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Der Verwaltungsstaat und das Schwinden der Demokratie

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In den USA breitet sich der Verwaltungsstaat schon mehr als 100 Jahre lang aus. Die Bürokratisierung der Herrschaft, d.h., die zunehmende Ausübung von politischer Macht durch Bürokraten und Fachleute, hat ein Ausmaß erlangt, dass man langsam den Punkt erreicht, an dem Beamte de facto die legislative Gewalt ausüben, für die nach der amerikanischen Verfassung die gewählten Kongressmitglieder verantwortlich sind, die Politiker also, die regelmäßig durch Wahlen dem Volk gegenüber Rechenschaft ablegen müssen. Schon seit mehr als 100 Jahren, seit den Präsidentschaften von Theodore Roosevelt und Woodrow Wilson am Anfang des 20. Jahrhunderts, wächst der Verwaltungsstaat in den Vereinigten Staaten fast ununterbrochen. In dieser Zeit machte der Bürokratiestaat große Sprünge nach vorn, vor allem während der Amtszeiten von Franklin Delano Roosevelt, Lyndon Johnson, Richard Nixon und Barack Obama. Unter Barack Obama, der in Deutschland immer noch eine unkritische Verehrung genießt, die er niemals verdient hat, ist der Verwaltungsapparat des Staates so explosiv gewachsen, dass nach einer Schätzung von Clyde Wayne Crews auf cato-unbound.org im Jahr 2015 „Verwalter“ dreißig Mal mehr Vorschriften und Regelungen gemacht haben, die das tägliche Leben der Amerikaner mitbestimmen, als der Kongress Gesetze verabschiedet hat.

Aber die Anzahl von Vorschriften und der Überbürokratisierung ist nicht das größte Problem. Das Problem, wie ich vorhin angedeutet habe, ist die mangelnde Rechenschaftspflicht der Beamten und der Einrichtungen, die die Vorschriften machen. Ein Grund, warum das lange Zeit relativ unbemerkt ablief, ist, dass Vorschriften eben als vergleichsweise harmlose „Vorschriften“ daherkommen, obwohl sie eigentlich Gesetze sind. Und der Kongress ist die Einrichtung, die dazu da ist, um die legislative Gewalt auszuüben. Stattdessen, wie Joseph Postell von der University of Colorado bemerkt, „verabschiedet der Kongress Gesetze, die dessen legislative Gewalt auf Ministerien und andere Einrichtungen des Staates übertragen. Diese Ministerien und Einrichtungen, in denen das Personal aus ungewählten Beamten besteht, entwickeln dann die Gesetze, denen [die Bevölkerung] folgen muss.“ Was vielleicht noch schlimmer ist: Viele der Einrichtungen üben die drei Gewalten des Staates – die exekutive, legislative und judikative Gewalt – aus. Sie „sind mit der Gewalt versehen worden, Gesetze zu verabschieden, ihre Einhaltung zu untersuchen sowie zu erzwingen, die mutmaßlichen Verstöße gegen die Gesetze zu verfolgen, und oft sogar über diese mutmaßlichen Verstöße Urteile zu fällen.“

So beschreibt Professor Gary Lawson das Vorgehen einer typischen Instanz des Staates, der Federal Trade Commission (Bundeshandelskommission): „Die Kommission verabschiedet Regelungen. Dann ermächtigt sie Untersuchungen über mögliche Verstöße gegen diese Regelungen; die Kommission führt die Untersuchung dann aus und berichtet über ihre Feststellungen an die Kommission. Die Anklage der Kommission über den Verstoß gegen eine Regelung der Kommission wird dann von der Kommission verfolgt und gerichtlich entschieden. In gewissen Fällen, wenn die gerichtliche Entscheidung der Kommission nachteilig ist, kann die Kommission dann bei der Kommission Berufung einlegen...“ James Madison, einer der amerikanischen Gründerväter und Hauptverfasser der amerikanischen Verfassung, hatte Recht, als er schrieb, dass die Vereinigung aller drei Staatsgewalten in den gleichen Händen „der Inbegriff der Tyrannei“ sei.

Es überrascht also nicht, dass endlich, nach einem Jahrhundert des ständigen Wachstums, die außer Kontrolle geratene Erweiterung des Verwaltungsstaats den Eindruck unter vielen Amerikanern erweckt, dass die USA dabei sind, sich in etwas Unerkennbares zu verwandeln, dass das Amerika des Verwaltungsstaats auf dem Weg ist, ein Land zu werden, das von einer nicht rechenschaftspflichtigen Elite regiert wird, und das wesentlich weniger frei ist. Donald Trump hat Millionen von Anhängern unter der Wählerschaft gewonnen, weil er das Problem der Bürokratisierung der Staatsmacht erkennt und anpacken will. Eines seiner wichtigsten Themen ist die Wiederbehauptung von politischer Kontrolle über die rechenschaftsmangelnden Einrichtungen des Staates und das Abschaffen von niederdrückender Überregulierung. Hillary Clinton hat übrigens nie auch nur angedeutet, dass sie in irgendeiner Form über den Verwaltungsstaat besorgt sei.

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