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Kapitel 4 Kammerhof

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Falk und Mirko versuchten, sich klar im Kopf zu machen und begossen ein ums andere Mal ihre Gesichter mit kaltem Wasser.

»So sauber hast du lange nich’ ausgesehen«, krakeelte Mirko. »Vielleicht noch die Krawatte um den Hals?«

»Ich dreh dir deinen Hals gleich um, du Knaller. Lass den Schlips in Ruhe. Der soll noch von unserm Alten sein.«

»Mir doch egal«, nölte Mirko zurück und schleuderte das seidige Band mit dem altmodischen Karomuster Richtung Fenster, wo es auf dem Heizkörperventil hängen blieb.

Das sogenannte Wohnzimmer war übersät mit leeren Flaschen, Konservendosen, aus denen lediglich schmutzige Löffel ragten, und angeschimmelten Essensresten auf verdreckten Tellern. Auf dem Couchtisch korrespondierte ein überfüllter Aschenbecher mit zwei braunschwarz verfärbten Kaffeetassen. Zwischen Radio, Fernseher und Steckdose neben der Tür hingen girlandenartig Elektrokabel. Die Tapeten, die Vorhänge, die Lampenschale über dem Tisch waren vom Zigarettenrauch vergilbt.

»Komm jetzt, ich will los«, herrschte Mirko seinen Bruder an.

»Wir ham noch Zeit, Mann. Das schaffen wir dicke.«

Beide nahmen noch ein paar kräftige Schlucke Bier, zogen die Wohnungstür leise zu und tappten vorsichtig die Treppen hinunter, als wäre dies schon der erste Teil der zu erledigenden Aufgabe, die sie noch nicht kannten. Sie überquerten die Nienhäger Chaussee, gingen Richtung Thünenhof und dann vor zur Randstraße. Nun blieben nur noch einige hundert Meter, bis links die Kläranlage in Sicht kam.

»Walkenhagen is ungenau«, sagte Falk. »Dat kann sonst wo hier sein.«

»Lass gut sein«, entgegnete Mirko. Er schaute auf die Uhr: zehn vor elf.

»Wir stehen jetzt ziemlich im Dunkeln. Da vorne wird es heller. Wir können im Moment besser sehen als die«, analysierte Falk.

»Wieso dat denn? Wenn’s bei denen heller is, können die doch besser gucken!«

»Setzen, fünf!«, fuhr Falk fort. »Die gucken vom Hellen ins Dunkel schlechter als wir umgekehrt.«

»An dir is irgendwas verloren gegangen«, stellte Mirko anerkennend fest.

Beide gingen langsam weiter und näherten sich der Kurve vor dem Anstieg zur Jet-Tankstelle und zum Fahrradladen. Vor Beginn der bewachsenen Lärmschutzwand blendete plötzlich von rechts ein Scheinwerferpaar die Brüder, die wie angewurzelt stehen blieben. Der Wagen stand auf dem schmalen Anliegerweg und war durch den Blendeffekt nicht auszumachen. Die Kontur eines großen, kräftigen Mannes schob sich in den Lichtkegel. Falk und Mirko waren erleuchtet, als ob sie die Hauptrolle in einem Theaterstück spielen sollten, und rührten sich nicht. Die Sprechrolle übernahm ihr Gegenüber. »Okay, ihr seid pünktlich gekommen. Nun könnt ihr wieder gehen!«

Die beiden schauten sich fragend an.

»Wir wollten nur sehen, ob ihr funktioniert. Morgen das Gleiche, dann aber keine Übung.«

»Wieder hier?«, fragte Falk scheu.

»Sagte ich doch, das Gleiche.« Damit stieg der unheimliche Geselle zurück in den Wagen. Der rollte langsam vor zur Straße, bog nach rechts und verschwand.

Die beiden standen wie begossene Pudel und ratlos wie bestellt und nicht abgeholt nebeneinander. Falk erlangte zuerst seine Fassung zurück. »Dat is wat Ernstes, du. Dat is viel Geld für wat Großes. Dat machen wir. So eine Gelegenheit würde sich keener entgehen lassen. Dat is dat ganz große Geschäft und wir sind dabei«, monologisierte er vor sich hin, dabei andächtig den Blick zu den Sternen gehoben.

»Du machst mir Angst.« Mirko musterte seinen Bruder scheu.

Grundloses Moor

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