Читать книгу Wir wollen Mobbingfrei! Schau hin, nicht weg! - Tom Lehel - Страница 8
Kapitel 2 – PAUSENKILLER
ОглавлениеPause ist die schönste Zeit in der Schule. Da kann man toben wie ein Pavian auf dem Felsen oder einfach Abhängen wie ein Faultier. Wenn es nicht … ja, wenn es da nicht immer wieder Situationen gäbe, die so richtig Probleme bereiten. Kennt ihr solche Situationen? Habt ihr das schon mal erlebt?
So, wir sind gelandet und befinden uns mitten auf einem Schulhof. Mann, ist das laut hier, wie bei einem Treffen von 20.000 Minions, die alle gleichzeitig „Banana“ schreien. Komm, wir schauen uns mal um. Da ist ein Klettergerüst, links davon steht die Turnhalle. Was gibt es hinter der Turnhalle? Da ist ein kleiner Vorplatz vor den Umkleideräumen. Vom Schulhof aus ist er nicht direkt zu sehen. Auch Lehrer sind dort nicht. Dieser kleine, versteckte und ruhige Ort ist super zum Pause machen.
Komm, wir setzen uns aufs Vordach der Turnhalle. Herrlich diese Ruhe, oder? Siehst du, da sitzt ein kleiner Junge. Was ist mit dem los? Er ist ganz allein und starrt traurig vor sich hin. Da kommen drei Jungs und ein Mädchen um die Ecke. Einer der Jungs ruft dem anderen was zu: „Los Karsten, schnapp ihn dir!“
Und was macht der Karsten? Er läuft ja wie ein aufgemotztes Nilpferd auf den kleinen Jungen zu und ruft: „Hey, Paul, du weißt genau, was jetzt kommt, du Loser. Also los, steh auf!“ Soso, das ist also Karsten. Er ist größer als Paul und er scheint ziemlich aggressiv zu sein. Er redet wie Hulk nach einer „Sechs“ in Mathe: „Hey, Franz, Robbi, Kathi, kommt her. Jetzt wird es lustig. Was machen wir mit unserem Opfer?“
Paul steht auf. Seine Angst kann er nicht verbergen. Er sagt: „Was wollt ihr wieder von mir? Ich habe euch doch meine Pausenbrote schon gegeben.“
Karsten macht einen Schritt auf Paul zu, wie ein Tiger, der sich an sein Opfer ranschleicht. Franz, Robbi und Kathi bleiben hinter Karsten stehen. Der schnappt sich Paul am Pulli, hält ihn bedrohlich fest und sagt: „Pausenbrote reichen nicht. Wir wollen deine Kohle, du Wurst.“
Moment mal, wieso sagen die anderen denn nichts? Sie lachen einfach nur, klatschen Karsten damit fast Beifall. Der sabbert vor Freude wie ein Hai, der grad einen Fisch angeknabbert hat.
In dem Moment, schau mal, kommen drei weitere Kinder um die Ecke. Sie setzen sich etwas weiter hinten auf eine Bank. Hm … die scheinen nichts mitzukriegen und gehören wohl auch nicht zu Karstens Truppe. Was macht die bedrohliche Meute? Jetzt stellt sich auch Kathi direkt vor Paul. Der zittert fast, so große Angst hat er.
Kathi scheint sich besonders stark zu fühlen. „Och, hat der kleine Hosenscheißer Angst?“ Mensch, Kathi, neben den anderen haust du ganz schön auf die Kacke. Wie ein Pantherweibchen. Denkst, du bist geschmeidig und saugefährlich, oder?
Und was machen Franz und Robbi? Die stehen einfach nur dabei und lachen dreckig. Übel.
Durch das laute Lachen sind jetzt die Kinder hinten auf der Bank auf die Meute aufmerksam geworden. Sie schauen rüber, machen aber auch nix. Die sitzen da wie stumme Eulen auf einem Ast. Keine Bewegung.
Karsten hat Paul mittlerweile mit voller Kraft auf den Boden gedrückt und sich auf seinen Rücken gesetzt. „Hör zu, du Nullnummer“, sagt er, „ich will morgen von dir zehn Euro haben, ansonsten gibt’s echt auf die Zwölf.“
Paul kann seine Tränen nicht mehr verbergen. Er winselt: „Ich habe kein Geld. Wie soll ich das machen?“
Da drückt Karsten Paul noch mehr auf den Boden, und Kathi bückt sich ganz nah zu Pauls Gesicht runter, sagt: „Das ist uns scheißegal, Alter. Morgen ist die Kohle da, ist das klar? Oder es gibt Prügel!“ Dann grunzt sie frech. Franz und Robbi jubeln vor Freude.
Die Kinder hinten auf der Bank schauen weiter einfach nur zu, sagen nichts und sitzen da wie versteinert. Weil Paul kaum noch Luft bekommt, lässt Karsten ihn los. Dann sagt er: „So, Alter, da du jetzt kein Geld dabei hast, musst du dafür was machen, oder es knallt …“
Paul steht langsam auf. Er hält seine Hände vors Gesicht. Karsten schaut zu Kathi und fragt: „Was soll unser Opfer heute für uns machen?“
Kathi denkt kurz nach, dann antwortet sie: „Er soll sich auf dem Boden in der Pfütze hin und her rollen. Seine Klamotten sehen ja eh aus wie aus der Tonne, also ist das doch kein Problem für den Scheißer, oder?“
Karsten schubst Paul auf den Boden direkt neben die kleine Pfütze, die da noch vom letzten Regen ist, und brüllt ihn an: „Los, roll dich, du Loser!“
Paul kniet sich hin, mit schmerzverzerrtem Gesicht sagt er: „Aber das sind neue Klamotten. Meine Eltern haben nicht so viel Geld, um dauernd neue zu kaufen.“
Da macht Kathi wieder langsam einen Schritt auf Paul zu. Wie eine Schlange, die ihr Opfer ins Visier nimmt. „Ja, ja, das wissen wir, deshalb sehen deine Klamotten auch immer aus wie aus dem Altkleidercontainer. Also los, roll dich jetzt, sonst passiert was.“
Plötzlich schreien auch Robbi und Franz gemeinsam los: „Rollen, rollen, rollen!“ Karsten und Kathi stimmen mit ein: „Roll, du Loser, los, roll, du Loser!“
Die anderen Kinder da hinten auf der Bank können das Geschrei nicht überhören, die müssten taub sein. Sind sie aber nicht. Die hören alles und sehen alles. Aber sie machen nichts.
Jetzt tritt Karsten Paul auch noch in den Arsch. Und Paul rollt mit seinen neuen Klamotten durch die dreckige Pfütze. Karsten, Kathi, Franz und Robbi lachen laut. Wie beglückte Makaken-Affen im Dschungel.
Paul weint und sagt nix mehr. Karsten geht zu Paul, der auf der anderen Seite der Pfütze liegt, und stößt ihn mit dem Fuß nochmal durch die Pfütze. Dann drückt er ihm noch einen Spruch: „So, jetzt weißt du, was passiert, wenn du nicht machst, was wir sagen. du dämlicher kleiner Loser.“
Kathi, Franz und Robbi sind jetzt nicht mehr zu halten. Sie jubeln wie geisteskrank. Karsten beugt sich zu Paul runter, der regungslos in der Pfütze liegen geblieben ist. „Morgen kommst du mit zehn Euro rüber“, sagt er, „ansonsten gehst du gleich nochmal baden, du Frosch du.“
In dem Moment ertönt zum Glück die Schulklingel. Wahrscheinlich hätte Karsten den Paul sonst nochmal in die Pfütze gestoßen. So aber laufen er, Franz, Robbi und Kathie rüber auf den Schulhof zu ihren Klassen. Und auch die Kinder von da hinten auf der Bank stürmen los. Nur Paul liegt immer noch auf dem Boden. Er heult und heult. Langsam nur rafft er sich auf und geht mit seinen tropfenden Klamotten zurück in die Schule.
Komm, wir schweben ihm hinterher und begleiten ihn zu seiner Klasse. Der Arme sieht echt nicht gut aus. Seine Klamotten sind total verdreckt. Jetzt geht er in die Klasse. Der Unterricht hat schon angefangen.
Mal hören, was der Lehrer sagt. „Paul, du kommst schon wieder zu spät von der Pause. Es reicht langsam. Ich glaube, ich muss mal mit deinen Eltern reden.“ Der Lehrer scheint gar nicht zu sehen, wie Paul aussieht. Er guckt auch gar nicht richtig hin. Paul setzt sich auf seinen Platz. Sein Schluchzen ist deutlich zu hören.
Oh Mann, das ist echt voll krass, was Paul hier angetan wird. Das war echt schlimm. Findest du nicht auch? Das hat Paul nicht verdient. Keiner hat so was verdient. Aber leider passiert so was ziemlich oft an Schulen. Kennst du auch solche Situationen? Kann man dagegen nichts machen?