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Kapitel 3 Beglückende Unternehmungen

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Trotz der schweren Operation, die sie gerade hinter sich hatte, war Gerti voller Unternehmungslust. Wir setzten uns ins Auto und fuhren in den Wald oder zu einem Wildgehege, um spazieren zu gehen. Dort erfreuten wir uns an der Natur, an den kleinen Frischlingen, die hinter ihrer Mutter herliefen. Nach dem langen Krankenhaus-Aufenthalt haben wir das Leben besonders genossen.

Eigentlich war auch nicht wichtig, worüber wir uns unterhielten, weil wir uns einfach nur an dem Geschenk des Lebens und an unserer Freundschaft erfreuten. In der Folge haben wir uns oft getroffen und gemeinsam Zeit in der Natur verbracht.

Gerti und ich fingen bald wieder an zu arbeiten.

Mein Chef hatte nachgefragt, ob ich wohl wieder in Teilzeit unterrichten könnte. Ich fragte meinen Arzt, was er davon hielte. Er war dafür und ich hatte auch den Drang, wieder zu arbeiten. Es stellt sich aber heraus, dass die Krankenkasse dagegen war, denn dort vertrat man den Standpunkt, dass ich nicht halb gesund sein könnte, um mit halber Stelle wieder zu arbeiten. Es gäbe nur ganz gesund oder ganz krank. Mein Arzt hat sich dann aber ins Zeug gelegt und durchgesetzt, dass ich einen Monat nach der OP mit halber Stundenzahl arbeiten konnte.

Als ich wieder unterrichtete, merkte ich erst, wie anstrengend das nach der Operation für meinen Körper war. Nach jeder Unterrichtsstunde war ich in Schweiß gebadet, weil für mich alles, was ich vor der Operation mit Leichtigkeit gemacht hatte, zu einer unglaublichen Anstrengung wurde.

Nachmittags bin ich häufig zu Gerti gefahren oder sie kam zu mir. Wir sind dann einfach mit dem Auto ins Siebengebirge gefahren und sind da, wo es uns gefiel, ausgestiegen und gewandert. Das war für uns beide die beste Entspannung in der frischen Luft.

Ich spürte, wie meine Kraft in der Natur wieder zunahm und hoffte das Gleiche für Gerti, deren Gesundheit mir inzwischen ebenso am Herzen lag wie meine eigene.

Wir waren glücklich und genossen jeden Tag. Ich war niemals zuvor mit einem Menschen so im Einklang, so in Harmonie. Das Leben war schön und wir konnten uns gegenseitig ohne jede Einschränkung vertrauen. Wir sahen uns nur an und lachten schon. Wir konnten in den Augen des anderen bedingungslose Freundschaft erkennen, die ein Geschenk ist, das nicht sehr viele Menschen erfahren dürfen und von dem wir hofften, dass es nie enden würde.

Alles war so leicht, es gab keine Anstrengung. Wir waren ganz sicher, dass der Krebs keine Chance gegen so viel Lebensfreude hatte. Sobald wir konnten, fuhren wir in den Urlaub, ganz ohne groß zu planen.

Frankreich war unser erstes Ziel. Jeden Abend fuhren wir ein anderes Hotel an und obwohl wir nichts vorbestellt hatten, bekamen wir trotz Hauptferienzeit jedes Mal eine Unterkunft. Am nächsten Tag fuhren wir weiter, an der Küste entlang, bis wir einen schönen Platz sahen. Dann stiegen wir aus und liefen ins Meer oder am Strand entlang, bis es dunkel wurde. Wenn es dämmerte, mussten wir uns wieder unser nächstes Quartier suchen.

Auf dem Rückweg kauften wir uns noch ein paar Seidenkissen als Andenken an diese Fahrt. Gerti wollte sie unbedingt haben, wegen der wunderbaren Farben. Sie liebte Farben.

Da wir auf der Autobahn zurückfuhren, hielten wir am Abend einfach bei einem der Motels an einem Autobahn-Rastplatz. Die Zimmer in diesem Motel waren sehr klein und wir fielen vor Müdigkeit fast um. Darum ließen wir einfach unsere Sachen im Auto und nahmen nur das Nötigste für die Nacht mit in unser kleines Zimmer.

Am frühen Morgen wachten wir von lauten Schreien auf, die vom Autobahn-Rastplatz herüberschallten. Wir schauten aus dem kleinen Fenster, konnten aber nichts erkennen, weil wir bei der Dunkelheit nur ein paar graue Gestalten laufen sahen. Wir ahnten nicht, dass das Getöse etwas mit uns zu tun hatte.

Das merkten wir erst nach dem Frühstück, als wir zu unserem Auto gingen. Schon aus der Ferne erkannten wir, dass Scherben um unser Auto verteilt lagen. In der Dunkelheit hatten irgendwelche Ganoven die Scheibe der Fahrertür unseres Autos eingeschlagen. Die Diebe nahmen Gertis Mantel und die Seidenkissen an sich und bevor sie die Filmkamera und andere Wertsachen hinter der Rückbank gefunden hatten, wurden sie vom Tankwart entdeckt und verjagt. Auf der Flucht hatten sie einige der schönen Seidenkissen verloren. Wir freuten uns, als wir die bunten Kissen auf dem Weg wieder fanden. Der wertvolle Mantel blieb aber verschwunden.

Es war Wochenende, alle Autowerkstätten in Frankreich hatten geschlossen und wir standen da mit einem Fahrzeug, dem eine Scheibe fehlte. Wir sind einfach in einen großen Supermarkt gefahren, haben uns Folie und Klebstreifen geholt und damit ein provisorisches Fenster gebastelt. Dann fuhren wir weiter auf der Autobahn, aber unsere Fensterkonstruktion erwies sich nicht als sehr haltbar, denn sie löste sich vom Fahrtwind nach kurzer Zeit, sodass uns der Wind scharf um Kopf und Körper blies. Das konnte uns aber unsere gute Laune nicht verderben. Wir zogen uns dicke Jacken mit Kapuzen an, drehten das Radio lauter, machten Witze über unsere Situation und fuhren weiter Richtung Deutschland.

Ich erinnere mich noch, wie entsetzt Gertis jüngerer Sohn uns zu Hause in Empfang nahm. Er hatte überhaupt kein Verständnis dafür, dass wir so fröhlich waren, obwohl eine unserer Autoscheiben fehlte und der gute Mantel abhandengekommen war.

Ansonsten verlief unser Leben unspektakulär. Ich ging wieder Vollzeit zur Arbeit. Nach Dienstschluss wanderten wir häufig durch die umliegenden Wälder.

Oft lud mich Gerti zu sich zum Essen ein. Sie konnte ausgezeichnet kochen. Ihre Mutter war Köchin und hatte ihr so manches Geheimrezept vermittelt. Aus den einfachsten Zutaten zauberte sie köstliche Gerichte. Sie ging fast jeden Tag auf den Markt, um immer frisches Gemüse zu kaufen, denn das war ihr sehr wichtig.

Mit der Arbeit beim Bund musste Gerti bald aufhören, weil diese mit der Krankheit im Körper zu anstrengend für sie wurde. Der Krebs nahm immer mehr Raum in ihrem Leben ein. Jede Woche musste Gerti einmal zum Arzt, wobei ich sie nach Möglichkeit begleitete.

Oft haben wir ihre an Demenz erkrankte Mutter im Seniorenstift besucht, denn die wollte sie nicht wegen ihrer eigenen Schwierigkeiten vernachlässigen.

Gelegentlich lud Gerti Freundinnen zu Besuch ein und bat mich auch zu kommen. Die Frauen veranstalteten immer ein Mordsspektakel, wenn sie gesellig zusammensaßen. Dann war die ganze Wohnung von Lachen und von lautem Geschnatter erfüllt. Mit diesen Freundinnen und ihren Männern haben wir auch herrliche Geburtstage gefeiert, auf denen getanzt, gesungen, gespielt und gelacht wurde. Von einem dieser Feste habe ich sogar noch eine Videoaufnahme. So ausgelassen und fröhlich können wohl nur echte Rheinländer feiern und wir waren mittendrin und genossen das Leben.

Zusammen mit zwei Freundinnen aus Stuttgart unternahmen wir im nächsten Urlaub eine traumhafte Reise nach Tunesien. In dem wunderschönen Land machten wir mit unseren Freunden gemeinsame Ausflüge. Aber sehr oft sind wir auch alleine losgegangen und haben erst den Strand und schließlich per Eisenbahn das ganze Land erkundet. In dieser Zeit konnten wir Gertis Krankheit vergessen, uns einfach nur des Lebens freuen und unsere Unternehmungen miteinander genießen.



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