Читать книгу Kirsch und die schwarze Katze - Ursula Hass - Страница 6
Kapitel 2
ОглавлениеAls Kirsch und Eugen um die Ecke bogen, in die Straße, in der das Haus von Anna Metzger stand, sahen sie schon eine ganze Menge Leute vor dem Haus stehen.
„Was ist denn das für ein Auflauf?“, bemerkte Kirsch zu Eugen, dem es auch schon etwas mulmig wurde, als er die ganzen Nachbarn da vor dem Haus stehen sah.
Kirsch und Eugen näherten sich den Leuten etwas zaghaft, obwohl Kirsch sich ja einiges ausgedacht hatte, was er den aufgebrachten Nachbarn und Bürgern von Wiesenbach sagen würde.
Als Sprecher machte sich Winzer Sänger gleich bei Kirsch bemerkbar.
„Herr Kirsch, sehen Sie selbst, ich bin es nicht allein, sondern alle Nachbarn sind sehr aufgebracht wegen der vielen Katzen“, meinte Winzer Sänger.
Und Kirsch bemerkte selbst, wie die einzelnen Katzen nacheinander um das Haus schlichen, ganz verschüchtert, weil sie gar nicht wussten, was da draußen los war.
„Katzen sind nämlich sehr intelligente Tiere“, sagte Kirsch zu Eugen und erzählte ihm dann von seiner Katzengeschichte. Diese Geschichte war jedoch nicht in Wiesenbach passiert, das war noch in Villingen, wo Moni und Kirsch zuvor wohnten.
„Moni hatte mal eine schwarze Katze, die sie immer mit kleinen Wurststückchen gefüttert hatte und so wurde die Katze sehr zutraulich. Mir gefiel das gar nicht, denn ich wusste ja nicht woher die Katze kam. Doch Moni wischte alle meine Bedenken weg und so wurde die schwarze Katze unsere Besuchskatze, wie sie sagte, denn sie ging ja auch immer wieder in ihr eigenes Zuhause zurück.“
„Eines Tages kamen dann die Besitzer der Katze zu Moni, was diese nicht besonders freute, denn manchmal blieb die Katze auch bei uns und übernachtete bei uns.“
„Sie machten Moni ein ziemliches Theater, weil sie es gar nicht gerne sahen, dass sie auch bei uns gefüttert wurde und auch bei uns schlief. Moni war daraufhin ganz zerknirscht. Die Katze hing einfach an Moni und kam immer wieder, auch wenn sie die Leute einsperrten, sie fand immer einen Weg zu uns.“
Deshalb gefiel es Moni gar nicht mehr in Villingen und als dann die Stelle in Wiesenbach ausgeschrieben war, hatte sich Kirsch gleich beworben. Doch irgendwann stand die schwarze Katze völlig zerzaust wieder vor Moni. Sie hatte die vielen Kilometer zurückgelegt. Moni päppelte die Katze wieder auf und auch die Leute, die natürlich nach ihrer Katze suchten, erhielten von Moni umgehend Bescheid, dass sich die Katze selbst auf den Weg zu ihr gemacht hatte. So blieb die schwarze Katze bei Moni und Kirsch dann auch in Wiesenbach. Allerdings starb sie vor einem Jahr, es war wohl das Alter, sagte der Tierarzt, den Moni ganz verzweifelt aufsuchte, als die Katze gar nicht mehr aufstand. Doch zu machen war nichts mehr und Moni war untröstlich. Deshalb wollte sie auch keine Katze mehr, obwohl Kirsch schon immer mal beobachtet hatte, dass sich Moni, wenn ihr so eine schwarze Katze über den Weg lief, ihr sehr traurig nachblickte.
„Vielleicht sollte ich Moni doch ein Kätzchen von hier mitbringen“, sagte Kirsch noch zu Eugen.
Aber dann besann er sich, dass er ja eigentlich dienstlich hier war und verscheuchte die dummen Gedanken an die schwarze Katze von Moni.
Als das Geschrei wieder so richtig losging und alle durcheinander sprachen und das ziemlich lautstark, öffnete sich die Tür im gelben Haus und heraus trat der Neffe, Adalbert Kaplan.
Kirsch ging auf den Neffen zu. Doch der erschrak daraufhin sehr, als sich Kirsch ihm näherte und er machte eine abwehrende Bewegung.
„Wo ist Ihre Tante?“, fragte Kirsch.
„Wir möchten mit ihr sprechen.“
„Das ist nicht möglich“, sagte der Neffe.
„Es geht ihr nicht so gut. Sie hat sich sehr aufgeregt als diese ganze Meute da vor ihrem Haus auftauchte.“
„Was wollen denn die Leute?“, fragte er dann unvermittelt Kirsch.
„Wir leben doch niemand zuleide, die Katzen haben hier ein Zuhause und auch die Hunde.“
„Wieviel Tiere sind denn im Haus?“, fragte Kirsch ziemlich heftig nach.
„Es sind so um die 20 Tiere, davon 4 Hunde und 16 Katzen“, meinte der Neffe.
„Wir kümmern uns um die Katzen und die Hunde. Sie bekommen ihr Futter im Haus und nicht draußen.“
„Nur die Tiere wollen halt auch raus an die frische Luft“, sagte der Neffe weiter, der sich langsam der ganzen Truppe näherte, und die Nachbarn wurden dann auch leiser und ruhiger.
Winzer Sänger, der Sprecher der Runde, kam zu Kirsch und zum Neffen und besprach mit den beiden, was die Nachbarn in dieser Sache bewegt.
„Den ganzen Tag das Gebelle der Hunde und Miauen der Katzen und vor allem auch die Hinterlassenschaften der Tiere sind uns ein Gräuel, zumal sie auch in unseren Reben Schaden zufügen, vor allem auch durch den Kot der Tiere.“
„Aber wir haben doch nur vier Hunde, da hat ja jeder Winzer selbst mehr Hunde oder z.B. auch Bauer Wisser, der ganz in der Nachbarschaft wohnt“, sagte etwas gequält Adalbert Kaplan.
Er war mit seiner Tante, gerade was die Hunde und Katzen betraf, auch nicht immer einer Meinung. Wenn jedoch seine Tante oder auch die Tiere in Gefahr waren, dann mischte er sich schon ein und verteidigte die Tante.
„Warum ist denn das gelbe Haus nicht eingezäunt, das wäre doch besser, dann könnten die Hunde zumindest nicht raus auf die Straße“, fragte Winzer Sänger nach.
„Allerdings die Katzen klettern über den Zaun, da kann man nichts machen“, wies der Neffe das Ansinnen von Winzer Sänger zurück.
„Am besten wir holen auch noch den Bürgermeister hinzu“, machte Kirsch einen Vorschlag, denn er wollte den Bürgermeister nicht außen vor lassen.
„Er ist der Bürgermeister unserer Gemeinde und so müssen doch auch die Gemeindebeamten darauf achten, dass die Polizeiverordnungen auch eingehalten werden“, meinte Kirsch zu den Umstehenden.
Als Kirsch beim Bürgermeister anrief war dieser jedoch nicht zuhause, wie seine Frau Lene mitteilte, er war in einer Sitzung des Gemeinderates.
„Na klar“, sagte Kirsch zu Eugen, „jetzt hängt wieder einmal alles an uns.“
„Eugen notiere mal alle Namen der Leute, die jetzt hier sind und so lautstark protestieren“, meinte Kirsch, und Eugen stolzierte davon und machte sich seine Notizen, denn inzwischen hatte er sich auch ein schwarzes Büchlein, ein ähnliches wie Kirsch es hatte, zugelegt.
Kirsch sprach dann auch noch mit den einzelnen Leuten und versprach, dass er zusammen mit dem Bürgermeister sich eine „Marschrichtung“ für die nächste Zeit in der Angelegenheit der Hunde und Katzen zulegen wollte.
Eugen notierte die Namen. Darunter waren, u.a. Winzer Sänger, Winzer Huber, Landwirt Wisser, Landwirt Brunner, Winzer Becher, Landwirt Seger, Winzer Kolb und Winzer Becht. Zusammen mit ihren Frauen und weiteren Personen waren das dann schon über 20 Personen, die an diesem Abend zu diesem Protest angetreten sind.
Merkwürdig dachte Kirsch auf jede Person kam auch ein Hund oder eine Katze.
Nachdem sich die Gemüter wieder beruhigt hatten, sprachen Kirsch und Eugen noch mit dem Neffen. Der versprach, dass er nochmals mit seiner Tante reden wollte und sie vielleicht bereit wäre, ein paar der Katzen ins Tierheim oder an Katzenliebhaber abzugeben. Doch versprechen konnte er nichts.
Kirsch und Eugen schnauften schon ein bisschen als sie sich erinnerten, wie die ganze Gruppe schon sehr erregt auf das Haus zugeschritten war.
„Wir können für nichts garantieren“, sagte Kirsch zum Neffen, der sich auch entschuldigte, dass er und seine Tante den Leuten so viel Ärger bereitete.
Dann verabschiedeten sich Kirsch und Eugen vom Neffen, der schnell ins Haus ging.
Als Kirsch und Eugen weiter in den Ort schritten, kam ihnen Bella Weigand mit ihrem Hund Seppi entgegen.
„Ah, Frau Weigand, wo wollen Sie denn noch so spät hin?“, fragte Kirsch.
„Ich will noch bei meiner Freundin, der Anna Metzger, vorbeischauen, sie war vorhin am Telefon so unruhig, sie hat ihren Lottoschein gesucht“, sagte Frau Weigand.
„Als wenn sie nichts anderes zu tun hätte“, meinte Kirsch etwas sarkastisch zu Eugen und Frau Weigand, die jedoch ganz konsterniert von Eugen auf Kirsch blickte, denn sie wusste ja noch nichts von den Geschehnissen.
„Was meinen Sie denn damit?“, fragte sie gleich spitz nach.
„Ja, hat Frau Metzger, Ihre Freundin, nichts weiter zu Ihnen gesagt.“
„Was gesagt?“, sprach Frau Weigand und schluckte heftig.
„Nein, sie hat nichts gesagt“, meinte sie wieder kurz angebunden.
„Wir kommen gerade von ihrem Haus, wobei sie sich gar nicht gezeigt hatte, nur ihr Neffe ist rausgekommen, denn die Nachbarn waren mal wieder richtig aufgebracht wegen der Hunde und ihrem Kot und den vielen Katzen.
„Was soll denn das?“, meckerte Frau Weigand, „die sollen sich mal nicht so haben.“
„Ich werde mit ihr reden“, sprach Bella Weigand und zog dann urplötzlich ihren Hund Seppi an sich und stolzierte mit erhobenem Haupt davon.
„Nicht mal verabschiedet hat sie sich, komisch, das passt doch gar nicht zu ihr“, war Kirsch nicht gerade erfreut über das Benehmen von Frau Weigand.
„So langsam geht sie mir auf die Nerven“, sagte er leise zu Eugen, der nur nickte und mit seinen Augen zuckte.
„Ja, was soll sie auch sagen, Chef“, nahm er die alte Dame aber wieder in Schutz.
„Komm Eugen, machen wir uns auf den Nachhauseweg aber morgen früh bin ich als erster beim Bürgermeister und rede mit ihm. So kann es nicht mehr weitergehen. Immer wieder diese Ausfälle der Winzer und Landwirte gegen Anna Metzger und sie verkriecht sich in ihrem Haus wie eine Mimose oder beleidigte Leberwurst und rührt sich nicht.“
„Eugen, komm wir trinken noch ein Bier im Goldenen Becher, vielleicht kommt ja auch der Gemeinderat nach der Sitzung noch auf ein Bier vorbei, dann kann ich den heutigen Vorfall gleich direkt dem Bürgermeister melden“, meinte Kirsch.
Also spazierten die beiden im Gleichschritt in den „Goldenen Becher“ und da saßen sie schon die Herren und Damen Gemeinderäte einträchtig bei einem Bierchen zusammen, obwohl sie sicherlich gerade erst in der Sitzung miteinander wieder um die Umgehungsstraße gestritten hatten, denn das Thema war noch immer nicht vom Tisch. Doch jetzt wurde erst mal der Ärger mit einem Bier hinuntergespült.
„War heute nicht die Umgehungsstraße auf der Tagesordnung?“, meinte Kirsch etwas spitz zum Bürgermeister, der Kirsch jedoch nur ungläubig ansah.
„Nein, Herr Kirsch, wir hatten heute keine öffentliche Sitzung, sondern eine nicht-öffentliche.“
„Ja, deshalb waren auch die Winzer und Landwirte nicht in der Gemeinderatssitzung, jetzt ist mir alles klar und da hatten sie Zeit mal wieder bei Anna Metzger ihre Hasstiraden loszuwerden“, sprach Kirsch zum Bürgermeister.
„Was war denn los bei Anna Metzger?“, wollte der Bürgermeister dann doch von Kirsch wissen.
Denn das Thema Anna Metzger war ein rotes Tuch für den Bürgermeister, da er ja auf einen beträchtlichen Nachlass der alten Dame für Wiesenbach hoffte. Und außerdem stand ja auch die Bürgermeisterwahl in einem Monat an, da konnte er sich keinen Ärger im Ort wünschen.
„Herr Kirsch, Sie wissen, dass die Bürgermeisterwahl in einem Monat ansteht und da kann ich keinen Mord und keinen Ärger unter den Bürgern dulden, haben Sie das verstanden?“, meinte er energisch zu Kirsch, der nur dumm da stand und nicht wusste was er sagen sollte.
„Aber Herr Bürgermeister, Sie werden doch wiedergewählt!“, meinte Kirsch etwas lakonisch.
„Das ist nicht so sicher, ich habe heute vernommen, dass auch eine andere Partei, ich sage jetzt nicht welche, aber das können Sie sich ja denken, einen eigenen Kandidaten aufstellen wird.“
Das war Kirsch zwar neu, aber es wird schon stimmen, wenn es der Bürgermeister selbst sagt, dachte Kirsch und vor lauter Erregung fing wieder sein Schnauzer zu hüpfen an.
Dem Bürgermeister fiel das auch auf und er starrte mit seinen graugrünen Augen Kirsch an als sähe er ihn zum ersten Mal.
„Gut, Herr Kirsch, kommen Sie bitte gleich morgen früh in mein Büro und dann besprechen wir alles. Ich möchte sie dann auch einweihen und Ihnen sagen, wer sich als Kandidat auch für das Bürgermeisteramt bewerben wird. Aber das ist noch Top-Secret, zu keinem ein Wort. Und dann besprechen wir auch noch das weitere Vorgehen mit Anna Metzger und den Winzern und Landwirten.“
Kirsch und Eugen suchten sich eine stille Ecke, wo nicht gerade der ganze Gemeinderat saß und tranken noch gemütlich ein Bierchen. Doch Kirsch war ziemlich einsilbig, er dachte über die Worte vom Bürgermeister nach und rätselte, wer sich wohl auch als Kandidat für den Bürgermeisterposten aufstellen lassen wollte.
Und so verzichteten die beiden auch auf ein zweites Bier, denn jeder hängte seinen eigenen Gedanken nach. Auch Eugen hatte noch was vor, denn heute Abend war bei ihm Sport angesagt.
So verabschiedeten sich die beiden sehr bald und Kirsch ging nach Hause und Eugen in den Verein, wo er auch auf Klaus Öhler stieß, der ihn schon von der Seite her antippte und wissen wollte, was denn wieder mit Anna Metzger und den Winzern los war. Denn er wohnte auch ganz in der Nähe des gelben Hauses und hatte alles hautnah mitbekommen, obwohl ihm die Katzen und Hunde kein Dorn im Auge waren.
„Übrigens im nächsten Monat kriegen wir wieder einen neuen Bankdirektor“, meinte er zu Eugen, doch der ging gar nicht darauf ein, denn der Fall mit der Eisleiche und dem Bankdirektor, sowie dem Jungen und der Entführung der Frau des Bankdirektors, das alles lag ja noch gar nicht so weit zurück.
So war auch Eugen schließlich der Sport verleidet und er ging alsbald auch nach Hause.
Kirsch saß derweil noch ein bisschen in seinem Lieblingssessel und trank noch ein Glas Rotwein. Es war eine schöne Stille im Haus. Moni war bei ihrer Freundin Sybille, deren Mann war mal wieder auf Montage und Kirsch überlegte eifrig hin und her wie man die leidige Angelegenheit mit Anna Metzger und den Winzern aus der Welt schaffen könnte. Doch eine zündende Idee kam ihm nicht und so träumte er, als er in seinem Lieblingssessel eingeschlafen war, ein bisschen noch von einer schwarzen Katze, die ihm immer wieder um die Beine strich und ihn mit ihren schmalen, hellgrünen Katzenaugen ansah.
Kirsch schlief noch als Moni nach Hause kam, das Licht brannte noch im ganzen Haus. Doch Moni hatte kein Pardon mit ihrem Kirsch und weckte ihn gnadenlos auf, damit er im Bett seinen wohlverdienten Schlaf finden sollte.
Am anderen Morgen schien schon die Sonne und es sollte einen sehr schönen Tag geben, die Luft war schon etwas lau und der Himmel tiefblau, was zu einer so frühen Stunde nicht immer der Fall ist.
Kirsch freute sich wie immer auf sein Frühstück und hoffte, dass der Tag auch so schön blieb. Obwohl er musste ja zum Bürgermeister, wie ihm dann siedend heiß einfiel. Deshalb trank er schnell seinen Kaffee aus und ging dann doch wieder gemächlichen Schrittes dem Kommissariat entgegen.
Keine Johanna Merkle, keine Bella Weigand war zu sehen, was für ein schöner Morgen, dachte Kirsch nur kurz, denn weiter vorne erblickte er schon eine der Damen, wobei ihm aber Johanna Merkle schon lieber gewesen wäre. Aber sie sprach ja fast nie ein Wort mit ihm. Bella Weigand dagegen hatte immer schon so am frühen Morgen einen Auftrag für ihn und textete ihn mit ihrem Redeschwall nur immer so zu, was ihm nicht besonders gefiel.
Von weitem sah er schon Eugen wieder aus der Bäckerei Hutter kommen und wie gesagt, alles ging eigentlich seinen gewohnten Gang in Wiesenbach.