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Aber J E T Z T wird es klappen – ganz bestimmt!

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Ich selbst, bezeichne mich als Stehauf-Frauchen. Alle meine bisherigen Lebenspartner sehen das sicher auch so. Ich glaube zwar nicht, dass sie mich „am Boden“ sehen wollten, auch nicht am Beziehungsende. Eher haben sich mich ausgenützt, Alles und Jedes zu schaffen, gemeinsame Problemfelder sowieso aber auch gleich ihren ganzen eigenen Mist dazu.

Der Schlüsselsatz war bei Allen der Gleiche – du schaffst das schon, du schaffst doch immer Alles. So ging das immer, bis ich am Ende zum Letzten mal aufstand und ging.

Aber auch das wird mit zunehmender Jugendlichkeit immer aufwendiger. Es kommt immer ein Paket mit neuen Erfahrungen dazu, dass ich dann auch noch mitschleppen muss. Die Anzahl der emotionsgefüllten Endemomente steigern sich im zweiten Drittel des Lebens enorm. Immer wieder fühlst du dich aus dem Nest gestoßen, mit gestutzten Flügeln versteht sich, nur leider kommt nie ein Gutmann vorbei, der dich auffängt und in weiterer Folge in den Himmel hebt.

Meine Freundin hat mir erzählt, dass bei Partnerplattformen Frauen ab 40 im Backoffice registriert werden und sofort ein Angebot für eine Dreijahresmitgliedschaft zum Preis von einem Jahr bekommen. Verbessern kann man das nur durch hartnäckiges Eingeben von Dreiern, aber Achtung nicht mit 39 Jahren beginnen, da könnten wir dann nicht mehr natürlich altern. Die andere Möglichkeit ist ein sehr offener Lebensmottosatz: Suche Mann, Alter egal, gerne arbeitslos, notorischer Fremdgänger, Egoist und übergewichtig. So warte ich weiter auf die Eingebung – wie lebe ich glücklich und zufrieden - nach dem Motto: Fülle deinen Tag mit Leben, nicht dein Leben mit Tagen. Wir können unser Zuhause verlassen, einen Mann nach dem anderen, aber nicht unser Herz mit all seinen unerfüllten Wünschen. Wie ich dieses Musterverhalten, dass sich in mir bedingungslos festgekrallt hat, wie eine Naturgewalt ändern kann, ja das weiß ich leider noch immer nicht wirklich.

Ich empfinde jeden Tag als kleinen Abschied von meinem Wunschleben. Mein erster Mann war international tätig, frei übersetzt heißt das, drei Wochen im Ausland, eine Woche zu Hause. In dieser Zeit habe ich mir angewöhnt, Dinge auf Post-it Zettelchen zu notieren, die ich dann mit ihm „abarbeitete“. Er hasste dieses Ritual, er wollte ja nur seine Ruhe….

Und jetzt habe ich anhand dieses simplen Beispiels die Gewissheit, dass alles im Leben zurückkommt. Mein aktueller Ehegespons überhäuft mich mit einer täglichen Post-it-Orgie von Erledigungen und ich hasse es abgrundtief.

Ein Optimist findet immer einen Weg.

Ein Pessimist findet immer eine Sackgasse.

Napoleon Hill

Die nächste Fragestellung, die sich ergibt – wann kommt all das Gute zu mir zurück, die Zeit wird knapp, jedenfalls die Jahre, wo ich annehme noch bei vollen körperlichen und geistigen Kräften zu sein. Kürzlich ist ein Buch erschienen, es befasst sich mit dem Leben und dem Sterben. Diesem liegt ein Maßband bei, man reißt sein eigenes Alter ab, am anderen Ende, die Zentimeter die über das Maß des statistisch zu erwartenden Alters hinausgehen. Ich schlage vor, das sitzend zu erledigen, das kleine Stück das übrig bleibt ist das was uns vom Leben bleibt. Davon noch 15 Zentimeter weggerissen, wo Alterserscheinungen mehr oder weniger massiv auftreten können, bleibt dann so viel übrig, dass man einem Kleinkind ein Armband daraus basteln kann. Es heißt also Gas geben, um noch ein bisschen gutes, aufregendes Leben abzukriegen. Als ersten Schritt denke ich muss man die Kriegsführung einstellen und Frieden schließen. Als aller erstes mit sich selbst, seiner Cellulitis, seinem Wasserstau in den Beinen, dem Haarausfall und den vielen „unerwünschten“ Erscheinungen des täglichen gemeinsamen Lebens. Ist ihnen schon einmal die Zweideutigkeit des deutschen Wortes aufgefallen,

zum Beispiel – GemEINSAM – da wussten die Erfinder wohl schon wies läuft.

Damit dieser erste Schritt klappt ist ein Schlüsselerlebnis für den emotionalen Push-up sehr hilfreich. Eine Freundin hat mir von ihrem Life-Changing Moment erzählt. Sie arbeitet als Außendienstmitarbeiterin eines Sonnenbrillenherstellers. Auf ihrer letzten Fahrt in die westlichen Bundesländer, hatte sie eine Autopanne, die sie zwang in einem gottverlassenen Kaff zu übernachten. In dieser Nacht schlief sie mit Moritz, als sie am Morgen in seinen Armen erwachte wusste sie: Ich bin mir selbst begegnet. Ein tiefes Gefühl von ICH bin ICH. Der Super-Sex ist nicht die Hauptsache des Ganzen, mehr ist es die Grenzüberschreitung, das Erlebnis, das im tiefsten Innersten etwas bewirkt. Die Sicherheit endlich genau zu wissen, was man will und es auch mühelos umzusetzen, genau in diesem Moment. Ohne jeden Zweifel, endlosen Pro/Kontralisten und guten Ratschlägen der restlichen Menschheit.

Claudia jedenfalls beendete ihre dümpelnde Beziehung, nahm sich eine eigene Wohnung mitten in der Stadt und lebt jetzt genau so wie sie will, in totaler persönlicher Freiheit. Alles was sie vorher mit unterschiedlichen Begründungen nicht tun konnte, jetzt wusste sie, es waren nur Ausreden.

Natürlich kann keiner von uns diesen Changing Moment erzwingen, eine Chance ist es jedenfalls sich auf etwas Neues einzulassen, aufmerksamer zu sich zu sein und den Anteil an Selbstliebe zu vergrößern.

Ich liebe mich!!!

Selbstliebe ist die Grundvoraussetzung für Alles. Spielen wir nicht immer die gleiche Rolle, wie ein Remake wiederholt sich alles immer, immer wieder.

Meine neue Lebensphilosophie: Ich suche mir, wie eine supertolle Schauspielerin meine nächste Rolle selbst aus. Ich schreibe das Drehbuch und führe Regie und fühle mich in jedem Augenblick super gut.

Ich will Alles vom Leben, Zufriedenheit bedeutet Stillstand, ich will MEHR. Ich wollte schon immer mehr, weg vom Normalen, mehr erreichen, mehr haben und auf Teilstrecken ist es mir auch gelungen. Die ehrliche Erkenntnis ist aber auch, du darfst in gewisse Gesellschaftsschichten hinein schnuppern, erhältst quasi eine Gastkarte, aber wirklich dazugehören wirst du nie. Die Wissenschaft nennt das Matthäuseffekt: „ Wer hat, dem wird gegeben. Wer nichts hat, dem wird genommen“, eine Form der Klugheit, die ich nie so richtig verstanden hatte.

Gedanken sind wie Schneeflocken, die auf eine heiße Herdplatte tropfen. Wenn man sie nicht gleich festigt und weiterspinnt, sind sie gar nicht mehr da.

Ich habe genug Zeit verwartet, verschlafen….der Tag hat 24 Stunden, 8 fürs Schlafen, 8 fürs Arbeiten, 8 fürs Leben, aber was tue ich, ich warte in endlosen Telefonservice-Schlagen, warte das mein abgestürzter Computer wieder hochfährt, warte, das sich durch die Supercreme meine Haut in Seide verwandelt, warte, dass ich den Mann meines Lebens treffe. Und was ist, wenn der ein Papaneuginer ist? Warten kann auch als positive Gleichgültigkeit gesehen werden, sagte meine Therapeutin einmal. Diese Denkweise ist angeblich naturgemäß erst ab der Lebensmitte möglich, es sei denn du hast deine Kindheit in einem buddhistischen Kloster verbracht. Nach diesem Gesetz bin ich scheinbar noch nicht in der Lebensmitte, ob ich jemals diesen Zustand erreichen werde ist fraglich.

Meine Kindheit habe ich ein einer Zweizimmerwohnung verbracht, meine Eltern gingen jeden Tag brav arbeiten und ihre Lieblingsaussprüche waren: „Das kann man nicht, das darf man nicht, das tut man nicht“. Buddhismus kam da nicht vor. Wer man eigentlich ist, haben sie mir nie beantwortet. Heute weiß ich, dass diese Bremsbilder meiner Kindheit sehr gut abgespeichert sind in meinem Unterbewusstsein – obwohl ich sie als Kind schon gehasst habe.

Bei unserem Lieblingsitaliener war genau noch ein Tisch frei. Karin und ich trafen uns so einmal im Monat zum geistkritischen Austausch des verwahrlosten Innenlebens der Menschheit, insbesondere unseres.

Unser Innenleben glich, in Bildern gesprochen – einem wilden Spinnennetz aus grauenvollen Gedanken, Erfahrungen, Erlebnissen – die von Männern jeden Alters sich eingemeißelt haben, wie die Inschrift an ägyptischen Pyramiden. Das Navi, das uns den richtigen Weg zeigen könnte, hatten wir noch nicht gefunden. Selbst im Auto sage die Susi-Stimme hartnäckig bitte rechts abbiegen, bitte rechts abbiegen – obwohl dort jegliche Straße einer Lärmschutzwand gewichen war.

Ich wusste, Italiener sind ja bekannt für ihre überirdische Kinderliebe – Bambini dürfen Alles, sie dürfen dir sogar ins Essen spucken und werden noch mit dem Oskar für den genialsten Fleischfortpflanz des Jahrhunderts geadelt. Aber der Reisebus voller italienischer Kleinstadtgroßfamilien der heute den restlichen Raum „unseres“ Italieners zum Großteil füllte, war mehr als molto potente. Der Patrone stellte uns wortlos eine Karaffe des Hausweines auf unserem Tisch, eine nach der anderen.

Karin hatte eine tolle Story auf Lager – sie war bei einem Wochenendseminar, empfohlen von ihrem teilzeitaktuellen Psychotherapeuten. „Mach aus deinem Gehirn eine buddhistische Nahkampfmaschine, lass es erleuchten, wie ein Ozean von Sternen“ war der verheißungsvolle Titel. Also bitte, für Karin war schon eine wöchentliche 50 Minuten Einheit Bauch-Bein-Po eine Kampfsportart.

Die Geschichte wird praktiziert unter Zuhilfenahme einer brasilianischen Pflanze – Ayahuasca – die das Bewusstsein massiv erhöhen soll, wie von Zauberhand die alten, aufgestauten Negativas, die verfaulte Energie aller Arten abfließen lässt und somit Platz macht für diese guten neuen Sichtweisen unseres Unterbewusstseins, für die sonst ja schlicht und einfach kein Platz frei ist. Die ganze Schose fährt wie in all diesen Fällen mit innerer Reinigung im Parallelslalom.

Der Mensch hat vier Öffnungen und da kommt es auch raus – dieser pechschwarze Schleim. Na danke. Schön sei ja auch diese Gleichgesinnten kennenzulernen, meist Menschen vor denen uns eine höhere Macht bis dato bewahren konnte. Lautlos sprach ich zu meinem persönlichen Schutzengel – bitte such dir einen Zweiten – weil lange wirst du das alleine nicht mehr packen.

Jedenfalls, Karin hat von diesem Wochenende was für sich „mitgenommen“, wie man bei allen Seminaren ja so treffend sagt, konkret die Telefonnummer eines Mitstreiters. Als sie ihn googelte fand sich ein einziger Eintrag in der meistgelesenen Tageszeitung Deutschlands, Herbert L. 53 jähriger Sohn von seinen Eltern zwangsentfernt, also delogiert, nur weil die Eltern endlich mit 85 Jahren ihren eigenen Fitnessraum im Kinderzimmer einrichten wollten, nach einem Plan, den sie seit mehr als 30 Jahren in der Lade liegen haben.

Na da ist es ja kein Wunder, dass die Familie im Ungleichgewicht ist, also jeder auf seine Art. Wie sollte jemand dem armen Kerl helfen, welche Methode wäre in diesem Fall angebracht? Seine Eltern hatten ihm als Abschiedsgeschenk ein Budget von 500,-Euro mit auf den Weg gegeben, so gesehen war ein kurzer Weg jedenfalls vorgegeben.

Die Ausbeute des Wochenendes – 490,- Euro für die gute Sache und die Führerscheinabnahme für ein Monat.

Karin wollte die ausbrechenden Gefühle und den Geschmack von Erbrochenem mit einer Kombi von Wodka und Jägermeister neutralisieren, bevor sie ihrem Ehegespons gegenübertrat. Jetzt kann sie bei Spaziergängen in der schönen Natur, zwischen Betonwüsten und U-Bahnschächten ihre neuen Gedanken voll ausleben.

Ich wollte ja keineswegs unhöflich erscheinen und sagte was in solchen Situationen angebracht ist, Hauptsache du bist glücklich dabei. Was in aller Welt klopft eine durchschnittlich gebeutelte Frau jenseits der 30, so weich wie ein Wiener Schnitzel, ihre kostbaren Güter wie Zeit und Geld für einen solchen Schwachsinn zu investieren?

Da bin ich ja mit meinem Lebens-Sozial-Chakrareinigung-Meridianausgleich-Aurastärkungsberater auf der guten Seite gelandet, der hat sich nämlich mit eigenem Burn-out in ein anderes Energiefeld zurückgezogen.

Ich habe jetzt für die wöchentliche Entspannungssitzung eine innovative wie kostengünstige Variante für mich gefunden. Die Selbstfindungskabine – also ein kleiner, verdunkelter Raum, bei mir die Toilette. Im Handgepäck Adelheid und Abraham, das ist ein Klitorisvibrator, mit der Stärke eines Düsenjets und wenn es raumfüllender sein soll die herkömmliche Form in Größe XL (er wurde aber in Spanien erzeugt, die schneiden klein). In den drei Minuten bin ich in höchster Konzentration mit mir selbst, und auf das kommt es ja schließlich an, und alles ist erledigt. Das schafft keine Yoga-Einheit. Ein schöner Nebeneffekt dieser treuen Liebesdiener, sie haben weder Mutter, noch Geschwister, die am Wochenende zu fett eingebrannten Schweinsbratenessen oder Kinderfotoschauorgien einladen.

Ich wollte meine Schambehaarung nie komplett entfernen, lasse meinen Landestreifen immer stehen. Doch irgendwie über Nacht, schaut das Büschelchen aus wie eine alte Frau. Der erste Versuch mit einem Nassrasierer führte zu leichten Schnittwunden, das war es nicht. Der Elektrorasierer war schnell gekauft, ich scherte und scherte, wenn, dann wollte ich es ja ganz perfekt haben. Danach war die Hautregion so gereizt, das ich sie mit Heilsalbe behandeln musste für eine ganze Woche. Der dritte Versuch mit Enthaarungscreme, da konnte ja nun nicht wirklich was schief gehen. Die Haut brannte wie Feuer, ich konnte nicht mal einen Slip anziehen, das fühlte sich an wie eine Drahtbürste. Tagelang trug ich nur diese Sarouelhosen, die ausschauen wie die Gakitaschen bei den Fiakerpferden.

In der Zwischenzeit hat es sich wieder zusammengewachsen, die mausgraue Muschibehaarung.

Wahrscheinlich ein Zeichen von Oben – was wollte man mir damit sagen? Vielleicht bleib wo du bist und wie du bist – besser wird es nicht??

Ein ganz normales Stehauf-Frauchen...

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