhnt, wäh­rend er sei­nen in­zwi­schen zum Zer­bers­ten an­ge­schwol­le­nen Schwen­gel über ihre Spal­te reibt. Sie will ihm hel­fen, kniet sich nach un­ten, be­rührt sei­ne pral­le Ei­chel mit ih­rer Zun­gen­spit­ze, saugt zärt­lich dar­an. Dann um­spannt sie im­mer fes­ter sein Glied mit ih­ren Lip­pen und sei­nen Arsch mit ih­ren Hän­den, lässt die Zun­ge an der Ei­chel krei­sen. Er keucht hef­tig auf. »Gleich«, raunt er über ihr und wirft den Kopf in den Nacken, um sich den Emp­fin­dun­gen voll­ends hin­zu­ge­ben. »Gleich«, hört sie ihn er­neut ge­quält stöh­nen. Dann lässt sie von ihm ab, kniet noch im­mer vor ihm, wäh­rend er sei­nen Pe­nis um­fasst und sich auf ih­rer Brust er­gießt.

Zum zwei­ten Mal er­leb­te Re­bec­ca, wie sie die Er­re­gung durch­schüt­tel­te. Sie krall­te sich an der Wand der Dusch­ka­bi­ne fest, press­te die Ober­schen­kel zu­sam­men, um die Nach­be­ben des Or­gas­mus zu füh­len. »Mehr«, stöhn­te sie. Plötz­lich stand Paul vor der Du­sche und sah sie un­gläu­big an.

Kurz vor sechs Uhr sa­ßen Re­bec­ca und Paul im Auto, un­ter­wegs zu Tom und Ly­dia. Er fuhr schweig­sam. Ob­wohl die Stre­cke nur fünf­zehn Ki­lo­me­ter be­trug, wirk­te sie an­ge­sichts der nichts­sa­gen­den Mi­mik ih­res Freun­des wie eine Ta­ges­e­tap­pe.

»Du scheinst mehr Spaß mit der Du­sche zu ha­ben als mit mir«, sag­te Paul un­ver­mit­telt.

»Und du wohl mit dem Rech­ner.« Cha­peau.

»Was meinst du?« Re­bec­ca lä­chel­te vor sich hin. Eine Er­klä­rung war un­nö­tig.

»Das In­ter­net war dir auch wich­ti­ger, als das Du­schen und der Sex mit mir. Ich bin dir doch egal.«

»Das ist doch Quatsch, Re­bec­ca!«

Statt »Bec­cy« zu sa­gen, nann­te er sie beim gan­zen Na­men. Das tat er im­mer, wenn er dem Ge­sag­ten mehr Ernst­haf­tig­keit ver­lei­hen woll­te.

»Ich hat­te eben et­was Net­tes ge­se­hen. Da un­ter­bre­che ich nicht mei­ne Su­che!« Re­bec­ca schau­te be­tre­ten aus dem Fens­ter, wäh­rend das Schwei­gen im Auto Ge­stalt an­nahm. Jetzt wäre der per­fek­te Zeit­punkt, um den Sta­tus ih­rer Be­zie­hung zu hin­ter­fra­gen. Aber es pas­sier­te nichts. Den Rest der Stre­cke schwie­gen sie sich an – wie ein al­tes Ehe­paar, das schon fünf­zig Jah­re ver­hei­ra­tet war und kei­ne Ge­heim­nis­se mehr vor­ein­an­der hat­te.

Tom und Ly­dia wa­ren vor drei Jah­ren in ein klei­nes, ver­schla­fe­nes Dorf um­ge­zo­gen, in dem sie sich ein Häus­chen er­rich­tet hat­ten. Tom schob ge­ra­de den Schnee aus der Ein­fahrt, als Paul und Re­bec­ca das Grund­s­tück ih­rer Be­kann­ten er­reich­ten.

Paul und Tom sa­hen sich re­gel­mä­ßig, da sie in der glei­chen Fir­ma ar­bei­te­ten. Sie um­arm­ten sich freund­schaft­lich. Nach­dem Re­bec­ca aus­ge­stie­gen war, gab Tom ihr die Hand. Sie kann­te ihn zwar gut, hät­te ihn aber nicht als en­gen Freund be­zeich­nen wol­len.

Be­vor sie in das Haus tra­ten, schau­te sich Re­bec­ca den Au­ßen­be­reich des Häus­chens an. Was ein ty­pi­sches, spieß­bür­ger­li­ches Wohn­ge­bäu­de: Die Fas­sa­de war von au­ßen ver­klin­kert und mit ei­nem klei­nen Gar­ten ver­se­hen, der von der Stra­ße zur Hälf­te ein­seh­bar war. Vor der Tür hat­te Ly­dia einen Strauß Tan­nen­zwei­ge auf­ge­stellt, der lie­be­voll mit Stroh­s­ter­nen be­han­gen war. Da­ne­ben stand eine grin­sen­de Kat­ze aus Holz. Das Klin­gel­schild aus Me­tall be­saß den ein­gra­vier­ten Fa­mi­li­enna­men. Tom und Ly­dia wa­ren seit zwei Jah­ren ver­hei­ra­tet. Im ver­gan­ge­nen Herbst kam ihre Toch­ter Lea zur Welt.

Tom be­glei­te­te sei­ne Freun­de zur Haus­tür, schloss auf und ließ sie nach drin­nen ein­tre­ten. Woh­li­ge Wär­me um­fing Re­bec­ca, denn die Fuß­bo­den­hei­zung um­schmei­chel­te ihre Füße. Ly­dia kam ih­nen aus der Kü­che tre­tend ent­ge­gen. Auf dem Arm trug sie ihre Toch­ter, die mit ih­ren sechs Mo­na­ten noch nicht lau­fen konn­te.

Re­bec­ca schos­sen Ge­mäl­de in den Kopf, auf de­nen die Mut­ter Ma­ria mit dem Je­sus­kind ab­ge­bil­det war. Ge­nau­so idyl­lisch und ver­klärt er­schie­nen ihr ge­ra­de Ly­dia und ihr Baby.

Die Haus­her­rin um­arm­te Re­bec­ca so gut sie es mit dem Kind auf dem Arm konn­te. Sie trug einen wei­ten, ro­sa­fa­r­be­nen Pull­over und graue, schlab­be­ri­ge Jog­ging­ho­sen. Ihre stroh­blon­den Haa­re hat­te sie zu ei­nem Pfer­de­schwanz zu­sam­men­ge­bun­den. An den Sei­ten stan­den ei­ni­ge Här­chen ab, so­dass die erst Mit­te Drei­ßig­jäh­ri­ge viel äl­ter wirk­te. Ge­nau­so stell­te sich Re­bec­ca das Mut­ter­da­sein vor: kei­ne Zeit für das Aus­se­hen zu ha­ben, da man stets mit dem Kind be­schäf­tigt war.

Die Klei­ne starr­te die Ein­tre­ten­den schüch­tern an. Als Re­bec­ca sie zart an der Wan­ge be­rühr­te, ver­grub sie das Ge­sicht in das Brust­bein ih­rer Mut­ter.

»Schön, dass ihr uns mal wie­der be­su­chen kommt«, sag­te Ly­dia höf­lich und bat ihre Freun­de ins Wohn­zim­mer hin­ein. Ir­gen­d­et­was stimm­te nicht! Das Strah­len in ih­ren Au­gen fehl­te. Ly­di­as grü­ne Pu­pil­len wirk­ten blass, fast be­drückt. Re­bec­ca ver­kniff sich eine Nach­fra­ge und schau­te sich statt­des­sen im Flur um.

Tom stand noch im­mer an der halb ge­öff­ne­ten Haus­tür und klopf­te sich den Schnee von sei­ner Hose ab. Dann kam er hin­ein. Ein Duft von Auf­lauf hing wie ein un­sicht­ba­res Band in der Luft.

Al­les an der Ein­rich­tung im Haus­flur war spieß­bür­ger­lich kit­schig: An den Wän­den be­fan­den sich Bil­der­rah­men mit Fo­tos der Fa­mi­li­en­mit­glie­der. Oma und Opa mit Lea, ein Hoch­zeits­fo­to von Tom und Ly­dia, Lea als Neu­ge­bo­re­ne. Auf ei­nem der Rah­men stand so­gar »Fa­mi­ly« drauf. Au­ßer­dem gab es rechts vom Ein­gangs­be­reich ein lan­ges Schuh­re­gal, das fein säu­ber­lich auf­ge­stellt un­ter an­de­rem Pan­tof­fel und Stie­fel ent­hielt. Dar­über hing eine bun­te Zeich­nung des Wohn­orts. Auf dem Schrank stan­den klei­ne Kist­chen aus Bast, in de­nen Ly­dia di­ver­sen Krims­krams ver­stau­te.

Der Flur wur­de zum Wohn­zim­mer und zur Kü­che hin brei­ter und gab auf der lin­ken Sei­te den Blick auf das Ba­de­zim­mer frei. Hier er­in­ner­te vie­les an eine Woh­nung, die lie­be­voll ein­ge­rich­tet wur­de, um in­ne­res Cha­os durch äu­ße­re Ord­nung aus­zu­glei­chen.

Eine Ver­än­de­rung gab es: Ihr letz­ter Be­such lag fast ein hal­b­es Jahr zu­rück. Da­mals war Lea ge­ra­de einen Mo­nat alt ge­we­sen. Die Wohn­zim­mer­ein­rich­tung jetzt glich ei­nem Schlacht­feld. Auf dem Tep­pich be­fan­den sich Au­tos, Plüsch­tie­re und an­de­res Spiel­zeug. Dass so­gar das Sofa Cha­os ver­brei­te­te, wun­der­te Re­bec­ca, denn sonst war Ly­dia im­mer auf Ord­nung be­dacht – und zwar in sämt­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten, was auch die spieß­bür­ger­li­che Ein­rich­tung im Haus­flur ver­deut­li­chen soll­te.

»Tut mir furcht­bar leid, dass es so wild aus­sieht«, sag­te Ly­dia leicht ge­quält, als ob sie Re­bec­cas Ge­dan­ken hat­te le­sen kön­nen. »Wir kom­men nicht mehr zum Auf­räu­men, seit­dem die Klei­ne krab­belt und al­les durch die Ge­gend wirft.« Sie sah die Schuld­ge­füh­le in Ly­di­as Au­gen auf­blit­zen.

»Und wie läuft es bei euch?«, frag­te Tom, um vom The­ma ab­zu­len­ken.

»Du weißt ja, in mei­ner Ab­tei­lung ist im­mer viel los. Erst letz­te Wo­che muss­te ich wie­der mit ei­ner Kol­le­gin ein Per­so­nal­ge­spräch füh­ren, nach­dem sie mir ge­sagt hat­te, dass sie vor­hat, we­ni­ger Stun­den ar­bei­ten zu wol­len.« Wie ge­sprä­chig Paul mit ei­nem Male war!

In sei­ner Po­si­ti­on als Ab­tei­lungs­lei­ter ei­ner Fir­ma, die sich mit Fi­nan­zen be­schäf­tig­te, hat­te er im­mer viel mit Men­schen zu tun und muss­te stän­dig mit sei­nen An­ge­stell­ten spre­chen. Mit Re­bec­ca hat­te er aber of­fen­bar nicht mehr viel zu be­re­den.

Tom, der ge­nau wie Paul auch in sei­ner Ab­tei­lung der Lei­ter war, hak­te so­fort nach. Dann tausch­ten sie sich über be­ruf­li­chen Kram aus, wäh­rend Ly­dia und Re­bec­ca da­ne­ben sa­ßen und den Män­nern beim Plau­dern zu­horch­ten. Tom sprach we­ni­ger gest­resst von der Ar­beit, als es Paul tat. Er me­cker­te nicht so viel, schien aus­ge­gli­che­ner zu sein, trotz des Stres­ses zu Hau­se. Ge­ra­de mit Kind.

Ly­dia hat­te nicht viel zu der Kon­ver­sa­ti­on bei­zu­tra­gen. Vor ih­rer Schwan­ger­schaft und El­tern­zeit hat­te sie im Kran­ken­haus als As­sis­ten­zärz­tin in der Uro­lo­gie ge­ar­bei­tet. Als fest­stand, dass sie schwan­ger war, hat­te sie die Ar­beit so­fort an den Na­gel ge­hängt, um das Kind in ih­rem Bauch nicht zu ge­fähr­den.

Ly­dia war vor ih­rer Schwan­ger­schaft eine äu­ßerst le­bens­lus­ti­ge, ge­sel­li­ge jun­ge Frau ge­we­sen. Tom und sie wa­ren oft auf Par­tys un­ter­wegs ge­we­sen oder hat­ten Be­kann­te be­sucht. Re­bec­ca kann­te sie als Frau, die gern lach­te und im­mer einen lo­cke­ren Spruch auf den Lip­pen hat­te. Jetzt wirk­te sie in sich ge­kehr­ter, rei­fer, ab­ge­klär­ter. Sie beug­te sich über das Baby, das ne­ben ihr zu quen­geln be­gann und strei­chel­te zärt­lich über die Wan­ge des Mäd­chens. Wie lie­be­voll sie die Klei­ne um­sorg­te.

Ly­dia führ­te ge­nau das Le­ben, von dem Re­bec­ca träum­te und um das sie ihre Freun­din be­nei­de­te: ver­hei­ra­tet, Kind, Haus, Lie­be.

Nach dem Es­sen zo­gen sich Paul und Tom mit ei­nem Bier auf die Couch zu­rück. Ly­dia muss­te Lea zu Bett brin­gen und frag­te Re­bec­ca, ob sie sie be­glei­ten woll­te. Sie spür­te, dass Ly­dia et­was auf dem Her­zen hat­te und mit ihr al­lein sein woll­te. Re­bec­ca ver­mu­te­te, dass ihre un­ge­wöhn­li­che, in­tro­ver­tier­te Art, die sie so gar nicht an ihr kann­te, einen Grund ha­ben muss­te.

Im Kin­der­zim­mer des Ba­bys be­fand sich rechts ne­ben der Tür die Wi­ckel­kom­mo­de, auf de­ren Abla­ge bun­te Bär­chen ab­ge­bil­det wa­ren. Ly­dia leg­te als Ers­tes Lea dort drauf und be­gann da­mit, der Klei­nen neue Win­deln an­zu­le­gen.

Re­bec­ca schau­te sich im Kin­der­zim­mer um. In der Mit­te stand das Git­ter­bett. Auf der lin­ken Sei­te hat­ten die Ehe­leu­te einen grün-rosa la­ckier­ten Schrank auf­ge­stellt. Die kom­plet­te Ein­rich­tung wirk­te sehr fried­lich. Die Ta­pe­te mit den Ster­nen, dem la­chen­den Mond und der Son­ne un­ter­strich die­sen Ein­druck per­fek­ter Har­mo­nie. Gleich­zei­tig fand Re­bec­ca das Zim­mer furcht­bar spieß­bür­ger­lich; wie al­les in die­sem Haus­halt.

Ly­dia leg­te Lea ins weiß­la­ckier­te Ba­by­git­ter und setz­te sich auf einen Stuhl da­ne­ben. Die Mut­ter strei­chel­te das Mäd­chen, sang ein Gu­te­nacht­lied, wäh­rend sie den Kopf schräg über das Git­ter neig­te. Trotz die­ses so ur­sprüng­li­chen Bil­des, das eine Ruhe son­der­glei­chen ausstrahl­te, wur­de sie das Ge­fühl nicht los, dass Ly­dia mit ih­ren Ge­dan­ken gar nicht bei der Klei­nen war.

Lea war schon vor ei­ni­gen Mi­nu­ten ein­ge­schla­fen, doch Ly­dia strei­chel­te sie noch im­mer. Plötz­lich sah Re­bec­ca in Ly­di­as Auge eine Trä­ne auf­blit­zen, die sich den Weg die Wan­ge hin­un­ter bahn­te. »Was hast du?«, frag­te sie sor­gen­voll und streck­te die lin­ke Hand nach der Schul­ter ih­rer Freun­din aus.

Ly­dia dreh­te sich zu ihr her­um, dann be­gann sie lei­se: »Ich weiß nicht, wem ich mei­ne Ge­füh­le an­ver­trau­en kann, Bec­cy.«

Weil Ly­dia schluchz­te, nahm Re­bec­ca sie in den Arm, um sie zu trös­ten, ihr das Ge­fühl zu ge­ben, bei ihr zu sein. Als sie sie losließ, be­gann sie lei­se: »Ich glau­be …« Das Spre­chen fiel ihr sicht­lich schwer. »… Tom hat … eine Af­fä­re.« Wie bit­te? Das konn­te nicht sein! Er mach­te stets den Ein­druck ei­nes lie­be­vol­len Va­ters, der wie ein Löwe für sei­ne Fa­mi­lie ein­stand. Was Ly­dia jetzt sag­te, scho­ckier­te sie bis ins Mark.

»Wie kommst du denn dar­auf? Hat er es dir ge­sagt?« Sie schüt­tel­te den Kopf.

»Nein, aber …« Ly­di­as Lip­pen beb­ten und ein hef­ti­ges Schluch­zen such­te sich einen Weg aus ih­rem Mund. »Aber es ist … et­was vor­ge­fal­len.«

Nur schwer fand Ly­dia die Wor­te wie­der. »Die Ab­tei­lung, in der Tom ar­bei­tet, hat erst im Ja­nu­ar die Weih­nachts­fei­er nach­ge­holt, weil Tom ja in den ers­ten Mo­na­ten Ba­by­ur­laub ge­nom­men hat.« Ly­dia senk­te den Kopf, rang um die rich­ti­ge Wort­wahl.

»Zu die­ser Weih­nachts­fei­er wa­ren auch die Ehe­gat­ten und Freun­de ein­ge­la­den, es soll­te in ei­nem grö­ße­ren Rah­men statt­fin­den, weißt du?« Re­bec­ca nick­te. »Lea ha­ben wir an die­sem Abend bei mei­ner Mut­ter ab­ge­ge­ben. Es war das ers­te Mal, dass wir sie bei je­mand an­de­rem ge­las­sen ha­ben. Du kannst dir gar nicht aus­ma­len, wel­che Ge­dan­ken mir an die­sem Abend durch den Kopf gin­gen. Stän­dig war ich be­sorgt, ob al­les klappt, ob sich die Klei­ne fürch­tet, wenn sie spürt, dass ihre El­tern nicht da sind. Trotz­dem muss­te ich un­be­dingt das Haus ver­las­sen und bin zur Weih­nachts­fei­er mit­ge­fah­ren. Wir ka­men mit Ver­spä­tung an, da wir ja Lea noch fort­ge­schafft ha­ben. Tom such­te sich so­fort einen Platz nahe sei­nen Ar­beits­kol­le­gen. Aber selt­sa­mer­wei­se nicht ne­ben ir­gend­ei­nem männ­li­chen Kol­le­gen, son­dern ne­ben sei­ner Se­kre­tä­rin De­ni­se. Schon beim ers­ten Ken­nen­ler­nen mit ihr spür­te ich, wie ver­traut sich bei­de sind, Tom und sie. Ich kann es schlecht be­schrei­ben, eine Ehe­frau merkt, wenn ihr Mann sich zu ei­ner an­de­ren Frau hin­ge­zo­gen fühlt. Es lag ein Krib­beln in der Luft, wenn sich bei­de so an­ge­se­hen ha­ben.«

»Hat Tom dir ge­gen­über die­se Frau schon ein­mal er­wähnt?« Ly­dia at­me­te schwer aus.

»Ich weiß schon, dass er seit dem ver­gan­ge­nen Som­mer eine neue Se­kre­tä­rin hat. Er hat mir aber nie ge­sagt, dass sie so jung und blond ist und noch dazu eine Bom­ben­fi­gur hat. Ver­mut­lich hat er es ver­schwie­gen, weil er wuss­te, dass mich das ei­fer­süch­tig macht. Ich war ein Kotz­bro­cken in der Schwan­ger­schaft, war we­gen al­lem be­lei­digt oder weh­lei­dig.«

»Und was ist auf der Weih­nachts­fei­er pas­siert? Ich mei­ne, ir­gend­was muss dich ja zum Nach­den­ken ge­bracht ha­ben. Af­fä­re. Das ist ein ganz schön hef­ti­ger Vor­wurf.« Ly­dia wirk­te nach­denk­lich, kniff die Au­gen­brau­en zu­sam­men.

»Die Se­kre­tä­rin saß die gan­ze Zeit über ne­ben Tom. Ich habe links von ihm, sie auf der rech­ten Sei­te ge­ses­sen. Nicht, dass er ne­ben ir­gend­ei­nem sei­ner männ­li­chen Kol­le­gen, von de­nen es so vie­le in der Ab­tei­lung gibt, ge­ses­sen hät­te. Nein! Er muss­te sich aus­ge­rech­net ne­ben sei­ne at­trak­ti­ve Se­kre­tä­rin set­zen.« Ly­dia senk­te er­neut den Blick.

Von Ei­fer­sucht zer­nagt re­de­te sie wei­ter: »Er hat sich mehr mit ihr un­ter­hal­ten, als sich um mich zu küm­mern. Wenn nicht die­ser ver­trau­te Blick­kon­takt zwi­schen ih­nen ge­we­sen wäre. Und wie sie mit­ein­an­der ge­lacht ha­ben. Nicht eine Se­kun­de lang hat er sei­ne Toch­ter ver­misst.«

Bei dem letz­ten Satz brach Ly­dia er­neut in bit­te­re Trä­nen aus. Re­bec­ca ver­such­te sie zu trös­ten und sag­te: »Er woll­te be­stimmt bloß einen net­ten Abend ha­ben. Da ver­gisst man schnell al­les um sich her­um.«

»Aber …«, un­ter­brach sie Re­bec­ca.

Un­ter Trä­nen und mit zit­tern­der, lau­te­rer Stim­me sag­te sie: »Es war das ers­te Mal, dass wir einen Abend gänz­lich ohne Lea hat­ten! Ich habe sie schon im Auto ver­misst und Tom hat nicht ein­mal über un­ser Baby ge­spro­chen. So als gäbe es gar kei­ne Toch­ter für ihn. Fin­dest du das nicht ko­misch?«

Ly­dia schau­te Re­bec­ca mit ih­ren ro­ten, ver­heul­ten Au­gen an. »Wenn ihm was an sei­nem Kind liegt, wür­de er sie ge­nau­so schreck­lich ver­mis­sen, wie ich es tue, und nicht mit sei­ner Se­kre­tä­rin in An­we­sen­heit sei­ner Ehe­frau flir­ten.« Sie klang ge­reizt und wü­tend.

»Kann es nicht sein, dass du zu viel hin­ein­in­ter­pre­tierst? Dass du sei­ne Freund­lich­keit ihr ge­gen­über als se­xu­el­le An­zie­hung miss­ver­stehst?«

Ly­dia schau­te Re­bec­ca un­gläu­big an, zog die Stirn in Fal­ten. »Meinst du im Ernst, Tom geht fremd und setzt sich ne­ben sei­nen Sei­ten­sprung? Ein Mann wür­de das doch un­ter al­len Um­stän­den ver­hin­dern und es so aus­se­hen las­sen, als lie­ße sie ihn ab­so­lut kalt.« Ly­dia hielt kurz inne, über­leg­te, ob es nicht doch so sein konn­te, wie Re­bec­ca sag­te.

Schein­bar un­be­ein­druckt von den Wor­ten gab Ly­dia noch mehr De­tails preis: »Wenn es nur die Ge­sprä­che ge­we­sen wä­ren. Am spä­ten Abend wur­de auch ge­tanzt. Die Weih­nachts­fei­er fand in ei­nem grö­ße­ren Saal ei­ner Gast­stät­te statt. An­statt mich zum Tan­zen auf­zu­for­dern, hat er mit De­ni­se ge­tanzt. Die­ses … Flitt­chen … hat sich an ihn her­an­ge­macht! Wie nah sie ihm war und wie sie mit­ein­an­der ge­lacht ha­ben. Erst spä­ter hat er mit mir ge­tanzt, aber weit we­ni­ger zärt­lich und in­nig als mit De­ni­se.«

»Das muss doch aber noch lan­ge nicht hei­ßen, dass die bei­den mit­ein­an­der schla­fen.«

Ly­dia lief eine di­cke Trä­ne die Wan­ge hin­ab, was Re­bec­ca tie­fes Mit­ge­fühl emp­fin­den ließ. »Was soll ich bloß tun, Bec­cy? Ich sehe furcht­bar aus! So un­för­mig. Mei­ne Haa­re sind fet­tig, die Haut ist un­rein.« Ly­dia rieb sich die Stirn, als säße dort ein Teu­fel, den sie ab­schüt­teln woll­te.

»Aber was das Schlimms­te ist: Ich kann nicht mehr mit Tom schla­fen, weil ich mich so un­wohl bei dem Ge­dan­ken füh­le, dass er mich wi­der­lich und ab­sto­ßend fin­det.«

Ly­dia schüt­tel­te re­si­gniert den Kopf, be­vor sie einen letz­ten, be­deu­tungs­schwan­ge­ren Satz aus­sprach: »Ich wünsch­te, ich könn­te mit ihm über al­les re­den.« Re­bec­ca horch­te auf. Bis­her dach­te sie, Tom und Ly­dia wür­den eine durch und durch har­mo­ni­sche Be­zie­hung füh­ren, könn­ten über ihre Ge­füh­le spre­chen und nur sie und Paul wä­ren eine Aus­nah­me.

Ly­dia hielt kurz inne, be­vor sie zer­knirscht und mit ver­heul­tem Ge­sicht sag­te: »Nach der Weih­nachts­fei­er habe ich Tom ge­fragt, ob er sich zu De­ni­se hin­ge­zo­gen fühlt. Er ist dem Ge­spräch aus dem Weg ge­gan­gen. Er hat noch nicht ein­mal ver­sucht zu de­men­tie­ren, ver­stehst du? Die Fra­ge, ob er mit ihr eine Af­fä­re hät­te, hat er nicht ver­neint!«

»Und du schließt dar­aus, dass er die Be­zie­hung zu ihr ver­heim­licht? Viel­leicht kann er es nur nicht ver­ste­hen, dass du ihm so et­was un­ter­stellst. Denn …« Re­bec­ca mach­te eine klei­ne Kunst­pau­se, at­me­te noch ein­mal tief durch, um ih­rer Freun­din Mut zu­zu­spre­chen: »Wie er mit Lea um­geht, das macht doch kein Mann, der sei­ner Fa­mi­lie un­treu wird.«

Ly­dia schau­te Re­bec­ca mit ih­ren gro­ßen, hoch­ro­ten Au­gen an. Dann sag­te sie mit fes­ter Stim­me: »Das ist dei­ne Mei­nung. Ich traue Tom ein Dop­pel­le­ben zu. So spät, wie er manch­mal nach Hau­se kommt, be­fürch­te ich, dass er sich den Sex, den ich ihm schon seit fast ei­nem Drei­vier­tel­jahr ent­zie­he, wo­an­ders sucht.« Sich die­se Tat­sa­che ein­zu­ge­ste­hen, muss­te Ly­dia nicht leicht ge­fal­len sein. Sie be­trach­te­te ihre schla­fen­de Toch­ter. Ohne den Kopf zu he­ben, sag­te sie: »Wenn Tom mich wirk­lich be­trügt, dann wer­de ich …«

Ly­dia kämpf­te wie­der mit den Trä­nen. »Zum Woh­le un­se­rer Toch­ter wür­de ich ihn nicht ver­las­sen. Ich lie­be Tom. Lea braucht einen Va­ter.«

Re­bec­ca rück­te nä­her an ihre Freun­din her­an und pro­tes­tier­te ener­gisch: »Ly­dia, nein! Das kannst du dir nicht ernst­haft auf­er­le­gen wol­len! Dei­ne Toch­ter braucht einen Va­ter, der ehr­lich mit dir ist und kei­nen, der ein Dop­pel­le­ben führt. Du kannst doch nicht den Rest dei­ner Tage un­g­lü­ck­lich sein wol­len!«

Ge­quält press­te sie her­vor: »Und was wird aus dem Le­ben, das wir uns auf­ge­baut ha­ben? Was wird aus dem Haus? Wir be­zah­len es bei­de ab, und das noch auf vie­le Jah­re.« Ge­nau wie sie und Paul!

Re­bec­ca hat­te ge­hofft, Ly­dia von ih­ren ei­ge­nen chao­ti­schen Ge­füh­len er­zäh­len zu kön­nen. Aber das brach­te sie nicht übers Herz. Ihre na­i­ven Emo­ti­o­nen ka­men ihr un­be­deu­tend und ge­ra­de­zu lä­cher­lich vor ge­gen­über der sich an­bah­nen­den Ehe­kri­se ih­rer Freun­de.

»Ly­dia?« Tom stand un­ten im Haus­flur und rief nach sei­ner Frau. Sei­ne Stim­me kam Re­bec­ca mit ei­nem Schlag viel käl­ter vor. Sie be­schloss, Paul dis­kret zu be­fra­gen und ihre Freun­din nicht wei­ter zu be­las­ten. »Ly­dia? Wo seid ihr denn?«, er­tön­te es er­neut. »Ich dach­te, wir woll­ten noch einen Wein zu­sam­men trin­ken?«

»Gleich!«, rief Ly­dia zu­rück.

Sie wisch­te sich mit dem wei­ten Pull­over­är­mel die Trä­nen aus dem Ge­sicht. »Ich sehe ver­heult aus, rich­tig?« Re­bec­ca nick­te. »Geh run­ter und sage Tom, dass die Klei­ne nicht ein­schla­fen will. Ich kom­me nach, so­bald ich mich be­ru­higt habe.« Re­bec­ca nahm Ly­dia fest in den Arm und drück­te sie an ihre Brust, be­vor sie nach un­ten ging.

Tom stand noch im­mer am Trep­pen­auf­gang. »Wo ist Ly­dia?«, frag­te er bei­nah her­risch, als Re­bec­ca das Haus­flur er­reich­te.

»Die Klei­ne schläft nicht ein. Ly­dia muss noch ein Schlaf­lied sin­gen.«

Er setz­te ein skep­ti­sches Ge­sicht auf. »Ko­misch, war­um hat Lea nicht ge­weint? Wenn sie nicht ein­schla­fen kann, weint sie in der Re­gel.« Er er­war­te­te eine Ant­wort.

»Sie … war be­reits ein­ge­schla­fen … und nun ist sie auf­ge­wacht … als du ge­ru­fen hast.«

Ver­wun­dert zog Tom den Kopf nach hin­ten und sag­te lang­sam: »Ver­ste­he.« Dann be­glei­te­te er Re­bec­ca ins Wohn­zim­mer, wo Paul läs­sig auf der grau­en Couch saß.

In­zwi­schen wa­ren die Män­ner zum Wein über­ge­gan­gen. Tom setz­te sich le­ger ne­ben sei­nen Freund, wäh­rend Re­bec­ca et­was ab­seits von Paul Platz nahm. Sie be­ob­ach­te­te die bei­den beim Re­den, wäh­rend sie selbst an ei­nem Glas Weiß­wein nipp­te.

Tom und Paul wa­ren bei­de An­fang Vier­zig. Ly­di­as Mann war et­was schlan­ker als ihr Freund, da­für hat­te Paul mehr Haa­re auf dem Kopf. Bei Tom konn­te sie ers­te grau­me­lier­te Sträh­nen er­ken­nen. Zu­sam­men mit sei­nem Drei­ta­ge­bart ging er als ganz an­sehn­li­cher Mann durch, der si­cher­lich gut bei jün­ge­ren Da­men an­kam. Im An­zug, den er für ge­wöhn­lich auf Ar­beit tra­gen muss­te, mach­te er be­stimmt kei­ne schlech­te Fi­gur.

Wel­che Lieb­schaf­ten er aber vor Ly­dia hat­te, wuss­te Re­bec­ca nicht. Ob er ei­ner Af­fä­re mit sei­ner Se­kre­tä­rin of­fen ge­gen­über­ste­hen wür­de?

»Ach so, Paul. Und dann hat De­ni­se noch ge­sagt, dass sie uns gern mal be­su­chen wür­de. Sie möch­te un­be­dingt mei­ne Toch­ter ken­nen­ler­nen. Sie liebt Kin­der.« Paul nick­te.

Mit welch ei­ner Lei­den­schaft Tom von sei­ner Se­kre­tä­rin sprach! In An­we­sen­heit sei­ner Ehe­frau hät­te er ga­ran­tiert nicht so in­brüns­tig von ihr ge­schwärmt.

Nach ei­ner Vier­tel­stun­de er­schien Ly­dia. Sie setz­te sich wort­los ne­ben Re­bec­ca und schau­te nach un­ten auf den Tep­pich. Nach we­ni­gen Mi­nu­ten sag­te sie: »Ich gehe das Ge­schirr auf­räu­men«, und ver­schwand in der Kü­che.

»Geht es dei­ner Frau nicht gut?«, frag­te Paul, der ja nicht ah­nen konn­te, was für ein Dra­ma sich im obe­ren Stock­werk ab­ge­spielt hat­te.

»Ach was. Ist halt al­les stres­sig mit der Klei­nen.« Re­bec­ca aber dach­te sich ih­ren Teil.

Es war weit nach 21 Uhr, als Re­bec­ca und Paul das Haus von Tom und Ly­dia ver­lie­ßen. Paul war an­ge­trun­ken, wes­halb Re­bec­ca fuhr. Sie be­schäf­tig­te noch im­mer, was ihr ihre Freun­din an­ver­traut hat­te. »Sag mal, was hat dir Tom ei­gent­lich über De­ni­se er­zählt?«

Nach­dem Paul Al­ko­hol ge­trun­ken hat­te, war er deut­lich ge­sprä­chi­ger als sonst. »Nichts wei­ter. Nur, dass sie ir­gend­wann vor­bei­kom­men will, um sei­ne Toch­ter zu se­hen.«

»Ja, das weiß ich, da war ich da­bei«, sag­te Re­bec­ca ge­reizt. »Aber ihr habt doch schon vor­her über sie ge­spro­chen, als Ly­dia und ich oben wa­ren.« Paul über­leg­te kurz.

»Nicht viel. Sie ist sei­ne neue Se­kre­tä­rin. Er hat ein we­nig über ihr Pri­vat­le­ben er­zählt. Wie­so fragst du?«

»Du hast sie doch be­stimmt schon ge­se­hen, oder? Sieht sie gut aus?«

Wie­der zö­ger­te Paul kurz. »Schlecht sieht sie nicht aus. Um die Zwan­zig, ziem­lich durch­trai­niert und mit lan­gen blon­den Haa­ren.«

Re­bec­ca hör­te den an­er­ken­nen­den Un­ter­ton in der Stim­me ih­res Freun­des mit­schwin­gen. »Meinst du, Tom steht auf sie?« Paul gab kei­ne Ant­wort.

Da es zu fins­ter war, konn­te Re­bec­ca auch kei­ne Re­ak­ti­on in sei­nem Ge­sicht er­ken­nen. Die Pau­se dau­er­te ihr zu lan­ge. »Hat dir Tom ir­gend­was ge­sagt? Fin­det er sie gut, wie ver­steht er sich mit ihr?« Wie­der blieb Paul ihr die Ant­wort schul­dig.

Re­bec­ca at­me­te schwer aus.

»Wor­auf willst du denn hin­aus, Bec­cy?«, platz­te es aus ihm her­aus.

Sie lach­te auf. Als ob er das nicht wüss­te! »Traust du Tom zu, dass er Ly­dia be­trügt?«

»Tom soll fremd­ge­hen? Das glau­be ich nicht«, sag­te Paul schnell. Re­bec­ca hör­te trotz­dem einen selt­sa­men Un­ter­ton in sei­ner Stim­me. »Ich mei­ne … Tom ist ein Mann … Er hat mir er­zählt, dass er De­ni­se … Aber er wür­de Ly­dia doch nicht … Nein, ich mei­ne …«

Of­fen­bar wuss­te Paul mehr, als er Re­bec­ca ge­gen­über ein­ge­ste­hen woll­te. Er be­en­de­te das The­ma, in­dem er ein­fach die an­ge­fan­ge­nen Satz­bro­cken nicht mehr fort­s­etz­te. Er schwieg, bis sie zu Hau­se an­ka­men.

Rebeccas Schüler

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