Читать книгу Lebensflucht - ulric stepheat - Страница 8
Flucht
Оглавление„Darf ich fragen was du da machst?“, wollte Frido wissen.
„Ich brauche meine Musik!“, erwiderte Steve, als er seine Schallplatten einzeln über das Wintergartendach in die Wiese rutschen ließ.
„Schnapp dir lieber deinen Pass und nimm genügend Socken mit.“
„Ja, ja, Mutter“, sprach Steve.
„Was? Nein, nicht die Musikanlage“, meinte Frido.
„Doch, ohne der fahre ich nicht.“
„Man Steve, wir können nicht alles mitnehmen! Und für Möbel ist kein Platz.“
„Das sind keine Möbel!“, entgegnete Steve.
„Weißt du wo die Geldbörsen deiner Eltern sind?“, fragte Frido vor dem Ausgang.
„Sicher“, sprach Steve.
„Dann los.“
Gesagt getan. So besserte Steve die Reisekassa auf und Frido verstaute zwei Schlafsäcke.
„Das Kleingeld brauchen wir nicht“, meinte Frido.
„Doch!“
„Pah! Aber nicht die Zigaretten deines Vaters!“, spuckte Frido auf den Boden.
„Doch, die auch. Wenn schon denn schon.“
„Von mir aus. Aber ich rauche dieses miese Kraut sicher nicht“, meinte Frido. Mit zwei Fotoapparaten um den Hals behangen, während Steve leise die Haustüre schloss.
„Was ist mit meiner Musik?“ fragte Steve.
„Die holen wir später“, antwortete Frido.
„Sicher? Versprich es mir“, verlangte Steve hoffnungsvoll.
„Ja, versprochen.“
Für seine Musiksammlung hätte Steve, wie Frido für seine Julia, getötet.
Wären Fridos Eltern nicht aus ihrem Heimatdorf in die Kleinstadt gezogen, wären die beiden Ausreißer längst schon über alle Berge gewesen.
„Wie viel denn noch? Willst du deine ganzen Klamotten mitnehmen?“, fragte Steve.
Frido stopfte zügig seine Sachen in Koffer und Taschen.
„Man eh, leise! Oder willst du, dass uns meine Eltern beim Packen mithelfen?“
„Wieso nicht?“, grinste Steve.
„Kannst du dich nicht mehr erinnern, wie mein Vater reagierte, als wir ein wenig Whisky kippten, während wir unsere Vespas auffrisieren wollten?“
„Au man, ja“, flüsterte Steve.
Früher wollten die beiden ihre Vespas in der Werkstatt von Fridos Vater schneller machen. Dazu tranken sie Whisky.
Die Nacht brach herein und eine ganze Flasche Whiskey war leer. Dazu stand der Vater mit hochrotem Kopf in der Tür.
Schlussendlich durfte Frido am nächsten Morgen mit seiner, noch nicht zerlegten Vespa, Steves halb zerlegte Vespa zu ihm nach Hause schleppen.
Alles wurde eilig geplündert. Sämtliche Geldbörsen – außer, die der Geschwister. Sogar die Firmenkasse. Frido wusste genau wo alles zu holen war und auch wo die Schlüssel für so manches Verschlossene zu finden waren.
„Man eh! Nur 10 Kilo! Normalerweise sind da oft an die 100 drin“, bemängelte Frido, als er hurtig das Geld aus der Firmenkassa nachzählte.
„Suchst du was?“, fragte Frido.
Steve tastete sich immer wieder von oben bis unten ab und antwortete zaghaft: „Ja, ich finde meinen Pass nicht mehr.“
„Na toll!“, regte sich Frido auf.
„Ich glaube den habe ich bei mir zu Hause im Garten verloren“, entgegnete Steve.
„Super!“, sprach Frido laut und fuhr fort: „Das heißt, wir müssen nochmal zu dir.“
„Ja sicher, du hast es ja sogar versprochen“ meinte Steve.
„Das hat er absichtlich gemacht“, dachte sich Frido und stieg in den voll bepackten Van.
„Moment, ich muss nochmal zurück“, hielt Frido inne.
„Warum?“, fragte Steve.
„Ich brauch noch den Typenschein“, antwortete Frido.
„Von was?“
„Na vom Van.“
Steve blickte fragend.
„Okay, ich denke wir haben alles“, meinte Frido als er wieder zurückkam. Und wenig später regte er sich lautstark auf: „Steve! Was machst du da?“
Erschrocken legte Steve den Mobiltelefonhörer zurück.
Eines der seltenen Autotelefone.
„Äh, ich hab ein wenig telefoniert“, stockte Steve.
„Mit wem?!“, wollte Frido genauer wissen.
„Ich habe nur bei mir zuhause angerufen“, antwortete Steve gelassen.
„Geht’s noch! Haben sie dir nun völlig ins Hirn geschissen! Was soll das?“, regte sich Frido auf.
Frido sträubten sich die Nackenhaare vor lauter Ärger.
„Reg dich ab. Ich habe ja nur ein paar Mal läuten lassen und abgehoben hat auch keiner.“
„Was? Wie lange? Bist du nicht mehr ganz dicht?“, ärgerte sich Frido laut.
„Nur kurz“, behauptete Steve mit nachdenklichem Blick.
„Ich checks nicht!“, fuhr Frido fort.
„Komm mal wieder runter, man.“
Frido schüttelte den Kopf und lies die Reifen durchgehen.
„Hast du das Licht brennen lassen?“, wunderte sich Frido.
„Nein, denke nicht“, meinte Steve kurz vor seinem Elternhaus.
„Oh, oh“, meinte Frido, während die Türe zu Steves Elternhaus aufging.
„Stefan, was ist denn los? Und wieso steht dein ganzes Zeugs in der Wiese?“, fragte Steves Mutter.
„Ähm. Was?“, entgegnete Steve kurz und duckte sich unter dem Arm seiner Mutter ins Haus.
„Sag Fridolin, wieso stehen die Musikanlage und der Videorecorder im Garten?“, fragte sie weiter.
Frido ging einen Schritt zurück und antwortete zögerlich:
„Äh, wir fahren auf eine Videoparty.“
Seine Lügen waren schon mal besser.
Jedoch wusste Steves Mutter nun nicht, ob sie ihrem Sohn nachlaufen oder zuerst nach Frido greifen sollte.
„Und was ist mit der ganzen Kleidung auf der Wiese? Fridolin bitte, erzähl, was ist los?“, fragte Steves Mutter besorgt.
„Nichts“, behauptete er mit hochrotem Kopf, während er sich langsam zur Gartentür hin bewegte.
„Bleib stehen!“, rief die Mutter.
Frido begann zu rennen was das Zeug hielt.
„Fridolin bleib sofort stehen!“, rief sie weiter.
Er blickte kurz zurück, und blieb fast an ihrem Mega-Busen, der sich ohne jeglichen Halt in Bewegung setzte, hängen.
Steves Mutter hatte mehr als nur mächtig Holz vor der Hütte – aber leider nicht nur dort.
Frido galt für sie, wie ein weiterer Sohn.
„Aber wir haben schon brave Buben“, beteuerte sie immer wieder, besonders vor seiner Mutter.
„Schnell, steig ein, deine Alte!“, schrie Frido Steve an, welcher von der anderen Seite der Siedlung zum Van lief.
„Wie Alte?“, wunderte sich Steve.
„Wo warst du überhaupt?“, bemängelte Frido.
„Ich habe meinen Ausweis gesucht.“
„Und? Gefunden?“, fragte Frido.
„Ja, der lag in der Wiese“, antwortete Steve.
Ein paar seiner wertvollsten Bootleg Schallplatten konnte er auch noch mitnehmen.
„Aus dem Weg!“, schrie Frido.
Abermals quietschten die Reifen.
„He, pass auf, meine Mam!“, rief Steve.
„Die hat Nerven!“, meinte Frido.
„Man! Du hättest fast meine Mutter zusammen gefahren!“, regte sich Steve auf.
„Du meinst die Frau, die sich uns im geblümten Nachthemd gerade eben in den Weg stellen wollte?“, schmunzelte Frido.
„Ja, meine Mutter!“
„Ach komm, da war noch genug Platz!“, meinte Frido.
„Hast du denn nicht gesehen, wie sie zur Seite sprang?“, wollte Steve wissen.
„Ja, ist ja gut. Oder hättest du gebremst?“