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ОглавлениеKapitel 2
Die Ermittler 01.09.
Detective Paul Harris war bestens gelaunt. Er saß in seinem Wagen, einem 2019er Chevy Tahoe tungsten metallic und fuhr auf der I-5 von La Jolla nach Down Town San Diego.
Er war zufrieden wie lange nicht mehr. Heute, in dieser mondlosen Nacht des ersten Septembers, war ein übler Sexualstraftäter endlich in ihre Falle getappt. Fast ein Jahr lang war er ihnen immer wieder entwischt. Die Jagd war vorbei und ein Monster weniger unterwegs. Auch wenn er schon lange frustriert feststellen musste, dass für jeden verurteilten Straftäter ständig neue nachwachsen, heute ließ er sich seine gute Laune nicht verderben. Er gönnte sich den Elvis Song „Surrender“, drehte die Lautstärke voll auf und sang lauthals mit. Nach fünfundzwanzig Minuten war er zu Hause angekommen, fuhr schwungvoll auf den Parkplatz und stellte den Motor ab. Er nahm seine Aktentasche und stieg aus. Vorsichtshalber beugte er sich noch einmal vor und prüfte, ob er auch alle seine Papiere hatte. Seitdem ihm vor einiger Zeit wichtige Fallunterlagen abhandengekommen waren, hatte er eine leichte Neurose entwickelt und sah lieber einmal zu oft hin als einmal zu wenig.
Gut, er hatte alles und schloss den Wagen ab. Zärtlich strich er mit der flachen Hand über die Motorhaube. Er hatte den Chevy Tahoe schon ein paar Monate, erfreute sich jedoch jeden Tag erneut an diesen Mega-SUV. Eigentlich war er für ihn allein viel zu gewaltig. Aber, was soll‘s. Ein Auto ist nie zu groß und außerdem hat er ja oft sein Golfgepäck dabei. Das braucht eine Menge Platz. Noch ein letzter liebevoller Blick, dann drehte er sich um. Mit schnellen Schritten überquerte er den schmalen Weg bis zur Rezeption seiner Wohnanlage, entsperrte die Tür mit seiner Karte und trat ein.
Hinter dem Tresen stand der Nachtportier und begrüßte ihn wie immer mit einem „Hallo, Herr Kommissar, hast du ihn denn heute erwischt?“
Meistens winkte Harris nur ab, aber an diesem Abend blieb er stehen: „Ja, Harry, wir haben ihn heute erwischt! Wenn die Untersuchungen abgeschlossen sind, erzähle ich dir mehr darüber. Einverstanden?“
Der ehemalige Detective nickte erfreut: „Super! Ich habe auch einen extra feinen Whisky. Den hat mir mein Sohn zum Geburtstag geschenkt. Der wartet auf uns beide. Also der Whisky, nicht mein Sohn.“
„Klingt verlockend. Na dann, bis morgen.“ Harris nickte ihm noch einmal zu, eilte zum Aufzug und fuhr in den dritten Stock. Als der Fahrstuhl hielt, stieg er aus, wandte sich nach rechts und steuerte seine Wohnung an. Er öffnete die Tür mit seiner Karte, trat ein und schloss sie wieder mit einem Hüftschwung.
Er ließ die Tasche auf die Erde plumpsen, hing seinen Mantel auf und eilte schnurstracks ins Bad. Erleichtert kam er zurück. Er hatte sich umgezogen, trug einen flauschigen Bademantel und bequeme Lederslipper. Mit einem tiefen Seufzer ließ er sich in seinen besten Sessel fallen, streckte die Beine weit von sich, lehnte den Kopf an und schloss für einen Moment die Augen.
Sofort waren die Bilder des heutigen Einsatzes wieder da. Er wischte sie mit einer Handbewegung weg. Der Fall war abgeschlossen. Schade nur, dass es ihm nicht gelungen ist, das Monster lebend zu fangen. Um den Lockvogel zu schützen, war es unumgänglich, den Täter zu erschießen.
Der Detective hätte es lieber gesehen, wenn dieses Scheusal für den Rest seines Daseins in einem Hochsicherheitsgefängnis jeden Morgen verfluchen würde, an dem es aufstand. Sein Leben würde aus einer unendlichen Kette qualvoller Tage bestehen. Nur Kinderficker hatten noch mehr zu leiden.
Aber gut, man kann nicht alles haben. Heute hatte er sich eine Belohnung verdient. Er stand auf und schlappte zur Schrankbar. Er goss sich in ein fein geschliffenes Kristallglas drei Finger hoch von seinem Ardbeg ein, einem zehn Jahre alten Single Malt Scotch Whisky, den er wegen des torfigen und rauchigen Geschmacks liebte. Den ersten genussvollen Schluck nahm er mit geschlossenen Augen. Dann trug er das Glas ins Schlafzimmer und stellte es auf den Nachttisch. Er spürte eine bleierne Müdigkeit in allen Gliedern. Seinen Bademantel ließ er achtlos auf die Erde gleiten und sank mit einem wohligen Grunzen in die Kissen.
Die Nacht würde ohnehin kurz werden. Er hoffte inständig, dass nicht irgendein Schweinehund ausgerechnet in seinem Zuständigkeitsbereich dafür sorgen würde, dass sie noch kürzer wird.
Sein Wunsch ging in Erfüllung und er wachte am nächsten Morgen erfrischt auf.