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ОглавлениеEric wirkte gestresst, als er am Nachmittag zu Bianca kam. Er war vom Oberstaatsanwalt ins Büro zitiert worden. Jetzt wollte er Bianca abholen und wenigstens den Rest des Sonntags mit ihr genießen.
„Das kann ja heiter werden. Gibt es eine Verbindung zwischen Eick Bern und Kristin Brutz? Kannten sie sich?“
„Die Mutter der Studentin sagt, dass sie ihn nicht kenne. Und Robin ist gerade bei Eicks Frau, um sie zu befragen. Aber wir können nach Hause fahren, denn unser Neuer kommt danach direkt zu uns.“
„Heute könnt ihr nichts mehr tun und der Oberstaatsanwalt hat mir sowieso schon den Kopf abgerissen wegen der zweiten Leiche. Lass uns einen schönen Abend machen.“
Sie fuhren heim und als Bianca am Briefkasten vorbeiging, sah sie, dass ein winziger Schnipsel herausguckte. Sie wollte den Brief herausziehen, doch er rutschte in den Kasten. Seufzend kramte sie nach dem Schlüssel, während Eric nach oben gegangen war.
Der weiße Umschlag war mit „Bianca“ beschrieben. Die Buchstaben hatte der Absender akkurat mit einem grünen Filzstift draufgemalt. Mit einem unguten Gefühl riss sie den Umschlag auf und hielt ein weißes Blatt in der Hand. Sie las: „Du wirst sterben.“
Rasch steckte Bianca das Blatt in den Umschlag zurück und ließ ihn in ihre Handtasche gleiten. Nein, dachte sie, das ist nur Spaß, ich werde mich nicht verrückt machen lassen. Sie setzte ein Lächeln auf und lief hinter Eric her.
„Was war denn?“
„Ach, nur Werbung. Wir haben eine Million gewonnen, aber nur, wenn wir eine Zeitschrift abonnieren.“
„So ein Quatsch sollte verboten werden.“
Bianca war fest entschlossen, niemandem etwas zu sagen, denn wenn auch nur ein Mensch in ihrem Leben davon Wind kriegen würde, würden alle vor Sorgen kaputtgehen. Sie küsste Eric und zog sich im Schlafzimmer um. Den Umschlag versteckte sie hinter der Bettwäsche und verbannte alle Gedanken daran aus ihrem Kopf.
Die perfekte Ablenkung kam in Person von Robin, der mit einer gelben Rose vor der Tür stand. Er hatte sich umgezogen und trug zur Abwechslung mal keine Sportkleidung, sondern eine Jeans und ein dunkelblaues Hemd.
„Uh, du hast dich ja in Schale geworfen. Komm rein!“
Bianca ließ ihn an sich vorbeigehen und lenkte ihn in die Küche, wo Eric eben den Kaffee in eine Thermoskanne goss. Bianca hatte den Tisch gedeckt und den Kuchen, den sie noch im Schrank gehabt hatte, in kleine Stücke geschnitten.
„Hallo, Herr Ströckwitz. Es ist schon ein merkwürdiger Anblick, wenn der Staatsanwalt in der Küche schuftet.“
„Ach komm, sag einfach Eric zu mir. Wenn du in meine Wohnung ziehen willst, sehen wir uns ja öfter.“
„Gut. Und du bist dir absolut sicher, dass du keinen Fluchtort vor Bianca mehr brauchst?“
„He, das habe ich gehört!“, rief Bianca und setzte sich. „Wenn du frech wirst, verdonnere ich dich zum Innendienst. Oder du bekommst Handyverbot.“
„Beides wäre schlimm, also bitte ich um Verzeihung.“
„Kannst du es nicht mal am Sonntag aus der Hand legen?“
„Doch, ich kann.“
Robin warf einen letzten Blick auf das Display, danach schaltete er das Telefon ab.
„Wie oft schreibt sie dir? Ruft sie auch an?“, fragte Eric.
„Du weißt …?“
„Wir reden über alles. Wenn du Hilfe brauchst, sag es ruhig.“
Robin seufzte.
„Das alles ist sehr kompliziert. Sie kann nicht loslassen und hat es mir übel genommen, dass ich mich aus dem Staub gemacht habe. Andererseits bin ich sicher, dass sie ärztliche Hilfe braucht, um das in den Griff zu kriegen. Aber obwohl ich mir den Mund fusselig geredet habe, kommt es nicht an. Gott sei Dank bekomme ich Unterstützung von ihrer Mutter. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie mir das auf die Nerven geht.“
„Oh doch“, sagte Eric, sah Bianca an und als diese nickte, erzählte er von Violetta.
Robin fragte: „Und wie habt ihr das Problem gelöst?“
„Das mussten wir gar nicht. Sie hat selbst eingesehen, dass Bianca und ich zusammengehören und ist zurück an die Nordsee. Besteht die Möglichkeit, dass deine Ex-Flamme hier auftaucht?“
„Nein, ich habe niemandem gesagt, wohin ich gehe. Und meinen Kollegen habe ich ausdrücklich gesagt, dass sie schweigen müssen. Wir haben uns gut verstanden und sie standen immer hinter mir. Es war schon traurig, als ich mich verabschiedet habe.“
„Du solltest keinen Kontakt zulassen.“
„Ich antworte ja nicht. Am liebsten würde ich mir auch ein neues Handy holen, aber ich bin noch dabei, mein Leben neu zu regeln und muss erst schauen, wie ich das mit dem Geld alles hinkriege. Für den Anfang wäre eine neue Wohnung gut.“
Eric stand auf und während Bianca abräumte und den Abwasch erledigte, ging er mit Robin über den Flur. Eine halbe Stunde später waren sie sich einig. Die Miete war erschwinglich und Eric versprach, mit dem Vermieter zu sprechen. Der hatte großen Respekt vor dem Staatsanwalt, deshalb konnte sich Robin schon mal auf die neue Wohnung freuen.
Als sie wieder bei Bianca waren, sah Robin sie nachdenklich am Fenster stehen. Irgendetwas schien sie zu beschäftigen, obwohl sie sich am Gespräch beteiligte und ein Lächeln auf den Lippen hatte. Er nahm sich vor, sie bei Gelegenheit doch mal anzusprechen. Für heute bedankte und verabschiedete er sich.
Eric und Bianca gingen noch eine Runde durch die Altstadt und am Rhein entlang. Sie schwiegen und hingen beide ganz eigenen Gedanken nach. Eric malte sich eine wunderbare Zukunft mit Bianca aus. Wenn er jetzt ganz bei ihr einzog, dann wäre es wie eine richtige Beziehung. Gerne würde er sie fragen, ob sie ihn heiraten wollte, aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass die Zeit noch lange nicht gekommen war. Irgendwann wollte er mit Ferdinand darüber reden. Schließlich kannte Biancas Freund sie schon länger.
Bianca dachte an die Nachrichten und den Brief. Wenn sie Eric davon erzählen würde, hätte sie keine Ruhe mehr. Der große Apparat würde anlaufen und sie könnte nicht mehr frei arbeiten. Dass der Mensch, der sie bedrohte, sogar wusste, wo sie wohnte, machte ihr ein mulmiges Gefühl. Wer steckte dahinter?
Sie erinnerte sich an ihre erste Zeit bei der Polizei. Damals war sie Michael zugeteilt worden und es hatte täglich gekracht, denn der Kommissar war unleidlich, rauchte wie ein Schlot und als Einzelgänger duldete er sie nur widerwillig in seiner Gegenwart. Irgendwann waren sie ein Team geworden und er hatte gemerkt, dass er mehr für sie empfand als nur kollegiale Freundschaft. Er hatte sie vor Pit beschützt, der nicht loslassen wollte.
Das kam ihr jetzt in den Sinn, denn so ähnlich mochte es Robin gehen. Er hatte seine Freundin verlassen und war deshalb sogar weit weg gezogen, um Distanz zu bekommen.
Allerdings war das Ende mit Pit schrecklich gewesen, denn Nele hatte ihn getötet. Dass er Kendra ermordet hatte, war für Bianca wie eine Warnung gewesen, denn sie hatte sich oft an ihrer Stelle gesehen. Eigentlich hatte Kendra ihr das Leben gerettet, als sie Pit getroffen hatte.
Er war wohl schon als Kind ein Psychopath gewesen, sonst wäre nicht so viel Unheil geschehen. Wenn sie nicht genau wüsste, dass Pit tot war, würde sie ihn für den Verfasser der Drohung halten. Aber wer konnte es sonst sein? Wem war sie zu nahe getreten?