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ОглавлениеKonrad Zuse
Erbauer des ersten programmierbaren Computers
* 22.06.1910 † 18.12.1995
Was ist wohl der beste Ort, um den ersten Computer der Welt zu bauen? Ein Labor? Oder eine voll ausgestattete Werkstatt mit Bill Gates als Nachbarn? Konrad Ernst Otto Zuse baute den ersten programmierbaren Computer in der Wohnung seiner Eltern. 1941, mitten im Zweiten Weltkrieg in Berlin.
Wirklich der erste Computer?
In Berlin wurden schon des Öfteren große Entdeckungen und Erfindungen gemacht. Max Planck entdeckte hier 1900 die Quantenphysik und Albert Einstein beschrieb 1915 seine Relativitätstheorie. Und ebenjener Konrad Zuse baute zwischen 1936 und 1941 den ersten programmierbaren Computer der Welt. Aber was ist eigentlich ein Computer? Und hatte nicht Charles Babbage den Computer erfunden? Per Definition ist ein Computer eine funktionstüchtige, vollautomatische, programmgesteuerte, beliebig programmierbare Maschine, die in binärer Gleitkommarechnung arbeitet. Und so etwas gab es bis 1941 noch nicht. Frühere »Computer« waren mechanisch betrieben oder sie wurden, wie Babbages Analytische Maschine, nie gebaut. Es musste also erst jemand geboren werden, der aus Faulheit einen funktionierenden Computer brauchte und diesen auch bauen konnte!
Leben und Studium
Zuse bastelte liebend gerne an irgendwelchen Maschinen, die ihm Arbeit abnahmen. Er bezeichnete sich selbst sogar einmal als »Bummelstudent«, da er eher Spaß hatte, Dinge zu konstruieren, als zu lernen. Zuse studierte nach seinem Abitur 1928 erst Maschinenbau, dann Architektur und letztlich Bauingenieurswesen, welches er 1935 mit einem Diplom abschloss. Er wurde Statiker und berechnete die Tragfähigkeit von Flugzeugteilen. Eine langweilige und nervige Tätigkeit, weil die sich ewig wiederholenden Berechnungen nicht nur mühsam, sondern auch extrem eintönig waren. Zuse scheute keineswegs die Arbeit, aber er fragte sich, ob diese Berechnungen nicht jemand anders für ihn übernehmen könnte. Oder besser noch: etwas anderes. Und so schrieb er 1937 in sein Tagebuch: »Seit etwa einem Jahr beschäftige ich mich mit dem Gedanken des mechanischen Gehirns.«
Wirklich wahr!
Mit 14 Jahren baute Zuse einen mechanischen Mandarinenautomaten, der bei Münzeinwurf eine Frucht und korrektes Wechselgeld zurückgab.
Der Bau des ersten Computers der Welt
Konrad Zuse begann daraufhin, »der eigenen Faulheit wegen« in der Wohnung seiner Eltern, an einem »mechanischen Gehirn« zu tüfteln. In der Methfesselstraße 10, in Berlin-Kreuzberg, baute er den ersten Zuse-Rechenapparat zusammen, die Z1. Ganze vier Quadratmeter groß war sie. Zuse hatte sich für die Z1 etwas ganz Besonderes ausgedacht: eine Methode, um Gleitkommazahlen, das sind Zahlen mit vielen Nachkommastellen, im binären System, also nur durch Einsen und Nullen, darzustellen. Die Z1 lief noch mechanisch und funktionierte nicht sehr gut, weil die Maschinenteile in der damaligen Zeit nicht präzise genug gefertigt waren. Irgendetwas klemmte oder stockte immer. Etwas anderes musste also her und Zuse übertrug die fehleranfälligen mechanischen Schaltungen in elektromechanische Teile. Dazu verwendete er die Relaistechnik aus Telefonen, das sind automatische Schalter. Mit der Vorführung eines kleinen Prototyps, den er Z2 nannte, gelang es ihm, sich den Bau eines größeren Rechners durch die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt finanzieren zu lassen. Er gründete eine eigene Firma, werkelte und bastelte, bis er schließlich am 12. Juni 1941 die Rechenmaschine Z3 präsentieren konnte. Die Z3 hatte eine zentrale Recheneinheit, einen Speicher; sie konnte binäre Gleitkommarechnungen durchführen. Sie war zudem vollautomatisch und programmierbar. Kurzum: Die Z3 war der erste funktionstüchtige Computer der Welt. Gebaut mitten im Krieg von einem damals 30-jährigen Berliner, der fünf, sechs Jahre zuvor lediglich zu bequem gewesen war, die immer gleichen Berechnungen selbst durchzuführen. Die Maschine war so groß wie drei geräumige Kühlschränke und enthielt insgesamt etwa 2.400 Relais.
1937 in der elterlichen Wohnung in Berlin: der Aufbau der Z1
Im Bombenhagel über Berlin 1943/1944 traf eine Fliegerbombe Zuses Arbeitsräume in der Methfesselstraße 7. Dabei wurde nicht nur das Haus, sondern auch die Z3 samt aller Pläne und Blaupausen vollständig zerstört. Kurze Zeit später traf das gleiche Schicksal auch die Z1, die noch schräg gegenüber in der Wohnung der Eltern stand. Aber Zuse ließ sich nicht entmutigen und begann sofort damit, an der Z4 zu bauen. Im kriegsgebeutelten Berlin stand jedoch kaum mehr ein Stein auf dem anderen. Er heiratete und floh 1945 mit seiner Familie ins Allgäu.
Die Programmiersprache Plankalkül
Irgendwie war es Zuse gelungen, nicht nur die Koffer mit den Habseligkeiten der Familie mitzunehmen. Er schaffte es auch, die unfertige Z4 einzupacken und quer durch Deutschland zu transportieren. Doch nach dem Krieg waren nicht nur die Lebensmittel knapp. Elektromechanische Teile gab es praktisch überhaupt nicht zu kaufen. Deshalb konnte Zuse die Z4 erst fünf Jahre später fertigstellen. In der Zwischenzeit musste er sich daher zwangsläufig mit etwas anderem beschäftigen. Noch in Berlin hatte Zuse erkannt, dass die Programmierung der Z3 in Maschinensprache viel zu kompliziert war. Und wieder war es der Drang, den Arbeitsaufwand zu vereinfachen, der ihn dazu brachte, etwas Neues zu erfinden: die erste höhere Programmiersprache der Welt. Er nannte sie Plankalkül und stellte sie 1946 fertig. Die Idee und ihre Beschreibung reichte er sogar als Doktorarbeit an der Universität Augsburg ein. Sie wurde jedoch nie veröffentlicht oder realisiert. Einen Doktortitel erhielt Zuse auch nicht – und zwar aus formellen Gründen: Er hatte schlichtweg vergessen, die 400 Mark Gebühren zu bezahlen. Seine Idee einer einfachen Programmiersprache wurde erst zehn Jahre später von anderen Forschern aufgegriffen, als die Sprachen Fortran, Algol oder COBOL entwickelt wurden. In den 1940ern war der Ingenieur und Erfinder mit diesem Gedanken seiner Zeit einfach voraus.
Die Zeit nach dem Krieg
Als es in Deutschland mit der Wirtschaft bergauf ging, lief es auch mit Zuses Firma wieder besser. Seine Rechner waren begehrt. Jeder, der viel zu berechnen hatte, hatte Interesse an einem Z-Rechner. Am erfolgreichsten waren die Modelle Z11 und Z22. Letzterer war der erste Rechner mit einem Speicher auf Magnetband.
Zuse baute für sein Leben gerne an seinen Computern. Fließbandherstellung wie heute gab es nicht. Jeder Rechner war ein kleines Unikat, in das Herzblut und Schweiß gesteckt wurde. Konrad und seine Frau Gisela hatten mittlerweile fünf Kinder. Wenn einer der Rechner kaputt war, schnappte sich Konrad Zuse einen Teil seiner Familie und setzte sie in einen VW-Käfer. Zusammen ging es dann am Wochenende zur defekten Rechenmaschine, um sie zu reparieren. So sah er aus, der Familienausflug à la Konrad Zuse.
Nach dem Bau von 251 Computern war mit der Z43 Schluss. Aufgrund finanzieller Probleme wurde die Zuse KG 1967 von Siemens aufgekauft und verschwand als Name vom Markt. Konrad Zuse widmete sich anschließend seinem Hobby, der Malerei. Schon nach der Flucht aus Berlin konnte er seine Familie mit seinen Bildern über Wasser halten. Er verkaufte amerikanischen Soldaten Bilder von Gämsen in den Allgäuer Bergen.
Ehrungen und Tod
Konrad Zuse, der Erfinder des ersten programmierbaren Computers der Welt, erhielt Dutzende Auszeichnungen. Darunter sind auch acht Ehrendoktortitel. Typisch Zuse – für Ehrendoktortitel muss man keine Gebühren bezahlen und man kann sich auch das Schreiben der Doktorarbeit sparen.
Als er kurz vor seinem Tod 1995 vom Chaos Computer Club zum Ehrenmitglied ernannt wurde, sagte Zuse, dass er sein ganzes Leben lang keinen eigenen Laptop oder PC besessen habe. »Ich bin zu faul, um mich in ein solches Gerät noch einzuarbeiten.«