Читать книгу Dave Gahan - Trevor Baker - Страница 5

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Liest man die ersten Presseberichte über Depeche Mode, dann entgeht einem nicht eine gewisse Verwunderung darüber, dass überhaupt eine Band aus Basildon in Essex kam. Basildon ist nicht etwa ein Slum. Es ist eine vollkommen normale Arbeiterstadt im Südosten Englands. Doch allein die Tatsache, dass drei der vier langjährigen Bandmitglieder von dort stammten, bestimmte während der ersten zehn Jahre ihrer Karriere das Bild der Gruppe in der Öffentlichkeit. Als The Smiths in den Achtzigern einen bestimmten Manchester-Sound prägten, wurden sie dafür gelobt. Jeder Hinweis auf Basildon, der sich in der Musik von Depeche Mode fand, diente der britischen Presse hingegen als Anlass zu Hohn und Spott. Vielleicht liegt das daran, dass der Ort keine besondere Geschichte vorzuweisen hat: Er wurde in den vierziger Jahren als neue Stadt für die nicht gar so reichen Neureichen gegründet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Regierung angeordnet, einen so genannten „Grüngürtel“ um London herum zu schaffen. Damit wollte man verhindern, dass sich die Hauptstadt die umliegenden ländlichen Gebiete vollends einverleibte. Da in London selbst keine neuen Wohnhäuser gebaut wurden, landeten bald hunderttausende Menschen in den neuen Städten auf der anderen Seite dieses Grüngürtels. In dieser Umgebung spiegelte sich die Hoffnung auf eine bessere Zukunft wider. Die Stadtplaner hofften wohl, dass Städte wie Basildon ein besserer Ort für die Baby-Boomer wären als die ausgebombten Viertel, aus denen viele Familien stammten. Neue Fabriken wie das riesige Ford-Werk im nahe gelegenen Dagenham wurden eröffnet. Außerdem gab es eine gute Verkehrsanbindung an das nur etwa 40 Kilometer entfernte London. Obwohl die Stadt grün und von ihrem Charakter her recht ländlich wirkte, war sie praktisch doch ein Vorort von London.

Dave Gahan war gerade drei Jahre alt, als seine Familie 1965 nach Basildon zog. Er war das erste der künftigen Bandmitglieder, das dort heimisch wurde. Seine Mutter war die Busschaffnerin Sylvia Gahan, sein Vater Jack Gahan übte bei dem Ölmulti Shell eine Bürotätigkeit aus. Dave hatte eine ältere Schwester, Sue, und zwei jüngere Brüder, Philip und Peter. Jack spielte Saxofon in einer Bigband, sodass Daves Kindheit von Jazz-Klängen, Jacks eigenem Spiel und Schallplatten von Miles Davis oder John Coltrane untermalt war.

Als Sue älter wurde, war Dave auch ihrem Musikgeschmack ausgesetzt, Soul-Sängern wie Barry White und Bands wie den Stylistics. Außerdem spielte seine Mutter regelmäßig ihre Lieblingsplatten, darunter zuckersüße Schulzensänger wie Johnny Mathis. Dave war ein freches, fröhliches Kind, das seine Tanten gerne zum Lachen brachte, indem es Rockstars wie Mick Jagger imitierte.

Jack Gahan starb 1972 völlig unerwartet. Es muss nicht eigens erwähnt werden, dass dieses tragische Ereignis ein schwerer emotionaler Schlag für die gesamte Familie war, doch für Sue und David bedeutete es noch zusätzliche Verwirrung. Der junge David erfuhr nun, dass seine Mutter schon einmal verheiratet gewesen war, diese Beziehung jedoch kurz nach seiner Geburt auseinander gegangen war. Somit war Len, der Ex-Ehemann seiner Mutter, sein biologischer Vater. Auf einmal war alles anders.

„Danach habe ich Leuten, bei denen man sich eigentlich sicher fühlen sollte, stets ein wenig misstraut“, sagte Dave 2003. „Wie Lehrern, die Schwierigkeiten mit der Polizei bekommen. Ich bin immer noch ein bisschen so. Anstatt den einfachen Weg zu gehen, schlage ich mich lieber durchs Unterholz.“

Für Sylvia war es verständlicherweise schwierig, alleine für das Auskommen der Familie zu sorgen. Dave erinnerte sich später zwar, wie er mit Gratis-Essensmarken in der Hand für die Schulspeisung Schlange gestanden hatte, betonte aber stets, dass seine Mutter die Kinder immer vor dem Gefühl der Armut bewahrt habe.

Die wohlgemeinte Arbeit der Stadtplaner, die Basildon erschaffen hatten, wirkte inzwischen etwas fehlgeleitet. Der Beton hatte Risse bekommen, und als es mit der Wirtschaft in den Siebzigern bergab ging, gab es nicht genügend Arbeit für all die Menschen, die sich dort angesiedelt hatten. Große Teile der Grünflächen waren verschluckt worden, und für die Jugendlichen gab es kaum Freizeitangebote. Wo einst Felder, Bolzplätze, Kricket-Ovale und ländliche Gebiete gewesen waren, erstreckte sich nun eine gewaltige Stadt mit wenigen Jobs und jungen Leuten, die nichts mit sich anzufangen wussten.

Dave Gahan geriet bald selbst in Schwierigkeiten, erst zuhause, dann mit der Polizei. Schon in jungen Jahren begann er zu trinken und Drogen zu konsumieren. Er stibitzte sogar einige der Barbiturate, die seine Mutter gegen ihre Epilepsie verschrieben bekam. „Mit diesen kleinen Beruhigungspillen hat alles angefangen“, gab er Jahre später zu.

Seine Eskapaden waren zumeist Akte von jugendlichem Vandalismus; zu Anfang verwarnte ihn die Polizei nur, was ihn nicht davon abhielt, weiterhin auffällig zu werden. Es half auch nicht, dass eine seiner Lieblingsbeschäftigungen das Sprayen von Graffiti war und er seinen richtigen Namen als Unterschrift verwendete.

„In ganz England gab es nicht allzu viele Gahans, geschweige denn in Basildon“, sagte er 2001. „Ich wurde ziemlich oft festgenommen. Als Straftäter war ich nicht besonders gut.“

Wie die meisten Teenager wollte auch Dave geliebt werden und unbedingt cool sein. Dass er sich zunehmender Beliebtheit bei den Mädchen von Basildon erfreute, war ein erster Fortschritt. Als er heranwuchs, wurde er zu einem bekannten Gesicht in angesagten Pubs wie dem Sherwood. Zu diesem Zeitpunkt avancierte die Musik zum wichtigsten Bestandteil seines Lebens. Zunächst interessierte er sich vornehmlich für David Bowie, Slade and Gary Glitter. Als 1976/77 überall im Lande der Punk aufkam, begeisterte ihn diese neue Szene.

Seine Mutter war außer sich, als die Sex Pistols im Fernsehen fluchten. „Genau das“, so Gahan, „machte aber den Reiz für mich aus. Ich begriff, dass ich bei etwas mitmachen konnte, das meiner Mutter von Grund auf zuwider war.“

Er ging nun regelmäßig zu Konzerten, nahm auf einem Rummelplatz eine Arbeit bei einem Achterbahnbetrieb an und ließ sich mit 14 Jahren von einem alten Seemann namens Clive seine erste Tätowierung stechen.

Sein schlechtes Benehmen behielt er bei – und steigerte es sogar noch. Bald klaute er Autos. Er war darin jedoch auch nicht besser, als er als Sprayer gewesen war. Seine Mutter musste sich daher regelmäßig mit der Polizei herumschlagen. Andauernd standen die Beamten vor der Tür, was ihr äußerst unangenehm war.

„Meine Mama hatte es damals nicht gerade leicht mit mir“, räumte Dave ein. „Ich baute ziemlich viel Scheiße, fuhr herum, nahm mir irgendwelche Sachen, beging Sachbeschädigungen und Diebstähle. Wenn die Gesetzeshüter bei uns auftauchten, tat meine Mutter ihr Bestes. Ich erinnere mich noch, wie einmal ein Polizeiwagen vor dem Haus hielt. Sie sagte: „Kommen die wegen dir?“ Ich antwortete: „Ja.“ Ich kann mich noch ganz genau erinnern, dass sie sagte: ‚David war die ganze Nacht zuhause.‘ Leider hatte ich aber meinen Namen mit Farbe an eine Mauer geschrieben.“

Er landete vor dem Jugendrichter und wurde schließlich gewarnt, dass er von einer Jugendhaftstrafe nicht mehr weit entfernt sei. „Es ging soweit, dass wir schließlich Autos aus einem Parkhaus stahlen, eine Weile mit ihnen herumfuhren und sie dann irgendwo auf einem Feld anzündeten und zurückließen“, erinnerte er sich. „Ich hatte ständig das Gefühl, vor jemandem auf der Flucht zu sein. Ich floh vor dem Gesetz und wurde doch meistens erwischt. Als ich 14 war, hatte man mich schon dreimal geschnappt. Ein Bulle sagte zu mir, man würde mich jetzt wahrscheinlich einbuchten. Der Gedanke daran flößte mir ganz schön Angst ein, doch ich hatte Glück und kam mit einer Besserungsanstalt davon.“

Die „Besserungsanstalt“ befand sich im nahe gelegenen Romford. Dort herrschte eine rigorose, fast militärische Disziplin. Er musste sich die Haare schneiden, boxen lernen und arbeiten gehen. Im Alter von 17 Jahren schlitterte er bei einer Hausparty im Londoner Stadtteil King’s Cross trotzdem direkt in die Katastrophe. Er hatte zuvor zwar schon mit relativ weichen Drogen herumexperimentiert, doch an jenem Abend probierte er zum ersten Mal Heroin. Er hatte keine Ahnung, was es war, und dachte nur, die Farbe sehe im Vergleich zu dem weit verbreiteten Speed ein bisschen komisch aus. „Das Zeug knallte fürchterlich rein, und ich verlor das Bewusstsein“, sagte er später. „Ich erinnere mich noch, dass ich damals dachte, diese Droge wäre nichts für mich.“

Als äußerst geselliger Mensch war er immer stark von den Leuten in seinem Umfeld beeinflusst. Er fühlte sich gern als Teil einer Gemeinschaft. Sein bester Freund war damals ein Typ namens Mark. „Wir machten alles gemeinsam – bauten zusammen Mist, baggerten zusammen Mädchen an, teilten uns Freundinnen“, schwärmte er. Später sagte er jedoch, ein bestimmtes Erlebnis mit Mark habe bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen. Er sei mit seiner Freundin auf einer Party gewesen, als er plötzlich festgestellt habe, dass er sowohl sie als auch seinen besten Kumpel eine ganze Weile nicht mehr gesehen hatte. „Alle sahen mich an. Sie wussten Bescheid. Ich stieß die Tür zum Schlafzimmer auf und sah, wie sich Marks Arsch auf und ab bewegte. Das war das erste Mal, dass ich unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurde. Es pflanzte mir den Gedanken ein, dass ich nicht gut genug war. Seitdem muss ich dagegen ankämpfen.“

Zum Glück bewirkte seine zunehmende Begeisterung für den Punk, dass ihm der Gedanke daran, Musiker zu werden, nicht mehr ganz so unrealistisch erschien, wie es einst der Fall gewesen war. Als er zum ersten Mal The Clash live sah, sprang der Funke vollends über. Anfangs war er ein Fan von The Damned gewesen und sogar in deren Fanclub eingetreten. Doch nach dem Clash-Konzert war er überzeugt, dass er seinen eigenen Weg gehen konnte, ohne lediglich seine Idole zu imitieren. Er begann, in verschiedenen Bands zu singen, darunter in einer namens The Vermin, die als Basildons Antwort auf die Sex Pistols gehandelt wurde. Keiner der Musiker, mit denen er zusammenspielte, hatte jedoch genügend Standvermögen. Der Punk hatte ihnen zwar allesamt gezeigt, dass jeder in einer Band Musik machen konnte, aber niemand hatte begriffen, wie viel Hingabe und Arbeit es wirklich erforderte.

Im Alter von 17 Jahren begann David bereits erwachsen zu werden. Im Januar 1979 lernte er bei einem Gig von The Damned Joanne Fox kennen, die Freundin einer Klassenkameradin. Im August verabredeten sie sich regelmäßig, und im November waren sie unzertrennlich. Für einen Siebzehnjährigen hatte er schon eine ganze Menge erlebt und dachte bereits daran, seine wilden Jahre hinter sich zu lassen.

Zur selben Zeit machte in einer anderen Ecke von Basildon eine andere Band ihre ersten Schritte: Composition Of Sound. Die Mitglieder Martin Gore, dessen bester Freund Andy Fletcher und ein weiterer Schulfreund, Vince Martin, lebten ein ganz anderes Leben als Dave. Dave verbrachte seine Wochenenden in Londoner Clubs oder auf Punkkonzerten in Chelmsford und Southend – Martin, Andy und Vince hingegen waren Mitglieder der örtlichen Kirchengemeinde. Sie nahmen keine Drogen, und Martin schwor zwischen 16 und 18 sogar dem Alkohol vollständig ab.

Sie waren ruhig, diszipliniert und lerneifrig, also das volle Gegenteil von Dave. Insbesondere Vince wusste ganz genau, was er mit seinem Leben anfangen wollte. Er wollte Musiker werden. Das einzige Problem war nur, dass er sich dabei nicht als Frontmann sah und die anderen Kandidaten dafür noch weitaus weniger infrage kamen: Martin war unglaublich schüchtern, und Andy wollte nicht singen. „Uns war schon früh klar, dass wir einen Frontmann brauchten“, sagte Vince später. „Jemand, der herumhüpfen und uns als Gruppe interessant machen konnte.“

Dave hatte indes keine klar umrissene Vorstellung von seiner Zukunft. Für ihn war das Singen etwas, das er aus Spaß an der Freud machte. Er hielt sich gern im Dunstkreis von Bands auf und half zuweilen Martin Gores zweiter Band French Look mit ihrem Equipment, aber er selbst gehörte keiner richtigen Gruppe an. Eines Tages jedoch, als French Look in der Woodlands School in Basildon probten, bewegten sie ihn dazu, bei David Bowies „Heroes“ mitzusingen. Im Zimmer nebenan versuchten Composition Of Sound gerade ebenfalls zu proben, und horchten auf, als sie den ungeschliffenen Gesang hörten, der durch die Wand drang. Dave räumte später zwar ein, dass mehrere Personen gesungen hatten, doch als ihn Vince fragte, sagte er: „Ja, das war ich!“

Sie interessierten sich ohnehin nicht nur für seine Stimme. Er legte wesentlich größeren Wert auf seine äußere Erscheinung als sie, trug schwarze Lederhosen und brachte Stunden damit zu, sein Haar stachelig aufzustellen oder es zu einer perfekten Tolle zu frisieren. Er war bereits auf dem Weg, ein Frontmann zu werden.

Später rief Vince bei Dave an und bat ihn, zu einem Vorsingen zu kommen. Sie ließen ihn drei Songs singen, zwei von Vince’ eigenen und einen von Bryan Ferry. Er hatte einige Mühe, sie originalgetreu zu interpretieren, aber als sie seinen samtweichen Bariton bei der Ferry-Nummer hörten, waren sie sich einig, dass er der Richtige war. Er war nicht nur ein großartiger Sänger und sah blendend aus, sondern besaß darüber hinaus auch die extrovertierte Persönlichkeit, die sie benötigten. Er war bereits in ganz Essex als „Gesicht“ bekannt. Sie hatten über die Punk-Rock-Szene und die neuen Clubs voller schillernder Gestalten mit geschminkten Gesichtern gelesen. Dave hingegen war tatsächlich dort gewesen. Er wirkte beinahe beschämend cool.

Dave erklärte sich ohne zu zögern bereit, bei Composition Of Sound einzusteigen. Die Bands, mit denen er bislang zu tun gehabt hatte, hatten nur in Garagen geprobt und nichts erreicht. Seine erste Frage an Vince und Martin war daher: „Habt ihr irgendwelche Konzerte in Aussicht?“ Als man das bejahte, war die Sache geritzt. Dave sollte der Band weit mehr als nur eine Stimme und einen Namen bescheren.

Er kannte alle möglichen Leute, und zwar hauptsächlich Jugendliche, die gerne zu Konzerten gingen. Er hatte einen großen Freundeskreis, der sich regelmäßig in Southend traf und der neuen Band aus dem Stand ein Publikum von etwa 30 Zuschauern sicherte.

Nichtsdestoweniger war die Band von Anfang an eine recht seltsame Truppe. Vince war ein Getriebener. Während es die übrigen Mitglieder als gegeben betrachteten, dass sie irgendeiner Art fester Erwerbstätigkeit nachgehen mussten, sparte er sein Arbeitslosengeld und gab es für die Band aus. Er lebte und atmete Musik und war so etwas wie ein Einzelgänger. Martin war der Träumer. Oberflächlich lebte er ein Leben in perfekter Konformität, ging in die Kirche und arbeitete nach Beendigung der Schule bei einer Bank. Insgeheim jedoch hatte er Träume und Ambitionen, über die er bisher noch mit niemandem gesprochen hatte. Fletch war ein guter Kumpel von Martin und deshalb in die Band eingestiegen. Er wurde oft für einen etwas weltfremden Typen gehalten, hauptsächlich, weil er eine Brille trug. In Wahrheit jedoch sprach aus ihm stets der gesunde Menschenverstand – eine äußerst wichtige Funktion innerhalb der Gruppe.

Obwohl sie sehr unterschiedliche Charaktere waren, waren sie doch auf seltsame Weise eine Clique. Als Dave hinzu stieß, änderte sich schlagartig alles. Sie waren die Sorte Leute, mit denen er sich niemals abgegeben hätte, wenn er nicht mit ihnen in derselben Band gewesen wäre. Er hatte einen riesigen Freundeskreis und war stolz darauf, mit jedem auszukommen, doch der Rest der Band war relativ uncool. Während alle außer Vince direkt von der Schulbank in Jobs mit Schlips und Kragen rutschten, sah Daves Zukunft wesentlich ungewisser aus.

Er stieg auch deshalb in die Band ein, weil seine ersten Versuche, eine Arbeit zu finden, nicht gerade von Erfolg gekrönt gewesen waren. Er gab einmal an, er habe innerhalb von sechs Monaten etwa 20 Mal den Job gewechselt und dabei als Putzhilfe im Supermarkt, im Büro oder auf dem Bau gearbeitet. Um endlich in die Gänge zu kommen und einen „ordentlichen“ Beruf zu erlernen, bewarb er sich um eine Stelle als Monteurslehrling bei der North Thames Gas- Gesellschaft. Er schaffte es durch das erste Auswahlverfahren und wurde sogar zu einem Gespräch eingeladen, doch er wusste, dass sein vergangenes Verhalten zu einem Stolperstein werden könnte. Sein Bewährungshelfer riet ihm, die Wahrheit zu sagen, was freilich zur Folge hatte, dass er den Job nicht bekam. Es war eine unmissverständliche Warnung, was ihm blühen würde, wenn er sein Leben nicht in den Griff bekäme. Zu diesem Zeitpunkt – Ende der Siebziger, als die Arbeitslosenzahlen in die Höhe schossen – war mit so etwas nicht zu spaßen.

Widerstrebend beschloss er, sich weiterzubilden und schrieb sich am Southend Art College für das Fach Schaufensterdesign ein. Seine einzigen Qualifikationen lagen im Bereich der Kunst und des technischen Zeichnens, also schien dieser Schritt eine logische Wahl zu sein.

Es ist bezeichnend, dass er nicht mit der Absicht an die Kunstschule ging, freie Kunst zu studieren und sich ein paar Jahre länger vor der Arbeitswelt zu drücken, wie es viele andere Popstars vor ihm getan hatten. Sein gesellschaftlicher Hintergrund ließ dies nicht zu. Vielmehr schrieb er sich für einen Studiengang ein, an dessen Ende ein Beruf stand. Die Vorstellung, mit der Musik den Lebensunterhalt zu bestreiten, erschien immer noch wie ein Tagtraum. Insbesondere seine Mutter machte sich große Sorgen, als die Band immer mehr Zeit in Anspruch nahm. Ausgerechnet jetzt, wo er sein Leben halbwegs in den Griff zu bekommen schien und gerne aufs College ging, sah es so aus, als würde er nun für irgendeine Band alles wieder hinschmeißen.

Dave Gahan

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