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Vorwort

Nordostoberfranken, Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts – eine läuferische Einöde

Ich komme aus Nordostoberfranken. Das ist eine Region im Nordosten Bayerns, über die die Menschen im Lande und insbesondere in den Metropolen der Republik nicht viel oder gar nichts wissen.

Nordostoberfranken ist auf einer Deutschlandkarte leicht zu finden. Es liegt dort, wo im Fernsehwetterbericht häufig die kältesten Temperaturen des jeweiligen Tages oder der jeweiligen Nacht angezeigt werden. Böswillige Zeitgenossen behaupten, dass es in Nordostoberfranken so gut wie immer ein paar Grad kälter ist als anderswo in Deutschland. Noch Böswilligere meinen, dass es eine triste, abgelegene und nach der Wiedervereinigung Deutschlands vollends abgehängte Region ist, in der sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Von den Menschen dort heißt es, dass sie sich ebenso herb wie die Landschaft geben.

Es stimmt, Nordostoberfranken, das sich heutzutage etwas hochtrabend als „Hochfranken“ vermarktet, liegt geografisch im Abseits und es dauert selbst in digitalen Zeiten immer eine Weile, bis sich Trends, welcher Art auch immer, dort verbreiten. Das sehe ich nicht negativ, denn man sollte schließlich nicht jedem Trend sofort „hinterherlaufen“. Nicht umsonst sind Begriffe wie „Entschleunigung“ und „Nachhaltigkeit“ in diesen wirren Zeiten in den urbaneren Regionen der Republik häufig gebrauchte und ebenso häufig missbrauchte Begriffe.

Mir jedenfalls haben die Landschaften dieses Grenzgebietes zur Tschechischen Republik und damals – also vor der Wiedervereinigung – auch zur DDR immer gefallen. Ich war und bin gerne in Nordostoberfranken unterwegs, bin dort aufgewachsen, habe meine Jugendzeit da verbracht, bin zur Schule gegangen und nach der Universität zunächst für einige Jahre – ebenfalls gerne – zurückgekehrt, um in der Region zu arbeiten.

Gewiss, rein läuferisch gesehen war es zweifellos ein Nachteil, in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts in Nordostoberfranken zu leben, denn Joggen oder Laufen war dort nicht angesagt, das war damals eher ein beginnender Trend in den Großstädten, wenn überhaupt. Im nordöstlichsten Teil Bayerns jedenfalls sah man bis Ende der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts nur sehr wenige Läufer durch Wald und Flur eilen, in den Städten dieses Landstrichs überhaupt keine.

*

Ich bin nicht sonderlich sportlich, aber bewegungsfreudig. Das Laufen war mir von der Konstitution her gesehen nicht in die Wiege gelegt, ich musste es mir erwerben, manchmal mühsam. Später hat es weite Strecken meines Lebens erfreulich mitgeprägt.

Der Titel „Lustige Läufer leben länger – oder zumindest besser“ ist natürlich prekär, denn wenn ich morgen, nach über 40 Jahren Laufen, trotzdem krank werden oder tot umfallen sollte, werden einige lauffaule und bequeme Zeitgenossen – vielleicht sogar mit Häme – anmerken, dass mir das recht geschähe und mir also das viele, lebenslange Laufen doch nichts genützt habe. Damit muss ich leben, eventuell auch sterben.

Manche würden statt der vier „L“ des Titels vielleicht nur drei „L“ bevorzugen, also die verkürzte Version „Läufer leben vielleicht nicht länger – aber besser“ akzeptieren. Muss man für das Laufen noch obendrein „lustig“ sein? Bin ich überhaupt lustig? Natürlich nicht immer. Aber die Alliteration ist allzu schön und Humor und ironische Distanz zu den Dingen sind neben dem Laufen meiner Meinung nach ebenfalls gesund und tragen durchs Leben.

Meine einstige Entscheidung für lebenslanges Laufen war eine der besten, die ich getroffen habe. Diese Erkenntnis möchte ich vermitteln und ich hoffe, es gelingt mir, ein paar weitere, vielleicht ebenfalls durchschnittlich oder nur unterdurchschnittlich begabte Zeitgenossen und Nichtläufer für das Laufen zu interessieren und zu gewinnen, nicht primär durch medizinische, physische, physiologische oder sonstige durchaus triftige Argumente, sondern durch die Schilderung von Erlebnissen und Gedanken, die ich ohne das Laufen nicht gehabt hätte und für die allein es sich schon gelohnt hat, ein Leben lang zu laufen.

Damit nochmals kurz zur Frage, wieso ein durchschnittlich sportlicher, durchschnittsgewichtiger, durchschnittlich laufbegabter Mensch ein Buch über lebenslanges Laufen schreibt. Sollte er das nicht lieber den Experten überlassen, den leptosomen, sich gesund ernährenden, täglich trainierenden, asketischen Läufern?

Nein, ich denke, das sollte er nicht. Bücher über Ausdauerlaufen und Joggen von ausgewiesenen Superläufern mit Supertipps zum Laufen gibt es schon genug. Sie sind oft gut gemacht und fundiert, aber bilden sie die Realität des Laufens für den erwähnten Durchschnittsmenschen ab? Ist, wenn man ihnen denn folgt oder folgen kann, das Scheitern nicht oft schon vorprogrammiert, weil die Messlatte hoch gelegt ist? Denn mal ehrlich: Wer will oder kann schon komplexen Trainingsplänen folgen, jeden Tag laufen, möglichst noch dazu lange Strecken, jahrein, jahraus, dabei auf viele kulinarische Genüsse bewusst verzichten?

Ich jedenfalls nicht. Und doch laufe ich nun schon über 40 Jahre, relativ konsequent, mit unterschiedlicher Laune und wechselnder Form. Mit nunmehr fast 70 Jahren bin ich selbstverständlich langsamer geworden, immer wieder habe ich statische Probleme, mal zwickt es hier, mal da. Das Alter fordert seinen Tribut. Trotzdem weiß ich: Das Laufen hat mein gesamtes Leben zum Positiven verändert und mir buchstäblich viel mit auf den Weg gegeben. Ich würde es niemals missen wollen. Und ich weiß ebenfalls genau: Mit Freude und Genuss laufen kann wirklich jeder. Zumindest sollte es ein jeder einmal ausprobieren, ihm eine Chance geben.

Und damit: Viel Spaß beim Lesen und hoffentlich auch beim Laufen.

Lustige Läufer leben länger - oder zumindest besser

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