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Vorwort zur 6. Auflage

Es ist mehr als zwanzig Jahre her, seit die erste Auflage dieses Buches erschienen ist. Im heutigen Wissenschaftsbetrieb verkürzt sich die Aktualitätsdauer von manchen Fachbüchern zunehmend. Man wird mich möglicherweise fragen, ob es sinnvoll ist, das vorliegende Buch in unveränderter Form in einer sechsten Auflage erscheinen zu lassen. Ja, das ist es! Denn es handelt sich um ein Buch, das dem Trend zur Kurzlebigkeit und dem Zwang zur Aktualisierung widerstehen darf und muss. Ich habe dieses Buch nie mit der Ambition verbunden, eine Thematik auf dem neuesten Stand der Forschungsliteratur umfassend zu präsentieren und selbstherrlich die gewohnte Rolle des Wissenschaftlers zu spielen. Sondern es war das Ergebnis langer persönlicher Auseinandersetzungen mit Grundfragen des Menschseins. Es sind Sinnfragen, die nicht einfach ihre Aktualität verlieren. Das Buch war und ist nicht mit dem Anspruch verbunden, lehrbuchartig Wissen zu vermitteln. Schon im Vorwort zur ersten Auflage hatte ich betont, dass sich der Inhalt nicht dazu eignet, ihn im Rahmen von Prüfungen abzufragen. Es geht mir um etwas anderes als um das Vermitteln von Lehrbuch- und Prüfungswissen. Ich hoffe, dass einige Leser und Leserinnen von den Grundfragen ähnlich betroffen sein werden, wie ich es immer noch bin. Wer dem ausweicht und das Buch allein nach formalen Wissenschafts- und Lehrbuchkriterien beurteilen will, braucht es nicht zu Ende zu lesen, um zur negativen Kritik zu kommen: ungebührlich kurzes Literaturverzeichnis, Literatur nicht auf neuem Stand, willkürliche Auswahl von Autoren, spekulatives Denken und weitere Verstösse gegen «Standards heutiger Wissenschaftlichkeit». Ich kann diese Art von Meinungsbildung nicht verhindern. Aber ich hoffe gleichwohl auf Leser und Leserinnen, welche meine Negation von Standards als Ergebnis des Ringens um Sinnfindung erkennen und anerkennen. Ich will und kann niemandem vorschreiben, Betroffenheit mit mir zu teilen. Aber ich erbitte mir soviel guten Willen, dass man meine andauernde Betroffenheit von existentiellen Sinnfragen respektiert. Ich bin allen Lesern und Leserinnen dankbar, welche die Lektüre des Buches mit dieser Haltung in Angriff nehmen.

Urs Haeberlin

Das Menschenbild für die Heilpädagogik

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