Читать книгу Mit den Normannen nach England - Uwe Westfehling - Страница 10
Wenn Abenteurer sesshaft werden
ОглавлениеEs gibt „Hohe Herren“, mit denen schwer umzugehen ist, aber dasselbe kann auch für Gefolgsleute gelten. Die Entwicklung der Normandie unter Rollo und seinen Nachfolgern vollzieht sich, so könnte man sagen, in lockerer Anbindung an die Krone von Frankreich. Nominell sind die Fürsten der Rollo-Dynastie als Lehensträger von ihrem König abhängig, aber in der Praxis lassen sie sich nicht gern Vorschriften machen. Ab wann sie eigentlich offiziell den Titel Herzöge führen, ist übrigens nicht klar. Für ihren Begründer selbst und seinen Sohn ist das offenbar noch nicht der Fall, obwohl spätere Chronisten im Rückblick die Bezeichnung anwenden. Richard I. erscheint in Urkunden als Graf, Markgraf und Fürst der Wikinger, aber auch bereits als „Dux“ (Herzog). Für Richard II. scheint dieser Titel dann bereits üblich zu sein (1006). Die Kanzlei der französischen Könige zieht es freilich noch lange vor, in offiziellen Urkunden bei der Bezeichnung „Graf “ zu bleiben.
Was Regierungsform und Lebensführung angeht, sollten wir uns nicht vorstellen, dass die neu angesiedelten Wikinger augenblicklich ihren Charakter gewechselt hätten. Aus der Zeit von Richard „Langschwert“ hört man sogar noch von Raubzügen. Andererseits beginnt wohl recht bald ein Prozess der „Frankisierung“. Das drückt sich vor allem darin aus, dass die Normannen sich innerhalb weniger Generationen alles das aneignen, was ihnen an französischer Kultur in den Kram passt; vor allem wechseln sie zur französischen Sprache, sodass sie wohl im Jahr 1066 von vielen Angelsachsen als Franzosen bezeichnet und in jedem Fall als solche angesehen werden. Dabei scheint es immer wieder neue Wellen der Einwanderung gegeben zu haben, indem weitere Siedlergruppen aus dem Bereich Skandinaviens oder auch „Nordleute“, die in England oder anderswo sesshaft geworden sind, in das aufstrebende neue Herzogtum nachkommen und „assimiliert“ werden.