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Wieder Montag

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Als ich Annas Zimmer betrat, staunte ich nicht schlecht. Der Atari war keineswegs wieder auf dem Schrank verschwunden. Er hatte einen kleinen Camping-Klapptisch spendiert bekommen und stand voll verkabelt vor dem Regal mit dem Fernseher.

Noch mehr beeindruckte mich, dass unter dem Tisch ein Diskettenlaufwerk und eine Datasette standen.

»Wo kommen diese Dinger denn jetzt plötzlich her?«, entfuhr es mir.

»Hatte mein Vater noch im Schrank«, sagte Anna und zeigte auf ihren Schreibtisch. »Da liegen auch ein paar Steckmodule. Bloß kein Joystick.«

Ich kniete mich hin und fuhr zärtlich mit den Fingern über die Geräte. Die Bezeichnung des Diskettenlaufwerks lautete 810. Es konnte knappe 100 KBytes auf jede Seite einer 5 1/4-Zoll-Diskette speichern, die man dazu freilich aus dem Gerät nehmen und anders herum wieder einschieben musste. Mir kamen fast die Tränen. Natürlich gehörten die Geräte nicht mir. Aber sie zu sehen und anzufassen, hatte irgendwas Körperliches.

»Womit wir beim Thema wären«, brummte ich und stand auf.

»Englisch oder Mathe?«, fragte Anna.

Ich ging zum Schreibtisch und sah mir die Steckmodule und Disketten an. Annas Vater hatte tief in die Tasche gegriffen, soviel stand fest. Ich fand den Atari Writer, das BASIC-Modul, mehrere DOS-Disks und eine mit der Aufschrift »Forth«.

»Kennst du das Gefühl, im Paradies gelandet zu sein?«, murmelte ich.

Anna schwenkte ihr Schulheft. »Ich bin die Schlange, und wahrlich ich sage dir: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Möchtest du einen Apfel?«

Ich ergab mich in mein Schicksal. Da es wärmer war als vor einer Woche, musste beziehungsweise durfte ich Annas Zehen nicht wärmen, so dass diese Hausaufgaben-Stunde nicht sonderlich viel Spaß machte.

Time … is floating like a river ... (vii)

»Das ging schnell«, sagte Anna, als wir fertig waren. »Dann hätten wir jetzt noch Zeit für die versprochene Lektion Bruchrechnen.«

»Sind alle Frauen so grausam wie du? Dann werde ich besser schwul.«

Anna verzog das Gesicht. »Du kennst mich doch gar nicht richtig. Ein paar Tage im Monat bin ich wirklich unerträglich.«

Ich wurde rot. Ich kannte diese Problematik aus Exemplaren der Bravo, die ich mir manchmal heimlich von meiner Cousine auslieh. »Können wir nochmal über deine außerirdische Idee reden?«

»Warum?« Anna zuckte mit den Schultern. »Hast du denn einen Weg gefunden, ein Model in den Computer zu bekommen?«

»Mir ist der Gedanke unangenehm«, gab ich zu.

»Sind alle Jungs so verklemmt? Dann werde ich besser lesbisch.«

»Bitte nicht«, entfuhr es mir. »Aber vielleicht hilft es, wenn du mir deine Idee nochmal genauer erklärst. Du schlägst nicht im Ernst vor, ein Spiel zu schreiben, in dem es um das Wort mit drei Buchstaben mit S am Anfang und x am Ende geht, oder?«

»Das wäre zu direkt. Das Ziel des Spiels sollte es sein, eine Frau auszuziehen. Daher meine Frage nach den Bildern. Natürlich darf es nicht zu einfach sein. Die Spieler müssen sich anstrengen und irgendwelche Aufgaben lösen, um das nächste Bild sehen zu dürfen. Das letzte Bild ist natürlich am schwierigsten zu erreichen.«

»Das totale Nacktbild«, sagte ich. »Ein Klasse Plan. Außer ...« Ich zählte an meinen Fingern ab. »Erstens: Es ist wirklich nicht sehr einfach, Fotos in so einen Rechner zu transferieren. Zweitens: Man muss ein Spiel drumherum erfinden, damit die Sache nicht langweilig ist. Drittens: So viele Bilder passen kaum auf eine Diskette oder eine Datasette. Viertens: Selbst wenn sich das alles machen ließe: Falls meine Eltern, Lehrer oder Freunde mitkriegen, dass ich ein, äh … Nacktspiel schreibe, kann ich nie mehr das Haus verlassen. Oder ich darf es nicht mehr betreten. Alternativ lasse ich mich gleich begraben.«

»Das«, sagte Anna, »oder wir werden stinkreich. Kennst du Onkel Dagobert?«

»Vom Hörensagen«, behauptete ich, weil mir meine Sammlung Lustiger Taschenbücher ein bisschen peinlich war. Mein Deutschlehrer hatte sie als Hauptursache für meine schlechten Noten ausgemacht, und zumindest Tommy neigte gelegentlich dazu, ihm zuzustimmen. »Letztlich brauchen wir also ein Model, das sich gegen Geld auszieht? Das würde doch kein normales Mädchen freiwillig tun.«

»Ich betrachte normal als Schimpfwort. Ich will später mal Pilotin werden.«

»Das erklärt natürlich alles«, brummte ich. »Ich dachte bisher, unnormale Mädchen oder Jungs würde man an den bunten Haaren erkennen.«

Anna lachte. »Ich bin subtiler. Ist doch langweilig, wenn es direkt jeder sehen kann. Und langweilig ...«

» … kommt auf der Liste der Schimpfwörter direkt hinter normal«, schlussfolgerte ich.

»Wir finden schon ein Model.« Anna griff nach einer der herumliegenden Disketten und warf sie mir zu. »Hier«, sagte sie. »Hau rein.«

Es war die Forth-Disk.

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