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Sex – was ist das?

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Mein erster Sex seit langem, ein traumhafter Typ – Marke Cornetto. Sein Körper ist definiert, an wirklich allen Stellen. Sein Haupthaar herrlich zerwuschelt, seine Lippen voll und weich. Er dreht ein Lampe auf, also eigentlich einen beleuchteten Engel. Mein Blick gleitet nach oben, während sein Mund an mir nach unten wandert. Oh Schreck, ich erkenne meinen zu Fleisch gewordenen Körper, eine einzige Problemzone in einem riesigen Deckenspiegel. Der Versuch den Bauch einzuziehen, gleichzeitig die Oberschenkel so zu drapieren, dass sie nicht aussehen wie die vollgestopften Hosentaschen einer Paggy-Pant raubt mir den Atem. Der Adonis führt das auf seine Schleckerli-Künste zurück. Ich versuche mich wieder auf den Mittelpunkt der Welt zu konzentrieren. Ich drehe mich auf den Bauch, er zieht mich hoch, in der Bankstellung ist es für mich noch schlimmer. Bei jeder Bewegung sehe ich zwei Hängebusen auf und ab klappen, wie zwei kaputte Luftballons, vom Bauch gar nicht zu reden. Ich versuche einen Blick in den Spiegel zu erhaschen, um festzustellen wie der Anblick für ihn wohl ist. Es knackst laut, ich habe mir die Halswirbel ausgerenkt. Adonis scheint das nicht zu stören, ganz im Gegenteil, er erhöht noch das Tempo. Ich fühle mich, wie im Turboschleudergang meiner Waschmaschine und stöhne vor Schmerzen im Nacken. Er kommt, versprüht seinen Samen wie mit einem Gartenschlauch, das meiste davon trifft meine Haare. Ich wache auf, die Erleichterung über den Albtraum ist nicht wirklich so erleichternd, wie ich mir das wünschen würde. Es war alles so plastisch, was sollte mir dieser Traum wohl sagen??? Mein Herz klopft wie wild, ich bin komplett aus dem Höschen.

Ausgehen ist nicht mehr, nicht oft, also brauche ich meine verlässlichen Abendbegleiter. Gemütlich vor dem Fernsehen in meiner herrlich abgetragenen grauen Jogginghose genieße ich meinen Abend – mein Rotwein und ich.

Warum gibt es im Computerzeitalter keine Austauschteile für Männer, zumindest eine Hotline wäre hilfreich. Insgeheim musst du dir eingestehen, du hast dein Exemplar ja bereits als männlichen Bastlerhit erworben.

Meine Omi sagte immer – es gibt drei Arten von Männern – die ganz Jungen, die dich noch nicht verstehen, die Mittleren, die dich nicht verstehen und die Alten, die dich nicht mehr verstehen!

Mein Leben ist eine Baustelle, auf der Stillstand herrscht.

Du stellst dir die Frage: Schaut er mich eigentlich noch an oder hört er nur meine Stimme? Die wahrscheinlichste Antwort, er hört nicht einmal deine Stimme.

Mein Leben muss sich ändern, ich muss mich ändern.

Ich sitze als Kandidatin bei der Millionenshow – der Moderator fragt mit leicht schräg geneigtem Kopf – was würden sie mit der Million tun? Jetzt gibt es einige Hürden zu überwinden, beginnend bei deiner guten Brav-Mädchen Erziehung, die sich ja oft für den Rest des Lebens nur belastet. Aber ist jetzt der richtige Zeitpunkt diese über Bord zu werfen? Eine Verknappung deiner Gedankenwelt ist angebracht, weil es handelt sich um eine Aufzeichnung, du weißt alle werden dann zuschauen, während du schon deinen 300,- Euro Gewinn mittels einer einzigen Champagnerflasche ertränkt hast.

Wieder die große Chance vertan aus deinem Museum der Lebensschmerzen auszubrechen, wieder einen Abschiedsbrief ans Vorleben verfasst – alles für den Gulli.

Ich antworte also verhalten lächelnd, einen ausgedehnten Urlaub, ich denk mir das gönnt dir jeder. Der Moderator sagt, aber da nemans ja sicha ihrrn Gatten mit? Ich nicke wieder verhalten, und heute haben sie ihn auch mitgenommen? Also ich habe meine Zahnbürste mitgenommen, mein Kuschelschlafleiberl und meinen schwulen Freund Thomas. Stress hatte ich ja hier schon genug und schließlich brauche ich ja meinen Mann als Telefonjoker, der Herr Oberlehrer weiß ja echt Alles.

Bei Frage drei habe ich bereits zwei Joker verbraucht, mein Körper fühlt sich an wie ein überhitzter Wäschetrockner, denken kommt nicht mehr vor, vielleicht bin ich schon gehirntot und sitze einfach noch auf dem Hocker, weil die Lehnen so hoch sind. Frage vier löse ich bravourös: Vervollständigen sie den Satz –

Männer umschwirren mich wie – a) Motten das Licht b) Kröten das Licht c) Ameisen den Honig d) Micky Mouse die Minnie Mouse – Antwort A – sind sie sicher, nonanet!

Frage fünf, ich erbitte meinen Telefonjoker, Karl anzurufen. Es läutet demonstrativ – Hallo hier spricht Karl Bremer, leider kann ich ihren Anruf derzeit nicht entgegennehmen, gerne können sie eine Nachricht hinterlassen…ich glaube das hat es in der Geschichte der Millionenshow noch nie gegeben. Ich möchte mich in dieser Sekunde für immer auflösen, in Marzipanglasur, Nutella, Nougatcreme – as you want – aber das sofort. Selbst der supercoole Moderator ist etwas irritiert, in sein kleines allwissendes Ohrstöpserl kommen verschiedene Anweisungen, er hält es für besser zu schweigen. Ich rate und wähle Antwort c) 98, hätten sie gewusst wie viele Liebhaber Maria Antonett hatte? Da ist doch sowieso keine Frau ehrlich, anständige Frauen müssen immer einstellig bleiben. Die Sendung ist zu Ende, was die Sache noch megapeinlicher macht, weil es so allen Zuschauern noch mehr in Erinnerung bleibt.

Mein Hotelzimmer ist ein Ringelspiel, es dreht sich ohne mein Zutun. Ich werde am zweiten Bildungsweg in einer angesagten Volkshochschule eine Ausbildung zur Serienkillerin mit Ergänzung zur Seelsorgerin machen.

Ich bin eine wandelnde, schwankende Negativemotion auf zwei Beinen. Und niemals wieder werde ich bei Irgendwas im Fernsehen mitmachen. Es gibt immer ein Leben davor und auch eines danach. Zurzeit fühle ich mich leider wie eine austherapierte Möchtegernmillionärin. Ich nehme den Malkasten zur Hand um mich wenigstens optisch wieder für das bebaute Gebiet des Flughafens zu adaptieren. So ein Blindgänger wie ich, wird keine weitere Nacht vom Sender verpflegt, während die anderen Kandidaten zur Stadtrundfahrt aufbrechen, schleppe ich meinen Koffer zur U-Bahn.

Karl holte mich vom Flughafen ab, mit seinem gesamten Portfolio an Neandertaler-Habitus umarmte er mich mit den Worten – du hast doch eh mich – ich griff nach einer Zigarette um meine verbliebenen Nervenbahnen trockenzulegen. Ja besser ein bissel Mann als gar nix.

Ich denke zurück an unsere schönen Erlebnisse.

Italienurlaube mit wunderbarem Essen, Rotwein, Spaß haben, Schmusen, Knuddeln und guten Sex. Was wir nicht alles unternommen haben, jeden Abend on the run. Schicki-Micki, Pläne ohne Ende, Geld kein Problem, vier Stunden Schlaf waren völlig ausreichend um mich topfit zu fühlen. Verrückte Dinge tun mitten in der Nacht, einfach Lebensfreude pur. Beim Shoppen der Inbegriff von Geduld, alles schaute so toll aus an mir, das musste ich haben, wenn ich nur wollte. Wortlos glitt seine Kreditkarte über das Verkaufspult. Dann ergriff er die Einkaufstüte und mich – das war eine gemeinsame Geste und ich drückte mich an ihn und hauchte Danke – bis zum nächsten Geschäft.

Später sah es dann so aus, ich schleppte und zahlte meine Sachen selber und musste mir noch die klassischen Vorwürfe gefallen lassen: Das hast du doch eh schon fünfmal, auf den letzten beiden Plagiaten war noch das Etikett oben, wie oft musst du das anziehen, damit es sich rechnet? Zugegeben, bei manchen Teilen gilt es für mich persönlich auch schon als Erfolg, wenn ich sie einmal getragen habe. Gut heute, also in der jetzigen Phase sieht er weder mich noch meine Einkaufstüten – alles egal.

Ein lieber alter Bekannter von mir, der durch Heirat zu Geld kam, also ihr Geld, erzählte mir jahrelang immer gerne wieder die gleiche Geschichte, wie ER seine Frau erzogen hat. Barbara sagte er immer, du kannst dir alles kaufen was du möchtest (wohlgemerkt von ihrem eigenen Geld) nur überlege immer, wie oft musst du es tragen, dass es sich amortisiert? Als Einheit gilt ein großer!!!! Kaffee, nobel berechnet also 5,-Euro. Das ergibt bei einer schicken Seidenbluse die 200,-Euro kostet dann 40x Tragevergnügen. Kein Wunder, das die arme Frau eine relativ zeitlose, kleine Garderobenauswahl ihr Eigen nannte. Wie seine Weisheit bei einem Ballkleid funktionierte, weiß ich bis heute nicht, überschlagsmässig gerechnet müsste sie das von ihrem 20. Lebensjahr an tragen bis …ja also ewig. Er war immer ganz stolz auf diese Geschichte und ich widersprach nicht, wozu auch. Insgeheim musste ich später darüber lachen, als er sagte Barbara ginge gar nicht mehr so gerne außer Haus und zu Hause trägt sie ausschließlich lange, wallende Hauskleider, gefertigt aus ehemaligen Vorhängen oder Tischdecken. Ich nehme mal an, die haben sich schon in ihrem Vorleben amortisiert, da könnte sie glatt auf einen Kaffee gehen. Ich weiß natürlich nicht, wie das bei mir so wird, aber alle älteren Leute, die ich kenne – es beginnt so bei plus minus siebzig – werden dermaßen geizig, auch wenn sie Geld haben, dass sich mir immer die Frage aufdrängt – wollen sie ihr Geld ins Grab mitnehmen??

Sein neuerster Coup ist eine 22jährige Muse, die er wöchentlich zum Essen in ein Restaurant seiner Wahl ausführt, um sein alterndes Restego aufzupolieren. Erschwerend hat sich erwiesen, dass viele Restaurants die er als sehr gut, natürlich auch in der Beziehung Preis/Leistung versteht schon längst geschlossen sind oder mindest neu übernommen wurden. Dieses arme Ding muss sich jedes Mal die gleichen Schauergeschichten über die gute alte Zeit reinziehen, während seine Magen-blubbi-blubbi mit jedem Bissen den er in sich rein schlingt heftiger wird. Und das Alles für eine kleine Taschengeldaufbesserung und der Hoffnung seine Gunst posthum im Testament wieder zu finden. In dem Alter dachte ich auch noch, ich werde mit dem Paarlauf von Jugend und Schönheit den Musenstau rechts überholen. Das dachte ich damals und dachte ich mir 15 Jahre später nach meiner zweiten Scheidung noch immer, obwohl mein Verstand sicher größer ist als der einer Erdnuss.

Ein ganz normales Stehauf-Frauchen...

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