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Am Montagvormittag stürmte Eric in Biancas Büro, eine steile Zornesfalte im Gesicht. Robin zog automatisch den Kopf ein, aber Bianca wusste, dass er vom Oberstaatsanwalt kam.

„Oh, es gab wohl ein Gewitter?“

Eric setzte sich, sprang wieder auf und holte sich eine Tasse Kaffee.

„Frag nicht. Er hat tatsächlich gesagt, dass ich dich ordentlich zusammenfalten soll, obwohl wir ein Liebespaar sind.“

Bianca musste sofort an Dr. Rosenschuh denken, der sich solche Bemerkungen auch immer dafür aufgehoben hatte, wenn er nicht mehr weiter wusste.

„Der steht unter Druck“, fuhr Eric fort, „denn die Presse sitzt uns im Nacken. Irgendwie haben die Wind davon bekommen. Sagt mir bitte, dass ihr weitergekommen seid?“

Robin richtete sich wieder auf.

„Es gibt keine Verbindungen. Wir haben alles überprüft, aber die beiden Opfer kennen sich nicht. Auch bei Freunden und Familienmitgliedern oder Arbeitskollegen gibt es nichts, was sie beide betrifft. Wenn man es genau nimmt, kann man nur sagen, sie sind beide in Eltville getötet worden und sie haben ein Handy.“

„Das ist völlig unzureichend. Der Oberstaatsanwalt will mich verantwortlich machen, wenn es ein weiteres Opfer geben sollte.“

„Der spinnt doch!“, rief Bianca. „Du bist nicht dafür verantwortlich. Wir können nicht mal Passanten befragen, denn die Opfer waren allein unterwegs und wir haben niemanden gefunden, der sie unmittelbar vor ihrem Tod gesehen hat.“

„Naja, der Mörder wird keine Zuschauer eingeladen haben.“

„Oh, Kollege, du bist sehr schlau. Trotzdem machen wir uns jetzt nochmal getrennt auf den Weg und fragen herum. Ich fahre zu Kristins Freundin, die gestern Nacht aus Amerika zurückgekommen ist und du kannst Eicks Marathonpartner befragen. Der war in München zu einer Fortbildung. Eric, wenn wir auch nur das Geringste erfahren, melde ich mich.“

„Gut, dann werde ich jetzt mal mit unserem Vermieter reden, damit du bald ein Dach über den Kopf bekommst.“

Die drei verließen das Büro und machten sich auf den Weg.

Eine junge Frau mit einem Handtuch um den Kopf öffnete Bianca die Tür.

„Hallo, ich bin Bianca Verskoff von der Kripo. Darf ich reinkommen?“

„Ja, kommen Sie, Tines Mutter hat mir alles erzählt.“

Maja Hostke setzte sich in der Küche ans Fenster. Sie zog ihr Handtuch vom Kopf und rostrote Haare fielen in wirren Locken auf ihre Schultern, ein Schluchzen kam aus ihrer Brust.

„Wenn ich hier gewesen wäre, könnte Tine noch leben. Ich mache mir solche Vorwürfe.“

„Das müssen Sie nicht. Vielleicht wäre wirklich nichts passiert, wenn sie mit ihr unterwegs gewesen wären, aber das kann man nicht voraussehen.“

„Ach, ich weiß das ja, es ist nur … ich kann an nichts anderes denken.“

„Ich verstehe Sie. Da Ihre Freundin das zweite Opfer ist, müssen wir alle befragen, die mit ihr Kontakt hatten, denn wir kennen das Motiv für die Morde nicht. Kennen Sie einen Eick Bern oder seine Frau Tiana?“

Maja dachte nach, schüttelte dann den Kopf.

„Nein, die kenne ich nicht. Ist einer von denen der Täter?“

„Nein. Eick Bern ist das erste Opfer. Frau Hostke, es ist furchtbar, doch ich muss Ihnen sagen, dass Kristin mit neunzig Messerstichen getötet wurde. Das spricht für eine unbeschreibliche Wut des Täters. Gibt es jemanden, dem sie wehgetan hat? Der einen Grund hat, sie zu töten?“

„Das … nein … das kann ich mir nicht vorstellen. So etwas tut er nicht.“

„Wer?“

„Tines Ex-Freund. Ron Welleck. Sie waren zwei Jahre zusammen. Die Trennung war hart, doch darum wird man nicht gleich zum Mörder.“

Bianca notierte Namen, Telefonnummer und Adresse des Studenten und verabschiedete sich von Maja.

„Bitte finden Sie den, der meine Freundin auf dem Gewissen hat. Sie war eine von den Guten und hat das nicht verdient.“

Weil Ron nicht ans Telefon ging, versuchte Bianca, den jungen Mann zuhause zu erreichen. Eine Frau Mitte vierzig öffnete die Tür und zog die Augenbrauen hoch.

„Ja?“

„Wohnt hier ein Ron Welleck?“

„Das ist mein Sohn. Wer sind Sie und was wollen Sie von ihm?“

Bianca stellte sich vor und erklärte, worum es ging. Die anfangs sehr kühle Frau brach in Tränen aus und bat die Kommissarin ins Haus.

„Oh nein, die liebe Kristin! Wer tut so etwas?“

„Ihr Sohn und Kristin waren nicht mehr zusammen?“

„Nein, es war schrecklich, denn ich mochte das Mädchen. Ich weiß bis heute nicht, warum sie sich getrennt haben. Mein Sohn war wochenlang verstört. Er schläft sicher noch.“

Es war Mittag und Bianca sah erstaunt auf die Uhr. Die Frau war ihrem Blick gefolgt.

„Nicht, was Sie denken. Ron arbeitet nachts beim Rettungsdienst und muss heute erst später in die Uni. Er will nicht von seinen Eltern abhängig sein, aber ich wecke ihn mal.“

Sie verschwand und nach ein paar Minuten kam ein junger Mann die Treppe herunter. Er sah müde aus. Seine Mutter folgte ihm und beide setzten sich zu Bianca.

„Du wusstest das?“

Er nickte.

„Warum hast du denn nichts gesagt, mein Junge?“

„Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst. Und was wollen Sie von mir?“

„Ich habe gehört, die Trennung lief nicht reibungslos.“

Wütend sprang Ron auf.

„Ah! Jetzt weiß ich, was Sie wollen. Nein! Nein, ich habe ihr nichts getan. Das denken Sie doch, oder?“

„Warum haben Sie sich getrennt?“

„Ich habe mich nicht getrennt, sondern Kristin. Sie wollte weg.“

„Wohin?“

„Nach Indien. Und ich wollte mir hier mit ihr eine Zukunft aufbauen. Ich passe nicht in ihre Lebenspläne! Ha!“

„Wo waren Sie in der Nacht von Samstag zu Sonntag?“

„Na wo wohl: beim Dienst.“

„Da gibt es sicher Zeugen?“

„Natürlich. Wir hatten einen Einsatz nach dem anderen. Ich hatte keine Zeit, Kristin zu töten, ich hatte nicht mal Zeit an sie zu denken.“

Er sah wütend und verletzt aus. Nein, dachte Bianca, er war es nicht.

„Kennen Sie einen Eick Bern?“

„Hat er sie umgebracht?“

„Nein, er ist das erste Opfer.“

„Scheiße, warum hat man sie getötet?“

Bianca stand auf und seufzte.

„Wir haben noch keine Ahnung. Danke, dass Sie ehrlich zu mir waren.“

„Finden Sie das Schwein!“

Die Kommissarin verließ das Haus und fuhr ins Büro. Enttäuscht schrieb sie die Namen von Ron und Maja an die Tafel und strich sie direkt wieder durch. Als Robin zurück war, zuckte auch er nur mit den Schultern.

„Nichts. Der Mann war wirklich auf dieser Fortbildung und er bestätigte, dass Eick ein unauffälliger, netter Mensch war, der nur Familie und Sport im Sinn hatte.“

Anhaltender Schmerz

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