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SPACE ROCKS!

Mehr als 100 Astronauten aus allen Ländern

trafen sich im September 2015 in Stockholm und

begeisterten bei ihren Besuchen in Schulen landesweit

Tausende Schüler – und die Schüler uns.

Es ist inzwischen eine alte Tradition. Einmal im Jahr treffen sich Astronauten irgendwo auf der Welt, nicht nur, um sich wiederzusehen, sondern auch um wichtige Raumfahrtthemen zu diskutieren und sich mit jungen Menschen zu treffen.

WAS ASTRONAUTEN VON RAUMFAHRERN UNTERSCHEIDET

Es ist schon ein sehr exklusiver Club, die ASE, die Association of Space Explorers, also die Vereinigung aller geflogenen Astronauten weltweit. Nicht jeder, der im Weltraum war, sogenannte Raumfahrer (space travelers), darf Mitglied werden, da ist die ASE pingelig. Tatsächlich stammt von der ASE die einzige Definition, wer Astronauten sind, und hier zählt jedes Wort: »[Ein Astronaut ist] jede Person, die wenigstens eine Erdumrundung in einem Raumfahrzeug vollzogen hat.«

Es gibt halt auch Weltraumtouristen, die lediglich suborbital fliegen, also einen kurzen Hopser über 100 Kilometer Höhe machen, dort wo laut IAF der Weltraum beginnt, und gleich wieder im Sturzflug zurückfliegen. Solche Raumfahrer waren zwar im Weltraum und erhalten von Unternehmen wie Virgin Galactic, die solche Flüge für 250.000 $ anbieten, auch ein schönes Zertifikat, das das bestätigt, aber sie sind eben keine orbitalen Astronauten. Sie bekommen von den Amerikanern sogar die sogenannten »Astronaut Wings«, weil nach amerikanischer Tradition jeder, der über 50 nautische Meilen – etwa 80 Kilometer – hoch fliegt, ein solches Abzeichen bekommt.

WIE FIRMEN MIT RAUMFAHRT GELD MACHEN

Aber das ist nach internationalen Normen nichts wert (siehe mein Kapitel Wem gehört der Mond?), genauso wie man beim Amerikaner Dennis Hope Grundstücke auf dem Mond kaufen kann und dafür auch ein Zertifikat bekommt. Nach amerikanischem Recht ist dagegen nichts einzuwenden, aber nach internationalem Recht, dem sogenannten Outer Space Treaty, ist die Beanspruchung von Territorien außerhalb der Erde nicht zulässig.

Dass Weltraumtouristen, die für wenige Minuten in den Weltraum hopsen und dafür Astronaut Wings erhalten, trotzdem keine Astronauten sind und nicht in die ASE aufgenommen werden, dafür habe ich bereits bitterböse E-Mails von denen erhalten, die solche Flüge gekauft haben. Aber da ist die ASE hart.

TOURISTEN-ASTRONAUT-SEIN KOSTET

Es gibt natürlich auch Weltraumtouristen, die auf der Internationalen Raumstation waren und somit viele Erdumkreisungen gemacht haben. Sie sind daher ASE-Mitglieder. Dieses Jahr waren zwei von ihnen dabei, die bildhübsche Anoushi Ansari und der steinreiche Richard Garriott. Er ist übrigens der Sohn des berühmten Apollo-Astronauten Owen Garriott. Auch er ist bei allen ASE-Treffen dabei. Die Garriotts gibt’s bei den ASE-Treffen also immer im 4er-Pack mit ihren Frauen. Geld ist für ISS-Touristen übrigens nicht unwichtig, denn ein Flug dorthin kostet zurzeit 45 Millionen $. Beneidenswert, die Menschen, die so etwas aus der Portokasse zahlen können. Berufsastronaut zu werden und nichts zu zahlen, ist aber auch nicht schlecht.

Die Tradition der ASE will es, dass das Treffen immer in einem Land eines geflogenen Astronauten ausgerichtet wird. Im besagten Jahr 2015 hatte der ESA-Astronaut Christer Fuglesang nach Schweden eingeladen. Man traf sich am 20. September für vier Tage im Grand Hotel in Stockholm, wo der komplette sechste Stock für uns reserviert war. Auf dem Programm standen Besuch der Königlich Technischen Universität, KTH, wo wir viel mit den Studenten weltraumfachlich diskutierten, Empfang und Shakehands mit König Carl Gustaf und seiner Tochter Victoria gleich im Schloss gegenüber und dem wichtigsten Teil unserer jährlichen Mission, dem sogenannten Community Day.

COMMUNITY DAY!

An diesem Tag schwirren alle Astronauten in Autos oder Fliegern manchmal sogar in die entferntesten Landesteile aus, um Schulen zu besuchen und dort die Schulkinder zu begeistern. In diesem Jahr hatte ich es nicht weit, ich fuhr in meinem Flight Suit, ein Muss für solche Besuche bei Kindern, in die Deutsche Schule am nördlichen Rand des Stadtkerns von Stockholm. Mit mehr als 400 Jahren ist sie eine der ältesten deutschen Schulen weltweit und mit etwa 600 Schülern auch ziemlich groß. In der Aula warteten aufgeregt Schüler im Alter zwischen 12 und 16 Jahren. Ein Video von mir, das einen Flug der ISS über die Erde bei Nacht mit den wunderschön erleuchteten Städten und den magisch flatternden Nordlichtern zeigte, machte den Anfang der Veranstaltung. Danach gab es Wissenschaft im Weltraum light: »Kocht Wasser im Kochtopf im Weltraum? (Antwort: Nein) und »Brennt eine Kerze in der Schwerelosigkeit?« (Antwort: Ja, aber ganz anders). Dazu Bilder der entsprechenden Experimente, was selbst für mich immer wieder verblüffend aussieht.

FÄK-CHÖ

Am Donnerstag reisten wir weiter nach Süden zu der Stadt mit dem unaussprechlichen Namen Växjö (ausgesprochen: Fäk-chö, wo bei das »ch« ein für Deutsche kaum aussprechbarer tiefliegender Rachenlaut ist). Dort gab es am Freitag einen weiteren Community Day. Mein Shuttle-Kollege Tom Henricks und ich besuchten eine kleine Grundschule in Timfors. Etwa 80 Kinder in gnadenlos toller Stimmung. Die Eltern hatten im Vorhof eine etwa vier Meter hohe Rakete aus Edelstahl einzementiert, auf der wir uns mit Unterschriften verewigen mussten und daneben, auf einem kleinen Stück Rasen, haben wir unter dem Gejohle aller Kinder einen Apfelbaum gepflanzt. Dafür revanchierten Tom und ich uns mit Bildern der Klassiker: Wie geht man im Weltraum auf die Toilette? Wie isst man? Wie wäscht man sich die Haare? Und wie schläft man in der Schwerelosigkeit des Alls?

DAS BESTE ZUM SCHLUSS

Am Freitag mussten die Kinder dann angeblich in einer Schulstunde ihre Erlebnisse des Besuches in kurzen Sätzen zusammenfassen, die uns bei der Abschiedsfeier am vergangenen Sonntag präsentiert wurden. Es machte einfach Spaß, deren aufrichtige Begeisterung zu lesen. Ein kleiner blonder Junge schrieb: »Das war der schönste Tag in meinem Leben!« und Nancy, 9 Jahre, formulierte es kurz und knapp: »Space rocks!«.

Im schwarzen Loch ist der Teufel los

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