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… ein paar Tage später …

Er war kurz hinter Osnabrück, als die tiefschwarzen Wolken ihre Last über dem flachen Land abluden. Mit dem Regen brach viel zu früh die Dunkelheit an. Es ging teilweise nur noch in Schrittgeschwindigkeit voran. Kropp blickte fluchend auf die Uhr im Armaturenbrett. Der Sechszylinder seines Volvos schnurrte brav und trieb das schwere Gefährt durch die über und über mit Wasser bedeckten Spurrillen der Autobahn. Er war nur noch einen Katzensprung von seinem Ziel entfernt. Nach siebentägigem Aufenthalt in Spanien war er froh, endlich wieder nach Hause zu kommen. Das einzig Positive an seiner Spanientour war das Spiel von Barcelona gegen Real Valla­dolid gewesen, das Barca mit 3:1 gewonnen hatte. An­sonsten hatte er auf dieser Reise nur Schwierigkeiten gehabt. Zuerst hatten sich die Bremsen seines Aufliegers festgefressen, und als er nach dem Spiel am vergangenen Sonntag noch die sündige Meile der Millionenstadt an der katalonischen Küste besucht hatte, war er in eine Schlägerei geraten und hätte beinahe mit einem Stilett Bekanntschaft gemacht. Er war froh, dass er wieder nahe der Heimat war, und freute sich auf die bevorstehenden freien Tage, in denen er ausspannen, ein paar Bier trinken und den gut gewachsenen Mädchen am Fliegerdeich beim Baden zusehen wollte.

Der Regen machte seinem Zeitplan einen dicken Strich durch die Rechnung. Bei Oldenburg wechselte er auf die A 29. Sturmböen strichen über das Land und grelle Blitze zuckten durch die beginnende Nacht. Mit vierzig Stundenkilometern kroch er die Straße entlang. Überholt wurde er dennoch nicht. Nur wenige Wagen waren an diesem Donnerstagabend unter­wegs und viele Kollegen hatten bereits Rastplätze angefahren, um das Ende des Sturms abzuwarten. Hans Kropp kämpfte sich mit seinem Lastwagen durch das Unwetter. Hin und wieder strich er sich mit der Handfläche über seine müden Augen. Fast zwölf Stunden saß er nun schon – mit kurzen Unterbrechungen – hinter dem Lenkrad. Als er endlich bei Sande die Autobahn verließ und über die Bunsenstraße das Industriegelände oberhalb des Sander Watts ansteuerte, atmete er auf.

Es war kurz vor dreiundzwanzig Uhr und über der Stadt am Jadebusen tobte ein heftiges Gewitter. Die Bäume an der Straße bogen sich im Sturm und hier und da hatte der heftige Wind schon schwache Äste und dünne Zweige aus den Baumkronen gerissen und über die Fahrbahn verteilt. Als er in die Planckstraße einbog, knirschte ein dicker Ast unter seinen Reifen und schlug ihm gegen den Unterfahrschutz. Hans Kropp fluchte.

Er war erleichtert, als er die fahle Laterne erkannte, die oberhalb des Betriebstores im Wind hin und her schwang. Er stoppte. Bevor er den LKW verließ, warf er sich seine gelbe Öljacke über die muskulösen Schultern. Er hatte die Fahrt in kurzer Turnhose und T-Shirt zurückgelegt, für das üble Wetter war er denkbar schlecht gekleidet. Nur die Schnürstiefel taugten für den Regen, und die trug er nur, weil er erst vor ein paar Wochen bei einer Polizeikontrolle eine saftige Strafe dafür gezahlt hatte, dass er in Sandalen gefahren war. Vorschrift, hatte der Polizist gesagt. Dieses Land wimmelte vor unnützen Vorschriften. Er öffnete die Fahrertür und kämpfte dabei gegen den orkanartigen Wind, der kräftig für Gegendruck sorgte.

Das Tor war verschlossen und das Firmengelände lag einsam und verlassen im schummrigen Licht der wenigen Bogenlampen. Hans Kropp hatte einen Schlüssel, so wie jeder Fahrer der Firma, der große Touren bis ins Ausland fuhr. Neben dem Tor stand ein Pfosten, an dem ein Schloss installiert war. Das Schließsystem war erst im vergangenen Jahr ein­gerichtet worden und Hans Kropp hatte geflucht, weil der Firmenchef entgegen der Forderung der Fahrer keine Fernbedienung für das Tor angeschafft hatte. Er steckte seinen Schlüssel in das Schloss. Sekunden später setzte sich das Tor lärmend in Bewegung. Eine gelbe Rundumleuchte blinkte. Hans Kropp ging zurück zu seinem LKW. Bevor er einstieg, verharrte er kurz und schaute sich um. Das eigenartige Gefühl war zurückgekehrt. Es war, als ob ihn fremde Augen fixierten und ihn nicht mehr losließen. Er schüttelte den Kopf. Alles nur Einbildung, sagte er sich, als er sich in das Führerhaus schwang und den Lastwagen durch das Tor in den Schatten des Verwaltungsgebäudes manövrierte. Wenige Minuten später hatte er den Lastzug geparkt. Bevor er das Führerhaus verließ, füllte er noch das interne Fahrtenbuch aus, das zur Abrechnung der Tour mit dem Disponenten wichtig war. 22.41 Uhr trug er in der Spalte Rückkehr/Datum und Uhrzeit ein. Anschließend kletterte er aus dem Wagen und verschloss die Tür. Für heute war Feierabend, den Rest konnte er morgen erledigen, ehe er sich in das verlängerte Wochenende verabschiedete.

Kaum hatte er seinen Wagen umrundet, keimte erneut dieses Gefühl in ihm auf. Die Gänsehaut auf seinen Armen kam nicht alleine von der Kälte.

Seinen PKW hatte er neben der Werkstatt geparkt. Als er im Schein einer Peitschenlampe darauf zuging, hörte er plötzlich ein Scheppern. Ein Blitz zuckte durch die Nacht und ein lauter Donner folgte.

»Ist da wer?«, rief er in die Dunkelheit. Er wandte sich um und lief zurück zu seinem Lastwagen. Es bestand kein Zweifel mehr für ihn, er war nicht alleine auf dem Gelände.

»Los, herauskommen!«, rief er. »Sonst passiert etwas.«

Er hatte seinen Lastwagen erreicht. Auf der Beifahrerseite, vor der Hinterachse, befand sich der Werkzeugkasten. Eine Axt lag darin. Es schadete nicht, wenn er seinem unheimlichen Gegenüber etwas entgegenzusetzen hatte.

Hans Kropp hatte ein Gespür für Gefahr. In Barcelona hatte es ihn davor bewahrt, mit einem Stilett im Rücken zu enden. Er hatte die Gefahr gewittert und sich rechtzeitig herumgedreht, um das Billardqueue auf die Messerhand seines Angreifers zu schlagen.

Mit dem Beil in der Hand fühlte er sich sicher. Er spähte hinaus in die Dunkelheit. Das Scheppern war von der Frachthalle gekommen. Vielleicht waren dort Einbrecher am Werk, die das Unwetter für einen nächtlichen Besuch in der Firma ausnutzten, und vielleicht waren sie schon damals bei seiner Abfahrt in der Nähe gewesen, um das Gelände auszubaldowern. Vielleicht hatten sie erst heute Nacht die richtige Gelegenheit gefunden – bei schönem Wetter verirrten sich nachts öfters mal verliebte Paare in diese Gegend, um sich im Wagen etwas näherzukommen.

Genauso musste es sein, ein paar Einbrecher, dreiste Halunken, die es auf die Getränkekasse und die Automaten abgesehen hatten. Sollte er zur Fahrzeughalle hinübergehen? Er zögerte.

Erneut zuckte ein Blitz durch die Nacht. Doch diesmal, so hatte er den Eindruck, war der Donnerhall vor dem Blitz gekommen. Ein heftiger Schmerz durchfuhr seinen Körper. Bevor er überhaupt begriff, was geschehen war, blitzte es erneut. Doch der Blitz zuckte nicht aus den tiefen Wolken, er zuckte hinter den abgestellten Containern hervor und züngelte direkt auf ihn zu. Ein zweiter Schlag traf seinen Körper. Diesmal ungleich heftiger. Er stürzte zu Boden. Was war nur passiert?

Er sah die Laterne, die am Verwaltungsgebäude befestigt war, wie durch einen roten Schleier. Plötzlich verdeckte ein dunkler Schatten das Licht.

»… nein … was soll …«, stammelte er.

Es waren seine letzten Worte, bevor sein Leben in einem lauten Knall zerbrach.

*

»Der Mechaniker, ein gewisser Dragan Vukovic, hat ihn heute früh so gegen fünf neben seinem LKW gefunden und sofort die Kollegen vom Revier verständigt«, erklärte Dietmar Petermann und zog seinen Mantelkragen höher.

Es war frisch am heutigen Morgen, und nachdem die Sonne aufgegangen war, stiegen milchige Schwaden vom Boden auf. Kleine, schwarze Schildchen mit weißen Zahlen standen scheinbar wahllos aufgereiht auf dem grauen und feuchten Asphalt im Betriebshof der Intertrans im Industriegebiet West.

»Weiß man schon, wer er ist?«, fragte Trevisan und wischte einen Schweißtropfen von seiner Stirn. Er hatte sich nach dem Anruf am frühen Morgen beeilt.

»Hans Kropp, Fernfahrer«, antwortete Dietmar. »Ist wohl heute Nacht von einer Tour aus Spanien zurückgekommen. Drei Schüsse. Einer traf ihn im rechten Oberschenkel, der andere in der Nierengegend. Das hat dem Täter offenbar nicht gereicht, da hat er ihm auch noch ein Stück von seinem Kopf weggeschossen. Aus nächster Nähe, meint Kleinschmidt.«

»Und woher kennt er die Reihenfolge der Schüsse?«

»Zweimal Gewehr und einmal eine Pistole.«

Trevisan nickte. Der Polizeifotograf war noch damit beschäftigt, Bilder vom näheren Tatort aufzunehmen. Direkt neben dem Toten lag eine Axt.

»Hat Kleinschmidt eine Vermutung?«, fragte Trevisan seinen Kollegen.

»Er sucht noch nach der Stelle, von wo aus geschossen worden ist«, entgegnete Dietmar. »Es wäre möglich, dass Kropp ein paar Einbrecher überrascht hat.«

»Einbrecher mit Gewehren und Pistolen?«

»Nicht ganz handelsüblich, was?«

Kleinschmidt tauchte hinter einem Container an der Nordwestseite eines langgestreckten Gebäudes auf und marschierte auf den Zaun zu, der das Betriebgelände umgab. Trevisan beeilte sich, den Chef der Spurensicherung einzuholen. »Moin, Horst.«

Kleinschmidt tastete mit suchenden Blicken den Boden ab, als könne ihm der Asphalt verraten, was in der Nacht hier geschehen war. »Jetzt auch noch das«, knirschte er knurrig. »Als ich angerufen wurde, dachte ich, es hätte wieder mal gebrannt. Und jetzt liegt hier eine Leiche. Das ist vielleicht ein beschissenes Jahr.«

»Dietmar sagte etwas von einem Einbruch?«

Kleinschmidt winkte ab. »Das war seine Theorie. Für mich sieht das eher so aus, als ob der Täter dem Opfer aufgelauert hat.«

»Aufgelauert?«

»Dort hinten gibt es einen recht frischen Schlitz im Zaun. Mit einer Metallschere gemacht. Ansonsten wurde nichts aufgebrochen. Noch nicht einmal Ansatzspuren für einen Versuch sind vorhanden, obwohl es genügend ungesicherte Fenster als Einstiegsmöglichkeiten gibt. Nein, hier hinter dem Container saß jemand und hat in aller Seelenruhe abgewartet, bis der Fernfahrer aufgetaucht ist. Dann hat er ihn mit einer Flinte bewegungslos geschossen und anschließend mit einem Schuss in die Schläfe hingerichtet. Das deutet nicht unbedingt auf einen Einbruch hin, oder?«

Trevisan nickte stumm.

»Ich habe drei Hülsen gefunden«, fuhr Kleinschmidt fort. »Zwei lagen neben dem Container, eine in der Nähe des Toten. Linksauswerfer, wenn du mich fragst. Selbstladepistole und Jagdgewehr. Zumindest dem Kaliber nach. Die Pistole 7,65 mm und die Gewehrgeschosse dürften 9,3 mm haben. Ich schätze auf 9,3 x74. Ein handelsübliches Format für jagdbares Wild aller Art, Menschen eingeschlossen.«

»Sonst noch etwas?«

»Ja, aber das ist komisch. Neben der linken Hand des Toten lag ein Hemdknopf. Ein ganz normaler Knopf ohne Verzierungen. Dutzendware. Der Tote trägt aber ein T-Shirt, eine kurze Sporthose und eine Regenjacke mit Reißverschluss. Der Knopf könnte also vom Täter stammen.«

»Spuren eines Kampfes?«

»Nein, überhaupt nicht. Wenn der Knopf zum Täter gehört, dann ist er wohl aus Altersschwäche abgefallen. Das Opfer, obwohl der Mann ein ordentliches Kraftpaket gewesen ist, hatte keine Chance. Ich glaube, bevor der wirklich kapierte, was los ist, war er schon tot.«

Trevisan ging hinüber zu den Containern und schaute in Richtung der Leiche. Aufmerksam musterte er das Gelände. Kleinschmidt hatte recht. Ein idealer Ort, um jemandem aufzulauern. Die Entfernung zum Leichnam betrug knapp fünfzig Meter. Er schaute auf das gegenüberliegende Verwaltungsgebäude und sah die Laterne, die auf dem Dach montiert war. Sogar für Büchsenlicht hatte man gesorgt.

»Hallo, Martin!«

Trevisan fuhr herum. Monika Sander und Tina Harloff standen vor ihm.

»Ich dachte, ihr seid mit dem Mechaniker beschäftigt?«, sagte Trevisan überrascht.

»Das machen Alex und Till.« Tina Harloff wies auf die beiden PKW, die neben dem dritten Gebäude standen. »Wir haben uns den Wagen des Ermordeten vorgenommen. Der rote Ford gehört ihm, der andere Wagen dem Mechaniker.«

»Habt ihr etwas gefunden?«

Monika Sander reichte Trevisan einen Fetzen Papier, der in einer Plastiktüte steckte.

… dazu rate ich dir sonst zien wir dir das fell über die Ohren. Versuc…

Die Schrift, mit blauer Tinte auf ein normales, liniertes Papier geschrieben, wirkte krakelig und unbeholfen. Der Rest der Mitteilung war abgerissen und fehlte.

»Das ist sehr interessant.« Trevisan zeigte Kleinschmidt den Zettel. »Gibt es sonst noch was?«

»Ordentlich scheint er nicht gewesen zu sein«, entgegnete Monika Sander. »Der Wagen gleicht einer Müllkippe. Bierdosen, Zigarettenstummel und allerlei zerknülltes Papier. Aber nichts mehr, das uns weiterhelfen könnte. Der Fetzen lag auf der Mittelkonsole.«

»Sag ich doch«, mischte sich Kleinschmidt ein und wies auf die Container neben der Halle. »Ein idealer Platz, um jemandem aufzulauern.«

»Ich denke, wir sollten herausfinden, was für ein Leben der Tote führte«, überlegte Trevisan. »Es scheint, dass er nicht nur Freunde hatte.«

*

Dragan Vukovic war ein blasser und hagerer Mann mit einem kantigen Gesicht und dichten schwarzen Haaren. Nervös saß er auf seinem Stuhl im kleinen Aufenthaltsraum neben der Werkstatt und kaute an seinen Fingernägeln.

»Hans arbeitete schon seit zwei Jahren bei uns«, sagte Vukovic. »Er ist vor sieben Tagen mit Druckmaschinen nach Spanien gefahren und kam in der Nacht mit Kunststoffteilen aus Pamplona zurück.«

Till Schreier hatte neben ihm Platz genommen, während sich Alex Uhlenbruch an die große Scheibe lehnte, die den Blick in die Werkstatt ermöglichte. Vukovic zitterte.

Till führte das Gespräch und hatte einen Notizblock vor sich liegen. Das kleine, silberne Bandgerät stand hochkant auf dem Tisch, das Mikro auf Vukovic gerichtet.

»Waren Sie mit ihm befreundet?«

»Befreundet ist zu viel gesagt. Wir waren Arbeitskollegen. Manchmal tranken wir zusammen ein Bier.«

»War es eigentlich normal, dass Kropp seinen Wagen einfach so im Hof abstellte, wenn er mit Fracht beladen war?«

»Wenn der Fahrer spät zurückkehrt, dann ist das nicht ungewöhnlich. Unsere Fahrer haben einen Schlüssel für das Tor. Sie stellen den Wagen ab und entladen ihn am nächsten Morgen. Das ist ganz normal.«

Till Schreier nahm das blaue Heft in die Hand und blätterte es auf. »Hier steht als Fahrtende 22.41 Uhr. Ist das die Handschrift von Hans Kropp?«

Er zeigte Vukovic das Fahrtenbuch, das sie im Führerhaus des LKW gefunden hatten.

»Wird er wohl gewesen sein«, erklärte der. »Die Fahrer füllen es aus, wenn sie ihren Bock hier parken. Ist für die Spesen­abrechnung. Gestern hat es stark geregnet. Eigentlich wollte er bis neun zurück sein. Aber das kann ein Fahrer nie genau kalkulieren.«

»Lebte Kropp allein?«, mischte sich Alex ein.

Vukovic nickte. »Er ist geschieden und hat nur Ärger damit. War ein paar Jahre drüben im Osten. Dort hat er eine Zeit lang gearbeitet. Ist für eine Spedition nach Polen gefahren und erzählte manchmal darüber. War nicht immer alles legal. Schmuggelte Zigaretten und so. Ich weiß aber nicht, ob das stimmt. Hans hat gerne Geschichten erzählt, wenn er ordentlich geladen hatte.«

»Hatte er sonst irgendwelche Freunde oder Bekannte?«

Vukovic schüttelte den Kopf.

»Und Feinde?«

Vukovic lächelte verbissen. »Er hat mir mal erzählt, dass ihm seine beiden Schwäger die Hölle heiß machen, weil er keinen Unterhalt für seine Ex und den Bengel zahlte. Aber ich weiß nicht, ob das stimmt. Er war schon ein bisschen … ungewöhnlich.«

»Ungewöhnlich?«

»Ich glaube, dass er nur so herumgelungert hat, wenn er frei hatte. Das Drumherum war ihm manchmal scheißegal, wenn Sie wissen, was ich meine. Er lebte so in den Tag und war zufrieden, wenn er Bier und Zigaretten hatte. Wenn es ihm danach war, dann hat er diese Nummern angerufen, die in der Bildzeitung stehen. Aber ich glaube nicht, dass er viele Freunde hatte.«

»Seine Exfrau und diese Schwäger, Sie wissen nicht zufällig, wie die heißen und wo sie wohnen?«

»Nein. Die müssen noch immer im Osten sein. Ich glaube, seine Alte hieß Jenny oder so. Aber mehr weiß ich nicht darüber. Mein Gott, wir haben manchmal zusammen ein Bier getrunken, mehr nicht. Wir waren auch ganz unterschiedliche Typen, verstehen Sie. Es ist doch ganz normal, dass man sich auf der Arbeit über dies und das unterhält und manchmal nach Feierabend zusammensitzt. Mehr nicht. Ich habe ihn doch nur gefunden.«

»Und warum waren Sie schon so früh in der Firma?«

Vukovic wies auf einen roten Lastwagen, der über einer Grube in der Werkstatt stand. »Der soll heute Mittag auf Tour nach Italien. Hat noch immer Probleme mit dem Getriebe. Ich wollte ihn fertig machen und mich dann um den Wagen von Hans kümmern. Die Inspektion vorbereiten. Weil ich dachte, es wird heute wieder heiß, und weil Wochenende ist, wollte ich bis drei Uhr fertig sein, damit ich noch etwas an den Fliegerdeich kann.«

Till Schreier warf Alex Uhlenbruch einen Blick zu und erhob sich.

»Eine Frage noch«, sagte Alex. »Gab es in letzter Zeit etwas Ungewöhnliches, einen Vorfall im Zusammenhang mit Hans Kropp?«

Vukovic schaute fragend drein, dann schüttelte er den Kopf. Die beiden Kripobeamten bedankten sich. Bevor sie den Aufenthaltsraum verließen, meldete sich Vukovic noch einmal zu Wort. »Doch, da war etwas. An dem Tag, als er losfuhr. Er meinte irgendjemanden gesehen zu haben. Er erzählte von einem Gefühl.«

»Was meinen Sie damit?«

»Na ja, jetzt, wo ich es mir recht überlege … Er glaubte, dass ihn jemand beobachtet. So ein Gefühl eben.«

»Wer sollte das gewesen sein?«

»Ich weiß nicht, er sagte nur, dass er ein komisches Gefühl habe. So etwas wie Angst, glaube ich, obwohl er einen ordentlichen Schlag hatte und Kräfte wie ein Büffel. Aber er sagte öfters so seltsame Dinge. Einmal behauptete er, er habe die Gabe des zweiten Gesichts. Was immer das auch bedeutet.«

Das Haus in den Dünen

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