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Identity Politics, politische Korrektheit und die Beraubung der Freiheit

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Ich möchte zu einem Phänomen übergehen, das (ebenso wie die Herrschaft der Juristen) seine ursprüngliche Wurzel in der Verleugnung einer allgemeingültigen Wahrheit findet: Die Beraubung der Freiheit durch Identity Politics und politische Korrektheit. Die Maul- und Gedankenkörbe der Identity Politics und der politischen Korrektheit machten das zugrundeliegende Problem aus, auf das die Amerikaner mit der Wahl Donald Trumps eine Antwort lieferten. In der Wahl Donald Trumps ging es nämlich um Freiheit. Freiheit ist die prinzipielle Botschaft, die von Amerikas Gründung ausging. Sie ist die primäre Basis unserer Wohlfahrt. Aber Freiheit ist nur möglich, wenn sie in der Wahrheit verankert ist. Die Volkssouveränität in Amerika liegt in der Annahme begründet, dass bestimmte Dinge unveränderlich wahr sind, und dass die Obrigkeit deshalb diese Wahrheiten respektieren muss, um gerecht zu sein. Um die amerikanische Unabhängigkeitserklärung zu zitieren: „Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, daß alle Menschen gleich erschaffen worden, daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt worden, worunter sind Leben, Freyheit und das Bestreben nach Glückseligkeit. Daß zur Versicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingeführt worden sind, welche ihre gerechte Gewalt von der Einwilligung der Regierten herleiten...“

Aber was hat die traditionelle Ehrfurcht vor der Wahrheit mit der Wahl von Donald Trump zu tun?

Bei der Spaltung in Amerika, die den Hintergrund von dieser Wahl ausmachte, geht es nicht nur um eine Entfremdung zwischen einer kleinen Elite und der Mittel- und Arbeiterklasse, die sich ausgeschlossen fühlt. Es geht nicht nur um den Verwaltungsstaat oder um die Herrschaft durch Juristen. Es geht auch um eine sich ausbreitende Weltanschauungskluft zwischen Traditionalisten und Progressiven. In den Vereinigten Staaten leben wir nicht mehr in einem Land, in dem unsere politischen Unterschiede innerhalb eines gemeinsamen amerikanischen Weltbilds verankert sind. Vielmehr gibt es diametral entgegengesetzte Vorannahmen darüber, was für ein Land Amerika ist und sein sollte. Das zeigt sich sogar bei manchen der allergrundsätzlichsten Fragen des Lebens, wie z.B. was gut ist, was wahr ist, und was der Sinn des Lebens ist.

Die Mehrheit der Amerikaner teilt noch das Weltbild, das in dem Abschnitt aus der Unabhängigkeitserklärung ausgedrückt wird, den ich gerade zitiert habe: „Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht (...).“ Um noch besser zu begreifen, wie die Freiheit im amerikanischen System in der Wahrheit verankert ist, müssten Sie nur mal auf die Federalist Papers schauen. Diese brillante Serie von 85 Aufsätzen, die die amerikanische Verfassung erläutert und verteidigt, wurde im Laufe der Jahre 1787 und 1788 veröffentlicht, während der Debatte über die Ratifizierung der Verfassung. Es ist auffallend, wie sehr die Federalist Papers der grundsätzlichen Annahme einer unveränderlichen Wahrheit über den Menschen verpflichtet sind: dass der Mensch, während er einerseits imstande ist, Großes und Gutes zu leisten, auch gleichzeitig fehlerhaft ist, und der Tendenz unterworfen ist, die Macht zu missbrauchen. Das ganze amerikanische System gründet sich auf dieser äußerst nüchternen Auffassung über die Begrenztheit des Menschen und die deshalb begrenzten Möglichkeiten der Politik. Diese Auffassung über den Menschen liefert den Grund, warum das amerikanische Grundgesetz die Gewaltenteilung mit ihren Checks and Balances vorschreibt: Weil der Mensch unveränderlich dazu neigt, korrupt zu werden und die Macht zu missbrauchen, müssen die Zuständigkeiten des Staates begrenzt und unter mehreren Instanzen verteilt werden, um den fehlerhaften Menschen, die die Regierungsmacht ausüben, die Möglichkeit vorzuenthalten, ihren Mitbürgern eine Tyrannei aufzuzwingen. Meine Überzeugung ist es, dass diese Auffassungen über den Menschen sowie über die Wahrheit, die die Federalist Papers sowie die amerikanische Verfassung durchdringen, immer noch die herrschenden, intuitiven Meinungen der meisten Amerikaner widerspiegeln.

Was Europa von Trump lernen kann

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