Читать книгу Sommerfrische - Ulrike Waldbach - Страница 12
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ОглавлениеSie würde ein Steinpilzrisotto machen. Im Keller stand noch ein Glas mit eingelegten Pilzen. Das Letzte.
Je lauter er wurde, desto weiter weg entfernte sie sich von ihm. Sie beobachtete seinen Gesichtsausdruck, der bei jedem Wort verhärmter wurde, ob ihm das eigentlich bewusst war? Wobei, wer sah sich schon während eines Wutanfalls im Spiegel zu? Wenn er sich jetzt dabei sähe, würde er sich wohl weniger gehen lassen. Seine Augen waren schmal und er hatte diese gefährliche Blässe um die Nase. Mit Schwung stach er gerade mit seinem Zeigefinger in ihre Richtung. Einmal, zweimal, dreimal!
Wollten sie ursprünglich nicht zusammen Kaffee trinken? Sie bevorzugte ja ihren Espresso, aber der war ihm zu stark, deswegen hatte sie eine milde, aber trotzdem noch des Namens »Kaffee« würdige Brühe in der Glaskanne aufgestellt. Einen Kompromisskaffee sozusagen. Der war mittlerweile sicher auch schon kalt, so lang wie der sich hier aufregte. Lena lugte vorsichtig an ihm vorbei, als könnte sie die Temperatur sehen oder Kontakt mit der Kanne aufnehmen.
»Du, bist immer so …« Zack! »Und jedes Mal, wenn du …« Zack, wieder der gestreckte Zeigefinger. Wenn das ein Messer wäre, läge sie schon röchelnd in einer Blutlache.
Sie hatte genügend Beziehungsratgeber gelesen, um zu wissen, dass das, was sich hier in ihrer Küche abspielte, keine »kleine klärende Gewitterwolke« mehr war und sie hatte vor allem genug Erfahrung um sich sicher zu sein, dass es nichts brachte zu kontern, es wäre purer Energieverlust.
Tom war einfach lauter und stärker.
Mittlerweile hörte sie kein Wort mehr von seinem Gebrüll, sondern hatte die letzte, sichere Kurve in ihrem Schneckenhaus erreicht. Sie würde rote Zwiebel für das Risotto nehmen, das gibt den passenden Farbtouch. Ob sie noch welche hier in der Küche hatte? Nun, sie konnte jetzt schlecht in der Schublade nachsehen, das würde ihn noch wütender machen.
Sie überlegte gerade, wo das Glas mit den Steinpilzen eigentlich genau war, als die Geräuschkulisse verebbte und ein Hoffnungsschimmer ins Schneckengehäuse strahlte. Vorsichtig streckte sie einen Fühler aus. Er saß jetzt vor sich hin brummelnd am Küchentisch und schüttelte hin und wieder leicht den Kopf, ziemlich versunken sah das aus. Das als gutes Zeichen deutend kroch sie hervor, um zu bemerken, dass sie sich zu früh gefreut hatte.
»Du glaubst nicht an mich!«, murmelte er. Kopfschütteln. Er starrte auf die Tischplatte. »Nie bist du jemals hinter mir gestanden! Ich gebe dir alles, einfach alles, aber du …« Wieder schüttelte er seinen Kopf.
Ohne noch großartig nachdenken zu können, in welcher Windung ihres Schneckenhauses sie sich gerade befand, schoss sie hervor und ihr ganzes Wesen bäumte sich vor ihm auf. Er starrte sie an, als wäre er überrascht, sie überhaupt hier anzutreffen.
»Was hast du da eben gesagt?« Er wagte es zu wiederholen. Irgendetwas, etwas das sie in dieser Intensität schon lange nicht mehr gespürt hatte, machte sich in ihrem Körper breit, suchte sich seinen direkten Weg hinaus. Sie stand direkt vor ihm, er schaukelte halbherzig auf dem Küchensessel herum, sah zu ihr hoch. In seinen Augen spiegelte sich etwas, was sie noch nie darin gesehen hatte.
Angst.
Davon beflügelt schlug sie mit der Faust auf den Tisch. Sie spürte keinerlei Schmerz was sie zwar wunderte, doch dafür war jetzt keine Zeit.
»Wie bitte?!«
Was hatte ihre Stimme plötzlich für ein Volumen! Irre, dass man den Knopf so weit aufdrehen konnte!
»Von Beginn an stehe ich hinter all deinen Scheißplänen, Mister Ich-muss-nächste-Woche-wieder-zur-Fortbildung-fahren! So sieht es nämlich aus!!«
»Irgendwer muss ja hier mehr Geld verdienen, um diesen Kredit zurückzuzahlen! Den DU aufnehmen wolltest.«
»Wolltest?!« Wurde ihre Stimme gerade schrill?
»Das Dach war kaputt und zwei Wände schimmlig, nur zur Erinnerung!«
Ihre linke Faust schlug nochmals kräftig auf die Tischplatte, während ihre rechte Hand hinter ihr suchte denn sie musste etwas nach ihm schmeißen. Sofort! Sie umfasste das Erstbeste, was sie kriegen konnte, starrte ihn weiter an.
»Ist dir überhaupt klar, dass du schon wie deine Mutter sprichst?« Plötzlich flog sie, die Kaffeekanne aus Glas, quer durch die Küche und landete knapp über seinem Kopf an der Wand über dem vor sich hin trocknenden Geschirr.
Ungläubig starrten beide dorthin, wo sich nun Kaffee, dazugehöriger Kaffeesatz und unzählige kleine Scherben mit dem plötzlich entstandenen Schweigen und all dem Unmut mischten, um gemeinsam unbeirrt die Fliesen herunterzusickern.
Er fasste sich als Erster, stand auf, sah auf sie hinab.
»Hör gut zu, Lena! Diesen Schaden wirst du nie wieder gutmachen können! Nie!«
Aus alter Gewohnheit wollte sie schon erstarren, doch da fiel ihr auf, das irgendetwas anders war.
»Was ich kaputt mache, räume ich auch wieder auf! Und jetzt: Verschwinde aus meiner Küche!«
Sie konnte ihn nicht mehr ansehen, seine verbitterten Züge, die Abscheu in seinen Augen. Doch sie hielt seinen Blick stand. Er spuckte auf den Boden vor ihre Füße und ging aus der Küche.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, als sie schon dachte, sie würde dieses Schweigen im Haus gemischt mit seiner Präsenz nicht mehr aushalten, hörte sie, wie die Türe ins Schloss fiel. Ihr Arm zitterte noch ein wenig, als sie den Schwamm in die Hand nahm, um die große schwarze Spur an der Wand damit nachzufahren.
Eine Stunde später waren die Scherben zusammengeklaubt, die Fliesen glänzten wieder und sogar der Boden war gesaugt und gewischt. In ihrem Elan beschloss Lena, dass sie sich von ein paar unnützen Dingen trennen könnte, wenn sie schon dabei war. Ein schwarzer Müllsack an der einen Türklinke, eine Papiertüte an der anderen, die Schubladen und Schränke weit geöffnet, schmiss sie all die Dinge weg, die im Weg herumstanden.
Ohne abzuwägen, ohne sie in der Hand hin und herzudrehen und wieder zurückzustellen. Großzügig schob sie alles ihr überflüssig Gewordene in die Säcke. In einer halben Stunde würden die Jungs vom Fußballtraining kommen. Sie hatte also noch etwas Luft.
Eigentlich hatte sie andere Pläne für ihren freien Nachmittag gehabt, als hier die Scherben ihrer Ehe in den Müll zu schmeißen. Mit der Gondel hatte sie auf ihren Hausberg fahren wollen, um dort ein wenig herumzuspazieren, die Aussicht zu genießen, einen überteuerten Filterkaffee zu trinken und wäre wieder, mit dem Gefühl etwas Gesundes getan zu haben, in ihre Nebelsuppe gefahren. Wenn es auch nur für kurze Zeit frische Bergluft schnuppern war, wären die Batterien aufgeladen gewesen. Wären gewesen.
Sie nahm eine Salatschüssel und schmiss sie, ohne nachzudenken, weg. Sicher würde er jetzt schon sein Handy überprüfen und sich fragen, warum sie ihm noch keine wutschnaubenden SMS geschrieben hatte. Diesmal nicht, nein, diesmal war er zu weit gegangen. Er mit seinem »armen Ich«! Sollte er sich doch bei seiner Mutter selbst leidtun, sollten sie einen gemeinsamen Leidgesang anstimmen. Ha! Er tat ja gerade so, als würde er den Kredit alleine zurückzahlen. Dass sie jedes zweite Wochenende arbeitete und immer mehr Nachtschichten einlegte, zählte wohl nicht. »Den Kredit, den du unbedingt haben wolltest! » äffte sie ihn nach. Ha! Ha! Und schon flog seine braune Tasse in den Sack. Als wäre sie eine verwöhnte Gör, die ihre Luxuswünsche durchsetzen wollte. Dabei musste das Haus saniert werden, ein kaputtes Dach ist ja kein Poolhäuschen.
Mittlerweile würde er bei seiner Mutter in der Küche auf der Eckbank sitzen, wo über der heiligen Marienstatue eine Klebefliegenfalle hing, in der wahrscheinlich jetzt gerade eine Fliege ihre letzten Flügelschläge tat. Sie schüttelte sich bei der Vorstellung und ging zur Schublade unter dem Backofen über. Wer brauchte schon zwei Tortenringe? Zack, einer weniger! Sie wird ihm ungefragt ein Bier hinstellen und
»Sag, was hast du denn, Bub? Ich sehe doch, dass was nicht stimmt!«, fragen. Er wird mit dem Kopf schütteln und aus dem Fenster starren, über die Kuhweide, weiter bis über den Hügel, ins Nichts.
Dann würden sich ihre Hände in die Vordertaschen ihrer Schürze einwringen. »Mir kannst du es doch sagen! War sie wieder böse zu dir?« Nach einem kräftigen Schluck von seinem Bier würde er kopfschüttelnd weiter hinausstarren.
»Nein, Mama, alles Bestens!«, in einem Tonfall, den seine Mutter, sobald die Haustüre hinter ihm zu wäre, veranlassen würde, zum Telefon zu greifen, um ihre Schwester anzurufen und anschließend ihre Tochter, um den Ernst der Lage zu besprechen. Ob ihnen vielleicht irgendetwas aufgefallen war, ob sie vielleicht was wissen? Er schaut ja so schlecht aus, so bekümmert, so blaß. Und abgenommen hat er auch! Dieses eine Mal könnte sie sich vielleicht noch verkneifen anzudeuten, dass er doch besser die hochgewachsene Arzttochter geheiratet hätte. Es war zu spät! Was sollte sie noch weiter in seinen Wunden schüren, wusste er es doch sicher selbst, was ihm da entgangen war. Die hatte sogar Jus studiert und sogar den Doktor gemacht! Aber nein, diese Dahergelaufene musste er sich aussuchen, mit dem alten Holzhaus. Gebetet und gebetet und gebetet hatte sie für ihn, würde sie sich verkneifen ihm zu sagen. Schon nach nur vier Monaten hatte die sich von ihm ein Kind machen lassen.
Das hinterhältige Luder! Hatte sich doch nur einen Blöden gesucht, der Schulden für ihr altes Haus aufnimmt und dann brav abzahlt. Weil sie ja wusste, was er alles durchmachte, würde sie das alles hinunterschlucken, für sich behalten, still weiterbeten. Litt er doch schon genug, ihr Bub!
Seine Mutter würde ihm Würstel anbieten, die er wiederholt ablehnen würde. Das auch noch! Den Appetit hatte das Luder ihm auch genommen! Eine weitere Fliege würde sich verfangen und die heilige Maria würde es mitansehen.
Lena pfefferte die seit Jahren ungebrauchten Fonduegabeln in den Müllsack. Spätestens zum Geburtstag vom Kleinen würde sie all den Zweifel und die Missgunst ihrer Schwiegermutter und Schwägerin abbekommen. Lena riss noch die Gugelhupfform aus der Lade, starrte sie an. Die hatte doch eindeutig Rost am oberen Rand, weg damit! So, das genügte für heute, der Vorratsschrank kam ein anderes Mal dran.
Kurz darauf fuhr sie mit dem Kofferraum voller Müllsäcke zum Bauhof, wo ihr der erste freundliche Mensch des Nachmittags die Tore öffnete. Mit Schwung schmiss sie alle Säcke in den riesigen Container und fühlte sich sogleich im wahrsten Sinne erleichtert. Als sie den Kofferraum zuschlug, hörte sie ein Piepen aus ihrer hinteren Jeanstasche.
Eine SMS: NICHT VERGESSEN! HEUTE 19:00 STAMMTISCH !
Herrje! Vor lauter Ehekrise hätte sie beinahe ihren Frauenstammtisch im Bierlokal vergessen!
Zuhause im Innenhof angekommen, hörte sie schon die Stimmen ihrer Kinder, die aufgeregt über Kaulquappen und geschossene Tore berichteten. Lena nahm zwei Stufen auf einmal und wurde von ihren kleinen Männern herzlich begrüßt. Wie Äffchen hingen sie sich ihr um den Hals und redeten dabei beide gleichzeitig auf sie ein. Tom stand mit dem Rücken zu ihr und schnitt Brotscheiben für die Kinder ab.
Er schwieg.
Rasch, rasch, sie musste sich einen Plan zurechtlegen, wie sie ihn an den Stammtisch erinnern konnte, den sie vergessen hatte in den Familienkalender einzutragen und somit Grund zu einer weiteren Debatte gäbe. Energie für eine zweite Runde im Ring hatte sie keine mehr.
»Wo bist du gewesen?« Mit seinen stahlblauen Augen starrte er sie plötzlich direkt an, er schien sie gar zu durchleuchten. Sie hielt seinen Blick, zog ihre linke Augenbraue hoch und schwieg.
Sich wieder den Kindern zuwendend, füllte sie Wassergläser auf, stellte Wurst und Käse auf den Tisch. Das Geplapper der Kinder prasselte auf sie ein wie ein erfrischender Sommerregen. Tom schlurfte aus der Küche, seine schwerfälligen Tritte auf der Treppe tönten nach.
»Schauspieler!«, dachte sie sich noch, als sie die Tür zum Garten hörte. Als die Kinder fertig gegessen hatten, gab sie ihnen noch zehn Minuten vor ihrem Termin mit der Badewanne, eine Gelegenheit, die sie fluchtartig ergriffen.
Nach einer kurzen Suche fand sie ihren Mann unter der Balsampappel stehen. Der typisch starke Geruch des Baumes verbreitete sich, kroch in ihre Nasenlöcher, ob sie wollte oder nicht. Da stand er, zupfte an den Blättern und erinnerte sie ein wenig an die Kinder, wenn sie schmollten.
Ein Schmunzeln zupfte an ihren Mundwinkeln somit wartete sie ein wenig ab, denn jetzt galt es, souverän zu bleiben.
»Ach hier bist du!«, hoffentlich fasste er das nicht als Vorwurf auf. Er brummelte Unverständliches.
»Nun, ich habe es vergessen dir zu sagen, heute ist Frauenstammtischtag.« Pause. »Kannst du bitte die Kinder in die Wanne und dann ins Bett stecken?«
Er nickte seufzend: »Ja, ja, geh nur, ist mir doch egal!«
Sie überhörte den Pathos in seiner Stimme und bedankte sich höflich. »Also Tschüß!«
Müde hob er die Hand zum Gruß, sah aber nicht zu ihr hin, sondern zupfte noch ein wenig an den Blättern rum. Zum Umziehen blieb keine Zeit, was schlussendlich auch egal war, sie ging ja nur ins Bierlokal.
Lena schnappte sich ihre Jacke, verabschiedete sich von den Kindern, schwang sich aufs Rad und radelte los. Wie sie den Wind im Gesicht und den Haaren genoss! Ihr fiel ein, dass sie sich nicht gekämmt hatte, was ja spätestens bei der Ankunft sowieso überflüssig geworden wäre.
Vor dem Gasthaus lehnte sie ihr Rad an die Wand und trat in die verrauchte Stube. Ganz hinten in einer Ecke saßen schon Lotte und Margot und hoben ihr Bier zum Gruß.
»Du siehst aber Scheiße aus!«, rief Lotte und hielt sich gleich darauf den Mund zu.
»Danke, das ist es, was ich jetzt brauche!«, lachte Lena, schälte sich aus ihrer Jacke und versuchte gleichzeitig die Aufmerksamkeit der Kellnerin zu ergattern.
»Was war denn los?« Gegen Lottes Blick waren Röntgenstrahlen ein weiches Flimmern über dem Horizont nach Sonnenuntergang. Sah man ihr das jetzt wirklich an? Stand es auf der Stirn geschrieben? War sie solch ein offenes Buch? Nun, für diese zwei Damen hier anscheinend schon, schließlich kannten sie sich, seit sie vierzehn Jahre alt waren.
»Schieß los, Baby!«, raunte ihr Margot zu und stupfte sie mit dem Ellenbogen in die Rippen.
»Nun, ich …« Wie gerne hätte sie erst einen Schluck Bier genommen, bevor sie erzählen sollte. Sie machte der Kellnerin ein Handzeichen und wurde gnädigerweise wahrgenommen. Es ging ihr sofort besser. Sie holte ihren Tabak aus ihrer Jackentasche, begann sich eine Zigarette zu drehen und fragte, wer noch kommen würde.
»Birgit kommt fix, aber erst später und Rosie kommt, wenn ihr Mann rechtzeitig heimkommt.«
»Wenn ihr Mann rechtzeitig heimkommt«, hieß soviel wie, dass er sicher nicht rechtzeitig heimkommen würde, es vorher schon weiß, es ihr aber nicht sagt. Wie die letzten drei oder sogar vier Mal. Er würde so viel später heimkommen, dass sie schon zu müde wäre, um noch wegzugehen oder eines ihrer vier Kinder hätte bis dahin irgendeinen Grund, sie davon abzuhalten.
»Also, Lena, gab es Krach zuhause?«, Lotte ließ nicht locker. Endlich kam das Bier. Sie nahm einen ordentlichen Schluck, wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab und räusperte sich: »Das kannst du laut sagen, dass es gekracht hat.«
Die zwei schauten sich fragend an.
»Jetzt erzähl schon!«
»Ich hab eigentlich nur die Kaffeekanne an die Wand geschmissen! Die aus Glas.«
Kurzes Schweigen.
»Mit Kaffee oder ohne?«
»Na, mit allem! Mit Sud und Kaffee! Verdammt, die ganze Küche war voll damit!« Lotte und Margot schauten sich kurz an, konnten sich nicht mehr zurückhalten und brachen in lautes Gelächter aus.
»Bravo!«, rief Lotte. Margot wischte sich eine Träne ab und klopfte ihr auf die Schulter. Lena durfte erst auf die Toilette gehen, als sie alle Einzelheiten erzählt hatte. Als sie zurückkam, war schon ein anderes Thema angeschnitten, Birgit war eingetroffen. Sie war vor kurzem in ihr lang ersehntes Reihenhäuschen gezogen, doch es gab ein Problem. Ihr Mann Frank besuchte einen Meditationskurs und hatte den begehbaren Schrank dazu auserkoren, um täglich darin zu meditieren. Die Vorstellung, wie er darin saß und nicht gestört werden durfte, brachte den Tisch zum Wiehern. Birgit verdrehte die Augen, ließ sich dann doch anstecken.
Mit dem lauen Abendwind radelte Lena ein paar Stunden später nicht mehr so geradlinig, wie sie gekommen war, nachhause. Sie schob ihr Rad in den Schuppen und wankte in den Garten. Verlockend schaukelte die Hängematte hin und her, überdacht vom Blätterwerk der zwei Kirschbäume.
Sie legte sich hinein, nur kurz. Nur ein wenig frische Luft schnappen und die Ruhe genießen. Durch die Blätter hindurch sah sie die Sterne funkeln. Bis sie einschlief.