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"Wenn wir schon zahlen, will ich es auch sehen", hatte Herta, meine Mutter, gesagt. "Nehmt uns mit, wenn ihr das nächste Mal hinfahrt."

Ohne Herta hätte es diesen Zuschuss sicher nicht gegeben. Friedrich, mein Vater, hielt das Geld gern zusammen, war recht sparsam. Trotz aller innerer und äußerer Kämpfe, die ich zuweilen mit meiner Mutter austrug: materiell war sie immer sehr großzügig mit mir. Dann zumindest, wenn ich gute Phasen mit ihr hatte, wenn sie in mir eine Verbündete oder zumindest keine Gegnerin sah. In solchen Augenblicken fragte sie nicht lange nach der Zustimmung Friedrichs, kleidete meinen jüngeren Bruder und mich schon als Kinder ein, wenn es ihr angebracht erschien, bediente bereitwillig ihre und unsere kleinen Extrawünsche und schimpfte Friedrich einen Geizkragen, dem man "auch nicht alles auf die Nase binden" müsse.

Manchmal hatte ich das Gefühl, sie kaufte unsere Liebe. Sie benutzte Geld und andere materielle Dinge, um sich gegen Friedrich hervorzutun. Um uns Kinder in Versuchung zu führen und auf ihre Seite zu ziehen. Mich besonders, denn mein Bruder bildete mit Herta ohnehin eine Koalition, wenn ich mich im Streit meiner Eltern auf die Seite meines Vaters schlug.

"Du wirst schon sehen, was du davon hast", hatte sie mir oft gedroht. "Sieh zu, wie du deine neuen Schuhe bekommst. Papa wird sie dir sicher nicht kaufen." Manchmal sprach sie dann einige Wochen lang kein Wort mehr mit mir, behandelte mich, als sei ich Luft für sie, als existiere ich nicht mehr. Selbst wenn ihre Krise mit Friedrich lange überwunden war.

Mein Vater war noch einer von der alten Schule, einer von den Verantwortungsbewussten, Pflichtbeseelten, Bodenständigen. Einer, der Armut, Not, Kriegselend kennen gelernt hatte, der nicht noch einmal in eine finanziell bedrohliche Situation geraten wollte. Immer war er bemüht, nicht wieder zu verlieren, was er mit den Jahren für seine Familie aufgebaut hatte. Hochgearbeitet vom kleinen Gemeindebeamten zum Oberverwaltungsrat. Alles durch solide Arbeit, ohne Parteibuch, das ihm gewisse Türen hätte öffnen können. Solcherlei fragwürdige Begünstigungen hat er immer abgelehnt.

Er war ein grundehrlicher, gewissenhafter Mann. Aber auch ein Mann, der nach dem frühen Tod meines Großvaters sehr eng mit seiner Mutter verbunden war. Herta konnte es ihm nie verzeihen, dass er mit Auguste, nicht mit ihr, die schönen Dinge unternahm, während sie bei uns Kindern zuhause bleiben musste. Dass er mit meiner alles beherrschenden Großmutter "auf dem Sofa saß und Händchen hielt", und dass sie "ständig die zweite Geige spielte".

In jeder Krise wurde ihm die Geschichte neu aufgetischt, wurde ihm neu vorgeworfen, dass er ihr niemals wirklichen Rückhalt geboten, wirklich zu ihr gestanden habe. "Mich hast du aus Schlesien geholt, weil Auguste eine Putzfrau brauchte. Für euch war ich doch immer der letzte Dreck. Ich konnte kaum glauben, auf was ich mich eingelassen hatte. Wenn ich mir vorstelle, woher ich komme? Meine Großmutter besaß eine der ersten Konservenfabriken, wir lebten in einer Villa, verkehrten mit einflussreichen Leuten, hatten jede Menge Dienstboten. Ich konnte nicht fassen, wo ich da plötzlich gelandet war und die Böden schrubben durfte. Und zum Dank dafür durfte ich zu Hause bleiben und die Kinder hüten wie eine Dienstmagd."

Sie hat ihm diese Dinge nie verziehen, obwohl seit langer Zeit alles ganz anders war. Und sie hielt ihn klein damit, drückte ihn mit seinem eigenen Schuldgefühl. Als Kind hätte ich gern mit einer anderen Mutter in einem friedlicheren Elternhaus gelebt. Doch materiell ging es mir immer gut durch sie. Selbst jetzt, erwachsen, über dreißig, konnte ich mich noch darauf verlassen. Mit der Distanz war unser Verhältnis sehr viel unbelasteter geworden, hatte ein Teil der Spannungen sich in Luft aufgelöst. Nie würde sie mich finanziell im Stich lassen, das wusste ich tief in mir sehr genau.

Unser Kommen war bei Auerbachs telefonisch angekündigt. Als wir auf die Betonplatte rollten, parkte dort ein schwarzer Mercedes.

"Der Makler ist zufällig da", begrüßte uns Herr Auerbach mit unübersehbarer Verlegenheit. "Er würde Sie gern kennen lernen und ein paar Worte mit Ihnen reden."

Auerbachs hatten offenbar auch selbst versucht, das Haus wieder loszuwerden. Wir wussten es von unserem Bauern Horst, hatten dem jedoch keine Bedeutung beigemessen. Letztendlich hatten wir direkt vom Besitzer gekauft und mit einem Vermittler nichts zu tun. Daher erstaunte es uns, dass dieser Makler sich für uns interessierte. Was wollte er von uns? Auch Herta verzog das Gesicht, hob kurz die Schultern und war genauso verblüfft wie ich.

Wieder trafen wir uns alle in der Diele des Hauses. Frau Auerbach schickte die Kinder hinaus in die Sonne und bat uns zu den anderen an den Tisch, holte einige Stühle aus der guten Stube mit an den Tisch. Neben der Eingangstür saß breitbeinig der Mann, den man uns als den Makler vorstellte. Ein zweiter Besucher trug einen feinen Nadelstreifenanzug. Er hatte die Hände über dem Tisch verschränkt und lächelte uns verbindlich entgegen.

"Eigentlich war der Verkauf dieses Hauses ja ein Alleinauftrag an mein Büro", räusperte sich der Makler und veränderte seine Sitzposition. Nahm den Arm vom Fensterbrett und stützte sich nun mit beiden Unterarmen auf den Beinen ab.

"Und?", fragte Robin, schlug die langen Beine über einander, kreuzte die Arme vor der Brust und sah gespannt zu ihm hinüber.

"Nun ja, die Suche nach Käufern war mit einigen Mühen verbunden. Anzeigen die geschaltet werden mussten, die viele Fahrerei und so weiter."

So langsam dämmerte mir, wohin der Hase laufen sollte, doch selbst ich in meiner Blauäugigkeit, was viele Dinge betreffen mochte, konnte mir nun das Lachen nicht verkneifen. Der musste uns ja für völlig blöd halten. "Sie hoffen nicht etwa auf eine Provision von uns, nein?"

Der Makler wechselte mit seinem Nachbarn einen raschen Blick. "Das nun nicht gerade. Aber ich habe hier in der Scheune noch einige Sachen stehen, und ich wollte Sie bitten, die noch eine Weile stehen lassen zu dürfen. Mir fehlt im Augenblick ein anderer Lagerplatz dafür."

"Wir werden uns bei unserem Bauern erkundigen", sagte Robin betont ruhig. "Es wird sich herausstellen, was nicht zum Hof gehört."

"Was sind denn das für Sachen?", mischte Herta sich ein

"Ach, nur einige Bauteile für einen Kamin", meinte der Makler und redete dann gleich weiter, ohne auf eine Entgegnung von uns zu warten. "Außerdem haben wir uns gedacht, wenn wir Ihnen schon nicht dabei helfen konnten, diesen Hof zu kaufen, vielleicht können wir Ihnen dann bei der Finanzierung unter die Arme greifen."

Jetzt versuchen sie es also um diese Ecke, grinste ich innerlich. Wenn sie schon keine Provision für die Vermittlung einstecken können, möchten sie wenigstens an der Finanzierung mit verdienen.

"Das ist alles schon geregelt", lächelte ich beide im Wechsel an. "Tut mir Leid, meine Herren, uns können Sie nun wirklich gar nichts mehr verkaufen."

"Wie hoch ist denn Ihr Eigenkapital", übernahm nun der Nadelstreifen die Situation und bemühte sich, seiner Stimme einen Vertrauen erweckenden Klang zu verleihen. Warm, herzlich, gönnerhaft.

"Groß genug", giftete Herta ihn an. "Ich wüsste auch nicht, was Sie das anginge. Sie haben doch gehört, es ist alles geregelt."

"Das heißt noch gar nichts", versuchte der Finanzmensch es weiter. "Sie glauben ja nicht, wie hart es im Augenblick auf dem Geldmarkt aussieht. Wenn das Eigenkapital nicht hoch genug ist, kann ich Ihnen jetzt schon sagen, dass die ganze Sache hier den Bach runtergehen wird." Inzwischen hörte er sich schon nicht mehr so verbindlich an.

Friedrich hielt sich für gewöhnlich immer sehr zurück. Es brauchte schon einiges, um ihn aus der Reserve zu locken. Aber jetzt reagierte selbst er gereizt. "Ach, und Sie wären der Rettungsanker. Sie haben selbstverständlich das Super-Sonderangebot im Ärmel." Danach erhob er sich gleich, stieß seinen Stuhl zur Seite und knurrte: "Ich hab keine Ahnung, was das hier soll. Ich würde mir jetzt gern den Hof ansehen. Können wir?"

Der Makler zuckte die Schultern und breitete in einer Geste des Bedauerns die Arme aus. "Sollte nur ein Angebot sein. Ich bin sicher, Sie werden sich noch bei uns melden."

Auerbachs saßen mit gesenkten Blicken am Tisch und wirkten verloren. Ich weiß nicht wie weit diese beiden fremden Menschen sie in der Hand hatten. Ich weiß auch nicht, wie sie selbst die Möglichkeiten einschätzten, einen Ausgleich für die geleisteten Dienste und das entgangene Geschäft zu vermitteln. In jedem Fall aber mussten auch sie einsehen, dass dieses Unterfangen bei uns keinen Boden fand.

"Können wir durch diesen Raum dort in den Stall?", fragte Robin und deutete auf die Tür zum 'Frühstückszimmer'. "Wir müssen ausmessen und zählen, wie viele Heizkörper wir für die Mietwohnung benötigten."

"Aber sicher", beeilte sich Herr Auerbach, schloss auf und ließ uns an sich vorbei. "Sie können hinten zur neuen Haustür wieder hinaus." Wir hörten, wie er gleich hinter uns den Schlüssel wieder drehte.

Herta schaute sich im Frühstückszimmer um und schüttelte noch immer den Kopf. Es dauerte eine Weile, bis sie sich auf die Baustelle konzentrieren konnten. Beim Weitergehen schlug sie jedoch die Hände vor den Mund. "Mein Gott, Kinder, hier muss ja noch so viel gemacht werden!"

"Wenigstens stehen die Wände schon", bemerkte Friedrich lakonisch grinsend, lief mit auf dem Rücken gefalteten Händen durch den schmalen Flur vor uns her und schaute in jedes der fünf Zimmerchen.

"Dort werden wir zwischen den beiden Räumen eine Wand wieder herausnehmen und ein großes Wohnzimmer daraus machen", erklärte ihm Robin unsere aktuelle Planung. "Das kleine Fenster zur Scheune muss wieder raus und ein größeres hinein. Sonst wird es hier drinnen zu dunkel sein. Das ist die Nordseite, und hinter dem Westfenster liegt nach ein paar Metern der Schweinestall. Der nimmt viel Licht weg."

"Ach, und der Boden", stöhnte Herta weiter. "Hier sieht man ja noch, wo die Kühe gestanden haben. Friedrich, sieh doch nur!"

"Eins nach dem anderen", lächelte Robin und übernahm nun die Führung. Deutete auf den Toilettentrakt. "Hier zwischen den Duschräumen muss die Wand wieder raus. Dahin kommt das Bad. Und der zweite Toilettenraum wird zu einer Abstellkammer umfunktioniert."

Herta war noch immer skeptisch. Die Drohung des Finanzmenschen im Nadelstreifen schien ihre Wirkung hinterlassen zu haben. Auch wenn sie nach außen Selbstbewusstsein und Abwehr signalisiert hatte.

"Gott, Kinder, bis das alles hier fertig ist - das kostet doch eine Menge Geld! Zusätzlich zum Kaufpreis. Und diese viele Arbeit. Schafft ihr das denn?"

Robin umfasste ihre Schulter und zog sie ein Stück zu sich heran. "Wir haben doch Zeit, Herta. Wir können im Grunde jedes Wochenende hochfahren und daran arbeiten, Schritt für Schritt. Außerdem haben wir Freunde. Von denen wird der eine oder andere uns helfen, da sorge dich mal nicht."

"Und was passiert während der Woche, wenn diese Auerbachs nicht mehr hier sind? Oder wenn ihr die Wohnung nicht gleich vermieten könnt?"

"Wir werden sie vermieten, da bin ich mir ganz sicher", lächelte Robin.

"Na", Herta wiegte ungläubig den Kopf, "und selbst wenn: Schafft euch bloß nicht gleich Viehzeug an. Bedenkt, dass ihr die Woche über nicht hier seid."

"Vielleicht macht ihr ab und zu 'Urlaub' hier?", schmunzelte ich sie an und nahm sie ebenfalls in den Arm. "Dann lebst du eine Weile wieder so, wie du von deiner Großmuttel erzählt hast. Weit draußen auf dem Lande mit Küken und Ferkeln in der Küche, die man sie unter dem Ofen warm halten kann."

Die Großmuttel, die Liebe, die Warme, die Gütige. Die mit der kleinen Landwirtschaft, bei der Herta als Kind so gern war. Die andere Großmutter - nicht die hochherrschaftliche mit der Konservenfabrik. Die Erinnerung an sie glättete Hertas Sorgenfalten. Ein Lächeln huschte ihr übers Gesicht. Sie nahm meine Wange zwischen zwei Finger und drückte zu. "Das würde dir so gefallen, was?" Dann schob sie ihre Hand hinter Friedrichs Arm, zog ihn zu sich heran. "Aber wir werden sehen. Vermutlich wird es genauso kommen, was - Friedrich? Und jetzt zeigt uns den Rest, ihr Mutvögel."

Damals war der Sperrmüll noch eine wahre Fundgrube für Leute, die die ausrangierten Gegenstände der Wohlstandsgesellschaft noch mit ein wenig Fantasie betrachten konnten und wussten, dass man ein altes Stück sehr schön wieder herrichten konnte. Viele wunderbare Dinge haben wir aus diesen an die Straße gepackten Haufen herausgekramt, ein wenig mit Abbeize, Sandpapier und Bienenwachs gearbeitet und auf diese Weise einige Einzelstücke in die Wohnung geschafft, um die man uns heftig beneidete.

Manchmal war das fast, als gingen wir einkaufen. Wenn wir bemerkt hatten, dass es wieder einmal in einigen Straßenzügen so weit war, fuhren wir am Abend mit meiner Ente los, denn dort passte mehr hinein, da sie vier Türen statt der zwei des Grünen hatte. Es kam zuweilen vor, dass wir meinten eine Gießkanne, einen Sonnenschirm, mit einem passenden Ständer und vielleicht auch noch einen Gartenstuhl zu benötigen. Und womit kamen wir heim? Mit einer Gießkanne, einem Sonnenschirm mit Ständer und einem Gartenstuhl. Auf diese Weise hatten wir schon eine Menge Geld gespart, und manchmal war ein Glückstreffer dabei. Wie neulich diese in einem fürchterlich schreienden Gelb angestrichene Kommode.

"Weißt du, was ich unter drei hartnäckigen Farbschichten hervorgeholt habe?", hatte mich meine holländische Freundin Mareike am Telefon gefragt. Da sie für derart schwer wiegende Fälle mehr Geduld aufbrachte als wir, stand die Kommode zur Bearbeitung bei ihr.

"Ich vermute: kein Weichholz. Sie war ziemlich schwer."

"Komm her und schau sie dir an. Massive Eiche. Sie sieht toll aus. Ich hab ein paar Beschläge zur Auswahl besorgt. Du musst entscheiden, was ich an die Schubladen schrauben soll."

Mareike hatte vor Jahren nach Deutschland geheiratet und sprach inzwischen sehr gut deutsch, wenn auch mit kleinen sympathischen Fehlern und mit diesem niederländischen Akzent, den ich schon immer liebenswert fand. Über ihren Mann war sie zu uns in die Umweltgruppe gelangt, und sie war geblieben in unserem Kreis, obwohl ihr Mann sich mittlerweile wieder daraus zurückgezogen hatte.

Ich mochte sie und das Land, aus dem sie stammte. Die Überschaubarkeit, die kuschelig kleinen Häuser, die saftigen Wiesen mit den Kuhherden, die Strände an der Nordsee. Viele Urlaube hatte ich dort verbracht, schon während des Studiums, zusammen mit meinem Ex-Ehemann Alexander. Später dann auch mit Robin. Nicht umsonst gab es bei uns diese feinen, gehäkelten Spitzengardinchen. Dieser Fensterschmuck, typisch für die Niederlande, hatte es mir angetan. Ich fand ihn sehr viel hübscher und kreativer als den bei uns in Deutschland üblichen Rückzug hinter dichte, undurchschaubare Stores.

Mareike liebte, wie ich, das Schöne. Legte, wie ich, Wert auf das, was uns umgab. Häuser, Wohnungen, aber auch die Natur, Pflanzen, Tiere. Auch für sie vielleicht das einzig wirklich Stabile, Verlässliche, Sichere. Stabiler, sicherer und verlässlicher als die Menschen.

"Manchmal fühle ich mir wie ein Katze, für die ein warm, gemütlich Plätzchen das Wichtigste ist", hatte sie einmal zu mir gesagt, und sie traf damit eine Menge von meinem eigenen Gefühl.

Was Mareike mir aus ihrer Kindheit erzählt hatte, klang meinen Erfahrungen verdächtig ähnlich. Vielleicht ist Menschen, deren Gefühle schon als Kind keinen festen Boden fanden, ihre Umgebung, ihre Wohnung, ihr äußeres Zuhause besonders wichtig. Eine Burg, ein Wehr gegen die seelischen Schrammen, die von allen Verletzungen am schwersten heilen. Beide verstanden wir es, uns heimelige Nester, Burgen zu bauen. Ersatzgebärmütter vielleicht. Sie war in diesen Dingen nur begabter als ich, traute sich mehr zu, packte mehr an. Jedenfalls kam es mir damals so vor.

Mareike war handwerklich sehr geschickt, konnte einfach alles. Sie verlegte sogar Wasserleitungen und deckte Dächer. Ihr war keine Leiter zu hoch und keine Arbeit zu schwer. Zart war sie dabei, und niemand, der sie nicht kannte, traute ihr das zu. Doch ihr gelang alles, was sie anpackte, und dort, wo sie Hand angelegt hatte, wo sie lebte, musste man sich einfach wohl fühlen. Warm und heimelig war es in ihrem kleinen Fachwerkhäuschen am Rande der Stadt. Sie hatte ein ausgesprochenes Händchen dafür, sich aus jedem Trödelmarkt die Rosinen herauszupicken. Bei ihr zuhause hatte das Auge immer ein lohnenswertes Ziel.

Als ich heute ihre Küche betrat, klebten an jedem Schrank, jedem Tisch, jeder Keksdose kleine gelbe Zettelchen. Das sah aus, als veranstalte sie nun in ihrem Haus selbst einen großen Antik-Markt.

"Willst du die Sachen verkaufen?", fragte ich, bevor wir nach der Kommode sahen. "Sind das Preisschilder?"

"Quatsch", lachte sie. "So heißen die Sachen auf Norwegisch."

"Und wozu willst du das wissen?"

"Ich fahre hin. In den Sommerferien."

"Ach, und auf diese Weise übst du die Sprache. Keine schlechte Idee. Willst du Hanika besuchen?"

Sie nickte und ließ Wasser in ihren holländischen Kaffeetopf. Ein wunderbares Gerät.

"Wenn du so einen Kaffeeautomaten irgendwo in Holland noch einmal findest, denk an mich. Ich möchte unbedingt auch so ein tolles Teil."

"Ich hab schon geschaut, als ich mein Vater besucht habe, aber es ist schwierig geworden. Die richtig Alten sind kaum noch zu finden. Ich hab zwar gehört, dass man sie jetzt auch neu wieder macht, aber ich habe sie noch nicht gesehen in die Geschäfte."

Sie hatte den mit Kaffeepulver gefüllten Einsatz hinein gegeben, den Deckel aufgesetzt und alles zum Aufkochen auf die Herdplatte gestellt. Nach ein paar Minuten tanzte blubbernd der fertige Kaffee am gläsernen Einsatz des Deckels entlang. Das klang sehr gemütlich, und es sah zudem hübsch aus. Der entweichende Dampf erfüllte Mareikes Küche mit herrlichem Kaffeeduft.

"Nach der Scheidung von ihrem Mann ist Hanika dort oben ziemlich allein. Sie hat zwar ihr Verwandten, aber du weißt ja, dass die einem die gute Freunde nicht ersetzen können. Sie ist immer froh, wenn ich sie in die Ferien besuchen komme."

Daran, dass Mareike Buchstaben ausließ und zuweilen die Grammatik verdrehte, hatte ich mich längst gewöhnt. Das machte für mich den Reiz ihrer Sprache aus. Hanika und ihren Ex-Mann kannte ich zwar nicht persönlich, nur aus Mareikes Erzählungen, aber ich wusste, er arbeitete wie unser Freund Bastian ebenfalls als Studienrat am Gymnasium neben meiner Hauptschule.

"Warum nur willst du auch so weit weg? Konntet ihr nicht ein Haus kaufen ein bisschen näher hier?"

"Erstens haben wir näher am Ruhrgebiet nichts gefunden, was uns gefallen hätte, zweitens war es sehr preiswert. So billig kriegst du hier nichts. Ja, und dann hatte ich dort ein eigenartiges, ein seltsames Gefühl. Hattest du so etwas auch schon einmal? Ein Gefühl irgendwo angekommen, nach Hause gekommen zu sein?"

"Am richtige Platz?" Sie nickte und lächelte wieder.

"Dann kommt für mich noch dazu. Ich spiele gern ein wenig mit Zahlen herum. Suche nach Bedeutungen, Botschaften. Ich bin 47 geboren und habe schon öfter festgestellt, dass die Zahlen 4 und 7 in meinem Leben eine besondere Bedeutung hatten. Dieses Mal ist es so, dass der Ort in seiner Postleitzahl drei Vieren und eine Sieben hat. Die Hausnummer unseres Hofes ist vier. Wir haben ihn im vierten Monat des Jahres, im April, gefunden. Der Kaufvertrag wurde unterschrieben am 24.4."

"Das ist schon eigenartig. Vielleicht hat das was zu bedeuten. Ich muss mal mit meine Zahlen da auf achten. Mit Zahlen habe ich noch nicht gedacht. Aber mit dieses Gefühl, zu Hause gekommen zu sein. Das war ein bisschen so, als ich hier her zog. Aber", und das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht, "irgendwie ist das nicht mehr. Das ist weg. Ich glaube, ich fühle mir nicht mehr gut hier. Mit meine Beziehung ist es nicht mehr gut. Ich hab noch mit keinen darüber gesprochen, aber ich weiß, dass mein Mann mit andere Frauen ist."

"Du meinst, er betrügt dich?"

"Oh, man kann, glaube ich, nicht 'betrügen' sagen. Er lügt nicht. Er sagt es. Er sagt, da ist nicht mehr viel Gefühl für mir in ihm. Ich glaube, er macht jetzt ein Test und sucht, bei welche Frau er es finden kann. Wiederfinden. Ich bin viel allein in die letzte Wochen. Aber ich bin nicht sehr traurig darüber. Ich glaube, ich liebe ihm auch nicht mehr sehr. Da ist so ein luftleere Raum in mir, weißt du? Ich habe nicht mehr Kraft in mir, so wie früher."

Ich fragte sie, warum sie nicht schon eher zu mir gekommen sei, um sich ihren Kummer von der Seele zu reden.

"Jetzt reden wir ja. Das ist früh genug. Man muss auch selbst über nachdenken. Nicht immer gleich reden da über, weißt du? Man wird dann schnell nicht Recht."

"Ungerecht?"

"Ja, ungerecht. Alle, die da über hören, sagen: Was für ein böse Mann, arme Frau. Aber ich bin nicht arm. Das kommt von beide Seiten. Wir sind schon so lange miteinander. Die Liebe ist einfach krank geworden zwischen uns. Jeder sucht jetzt zu heilen, und ich brauch nachdenken dazu."

Als sie mich später, nachdem ich ihre Arbeit an der Kommode bewundert und mich für die eisernen Beschläge entschieden hatte, eingehend nach Bastian befragte, musste ich ein wenig schmunzeln. "Du denkst aber schon sehr konkret nach, nicht wahr?" Ich war froh darüber, dass sie offenbar wirklich nur minimal litt. "Nein, der hat im Moment keine Freundin, und der findet dich auch sehr interessant."

"Hat er das gesagt?" Sie lachte verlegen und wehrte ab. "Du nimmst mir auf den Arm. Das kann er gar nicht gesagt haben. Er kennt mir doch gar nicht genug. Warum soll er mit dir sprechen da über?"

"Vielleicht weil er sich ebenso für dich interessiert, wie du dich für ihn. Glaub es mir einfach. Er hat das wirklich gesagt."

Robin und ich wollten am nächsten Wochenende zuerst einmal damit beginnen, den Bereich, den wir auf dem Hof schon nutzen konnten, so wohnlich wie möglich herzurichten. Es würde ein langes Wochenende sein, verlängert wegen des Feiertags Christi Himmelfahrt. Eine Menge Zeit also. Fast wie kleine Ferien.

Wir beabsichtigten, die Zeit so effektiv wie möglich zu nutzen. Auch den Durchgang vom Haupthaus zum Schweinestall beabsichtigten wir etwas zu verschönern. Der war genauso hässlich grau verputzt wie die Scheune, und wir hatten vor, ihn einfach weiß anzustreichen und mit schwarzen Fachwerkbalken zu bemalen. Außerdem hatten wir grünen Lack gekauft, für die beiden grob gezimmerten Türen des Durchganges.

Der Sperrmüll kam in dieser Woche gerade passend, denn wir suchten ein paar Klappstühle, vielleicht auch einen alten Tisch. Für die Mahlzeiten und eventuell am Abend für Spiele, wenn es zu dunkel sein würde, um draußen noch zu arbeiten. Dieses Mal hatten wir uns bei einem Bekannten einen kleinen Anhänger geliehen, zumal wir hofften, auch noch ein paar andere Sachen zu finden, für deren Transport wir unter Umständen mehr Platz benötigten.

Hoch bepackt kamen wir zum Krikedillweg zurück. Selbst eine - wenn auch hässliche - Stehlampe mit gewelltem Brokatschirm und goldenen Troddeln hatten wir gefunden. Sogar zwei komplette Bettgestelle. Mit den Matratzen, die wir zu Hause noch hatten, war damit das Schlafproblem für die Wochenend-Nächte gelöst. Wir brauchten die unbequemen Luftmatratzen nun nicht mehr. Zwischen einem der durchwühlten Haufen hatte sogar ein kleines quadratisches Sprossenfensterchen gelegen. Spontan fanden wir bei seinem Anblick, dass es hervorragend in die Südwand an unserem Durchgang zum Stall passen würde. Und schließlich war da noch ein ausrangiertes Nirostaspülbecken für die Futterküche. Jetzt fehlte nur noch ein passender Unterbau.

Wenn wir für all das Geld hätten ausgeben müssen, hätte uns das sicher nicht so sehr glücklich gemacht. Doch jetzt freuten wir uns wie die Könige.

Mit einer kleinen Kastanie aus einem Erkenschwicker Wald zwischen dem ganzen Gerümpel, kamen wir Mittwochnachmittags auf der Betonplatte an. Offenbar war niemand zu Hause. Die Rollladen am Auerbachschen Wohnbereich waren herunter gelassen.

"Na schön", sagte Robin, "zum ersten Mal ganz allein hier. Auch nicht schlecht."

"Sie werden ins Rheinland gefahren sein", vermutete ich. "Sie haben doch gesagt, dort gäbe es dieses andere Haus, in das sie vielleicht umziehen könnten."

"Langsam müssen sie sich auch beeilen", meinte Robin, während er die Verschnürungen vom Anhänger löste. "Bis zu den Sommerferien ist es nicht mehr lang."

"Vielleicht kommen sie morgen oder übermorgen zurück. Dann können wir uns am Abend mit ihnen auf ein Stündchen zusammen setzen. Vielleicht erzählen sie uns bei der Gelegenheit, wie die Dinge inzwischen stehen."

Robin nickte, und ich half ihm, die Bettgestelle aus dem Hänger zu heben und gegen die Hauswand zu lehnen. Noch ahnten wir nicht, dass wir Auerbachs nie wieder sehen und später gezwungen sein würden, in den von ihnen über Wochen verschlossen gehaltenen Bereich gewaltsam einzudringen.

Die Tür, die vom Frühstückszimmer in die Diele führte, war verschlossen, und die von der ehemaligen Küche zur Diele ebenfalls. Aber wir hatten immerhin diesen Raum, konnten von dort aus natürlich auch in die Upkammer und bauten dort oben nach einer ausgiebigen Putzaktion unsere Betten auf. Packten unser ehemaliges Gästebettzeug aus den großen Plastiktüten und bezogen es mit rot-weiß-karierter Wäsche. Zusammen mit den kleinen Flickenteppichen auf den alten Holzbrettern sah es jetzt schon sehr gemütlich darin aus, und ich stellte zufrieden fest, dass man aus dem Upkammer-Fensterchen wieder diesen fantastischen Blick auf das Wiechholz hatte. Doch es blieb nicht viel Zeit zum Verweilen. Bald würde es dunkel sein, und wir wollten die Futterküche noch herrichten. Dort mussten die Spinnweben von den Balken, und auch der Boden sah noch nicht so aus, als würde man sich beim Essen wohl fühlen. Zuerst jedoch pflanzten wir die kleine Kastanie in den südlichen Teil des Vorgartens, schlugen neben ihr einen Stützpfosten in den Boden und banden sie daran fest. Der erste von uns hier gepflanzte Baum. Damit nahmen wir auch symbolisch Besitz von diesem Land, und es war ein beinahe feierlicher Akt.

Danach säuberten wir die Futterküche, schrubbten auch das total verdreckte, eiserne Sprossenfenster neben dem Wasseranschluss ab. Anschließend stellten wir fest, dass man unerwartet klar zum Wiechholz hinüberschauen konnte. Schließlich bauten wir das kleine orangefarbene Campingschränkchen mit der Reißverschlusstür auf. Stellten den Elektrokocher und die Kaffeemaschine darauf und schlossen die Geräte an. Zum Glück gab es in der Futterküche mehrere Steckdosen.

Da wir für die im Sperrmüll gefundene Nirostaspüle keinen Unterschrank hatten, beschlossen wir, einen Unterbau dafür zu mauern. "Alte Ziegelsteine liegen hier genug herum", meinte Robin. "Wir müssen nur morgen nach Fürstenau und Zement besorgen. Einen Speiskübel auch, den lassen wir uns dann gleich mit Sand füllen."

In der Dämmerung holte Robin die Vorräte aus dem Bulli, und ich räumte sie aus der Kühltasche in das Schränkchen, packte etwas von dem alten Geschirr und die Kerzenleuchter aus dem Karton und deckte uns den Abendbrottisch draußen vor dem Durchgang auf der Wiese. Es war schon ein tolles Gefühl an diesem ersten Abend hier draußen auf Klappstühlen an einem alten Holztisch zu sitzen, mit den leicht im Wind flackernden Kerzen und den leisen, manchmal sogar ein wenig unheimlichen Geräuschen der Natur. Wir genossen diese fast unwirkliche Stille. Kein Autolärm. Nichts, was daran erinnert hätte, dass wir nicht allein auf der Welt waren. Irgendwo weit draußen rief ein Käuzchen, und sanfter Wind erzeugte nur leichtes Rauschen in den Kronen der großen Kastanien hinter dem Schweinestall. Es war so ungewohnt still um uns herum, dass wir glaubten, auch selbst nur sehr leise miteinander reden zu können, um diese wundervolle Stimmung nicht zu stören.

Mütze und Dulle waren müde getobt und dösten neben uns im Gras. Der Himmel über dem Wiechholz färbte sich zunächst blutrot, dunkelte dann mit der versinkenden Sonne immer weiter ab und gab schließlich einen Sternenhimmel preis, den ich in einer solchen Klarheit im Ruhrgebiet niemals zuvor gesehen hatte.

Ich hatte wunderbar geschlafen. Der Federrahmen des Bettgestelles war zwar ein wenig ausgeleiert und quietschte bei jeder Umdrehung, aber das hatte ich in der Tiefe meines Schlafes gar nicht wahrgenommen. Robin war kurz vor mir erwacht und dabei, in der Futterküche die Kaffeemaschine in Betrieb zu setzen. Die kleinen Hunde liefen draußen durch die Wiesen und genossen die große Freiheit.

Den Tisch und die Stühle hatten wir am Abend noch in die Futterküche getragen, weil es uns nach einer Weile in der Dunkelheit doch zu frisch geworden war - trotz der dicken Pullover und der Decken über unseren Beinen. Die Karten, mit denen wir bis spät in die Nacht Bauernskat gespielt hatten, lagen noch auf der grün-schwarz gesprenkelten, etwas fleckigen Linoleumplatte, und ich räumte sie mit den gestern benutzten Gläsern und den Kerzenleuchtern, an denen das Wachs bis auf die Füße heruntergetropft und erstarrt war, beiseite. Zum Frühstück wollten wir alle Möbel wieder nach draußen schaffen.

"Am besten nach vorn", schlug Robin vor, "da haben wir jetzt schon Sonne. Hier ist es zu schattig, und ich will in der Sonne frühstücken."

Also trugen wir unser 'Esszimmer' nach vorn neben den Haupteingang. Wieder fiel uns mit fast euphorischer Begeisterung auf, dass - wohin wir auch schauten - nirgends ein anderes Haus zu sehen war.

"Es scheint wirklich so, als sei dies hier das Ende der Welt, unerreicht von der Zivilisation", schwärmte Robin.

"Und die Luft ist eine ganz andere, als unter der diesigen Dunstglocke bei uns in Erkenschwick", fand auch ich. "Ich hab das Gefühl, hier ganz anders durchatmen zu können."

Auch das Essen schmeckte in dieser Umgebung irgendwie gehaltvoller, selbst wenn es im Schulte-Supermarkt in Oer-Erkenschwick gekauft war. Aber sämtliche Sinne schienen intensiver zu arbeiten, und es war, als sei man hier bedeutend wacher, frei von der ständigen Müdigkeit, die uns am Krikedillweg zwang, in einem täglichen Mittagsschlaf nach der Schule neue Kraft zu tanken. Hier schien alles anders, vollkommener. Nur Robins allergische Reaktionen wurden stärker. Nach ein paar Minuten brach er in heftiges Niesen aus, und seine Augen röteten sich.

"Das ist ja fast, als würde die Allergie in der Natur heftiger", stöhnte er und schnäuzte sich die Nase. Dabei hatten wir doch angenommen, diese unangenehmen Beschwerden seien auf die Umweltgifte in unserer belasteten Umgebung am Krikedillweg zurückzuführen.

Besorgt schaute ich zu ihm hinüber. "Wäre schon seltsam, wenn das hier draußen schlimmer würde."

"Wenn die Immunabwehr erst gestört ist durch den ständigen Gift-Stress", er schnäuzte sich ausgiebig. "Und Pollen fliegen hier nun mal in Massen herum, mit Sicherheit mehr als im Ruhrgebiet."

Gleich nach dem Frühstück brachen wir auf und fuhren nach Fürstenau. Wir mussten eine Weile suchen, ehe wir den kleinen Baumarkt gefunden hatten. Aber wir bekamen alles, was wir benötigten.

Robin begann nach unserer Rückkehr sofort mit den Maurerarbeiten, und er stellte fest, dass es gar nicht schlecht war, Onkel August ein wenig über die Schulter geschaut zu haben, als er uns damals bei den Arbeiten in Erkenschwick geholfen hatte. "Du musst mit den Augen stehlen", hatte der immer gesagt, "das ist der einzige Diebstahl, für den du nicht bestraft wirst, der dir sogar noch zugute kommt."

Nun zahlte diese 'Schule' sich offenbar aus. Die Mauern unter dem Edelstahlbecken waren ordentlich hochgezogen, und sie sahen, dank der Wasserwaage, sogar gerade aus. Doch die Arbeit hatte fast den ganzen Tag verschlungen, und so hatten wir vom wundervollen Himmelfahrt-Wetter bis auf die wenigen Pausen, die wir zwischendurch einlegten, kaum etwas mitbekommen. Zur Entschädigung konnten wir, nachdem auch der Siphon unter das Becken geschraubt war, zum ersten Mal ganz normal das Wasser in der Futterküche laufen lassen. Das machte einfach alles noch ein Stück perfekter, und es gab uns so etwas wie ein ganz neues Wohngefühl.

"Morgen machen wir das mit dem Fenster", beschloss Robin, säuberte das Maurerwerkzeug unter dem Wasserstrahl und stellte es im schwarzen Gummieimer beiseite. "Und am Sonntag fahren wir zu unserem Bauern und fragen ihn, von wem man hier am besten die Heizungsarbeiten für die Mietwohnung übernehmen lassen kann."

"Und wenn wir wieder 'unten' sind", überlegte ich und meinte damit Erkenschwick, "müssen wir uns den alten Rasenmäher von meinen Eltern holen und eine Sense kaufen. Ich glaube, wir werden das Chaos hier erst einmal mit dem Rasenmäher strukturieren."

"Unheimlich romantisch", träumte ich in die züngelnden Flammen des Lagerfeuers.

"Aber eben auch unheimlich, was? Fürchtest du dich - so einsam in der Dunkelheit?" Und dabei verstellte Robin seine Stimme ein wenig und gab ihr ein bedrohliches Timbre.

"Ein bisschen vielleicht", sagte ich. "Nichts zu sehen um uns herum. Umgekehrt könnte uns jeder vom Wald aus beobachten. Die Vorstellung, dass dort im Wiechholz jemand durch das Unterholz schleicht - nicht unbedingt ein angenehmer Gedanke."

"Wo, zum Teufel, bleiben eigentlich Auerbachs?", fragte Robin beiläufig. Und plötzlich fiel uns auf, dass auch die Tiere nicht mehr da waren!


Mylopa

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