Читать книгу Mit den Normannen nach England - Uwe Westfehling - Страница 12

Ein straffes Regiment

Оглавление

Der Machtapparat der Herzöge setzt sich durch und es bildet sich in der Normandie trotz mancher Gegenkräfte und Irritationen eine feste und straf organisierte Herrschafts- und Gesellschaftsstruktur. Die entscheidenden Faktoren dieser Entwicklung finden sich am treffendsten bei Brown zusammengefasst, dessen Studien ich in dieser Hinsicht nach wie vor für wegweisend halte. Dominierend sind zwei Gruppen, auf die sich das Herzogtum stützt: die Kirche und der Adel, beide drastisch abgesetzt gegen „das Volk“, welches in erster Linie aus Bauern und erst ansatzweise aus städtischem Bürgertum besteht. Diese Voraussetzungen sind in der Lebenswelt des Mittelalters so gut wie selbstverständlich. Dennoch gibt es in der Normandie ein paar Züge des Systems, die besondere Erwähnung verdienen. Da ist beispielsweise die ausgesprochen enge und deutlich zweckgerichtete Verbindung von Politik und Religion, die sich gleich in mehreren Formen zeigt: Förderung von Klöstern und anderen kirchlichen Institutionen durch das Herzogshaus gehört dazu, ebenso wie stabile familiäre Verknüpfungen und die hervorgehobene Rolle einzelner Personen aus dem Klerus bei Hofe, schließlich auch die Bedeutung, die man den Kontakten zum Papsttum zumisst. Bei solchen Voraussetzungen ist es nicht verwunderlich, dass die zentrale Dominanz kirchlicher Belange umgekehrt auch zur Instrumentalisierung der Geistlichkeit und ihrer Wirkungsmacht führt, indem religiöse Prinzipien und Strukturen ohne Bedenken benutzt werden, um politische Ziele zu erreichen. Denken wir nur an die Bedeutung, welche Wilhelm „der Eroberer“ einer päpstlichen Parteinahme im Konflikt um die englische Krone beimessen wird (S. 57)! Und dann: Wie klar gerade dieser Herzog den Zusammenhang zwischen geistlichen Stiftungen und der Erreichung persönlicher Ziele vor Augen hat, zeigt das Vorgehen bei der Kontroverse um seine (nicht zuletzt politisch motivierte) Eheschließung (S. 46). Übrigens: Einer der wichtigsten Historiographen, die uns Berichte über die Ereignisse von 1066 liefern, ist zugleich Geistlicher am Herzogshof. Die Formulierung von Ansprüchen ebenso wie die Selbstdarstellung des Herrschers sowohl für die eigene Zeit als auch für die Nachwelt sind auf diese Weise klar in das Netz klerikaler Verbindungen eingebettet.

Und schließlich darf in diesem Zusammenhang ein weiterer Gesichtspunkt keinesfalls unterschätzt werden, mit dem wir uns noch befassen müssen: Die neuen Entwicklungen in der sakralen Baukunst (S. 111), die aus der Normandie wichtige Impulse erhalten, unterstreichen deutlich sichtbar, mit welchem Nachdruck im Herzogtum Wilhelms „des Eroberers“ und später auch in seinem Königreich die religiöse Sphäre mit dem herrscherlichen Handeln bzw. mit dem Verwaltungsapparat und dadurch mit allen gesellschaftlichen und kulturellen Lebensbedingungen verbunden ist.

Den zweiten Pfeiler herzoglicher Macht bildet – auch dies keineswegs überraschend – die Aristokratie. Diese Führungsschicht ritterlicher Prägung beansprucht in der Normandie traditionell gewisse Freiheiten. In den entscheidenden Punkten und vor allem bei der Gefolgschaftstreue im Krieg zeigt sich aber eine grundsätzliche Loyalität des Adels zum Herzogshaus. Das verhindert freilich nicht, dass es immer wieder zu Rivalitäten und Positionskämpfen, zu Aufbegehren und sogar zu tatsächlichen Rebellionen käme. Auch in dieser Hinsicht werden wir gerade an der Lebensgeschichte Wilhelms des Eroberers und ganz besonders bei Betrachtung seiner frühen Jahre ein drastisches Bild zu sehen bekommen (S. 44). Die Herren geben nicht gerne den eigenen Willen und die eigenen Ambitionen auf. Dennoch: Als es darauf ankommt, stehen sie ihrem Herzog zu Gebot und dieser versteht es, ihnen klar zu machen, dass er ihnen den Weg zu Beute, Ruhm und Aufstieg bietet.

Mit den Normannen nach England

Подняться наверх