Читать книгу Gesellschaftsrecht II. Recht der Kapitalgesellschaften - Ulrich Wackerbarth - Страница 39
1. Hauptmerkmale der Kapitalgesellschaften
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Die wesentlichen Fragen und Probleme des Kapitalgesellschaftsrechts ergeben sich aus den Charakteristika der Kapitalgesellschaft selbst. Die Hauptmerkmale jeder Kapitalgesellschaft sind die folgenden:
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a) Es gibt eine Haftungsbeschränkung für die Investoren (Gesellschafter). Das dient ihrer Risikobeschränkung, die ihrerseits die Kapitalsammelfunktion der Rechtsform unterstützt. Wer nicht mit dem eigenen Vermögen für die Verluste haftet, ist eher geneigt in ein Unternehmen zu investieren, insbesondere wenn mit dem Investment, wie im Falle der Publikumsaktiengesellschaft weder die Absicht noch die Möglichkeit oder Notwendigkeit verbunden ist, mögliche Verluste durch eigenes unternehmerisches Tätigwerden in der Gesellschaft zu verhindern. M.a.W.: Der Initiator des Unternehmens, meist selbst einer der Gesellschafter, findet leichter Investoren (Mitgesellschafter), weil diese wegen der Haftungsbeschränkung nur ein begrenztes Risiko eingehen. Daher kommen als Investoren auch solche Personen in Betracht, die für den eigenen Konsum nicht erforderliches Kapital besitzen und nach einer Anlagemöglichkeit suchen, ohne die Investition selbst zu ihrem Hauptberuf zu machen und darauf zu achten, dass das Unternehmen der Gesellschaft floriert.
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b) Die juristische Persönlichkeit schafft die rechtliche Unabhängigkeit des betriebenen Unternehmens von den Gesellschaftern. Sie vereinfacht die Teilnahme der Gesellschaft am Rechtsverkehr. Der Fortführungswert (going concern value) des Unternehmens der Gesellschaft kann über den Tod der Gesellschafter hinaus erhalten werden, weil im Zeitpunkt des Todes oder sonstigen Ausscheidens keine Auflösung der Gesellschaft mit Liquidation und entsprechender Besteuerung erforderlich ist. Auch dies stärkt die Kapitalsammelfunktion der Kapitalgesellschaft. Denn die Aussicht darauf, ein Investment wegen des Todes oder einer Kündigungsmöglichkeit anderer Investoren zwangsweise zu verlieren, schwächte die Bereitschaft zum Investment.
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c) Das Mehrheitsprinzip nach Kapitalanteilen bindet grundsätzlich unternehmerischen Einfluss an die in das Unternehmen geflossene Investition. Wer mehr Geld eingebracht hat, will auch mehr zu sagen haben. Ein Gesellschafter würde in eine Kapitalgesellschaft keinen größeren Geldbetrag als seine Mitgesellschafter investieren, wenn er wüsste, dass
– | (bei Geltung des Einstimmigkeitsprinzips) er sich mit den anderen Gesellschaftern wie bei einer Personengesellschaft stets einigen müsste oder |
– | (bei Abstimmung nach der bloßen Mehrheit der Köpfe) eine höhere Investition ihr Geld nicht wert wäre, weil die Grenzinvestition (zusätzliche Anlage) keinerlei zusätzlichen Einfluss vermittelte. |
Das Mehrheitsprinzip hat weitere Vorteile. Es reduziert den Einigungszwang unter den Gesellschaftern. Bei Entscheidungen über umstrittene Probleme setzt sich die Mehrheit eben durch. Wenn einige wenige – oder gar einer der Gesellschafter allein – die Mehrheit der Stimmrechte besitzen, bleibt die Gesellschaft stets führbar.