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Unternehmen »Barbarossa«

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Die deutsche Militärstrategie setzte beim Überfall auf die Sowjetunion auf das Konzept des »Blitzkrieges« mit Panzerdurchbrüchen durch die Verteidigungslinien der Roten Armee, um dann schnell bis tief ins Hin[19]terland des Gegners zu stoßen. Dabei sollten die gegnerischen Armeen und Divisionen durch große Umfassungsoperationen eingekesselt und zerschlagen werden. Der Vorstoß war auf der gesamten Grenzlänge geplant und sollte im Hauptstoß in der Einnahme der Hauptstadt Moskau gipfeln. Für den Feldzug war das Erreichen der Linie Wolga – Archangelsk vorgesehen. Ein wichtiger Planer des Ostfeldzuges war Generalleutnant Friedrich PaulusPaulus, Friedrich, den der Chef des Generalstabes des Heeres, Generaloberst Franz HalderHalder, Franz, im September 1940 dafür in den Generalstab berief.


Der Überfall auf die Sowjetunion wurde von der Wehrmachtführung willfährig mitgetragen. HitlerHitler, Adolf räumte die Furcht vor dem Zweifrontenkrieg mit dem Argument aus, der russische »Bär« werde so schnell fallen, dass Großbritannien daraus kein Kapital schlagen könne. Die Niederlage des letzten »Festlanddegens« in Europa werde die Briten zum Friedensschluss zwingen. Doch vieles sprach gegen den Angriff. Seit 1940 war klar, dass der Wehrmacht im Kriegsfall eine zahlenmäßig überlegene Rote Armee gegenüberstehen würde, deren Ausrüstung mit modernen Waffen jedoch erst begonnen hatte. Um den Überfall erfolgversprechend erscheinen zu lassen, betonte das Oberkommando des Heeres (OKH), die Rote Armee besitze keine kompetente militärische Führung, während die Einheiten schlecht ausgerüstet und moralisch wenig motiviert seien.

Am Morgen des 22. Juni 1941 überfielen über 3 Millionen deutsche und mit ihnen verbündete Soldaten die UdSSR auf einer Frontbreite von 2130 Kilometern. Es war ein Überraschungsschlag ohne jede Kriegserklärung. StalinStalin, Josef hatte zwar die Masse seiner Armee zur Abschreckung an die Westgrenze verlegt, die Einheiten aber nur teilweise in Alarmbereitschaft versetzt. Der deutschen Luftwaffe gelang es noch am ersten Tag, das Gros der sowjetischen Luftwaffe am Boden zu zerstören und die Lufthoheit zu erringen. Drei Heeresgruppen stießen in Richtung Leningrad (heute Sankt Petersburg), Moskau sowie Kiew vor und drangen schnell tief in sowjetisches Gebiet ein.


Infanterie der Wehrmacht in einer eroberten Ortschaft

Das Konzept des geplanten »Blitzkrieges«, die operative Führung mit dem verstärkten Einsatz moderner technischer Kampfmittel, schien aufzugehen. Die vier gut geführten deutschen Panzergruppen, unterstützt durch zielgenaue Luftschläge, durchbrachen immer wieder die Abwehrlinien der Roten Armee. Die nachfolgenden Infanteriedivisionen umzingelten die gegnerischen Truppen und fügten den sowjeti[22]schen Streitkräften hohe Verluste an Menschen und Material zu. In gut einer Woche drang die Wehrmacht bis zu 400 Kilometer ins Landesinnere vor. In der Kesselschlacht von Minsk und Białystok verlor die Rote Armee 420 000 Soldaten und über 3000 Panzer. Bei Smolensk betrugen die Verluste 486 000, im Kessel von Uman 103 000, im Kessel von Kiew 665 000 Rotarmisten. Bis Ende 1941 gerieten rund 3,3 Millionen sowjetische Soldaten in Gefangenschaft. Die Rote Armee verlor über 12 000 Panzer und ebenso viele Flugzeuge. Am 3. Juli notierte HalderHalder, Franz in sein Kriegstagebuch:

Im Ganzen kann man also schon jetzt sagen, dass der Auftrag, die Masse des russischen Heeres vorwärts Düna und Dnjepr zu zerschlagen, erfüllt ist. […] Es ist also wohl nicht zu viel gesagt, wenn ich behaupte, dass der Feldzug gegen Russland innerhalb [von] 14 Tagen gewonnen wurde.


Die Grenzgarnisonen werden überrannt. Sowjetische Soldaten ergeben sich 1941.

Der Wehrmacht war die anfängliche Überraschung gelungen. Zwar konnte der Aufmarsch des Millionenheeres nicht verborgen bleiben, [23]zumal es Hinweise auf die deutschen Angriffspläne gegeben hatte, doch hatte StalinStalin, Josef allen Angriffsmeldungen keinen Glauben geschenkt. Er hielt stur an der vermeintlichen »Lebensversicherung«, dem Pakt mit HitlerHitler, Adolf, fest. Und er irrte sich gewaltig; der Überfall traf ihn wie ein Schock. Zum Zeitpunkt des Überfalls gab es keinen Oberbefehlshaber der sowjetischen Streitkräfte. Erst am 23. Juni 1941 schuf StalinStalin, Josef die »Stawka« (Stawka Werchownowo Glawnokomandujuschtschewo), das ›Hauptquartier des Kommandos des Obersten Befehlshabers‹. Wegen der immensen Verluste versuchte das Hauptquartier immer neue Divisionen auszurüsten und in die Schlacht zu schicken, um die Wehrmacht aufzuhalten. Diese neuen, oft schlecht ausgerüsteten und kriegsunerfahrenen sowjetischen Verbände hatten gegen die eingespielten Wehrmachtverbände zunächst kaum eine Chance.


Erst Schlamm, dann Frost behindern den Vormarsch. Panzer I und Sonderkraftfahrzeuge 7 quälen sich auf einer unbefestigten Straße in den Weiten der Sowjetunion.

Das Bild änderte sich jedoch bald. Die deutschen Truppen begannen, sich müde zu siegen. Oft gingen mehr Fahrzeuge durch Staub, der mit dem Beginn der regnerischen Jahreszeit zu Schlamm wurde, und fehlenden Nachschub verloren als durch Kampfhandlungen. Die Versor[24]gungswege wurden immer länger, die Verkehrswege immer schlechter. Und anders als in Frankreich lief der Gegner nach frustrierenden Erlebnissen nicht fort oder ergab sich. Vielmehr kämpften die sowjetischen Soldaten zäh um jeden Meter Boden ihrer Heimat. Die Sowjetunion brach nicht wie prophezeit zusammen, sondern führte immer neue Divisionen und Kriegsgerät heran. Der Verschleiß an Mensch und Material nahm auch bei der Wehrmacht bald dramatische Formen an; es mangelte überall an Ersatz.

Anfangs schien es, als könne die Sowjetunion unmöglich derart gravierende Verluste an Mensch und Material kompensieren. Doch sie schöpfte aus ihren unendlich wirkenden menschlichen und wirtschaftlichen Ressourcen im Hinterland. Kein Plan der Wehrmachtführung hatte die etwa 12 Millionen Reservisten in der UdSSR einkalkuliert; auch das Wirtschaftspotenzial hinter dem Ural war unterschätzt worden. Obschon die UdSSR von Kriegsbeginn bis Ende 1941 nur etwa 6300 Panzer neu produzieren konnte, stieg die Produktionszahl konti[25]nuierlich an. Zudem hatte der Materialverlust einen innovativen Effekt. Veraltete Modelle mussten durch modernes Gerät ersetzt werden, womit zugleich die Kampf- und Feuerkraft der sowjetischen Einheiten wuchs. Am 11. August 1941 gelangte HalderHalder, Franz zu dem Eingeständnis, dass »der Koloss Russland […] unterschätzt worden ist. […] Wir haben bei Kriegsbeginn mit etwa 200 feindlichen Divisionen gerechnet. Jetzt zählen wir bereits 360.«

HitlerHitler, Adolf und die Wehrmachtführung aber hielten an ihrer Überzeugung fest, die Sowjetunion werde die immensen Verluste nicht wettmachen können, ihr Zusammenbruch stehe kurz bevor. Im August 1941 verlagerte HitlerHitler, Adolf gar die Offensive von Moskau weg und in den Südosten hinein, um sich die Ukraine zu sichern. Zwar streckten im Kessel von Kiew 665 000 sowjetische Soldaten die Waffen, doch die Eroberung der ukrainischen Hauptstadt brachte keinen entscheidenden Vorteil. Die Operation »Taifun«, der Angriff auf Moskau aber, verzögerte sich. Als am 2. Oktober die Operation begann, verlor die Rote Armee in der Doppelschlacht von Wjasma und Briansk zwar erneut 673 000 Soldaten und fast 1300 Panzer. Zugleich aber wurde deutlich: Die deutschen Divisionen waren ausgebrannt, manche besaßen nur noch ein Drittel ihrer Waffen oder die halbe Kampfstärke. Schlamm, der beginnende Frost sowie der Mangel an Material, Treibstoff und Soldaten hatten den »Taifun« zum lauen Lüftchen werden lassen. Der deutsche Angriff kam wenige Kilometer vor Moskau zum Erliegen. Die Vernachlässigung des Nachschubs zeitigte deutliche Folgen.


Sowjetische Panzer auf dem Weg zur Schlacht vor Moskau Ende 1941

Ein zweiter Faktor kam der Sowjetunion zu Hilfe. Mitte August hatte der sowjetische Agent Dr. Richard SorgeSorge, Richard aus Japan nach Moskau gemeldet, dass sich das Tenno-Reich nicht gegen sie, sondern gegen die USA wenden werde. StalinStalin, Josef konnte daher 700 000 gut gerüstete und ausgebildete Soldaten aus Sibirien abziehen, um sie vor Moskau einzusetzen. Erstmalig seit Kriegsbeginn besaß die Rote Armee eine starke operative Reserve, die nun gegen die mit letzter Kraft anrennende Wehrmacht zum Tragen kam. Am 5. Dezember brachen 14 sowjetische Armeen gegen die total erschöpfte Heeresgruppe Mitte los. Den frischen Truppen hatten die abgekämpften deutschen Divisionen nichts entgegenzusetzen. Die Rote Armee drängte sie bis zum 7. Januar 1942 auf einem 1000 Kilometer breiten Abschnitt der Front bis zu 250 Kilometer nach Westen zurück.

[26]Die Gesamtlage an der Ostfront offenbarte, dass dem deutschen Heer die Voraussetzungen für ein siegreiches Ende des Feldzuges verlorengegangen waren. HitlerHitler, Adolf, der die Warnungen bezüglich der fehlenden Winterausrüstung und der notwendigen Auffrischung der deutschen Truppen in Winterstellungen in den Wind geschlagen hatte, fiel nun nichts Besseres ein als ein rigoroser Haltebefehl. Die Wehrmacht grub sich ein, wo sie gerade lag. Kommandeure, die taktische Rückzüge zur Frontbegradigung oder in operativ bessere Stellungen zuließen, wurden ihres Kommandos enthoben. Die Winterkrise erschütterte die Wehrmacht.

HitlerHitler, Adolf suchte einen Sündenbock und glaubte, ihn in Generalfeldmarschall Walther von BrauchitschBrauchitsch, Walther von, dem Oberbefehlshaber des Heeres, gefunden zu haben. Er ließ BrauchitschBrauchitsch, Walther von ablösen und machte stattdessen sich selbst zum Oberbefehlshaber des Heeres. Ende 1941 merkten viele Generale, dass ihre ursprünglichen Zweifel am »militärischen Genie« des Gefreiten aus dem Ersten Weltkrieg berechtigt gewesen waren. Zu Widerspruch fanden dennoch nur wenige den Mut. HitlersHitler, Adolf rigoroses [28]Durchgreifen gegenüber den Generalen dämpfte deren Entschlossenheit stark.

Das Unternehmen »Barbarossa« war gescheitert, und damit der »Blitzkrieg« gegen die Sowjetunion. Es folgte ein langwieriger Abnutzungskrieg gegen die UdSSR mit ihren unerschöpflichen materiellen und personellen Ressourcen. Zudem wuchs die Gefahr, dass die Briten und nun auch die Amerikaner, denen HitlerHitler, Adolf im Dezember 1941 den Krieg erklärt hatte, eine zweite Front eröffnen würden. HitlerHitler, Adolf und die Wehrmachtführung hatten das Deutsche Reich in eine prekäre Lage manövriert, aus der sie keinen Ausweg wussten. Sie versteiften sich auf die Hoffnung, dass sich die Sowjetunion mehr verausgabt habe als die Wehrmacht, weshalb sich die Rote Armee nicht mehr regenerieren könne. Eine Sommeroffensive sollte 1942 die Entscheidung bringen und die UdSSR in die Knie zwingen. Doch das »Dritte Reich« war zur Offensive an der gesamten Ostfront nicht mehr fähig. Daher beschloss HitlerHitler, Adolf, die Kräfte im Süden zu konzentrieren. Eine dortige Großoffensive mit dem operativen Konzept der Umfassung und Vernichtung der sowjetischen Truppen sollte der UdSSR ihr Öl und die Kampfkraft nehmen.


Stalingrad 1942/43

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