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Ägypten – das Geschenk des Nils

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Der Großteil der ägyptischen Bevölkerung waren Bauern, Fellachen, die an den Ufern des Nils ihre Felder bestellten. Der Rhythmus des Flusses mit seinen jährlich wiederkehrenden Überschwemmungen war der Taktgeber für das Leben dieser Menschen. Auch wurden sie für die Bauten der Pharaonen, vor allem für ihre aufwändigen Grabanlagen, als Arbeiter heran gezogen.

Für die alten Ägypter galt, dass sich alle Wesen, auch der Pharao und die Götter, an das grundlegende kosmische Prinzip der „ma ’at“ zu halten hatten, personifiziert in „Ma ’at“, der Göttin der Ordnung, Gerechtigkeit und Güte. Die Ordnung des Himmels wurde auch durch den Gott „Re“ verkörpert, der Sonne und zweiten Naturgewalt, die das Leben der Menschen bestimmte. Der Sonnengott, so glaubten die Menschen 3000 Jahre vor der Zeitenwende, fuhr jeden Tag in einem Boot über den Himmel und kehrte durch die Unterwelt an einen Punkt im Osten zurück. Die Fährboote zwischen den Nilufern erinnern an die mythologischen Schiffe.

Auf der Erde sorgte der Pharao für Ordnung. Er war der Mensch gewordene Gott „Horus“, Sohn von „Isis“ und „Osiris“. Dieser wurde von seinem Bruder „Seth“ erschlagen, den die Ägypter mit den Mächten des Bösen und des Chaos gleich setzten. Nach seinem Tod kehrte Osiris als König der Unterwelt zurück. Von hier aus lenkte er die lebensspendenden Hochwasser.

Der Weg in die Zivilisation begann in Ägypten im Vergleich zu anderen Regionen im Vorderen Orient relativ spät. Als sie aber einmal Fuß gefasst hatte, erwies sie sich als dauerhaft und umfasste vom ersten geeinten Reich bis zu ihrem Untergang in frühchristlicher Zeit mehr als drei Jahrtausende.

Während eines Großteils der Frühgeschichte regierten in Ägypten Pharaonen, die zu 31 Dynastien zusammengefasst wurden. Zivilisiertes Leben, also Landwirtschaft und städtische Ansiedlungen, finden sich in Ägypten erst im 6. Jahrtausend v. Chr., ungefähr 2000 Jahre später als in Anatolien, Mesopotamien und Syrien. Gegen Ende des 4. Jahrtausends wurde das Nordreich durch einen aggressiven Rivalen aus Oberägypten angegriffen.

Der Zusammenschluss der beiden Länder wird in der ägyptischen Überlieferung dem legendären Pharao „Menes“ zugeschrieben. Er soll auch die Hauptstadt „Memphis“ gegründet haben. Vermutlich war es die größte Leistung der frühen ägyptischen Herrscher, nicht nur einen durch Gewalt zusammen gefügten Staat zu beherrschen, sondern auch ein gemeinsames Bewußtstein von Nord und Süd zu schaffen. Das wesentlichste Instrument war dabei die Institution des Königs. Dessen Familie waren die höchsten Ämter vorbehalten. Es gab aber auch ein Beamtentum aus fähigen Untertanen.

Unter Pharao „Snofru“ (ca. 2625 – 2585 v. Chr.), dem Begründer der 4. Dynastie, wuchs das Königsgrab zur Pyramide, vielleicht als Symbol einer Rampe aus Sonnenstrahlen gedacht, die den Pharao zu seinem letzten göttlichen Ziel im Himmel leiten würde. Der Souverän verkörperte nun nicht nur „Horus“, sondern auch den Sonnengott „Re“. Ab der Mitte der 4. Dynastie ergänzte der Titel „Sohn des Re“, die Herrscherwürde.

An der Spitze der Verwaltung stand ein Minister, der Getreidespeicher, Schatzamt, öffentliche Arbeiten, Rechtsprechung und die Beamtenschaft leitete. Anstelle eines stehenden Heeres gab es lokale Miliz-Einheiten. Tempel wurden vom König finanziert.

Die Könige der 5. bis zur 8. Dynastie – ca. 2500 – 2130 v. Chr. – werden gerne die „vergessenen Pharaonen“ des Alten Reiches genannt. Einige von ihnen bauten jedoch in „Sakkara“ und „Abusir“ bemerkenswerte Pyramiden und brachten Neuerungen in die königlichen Grabanlagen ein. Pharao „Unas“ – 2371 – 2350 v. Chr. – ließ als erster die Innenwände seiner Pyramide mit Texten versehen.

Beeindruckend sind zudem die Sonnentempel nördlich von Abusir, die sechs Könige der 5. Dynastie in Anlehnung an den Tempel in Heliopolis errichten ließen.

Gegen Ende des Alten Reiches brach in Ägypten eine Krise aus, die sich seit langem angekündigt hatte. Nach den verschwenderischen Pyramiden der 4. Dynastie wurden die Königsgräber nicht nur kleiner, sondern auch mit weniger Sorgfalt gebaut. Die Finanzierung der Grabmäler königlicher und privater Herren muss die Staatsfinanzen stark belastet haben. Hinzu kam eine fortschreitende Dürre, die am Ende des 3. Jahrtausends den ganzen Nahen Osten traf.

Diese schwerwiegende Krise wirkte sich um 2200 v. Chr., in der langen Regierungszeit von „Neferkare Pepi II.“, dem letzten großen Herrscher des Alten Reiches, aus. Nach seinem Tod regierten die Herrscher der 6., gefolgt von der 7. und 8. Dynastie noch in Memphis. Mit dem Tode der letzten Könige in Memphis, um 2130, beanspruchte der Nomarch von Herakleopolis, eine Art Gouverneur, als „Achthoes I.“ die Macht. Seine Nachfahren der 9. und 10. Dynastie wurden vom Adel in Unterägypten und den Nomarchen in Mittelägypten gestützt.

Nach zwei Generationen meldeten die Herrscher in Theben ihre Ansprüche an.

Es folgte ein erbitterter Machtkampf zwischen den beiden Pharaonen, in dem es den Herakleopolitanern nicht gelang, den Rivalen im Norden auszuschalten. Doch auch die Thebaner waren zu schwach, um sich an die Spitze des Reiches zu stellen. Erst unter „Mentuhotep II.“ waren sie endlich stark genug. Sie nutzten die Ressourcen Nubiens, um die Parteigänger von Herakleopolis in Mittelägypten zu vernichten. „Mentuhotep“ gelang es schließlich um 1980 ganz Ägypten wieder zu vereinigen.

Unter der 11. Dynastie erholte sich Ägypten rasch von den Bürgerkriegen.

Schon bald bestieg eine neue Dynastie den Pharaonen-Thron: „Amenemhet“, Minister von „Mentuhotep IV.“, strebte auf den Pharaonen-Thron und trat um 1938 als Gründer einer neuen, der 12. Dynastie, auf. Mit „Amenemhet I.“, der mit fester Hand regierte, begann das Mittlere Reich und damit eine glanzvolle Epoche des Landes.

Die acht Herrscher dieser Dynastie stellten einen bemerkenswerten Rekord an Regierungszeit, Stabilität und Wohlergehen ihres Volkes auf. Im Durchschnitt regierte jeder mehr als 20 Jahre. Es entstand ein neues, zentralisiertes System, das das Land in zwei große Verwaltungseinheiten teilte. Sie entsprachen in etwa Ober- und Unterägypten unter je einem Minister. Dieses System blieb bis etwa 1000 erhalten und gehörte zu den dauerhaften Errungenschaften in einer Zeit von Frieden und Wohlstand.

Dann folgte allerdings wieder eine Zeit der Wirren. Mehreren Königsfamilien wechselten einander ab. Das Reich konsolidierte sich erst wieder unter den Herrschern der frühen 18. Dynastie. Unter den Königen wie „Ahmose“, dem Dynastiegründer, und „Thutmosis I.“ wurden die Grenzen nach Norden vorgeschoben. Berühmt wurde „Hatschepsut“, die schöne Pharaonin, die fast 20 Jahre herrschte und deren Tempelanlage bei Luxor zu den eindrucksvollsten Bauten der Antike zählt.

Ein ehemaliger General mit dem Namen „Haremhab“ wurde um 1319 neuer Pharao. Es folgte ihm sein Minister „Ramses I.“ nach, der die 19. Dynastie begründete. „Sethos I.“ und vor allem „Ramses II.“ sicherten Ägypten mit einer starken, neu organisierten Armee die frühere Vormachtstellung. Die Bauwut dieses großen Pharaos, der es geschickt verstanden hat, sich nach der „Schlacht bei Kadesch“, bei der er nur knapp der Gefangennahme durch die „Hethiter“ entgangen war, als großer Feldherr feiern zu lassen, war legendär. Seine Monumente waren immer größer und wuchtiger als alles bisher da gewesene. Seine Tempel wuchsen zu Städten, seine Statuen zu Türmen: Bereits Bestehendes, das seinen Gefallen fand, nahm er ohne Skrupel für sich in Anspruch. 76 Jahre regierte er. Nach seinem Tod wurde das Land wieder von Invasionen fremder Völker und Bürgerkriegen heimgesucht. „Sethnacht“, ein von hohen Beamten unterstützter Herrscher, begründete die 20. Dynastie. Sein Sohn „Ramses III.“, der letzte große Kriegerpharao des Neuen Reiches, warf zwei libysche Invasionsheere zurück und hielt einen erneuten Ansturm der berüchtigten „Seevölker“ auf, die in jener Zeit zum Schrecken der Mittelmeer-Länder geworden waren. Seine Nachfolger, von „Ramses IV.“ bis „Ramses XI.“, regierten eine befriedete Nation, in der die Erbfolge reibungslos vollzogen wurde und es keine Bürgerkriege gab.

Dennoch war die 20. Dynastie eine Zeit des Niedergangs für das Reich und dessen Einheit. Von der ägyptischen Vorherrschaft in Asien war nichts mehr zu spüren. Im Süden erstarkten die „Nubier“.

In dieser Periode der Schwäche fiel Ägypten in den Einflussbereich seiner einstigen Kolonie, des nubischen „Kusch“, das mittlerweile ein reicher und militärisch starker Staat geworden war. Dessen Herrscher griffen nach dem geistigen Mutterland. Unter ihrem König „Pianchi“ drangen die Kuschiten bis Memphis vor. Das Delta blieb zwar unabhängig, dessen Könige und Fürsten unterwarfen sich allerdings der nubischen Oberhoheit. Pinachis Bruder und Nachfolger „Schabaka“ führte schließlich die nubische Eroberung ganz Ägyptens zu Ende. Die Kuschitenkönige, die 25. Herrscher-Dynastie, sahen sich gerne als Pharaonen in der großen Tradition ihrer berühmten Vorgänger, konnten diesem Anspruch aber nicht gerecht werden. Schon bald unterlagen die Emporkömmlinge aus dem Süden dem Druck aus dem Niltal und dem Einfall einer neuen Großmacht, die im Nahen Osten entstanden war: den „Assyern“.

Das führte zu einem Ringen, das ein halbes Jahrhundert dauern sollte. Memphis wechselte mehrmals den Besitzer und sogar Theben wurde geplündert. Als Sieger ging ein ägyptisierter Lokalherrscher aus dem Magnat im Nil-Delta hervor, den die Nubier zwar unterworfen, aber nicht ausgeschaltet hatten. „Psammetich“, der Herrscher von „Sais“, überlistete seine ehemaligen Herren, Assyrer und Nubier, geschickt und gründete die 26. Dynastie. Als „Psammetich I.“ bestieg er den Pharaonen-Thron. Unter ihm und seinen Nachkommen spielte Ägypten zum letzten Mal eine Großmachtrolle.

Trotz einer geschickten Diplomatie mussten die Ägypter aber in der Abfolge hilflos mit ansehen, wie die meisten ihrer Verbündeten vom persischen König „Kyros’ dem Großen“ – 550 – 529 v. Chr. – unterworfen wurden. Ägypten teilte dieses Schicksal, als Kyros’ Sohn „Kambyses II.“ kurzen Prozess mit dem letzten saitischen Herrscher „Psammetich III.“ machte. Das Land am Nil zeigte sich allerdings als Provinz eines anderen Reiches renitent. Eine Rebellion brachte ihm 404 v. Chr. wieder die Unabhängigkeit.

Fast 60 Jahre lang – von der 28. bis zur 30. Dynastie – blieb Ägypten frei. Es folgte eine kurze, zweite Besetzung durch die Perser. Diese endete, als die makedonischen Streitkräfte „Alexander des Großen“ die ungeliebten Besatzer schlugen und Ägypten okkupierten.

Während des 2. Jahrhunderts v. Chr. blieb das Land in der Hand der neuen Nachfolger Alexanders, der jung mit 32 Jahren verstorben war. Die „Ptolemäer“ etablierten die 33. Dynastie. „Ptolemäus I.“ residierte in der neuen Hauptstadt „Alexandria“. Nach dem Tod der letzten Ptolemäer-Herrscherin „Kleopatra VII.“ wurde das fruchtbare Land am Nil dann eine Provinz des Römischen Reiches. So lange, bis es der arabische General „Amr ibn el-As“ 642 n. Chr. handstreichartig für Allah und seinen Kalifen eroberte.

Noch heute dokumentieren gewaltige Pyramiden in Gizeh und Sakkara die Macht und den Reichtum der Pharaonen. Die meisten der Steinmonumente wurden innerhalb eines Zeitraumes von nur 900 Jahren von der 3. bis zur 12. Dynastie gebaut. Die größten von ihnen, die „Pyramiden von Gizeh“, stammen aus den etwa 75 Jahren, in den die Pharaonen „Cheops“ und seine Söhne „Chephren“ und „Mykerinos“ auf dem Thron saßen.

Die Zahl der Arbeiter, die für die Cheopspyramide gebraucht wurden, ist schwer vorstellbar. Ein ungeheurer Aufwand, der sich bei den Begräbnis-Riten fortsetzte und seine Begründung im Glauben an ein Weiterleben im Jenseits findet: Die Bauten, Rituale und Gebete sollten das Leben und den Status einer Person auch nach dem Tod erhalten. Dieser Glaube verlor erst in der römischen Zeit seine Bedeutung, als der Alltag für die meisten Ägypter so bedrückend wurde, dass sie gar nicht mehr den Wunsch verspürten, ihr Leben nach dem Tod fortzusetzen.

Im Mittelpunkt der ägyptischen Vorstellung von der Unterwelt stand ein göttliches Gericht, geleitet von „Osiris“. Die Seele musste vor ihn und sein Gefolge von 42 Richtern treten. Das Herz des Verstorbenen wurde gegen die Feder von „Ma´at“, Göttin der Wahrheit, Harmonie und Gerechtigkeit, aufgewogen. Nur wenn Herz und Feder im Gleichgewicht waren, konnte der Tote gesegnet und zu einem spirituellen Wesen werden.

Das Christentum, im späten 1. Jahrhundert n. Chr. vom Evangelisten „Markus“ nach Ägypten gebracht, verdrängte in den nächsten 200 Jahren schließlich den Glauben an die alten Götter. Die ägyptischen Christen, auch „Kopten“ genannt, zerstörten unzählige historische Denkmäler aus der Vorgeschichte. Sie vernichteten damit aber auch Beweise ihrer eigenen großartigen Kultur und Geschichte. Das einst so mächtige Volk am Nil, über viele Jahrhunderte von seinen Nachbarn beneidet, bewundert und gefürchtet, und auch zeitweise unterworfen, sollte fortan nur noch einen Platz in den hinteren Reihen des Welttheaters finden.

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