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Postmodernismus: Leugnung der Wahrheit, Aushöhlung der Freiheit

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Woher also diese implizite Leugnung einer allgemeingültigen Wahrheit? Während die meisten Amerikaner (vielleicht ist es für alle Menschen im Endeffekt unumgänglich) instinktiv an „Wahrheit“ glauben, sind viele gleichzeitig unterbewusst Opfer des relativistischen Weltbildes des Postmodernismus geworden, nach dem die Wahrheit nicht mehr maßgebend und objektiv ist. Eine rudimentäre, trickle-down Form des Postmodernismus, nach dem jeder seine eigene Wahrheit für sich selbst schafft, ist für viele von uns die implizite Basis unseres Denkens geworden. Britannica.com definiert den Postmodernismus so: „Der Postmodernismus ist eine Bewegung in der abendländischen Philosophie des späten 20. Jahrhunderts, die sich durch umfassenden Skeptizismus, Subjektivismus oder Relativismus auszeichnet, sowie durch einen allgemeinen Argwohn gegen die Vernunft und eine akute Empfindlichkeit für die Rolle der Ideologie in der Behauptung und Beibehaltung von politischer und wirtschaftlicher Macht.“ Diese Art des subjektivistischen Relativismus, dieser Verdacht, dass die Wahrheit nicht wirklich die Wahrheit ist, sondern ein Machtinstrument von denen, die politisch und wirtschaftlich einflussreich sind, ist durch fast alle Lebensbereiche durchgesickert. Es geht hier übrigens nicht um das hartnäckige Beharren vieler Trump-Gegner darauf, dass der neue Präsident ständig lügen würde. Vielmehr geht es um eine Leugnung der objektiven Wahrheit an sich, um dadurch neue Wahrheiten behaupten zu können, die auf die vermeintlichen Bedürfnisse von favorisierten Gruppen zugeschnitten sind. So eine Wahrheitsleugnung ist das Herz der Identity Politics, und der Kern der politischen Korrektheit – des Verhaltens- und Sprachkodexes, nach dem die Gedankenpolizei in den Medien und an den Universitäten die Bevölkerung zwingen, den Dogmen der Identity Politics zu gehorchen. Dogmen, die manchmal direkt behauptet, manchmal aber einem eingeflüstert werden. Wie z.B., dass es ausländerfeindlich oder rassistisch sei, die illegale Einwanderung über die mexikanische Grenze stoppen zu wollen oder Menschen, die sich illegal in den USA aufhalten, ausweisen zu wollen. Oder, dass es homophob sei, daran zu glauben, wie fast alle seit dem Anbeginn der Menschheitsgeschichte, dass nur eine Mann-Frau-Ehe eine Ehe ist. Dogmen der Identity Politics also, die dann durch den Sprachkodex der politischen Korrektheit unterstrichen werden: Man darf nicht „illegale Einwanderer“ sagen, sondern muss stattdessen „undokumentierte Menschen“ sagen. Man darf nicht Kritik an der Idee der Homoehe äußern, darf auch nicht „Homoehe“ sagen, sondern muss sich für „Ehegleichheit“ aussprechen und gleiche Begriffe für unterschiedliche Dinge verwenden.

Wie diese und andere Beispiele veranschaulichen, verwerfen politische Korrektheit und Identity Politics den Gedanken, dass es irgendeine Wahrheitsbehauptung geben kann, die eine stärkere Kraft entfaltet als die Gefühle oder Meinungen des oder der jeweilig angesprochenen Individuums oder Gruppe, vor allem wenn der Einzelne oder die Gruppe für unterdrückt oder benachteiligt gehalten wird. Die Wirklichkeit selbst wird nichts anderes als das, was sich das jeweilige Individuum oder die jeweilige Gruppe einbildet. Individuelle Entscheidungsfreiheit und Gruppenidentität sind maßgebend, und die Wirklichkeit selbst muss danach umgeformt werden. Letztendlich ist die einzige objektive Wahrheit meine subjektive Einschätzung davon, was für mich wahr ist.

Diese Überzeugung, die den Kern von Identity Politics und politischer Korrektheit ausmacht, die Überzeugung, dass Freiheit das Recht ist, die Existenz einer objektiv-allgemeingültigen Wahrheit zu leugnen und für mich selber zu entscheiden, was für mich wahr ist, ist eine völlige Umkehrung von der traditionellen Idee, dass die Freiheit in der echten, objektiven und dauerhaften Wahrheit verankert sein muss. Und es ist eine der Hauptursachen der Balkanisierung der amerikanischen Gesellschaft durch Identity Politics und politische Korrektheit, also eine zentrale Quelle der Entfremdung, die den Hintergrund von der Wahl im November formte. Es ist Donald Trumps enormer Verdienst, dass er das erkannt hat, und sich weigert, sich von den politisch Korrekten sagen zu lassen, wie er denkt und was er sagt, und wie er es sagt. Grundsätzliche und entschlossene Ablehnung der politischen Korrektheit ist genau das, was wir gegenwärtig in Amerika brauchen.

Schauen Sie mal auf die berühmt-berüchtigte Bemerkung Hillary Clintons über die Hälfte der Donald-Trump-Anhänger, also ungefähr 25 Prozent der 320 Millionen Amerikaner, die sie alle in ein „Körbchen der Erbärmlichen“ warf, indem sie ihnen ein Etikett aufgedrückt hat, das direkt aus dem politisch korrekten Drehbuch der Identity Politics stammt. Sie sagte: „Man kann die Hälfte der Trump-Anhänger in das hereinstecken, was ich das ‚Körbchen der Erbärmlichen’ nenne, wisst ihr, rassistisch, sexistisch, homophob, xenophob, islamophob, und so weiter und so fort.“

Wie man anhand dieses Zitats von Hillary Clinton sehen kann, sind politische Korrektheit und Identity Politics dazu da, um diejenigen, die nicht linientreu sind, als Xenophobe, Rassisten, Homophobe, Frauenfeinde, Islamophobe, usw. zu diffamieren. Wie die oben genannten Beispiele über illegale Einwanderung und die Homoehe veranschaulichen, werden durch Verleumdung die Grenzen gezogen, außerhalb derer man nicht denken darf. Durch Rufmord wird die subjektive Wahrheit einer jeden Gruppe als vermeintlich objektive Wahrheit durchgesetzt, die jeder nicht nur respektieren, sondern selber aktiv unterstützen muss, um nicht wie ein Leprakranker in biblischen Zeiten in die Wüste geschickt und aus der guten Gesellschaft verbannt zu werden.

Noch eine Bemerkung: Wir wissen aus schmerzlicher Erfahrung, dass der Mensch an einer Tendenz zur gegenseitigen Abgrenzung aus ethnischen, religiösen, und anderen Gründen leidet. Und wir wissen, dass diese Tendenz oft in Gewalt mündet. Siehe Bosnien, Kosovo, Nordirland, die Streitigkeiten unter Schiiten, Sunniten und Kurden, usw. Warum würden wir diese Tendenz zur gegenseitigen Abgrenzung und Kategorisierung der Menschen nach ethnischer Zugehörigkeit noch verschlimmern wollen? Warum würden wir durch Identity Politics und politische Korrektheit ständig an diesen potenziell explosiven Unterschieden zwischen Menschen kratzen wollen, und damit das friedliche Zusammenleben der Menschen riskieren?

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