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Das Reich der Sumerer

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Das Zweistromland oder Mesopotamien, wie die Griechen es nannten, gilt als Wiege der menschlichen Zivilisation. Das Land zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris ermöglichte schon früh eine Besiedlung. Mesopotamien umfasste ungefähr die Gebiete des heutigen Palästina, Syriens, des Irak und Kuwait.

Das erste identifizierbare Volk, das dort in der südlichsten Provinz unweit des Persischen Golfs lebte, waren die Sumerer. Woher sie kamen, ist nicht bekannt. Das älteste bekannte Weltreich entstand vor rund 4.500 Jahren zwischen Euphrat und Tigris im heutigen Irak. Davon erhalten sind nur wenige Namen, einige Inschriften und über Generationen weiter getragene Legenden.

„Uruk“ war zunächst die mächtigste Stadt Sumers, von ihren als „frühdynastisch“ bezeichneten Königen „Enmerkar“, „Lugalbanda“, „Dumusi“ und „Gilgamesch“ erzählen zahlreiche Mythen und Epen. Das „Gilgamesch-Epos“, das bedeutendste Werk der babylonischen Literatur, berichtet von den Bemühungen des Stadtfürsten von „Uruk“, die Unsterblichkeit zu erlangen.

Darin zieht „Gilgamesch“ mit seinem Freund „Enkidu“ auf Heldentaten aus. Er macht sich auf den Weg zu seinem Ahnherrn „Utnapischtim“, um von ihm das Geheimnis des ewigen Lebens zu erhalten. „Utnapischtim“ rät ihm, sechs Tage und sieben Nächte zu wachen, doch „Gilgamesch“ fällt in einen tiefen Schlaf.

Nach einem weiteren vergeblichen Versuch sieht der Held ein, dass die Unsterblichkeit für Menschen nicht zu erreichen ist, dass seine Taten ihm jedoch unsterblichen Ruhm verschaffen können. Und noch etwas wird im „Gilgamesch“-Epos beschrieben: Eine große Flut, die die Götter geschickt hatten, weil es zu viele Menschen gab und ihr Lärm sie in den Wahnsinn trieb. Es gibt noch andere Mythen über die Sintflut, die alle etwa aus der gleichen Region stammen. Dazu gehört auch die Erzählung aus dem Alten Testament.

Im 27. und Anfang des 26. Jahrhundert vor Chr. war die Stadt „Kisch“ das Machtzentrum in Nordbabylonien mit der so genannten „1. Dynastie nach der Flut“. Von deren Herrschern sind insbesondere die Könige „Etana“ und „Mesilim“ zu nennen. Mit der „1. Dynastie von Ur“ um 2550 vor Chr. verschob sich das Machtzentrum des sumerischen Reiches allerdings wieder nach Süden.

Die Sumerer schufen die Grundlagen für die Religion, sowie Strukturen einer allgemeinen Entwicklung auf den Gebieten der Kultur und Verwaltung. Spätere Eroberer, die weniger hoch entwickelten Gesellschaften angehörten, übernahmen diese Traditionen oder passten sich ihr an. Keine Ausnahme waren dabei sogar die hochmütigen Perser, die, als sie Babylon eroberten, das Ende der mesopotamischen Epoche einleiteten. Selbst die sumerische Sprache, die mit keiner anderen verwandt war, lebte weiter, als das Reich schon längst versunken war.

Der erste in einer langen Reihe von Königen, die mit aller Kraft auf ein Großreich hinarbeiteten, war „Lugalannemundu“, der in der frühen Bronzezeit des 3. Jahrtausends v. Chr. in Akkad, das vermutlich nicht weit entfernt von Babylon lag, regierte. Er soll 90 Jahre auf dem Thron gesessen haben. Möglicherweise umfasst diese Zeitspanne eine ganze Dynastie unter einem einzigen Namen. Späteren Dokumenten zufolge beherrschte dieser sagenhafte König um 2490 v. Chr. weite Teile von Mesopatamien, dem Persischen Golf bis zum Mittelmeer. Wie auch die Herrscher nach ihm ließ er sich als „König der vier Weltgegenden“ titulieren.

Lugalannemundu“ gründete das erste große Staatswesen in Mesopotamien. Er und seine Untertanen waren keine fremden Eroberer, sondern entwickelten eine überlegene Form der Zivilisation, die sie in die Lage versetzte, die an den Grenzen siedelnden Völkerschaften zu unterwerfen. Vermutlich hatte es zuvor bereits Bündnisse zwischen den einzelnen Stadtstaaten gegeben. Unter diesen waren einige mächtiger als andere, und übten eine Art Vorherrschaft aus. Der nächste große Name auf der sumerischen Königsliste ist der noch mächtigere „Sargon von Akkad“, der 2333 bis 2279 v. Chr. regierte.

Sargon stammte nicht aus einer Königsdynastie. Vermutlich stieg er Schritt für Schritt in hohe Ämter wie Mundschenk oder General auf und verdrängte schließlich die Herren, denen er erst diente. Als er an die Macht gelangt war, konnte ihn niemand mehr stoppen. Etwa um 2300 v. Chr. eroberte er mit einem rund 5000 Mann starken Heer die Nachbarstädte seiner neu gegründeten Hauptstadt Akkad und ließ deren Mauern nieder reißen. Danach weitete Sargon, von der Nachwelt als „der Große“ geadelt, als erster großer Eroberer der Geschichte seinen Herrschaftsbereich über ganz Mesopotamien aus. Nach Osten bis in den heutigen Iran, nach Norden bis nach Syrien und vermutlich sogar bis nach Kleinasien. Zu den Städten, die er Inschriften zufolge eroberte, gehörten „Mari“ im heutigen Syrien, „Jarmuti“ an der Mittelmeerküste und das in Syrien gelegene „Tuttul“. Insgesamt soll er 34 siegreiche Schlachten geschlagen und 50 Stadtherrscher gefangen genommen haben. Seine Tochter „Enheduanna“ machte er zur Hohepriesterin des Mondgottes „Sin“ und begründete damit eine Tradition, nach der dieses Amt immer an die älteste Tochter des jeweiligen Königs fiel.

Akkad war abhängig von den landwirtschaftlichen Erzeugnissen der Bauerndörfer im ganzen Reichsgebiet, das von einem Ring von Festungen umgeben war. Vom Persischen Golf und dem Indischen Ozean fuhren Boote den Euphrat hinauf und löschten im Hafen von Akkad ihre Ladungen: Silber aus anatolischen Minen im Norden, Erze aus Oman, Zinn und Kupfer für die Bronzewaffen der Soldaten sowie Holz und Stein als Baumaterialien. Möglicherweise hatte gerade die Beschaffung dieser Waren ursprünglich den Anstoß zur Ausweitung von Sargons Reich gegeben.

Bereits kurz nach dem Tod des großen Herrschers regte sich Widerstand im Reich. Seine beiden Söhne „Rimusch“ und „Manischtuschu“ hielten sich jeweils nur für kurze Zeit an der Macht. Sein Enkel „Naram-Sin“, ein ebenso geschickter Feldherr wie sein Großvater, schlug die Aufstände blutig nieder und eroberte Nordsyrien, möglicherweise sogar Teile der Arabischen Halbinsel. Unter seiner Herrschaft hatte das sumerische Reich die größte Ausdehnung in seiner ganzen Geschichte. Als erster König beanspruchte „Naram-Sin“ für sich göttlichen Status.

Nach seinem Tod begann der allmähliche Niedergang. Der Nachfolger „Scharkalischarri“ schaffte es zwar, das Reich noch 25 Jahre über den Tod seines Vaters hinaus zusammen zu halten, er kämpfte allerdings auf verlorenem Posten. Wahrscheinlich trugen Hungersnöte zusätzlich zum Zerfall des sumerischen Reiches bei. Die Armee wurde durch eindringende „Amoriter“ aufgerieben, das Handelsnetz zerstört. Festungen und Vorposten verfielen. Die Amoriter ließen sich in den Städten im Süden nieder und brachten den berühmten König „Hammurabi“ hervor. Er regierte 45 Jahre lang, von 1795 – 1750 v. Chr.. Der König ließ erstmals eine Gesetzessammlung zusammenstellen und residierte im neu gegründeten Babylon. Auch wenn die Stadt schon bald ihre Vormachtstellung wieder verlor, büßte sie doch ihre Bedeutung als wichtigstes religiöses und kulturelles Zentrum Mesopotamiens nie ein.

Etwa 200 Jahre, nachdem Sargon mit der Unterwerfung anderer Stadtstaaten in Mesopotamien begonnen hatte, war die Vormachtstellung des Sumerischen Reiches nun gebrochen.

Nur in den Mythen blieb es noch lebendig. Die Geschichte von Sargons Auffindung als Säugling in einem Binsenkörbchen findet sich als Errettung Moses im Alten Testament wieder. Die erst Jahrhunderte später nieder geschriebenen sumerischen Epen schildern Schlachten, Siege und Eroberungen, die ebenso gut Wahrheit wie Legende sein können. Sargon hinterließ wie spätere Eroberer und Reichsgründer nicht nur ein Imperium, sondern auch Mythen und Legenden.

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