Читать книгу Die Parther - Uwe Ellerbrock - Страница 10

Vorwort zur 1. Auflage

Оглавление

Dieses Buch beschäftigt sich mit dem Partherreich, einem der drei altorientalischen Großreiche, die sich auf dem Gebiet des heutigen Staates Iran und der angrenzenden Regionen des iranischen Hochplateaus und Mittelasiens entwickelt haben. Das bekannteste dieser drei orientalischen Reiche ist das Achämenidische Reich der Perser und Meder (ca. 550–330 v. Chr.), das durch die Eroberung Alexanders des Großen zerstört wurde. Nach dem Intermezzo des darauffolgenden hellenistisch geprägten Seleukidenreiches entstanden noch zwei langandauernde Großreiche, die dem europäischem Leser vermutlich weniger oder gar nicht bekannt sind: das fast 500 Jahre bestehende Partherreich (247 v. Chr.–224 n. Chr.) und das nachfolgende Reich der Sasaniden (224–624 n. Chr.).

Diesen drei Reichen ist Folgendes gemeinsam: 1. Ihre Ausdehnung nach Mesopotamien und teilweise bis Ägypten und Kleinasien machte sie zu direkten Nachbarn und dauerhaften Gegnern von Griechen und Römern. 2. Ihre Ausdehnung bis Indien und Mittelasien und die Nachbarschaft zu den zentral-, den ost- und den südasiatischen Kulturen und den Nomadenkulturen der eurasischen Steppe ermöglichte Handelsbeziehungen bis nach China, war aber auch begleitet von Dauerkämpfen an den Begegnungszonen zwischen urbanen Hochkulturen und nomadisierenden Stämmen, die zu Zweifrontenkriegen im Osten und im Westen, aber auch zu einem fruchtbaren kulturellen Austausch führte.

Während das Achämenidische Reich und seine Herrscher wie Xerxes I., Kyros II. und Dareios I. durch die Perserkriege und den Zug Alexanders des Großen und das nachfolgende Reich der Seleukiden in die europäische Geschichte eingingen, ist vom Partherreich kaum etwas bekannt. Dies ist umso erstaunlicher, als es sich mit dem Partherreich nicht nur um eines der größten altorientalischen Reiche handelt, sondern auch um das Reich mit der längsten, rund 500 Jahre andauernden Geschichte und einer faszinierenden Kultur.

Die Entstehung des Partherreiches fällt in eine Periode massiver Bevölkerungsverschiebungen im eurasischen Raum, die in der Völkerwanderungsperiode in Europa endete. Nomadenvölker wie Skythen, Saken, Sarmaten, Tocharer und Yüe-Chi verließen ihre ursprünglichen Siedlungsräume, schoben sich voreinander her und prallten an die Grenzen sesshafter Reiche. Dies führte zur Zerstörung des Graeko-Baktrischen Reiches und zur Schwächung des Seleukidenreiches.

Das im Südosten des Kaspischen Meeres ansässige Volk der Parner nutzte diese Schwächung, um sich im Jahr 247 v. Chr. der seleukidischen Satrapie Parthyene am Südrand des Kaspischen Meeres zu bemächtigen. Sie übernahmen Name und Sprache der dort ansässigen Parther und eroberten in den folgenden Jahrzehnten in steter Auseinandersetzung mit den Seleukiden ein Reich, das in seiner größten Ausdehnung Iran, Mesopotamien, Syrien, Teile Kleinasiens, Armenien und Turkmenistan einschloss. In ununterbrochenem Kampf mit Rom im Westen und Nomaden im Osten entstand eine den Römern ebenbürtige militärische Großmacht.

Mit den Parthern entstand ein Großreich mit sehr heterogener Bevölkerung, das erstmals in der Geschichte dieses Raumes nicht nur lokales iranisches und altorientalisches Erbe, mittelasiatische Kunst und griechische Kultur miteinander verschmolz, sondern diese zusätzlich mit deutlichen Elementen eurasischer Kultur bereicherte. Spätestens zur Zeitenwende wurde eine neue synkretistische parthische Kultur mit globalen Wurzeln geschaffen, die lange und oft unerkannt bis heute nachwirkt.

Die Parther schufen eine neue Mode, sie kreierten herrliche Stoffe und Schmuckstücke, monumentale Rundplastiken und eine neue Herrscherikonographie. Sie tradierten die iranische Felsreliefkunst, den hellenistischen Stuckdekor, die Investitur zu Pferde, das Langschwert und den Kompositbogen zu den Sasaniden. Sie belieferten Rom mit Seide und Gewürzen. Sie verbreiteten den Zoroastrismus bis nach Kleinasien und die Hose und die Tragbügelaufhängung nach Europa. Sie brachten die Rundstadt nach Mesopotamien und entwickelten die Arkaden und die figürliche Bauplastik. Sie schufen die Iwanhalle und den Kuppelbau, die zu prägenden Merkmalen islamischer Architektur wurden. Sie bauten die Vorbilder der frühchristlichen Kuppelkirchen, und sie erfanden die frontale Darstellung, die die byzantinische Kunst prägte. Sie verfassten die Liebesgeschichte von Vis und Rāmin, die Vorbild wurde für Tristan und Isolde, und sie kämpften mit gepanzerten Reiterkriegern, die die Vorläufer unserer europäischen Ritter wurden. Die Kämpfe parthischer und sakischer Könige in Nordwestindien aber leben fort im Sagenkreis um den Helden Rustam im iranischen Nationalepos Shāhnāme.

Die Sasaniden haben erfolgreich versucht, die Erinnerung an die Parther auszumerzen. Dieses Buch soll uns diese vergessene Großmacht ins Bewusstsein zurückholen, die im Zentrum einer Globalisierung zwischen Ost und West stand und die nachhaltig die Kultur in Asien und Europa beeinflusst und verändert hat.

Die Verfasser – ein Numismatiker und eine Archäologin – haben dabei versucht, aus ihren unterschiedlichen Blickwinkeln eine Momentaufnahme zu rekonstruieren, die sicher durch weitere Forschungen ergänzt und erweitert werden wird und muss. Viele Kapitel entstanden durch gemeinsame Diskussion und sind nicht weiter gekennzeichnet. Dort, wo eine besondere Autorenschaft vorliegt, steht der Autorenname unter der Überschrift.

Dr. Uwe Ellerbrock – Dr. Sylvia Winkelmann

Die Parther

Подняться наверх