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Teil 1 Kapitel 1 Unangenehmes Ende einer Reise

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Wir kamen aus unserem Sommerurlaub in der Türkei zurück. Die Temperaturen lagen dort um die 45 Grad im Schatten und die Luftfeuchtigkeit war so hoch, dass meine Freundin Nicole meinte, sie habe das Gefühl, als wären wir in einer Sauna eingesperrt und könnten nicht raus.

Da waren die herbstlichen Temperaturen bei unserer Rückkehr nach Deutschland eine echte Erholung. Ich schwor mir, nie wieder im Sommer in ein so heißes Land zu fliegen. Leider hörte aber der Durchfall, der schon in der Türkei begonnen hatte, zuhause nicht auf.

Da Wochenende war, hatte keine Arztpraxis geöffnet. Als meine Darmkrämpfe stärker wurden, schlug Nicole vor, mich in ein Krankenhaus zu fahren. Ich landete schließlich auf einer internistischen Station. Die Ärzte dort untersuchten mich nach allen Regeln der Kunst, konnten aber keine Ursache für meine Beschwerden finden.

Bald waren meine Bauchkrämpfe auch fast ganz verschwunden und ich fragte mich, warum ich überhaupt noch im Krankenhaus lag.

Am liebsten wäre ich sofort wieder nach Hause gefahren, aber der Röntgen-Termin war für den nächsten Tag angesetzt. Den wollte ich dann doch noch wahrnehmen. Das Ergebnis des Röntgen-Befunds war niederschmetternd. Die Ärzte teilten mir mit, dass ich einen etwa pflaumengroßen Tumor zwischen Lunge und Hauptschlagader hätte.

Meine erste Frage an den Arzt war: „Können Sie sagen, ob er gutartig ist?“ Der Arzt antwortete etwas ausweichend: „Der Tumor scheint noch nicht um die Hauptschlagader herum gewachsen zu sein. Er ist klar abgegrenzt, aber ob er wirklich gutartig ist, kann man erst sagen, wenn man ihn herausgenommen und aufgeschnitten hat.“ Das war wirklich keine Auskunft, die mich beruhigte.

Ein Team von vier Ärzten und einer Ärztin setzten sich zusammen und beratschlagten lange, was nun zu tun sei. Schließlich kam die Ärztin zu mir und fragte mich: „Was meinen Sie denn? Was sollen wir machen?“ Für mich war klar, dass der Tumor raus musste, denn noch war ich jung – 39 Jahre alt – und fühlte mich kräftig genug, eine so schwere Operation zu überstehen. Darum lautete meine Antwort: „Nehmen Sie ihn raus!“

Die Ärztin pflichtete mir bei und sagte: „So hätte ich auch entschieden, aber meine vier Kollegen im Team meinten, man sollte abwarten und den Tumor beobachten. Sehen Sie es als einen Fingerzeig Gottes, dass wir den Tumor jetzt zufällig gefunden haben.“

Am nächsten Tag ließen die Ärzte sich die Röntgenaufnahmen aus dem Gesundheitsamt kommen, die bei meiner Einstellung in den Schuldienst gemacht worden waren. Die Ärztin zeigte mir diese Aufnahmen und ich konnte als Laie mit bloßem Auge den Tumor auf dem Röntgenbild erkennen. Einerseits war ich schockiert, dass die Ärzte damals die Aufnahme so oberflächlich betrachtet hatten. Andererseits war ich froh darüber, denn dieser Befund, wenn man ihn damals erkannt hätte, wäre meiner Einstellung in den Schuldienst sicher nicht förderlich gewesen.

Nun musste ich nur noch auf einen Operationstermin in der Uni-Klinik in Köln-Merheim warten und das konnte dauern. Deshalb fing ich nach den Ferien erst wieder an zu arbeiten.

Dann ging es aber doch sehr schnell, weil eine Patientin, die schon einen OP-Termin hatte, krank geworden war und ich für sie einspringen sollte.

Erst nach und nach wurde mir klar, auf was ich mich bei meiner spontanen Entscheidung für diese Operation eingelassen hatte. Bei dem Gedanken, dass man meinen Brustkorb öffnen und sich zu dem Tumor von der linken Seite aus vorarbeiten würde, stieg Angst bis hin zur Todesangst in mir auf und ich betete zu allen Engeln und Heiligen, besonders für den Mediziner, der mich operieren sollte.

Leider hatte der Arzt, der meine Operation vornehmen sollte, nicht den besten Ruf. Er war außerordentlich flapsig. So sagte er zu der älteren Dame, die bei mir mit im Zimmer lag und ganz stolz mit ihrer Dauerwellenfrisur vom Frisör kam: „Na, waren Sie beim Pudel-Frisör?“ Die Stimmung der armen Frau war sofort auf dem Nullpunkt.

Zu einer anderen Patientin, die eine Krebsoperation hinter sich hatte und vor lauter Schmerzen die nach der Operation vorgeschriebene Gymnastik an einem Tag nicht mitmachen wollte, sagte er: „Wenn Sie nicht aufstehen und sich bewegen, dann können sie sich sofort in die Kiste legen!“ Mit Kiste meinte er Sarg. Diese Äußerung fand ich außergewöhnlich geschmacklos.

Mein Vertrauen zu diesem Menschen war deshalb nicht sehr groß. An dem Tag, als meine OP nachmittags stattfinden sollte, hatte dieser Arzt sich zum Mittagessen eine Pizza kommen lassen. Nach deren Verzehr ging es ihm plötzlich so schlecht, dass er nicht mehr operieren konnte. Der beste Operateur der Klinik sprang für ihn ein.

Fachkundig wurde ich operiert und war nach drei Tagen wieder von der Intensivstation herunter. Die Heilung verlief so gut, dass ich nicht einmal Antibiotika benötigte. Meinen Tumor hatten die Ärzte komplikationslos entfernen können. Ein Doktor scherzte bei der Visite: „Der Tumor kam uns bei der OP wie ein Pingpong-Ball entgegen gesprungen!“

Von meinem Hausarzt erfuhr ich, dass der Tumor Teile meines Zwillings enthielt, den ich wohl seit meiner Geburt schon ‚unter meinem Herzen‘ getragen hatte. Dieser Zwilling war schon vor der Geburt im Mutterleib gestorben.

Mein Zimmer, in dem ich vor dem Eingriff gelegen hatte, war nach der Operation nicht mehr verfügbar, weil es renoviert wurde. So stellte man mein Bett ins Arztzimmer und immer, wenn der Arzt einen Patienten empfing, wurde mein Bett auf den Gang geschoben. Nachdem dies unzählige Male geschehen war, sodass ich keine Ruhe bekam und mich den Blicken vorbeigehender Besucher völlig ausgeliefert fühlte, stand ich unter Schmerzen von meinem Lager auf. Ich ging zu meinem Auto, das auf dem Parkplatz stand, um auf der Rückbank ein paar Stunden in Ruhe schlafen zu können.

Als meine Freundin Nicole zu Besuch kam, beschwerte sie sich lautstark bei der Klinikleitung über diese Zustände. Es stellte sich dann heraus, dass in der benachbarten Krebsstation, die auf dem gleichen Gang lag, noch ein Bett frei war. Dorthin sollte ich gebracht werden.



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