Читать книгу Ein ganz normales Stehauf-Frauchen... - Valerie Vonroe - Страница 6
Die fast perfekte Ehe – Urteil lebenslänglich?
ОглавлениеSelbst jetzt nicht – also jetzt ist dann wann ich sage – bin ich noch nicht bereit auf Schnuckisuche ins Netz zu gehen. Das Wort „Netz“ beinhaltet ja so einiges finde ich, gefangen in der Falle von… Das fängt ja bei Schuhen an, du klickst einmal drauf um sie dir genauer anzuschauen und von da an, erscheinen sie solange am Bildschirm, bis du deine Kreditkartendaten eingibst. Der Interneterfinder hat von unseren Vorfahren gelernt, nein ich meine nicht die Omi, ich meine die Urgesteinsmenschen. Bei denen ging es nur um Beute – Zahn um Zahn, falls sie die schon hatten damals, die Schuhe sind meine Beute, ich bin die Beute von Anbieter – und so geht die Kette immer weiter.
Von dieser – meiner – hochwissenschaftlichen Theorie ausgehend, denke ich funktioniert es auch bei Partnerplattformen. Du kriegst das Profil – Gentleman, 42-jähriger erfolgreicher Geschäftsmann (Millionär), international tätig, 1,85 m groß, sehr sportlich gebaut, kinderlos, liebevoll, kulturbegeistert, reiselustig, humorvoll, sehr großzügig, möchte wieder gemeinsam lachend durchs Leben gehen – so lange um die Ohren geknallt, bis du in einem schwachen Moment – und der kommt verlässlich, wie der Vollmond – auf Enter drückst. Im Gegensatz zu den Schuhen, gibt es keinen kostenlosen Rückversand, weil einmal getragen, heißt, du musst sie jetzt behalten.
Genauso wie jeder Frau klar ist, dass ein 16cm Highheel niemals den Tragekomfort eines ausgelatschten Schlapfens haben kann, gibt es Momente, wo wir es trotzdem glauben wollen – Enter – in den Warenkorb geben. Sind unsere Augen von dem ganzen Frust so getrübt, hat der graue Star sich so festgekrallt wie Kate Winslet einst auf der Titanic?
Um dieses Profil in „Echtlebenswährung“ zu übersetzen müsste der Typ bis jetzt auf einer sehr einsamen, frauenlosen, naturbelassenen Insel dahin vegetiert haben. Ich gehe davon aus irgendwo im hintersten Zipfel von Italien, wir waren ja früher auch alle Millionäre für ein Wochenende im schönen Caorle, mit den guten alten Lire.
Wie sollte er sonst den Klauen der Heerscharen von Frauen entkommen sein, die ihm allesamt ein kleines Bambini oder besser mehrere, zur Sicherung ihres Lebensdaseins angehängt hätten, wann sollte er so viel Zeit für Sport haben um so einen Körper zu haben, speziell den Popo, wo jeder Kirchenwächter sofort an ein Stoßgebet denkt. Charakterlich gesehen, wer seit mehr als 40 Jahren alleine im Leben steht k a n n nicht gleichzeitig – liebevoll, humorvoll, großzügig und reiselustig sein – außer er hat 20 Jahre davon in der Einzelzelle verbracht.
Die Schönheit brachen wir Frauen, damit die Männer uns lieben, die Dummheit, damit wir die Männer lieben.
Coco Chanel
Ich wage zu behaupten, dass diese Sorte Dummheit bei mir permanent Ruhetag hat, obwohl meine Freundin Katie mit größter Überzeugung behauptet, dass heutzutage ja echt viele Menschen, den Richtigen im Netz finden. Man muss mit der Zeit gehen, Partnerplattformen sind salonfähig geworden, vorbei die Zeit wo es der Abstellraum der übriggebliebenen Restexemplare war. Und der Ausdruck – Richtiger – was soll das sein – es kann sich bestenfalls um eine temporäre Kurzzeitüberzeugung handeln. wie oft haben wir schon die richtige Jeans, die richtigen Schuhe usw. gefunden? Tragen wir sie jeden Tag mit größtem Glücksgefühl, wie am ersten Tag? Was zunächst als Lotto-Sechser anmutet, wird bald zu einem ewigen Lotto-Fünfer der Männermarktwirtschaft.
In Wirklichkeit kriegst du das Urteil lebenslänglich, als Mutter gleich noch die Einzelzelle dazu – sobald du vor den Standesbeamten trittst. Nachdem du dann das kuschelige gemeinsame Nest geschaffen hast, während er draußen weiterkämpft, landest du erschöpft, wie im Sturzflug im 30m2 Garten inklusive Korbsesselchen einer Reihenhaussiedlung am Rande der Stadt, das hast du dir freiwillig ausgesucht? Eingeräuchert von den grillfreudigen, arbeitslosen Nachbarn mit einem Zaun aus 100l Bierfässern, der wöchentlich getauscht wird – siebenter Himmel ade, scheiden tut weh. Während du deinen selbstgepflanzten, genfreien Tomaten beim wachsen zusiehst, tut sich der volle Abgrund deines Lebens auf, unbarmherzig – und das ist der Zeitpunkt wo sich ein neues „Netz“ wieder, wie durch Geisterhand öffnet. Immer der gleiche Funkspruch in deinem Ohr – alle Frauen an Bord, Segel setzen und ab durch die Mitte, bevor der Menopausentsunamie kommt.
Das Leben ist schön. Relativ gesehen. Verglichen mit den zahlreichen Talk-Shows über Paarzusammenführung und Öffentlichmachung von Beziehungsdetails, damit verglichen ist meine Beziehung super.
Ich mache mir beim Computer sitzend ein Basenfußbad, zur Entgiftung versteht sich. Es dient der inneren Entgiftung, da sich an der Fußsohle ja alle Organe des Körpers wiederspiegeln. Da meine Hornhaut aber so dick ist wie ein Bombenschutzbunker kriegen meine Organe wahrscheinlich keine Luft. Dort wo fußreflektorisch das Gehirn situiert ist, sitzt bei mir ein fettes Hühnerauge.
Verglichen mit dem was in meinem Kopf ist, also meine Vorstellung einer erträglichen Partnerschaft ist es allerdings weit vom Idealzustand entfernt. Es ist nicht so, dass ich nicht an der Beziehung arbeite, wie man so schön sagt, auch arbeite ich ganz besonders an mir.
Der Mensch sagt man, ist ein Gewohnheitstier, ich jedenfalls, vielleicht hatte ich dumme Nuss immer nur einen Kurzparkschein fürs Glücklichsein ausgefüllt?
Doch wenn ich unsere Beziehung in sechs Phasen einteile, haben wir nach acht Jahren voll und ganz Phase sechs erreicht. Das bedeutet: Er behandelt mich schlechter als einen Hund, mit dem geht man zumindest Gassi, also auswinden nennt er es. Wahrscheinlich deswegen weil Männer sich ja alles schöntrinken können und dann glauben sie gehen ihren Setzkastenpipimax mal so richtig auswinden.
Frei übersetzt heißt das: Du bist nicht allein, Du bist mehr als allein, weil allein zu zweit. Ausgehversuche oder gar Urlaube sind die Mega-Mutprobe, das gegenseitige Schweigen ist so laut, man spürt es wie Stiche auf der Haut. Im Korridor der Seele herrscht gähnende Leere – die Depression hat gute Chancen sich einzunisten.
Phase eins war wunderbar, das Gefühl einen Menschen gefunden zu haben, der dich wirklich versteht, dem klar ist, dass eine Superfrau (nämlich ich) verwöhnt werden will - in jede erdenkliche Richtung. Reisen, Essen gehen, Geschenke, Blumen, Zärtlichkeit, Sex, eben alles was so dazugehört – rundum er behandelt dich wie eine Frau. Zum ersten Mal seit meiner Kindergartenzeit ist mein Bankkonto nicht im Minus. Du bist die unbefristete Hauptmieterin seines Herzens.
Phase zwei, Du suchst verzweifelt nach den 50% Lustverlust, versuchst Dich zu erinnern, ob diese verwaschene, ausgebeulte Jogginghose der früheren 90er Jahre in Kombination mit dem Werbe-T-Shirt von Maggi schon früher Dein liebevoll zubereitetes Wochenendfrühstück erhellt hat. Die Bartstoppeln im Designer-Waschbecken geben Dir den Rest.
Phase drei, alle Alarmglocken läuten. Er hat nicht die geringsten Bedenken, dass Du Ihn für eine schlampige, lebensunfähige Memme halten könntest. Es ist doch ganz normal, dass Du irgendwann aus reiner Verzweiflung seinen Schmutzwäschehaufen wegräumst und auf schrankfertig trimmst, Ihn an seine Termine erinnerst, sie wieder charmant absagst, eingebettet unter dem Vorwurf Ihn nicht erinnert zu haben. Zusammengefasst er hält Dich für seine Mutter und die
Nanny die er nie hatte.
Phase vier ist echt hart, Du wirst zum Mann. Vertrautheit ist jetzt riechbar und spürbar. Er lässt die Klotüre immer offen, egal wie lange die Sitzung dauert. Er rülpst, er furzt, er schneidet seine Fußnägel auf allen Sitzmöglichkeiten der Wohnung und dort bleiben sie auch. Er labert Dich voll mit Computerscheiß, Handy-Technik-Scheiß, Auto-Scheiß und all dem Scheiß, den er nicht einmal mehr seinem besten Freund aufbrummen kann. Ein von Dir initiiertes Gespräch stagniert im Nichts, die Wand wäre der bessere Gesprächspartner, weil die grunzt wenigstens nicht. Dein Energielevel befindet sich in der Bandbreite eines Tiefseetauchers.
Phase fünf, Du kannst Dich fühlen wie sein Hund und der ist glücklich als Hund. Weil Gassigehen tue ich und Fressi kriegt er auch von mir, aber trotzdem liebt er ihn mehr. Das ist natürlich voll ungerecht, aber siehe Hund, bei guter Führung kannst du deinen sicheren Platz im Körbchen erhalten. Diese Situation ist aber seit langem das Beste was Dir passieren konnte. Dein Beziehungsstatus fühlt sich an wie eine Aspirintablette, die ihr Ablaufdatum schon lange überschritten hat, aber alle sagen immer, die wirkt trotzdem noch – vor allem wenn du intensiv daran glaubst.
Phase sechs also Du bist total allein und überdenkst dringlich ein Upgrade Deiner Beziehung, besser Deines Lebens. Es macht keinen Unterschied mehr, ob deine Gefühle in der Economy- oder First Class abstürzen. Der Versuch deine Beziehung wieder auf Schiene zu bringen artet in einen Ganztagsjob mit unbezahlten Überstunden aus.
Die gemeinsamen, gemütlichen Fernsehabende bestärken mich in dem Glauben, dass jeder Mensch zum Mörder werden kann, wirklich jeder. Ich meine im Affekt wirft man ja auch mal was gegen die Wand, oder stampft auf, genauso schnell könnte das sauteure Messer aus Carbon Klingenstahl in den Eingeweiden meines Göttergatten landen.
Ich habe meine Freundin Astrid besucht. Die sitzt für 15 Monate im Frauengefängnis. Seitdem atme ich immer noch ein zweites Mal durch, vier Frauen in einem kleinen Raum, Stockbetten, Gemeinschaftsduschen – das ist nicht so ganz meine Welt. Astrid hat niemanden ermordet oder verletzt, bei ihr war es ein so genanntes Wirtschaftsdelikt mit Betrug. Sie hatte auf ein Haus, das ihr nicht gehörte, einen Kredit über 600.000,-Euro aufgenommen, den sie dann leider nicht mehr zurückzahlen konnte. Der Bankbeamte hatte sich nach einigen Liebesspielen auf diesen Deal eingelassen, jetzt war er seinen Job los. In der Relation gesehen, hat sie sich das Geld zwar hart erarbeitet, umgerechnet auf die Strafe ergeben sich pro Monat 40.000,-Euro für das Herumsitzen. Jedenfalls erwartete ich bei meinem Besuch furchtbar, gefährliche Frauen zu sehen. In Wahrheit waren es genau die Gleichen, die uns in der U-Bahn gegenübersitzen, jeden Tag begegnen. Und was mich im ersten Moment doch erstaunt hat, 50% davon hatten ihren Mann getötet oder schwer verletzt – und alle sagen, sie würden es sofort wieder tun.
Für mich persönlich lauert die größte Gefahr eben bei unseren „gemütlichen“ Abenden. Wir essen schweigend, Blick zum Fernseher. Wir machen es uns auf der Couch gemütlich – Schweigen. Nach einiger Zeit holt er sich Weintrauben, seine bevorzugte Nachspeise. Das ist der Beginn. Er knatscht jede einzelne Weintraube mit einer Geräuschkulisse vor der mich ekelt. Wie im Vergnügungspark, wenn Kinder in Luftballon´s stechen, schnell hintereinander. Dieses Spiel dauert so ca. 20 Minuten, dann sind alle weg. Ich weiß aber was nun kommt. Da ja bekannterweise rohes Obst am späten Abend gegessen zu Blähungen führt, folgt nun Szenario zwei. Bäuerchen mit weit geöffnetem Mund, ähnlich einem prümpftigen Hirschen. Gleichzeitig, scheinbar zum Gewichtsausgleich, geht aus auch nach hinten los, bis der Staudamm endgültig bricht. Jedes Mal, wenn ich das ohne Mordanschlag überstanden habe, weiß ich dass all die Seminare, Mentaltrainings und Familienaufstellungen nicht ganz umsonst waren.
Das fatale daran ist man beherrscht auf wundersame Weise ohne es zunächst selber zu bemerken NLP-Werkzeuge. Ich meine nicht die verbesserte Wahrnehmung, nein ich meine das "Spiegeln". Ich habe acht Kilo zugenommen, schaffe es gerade noch vereinzelt mich in eine Hose von früher zu zwängen um mich den Rest des Tages wie eine Knackwurst zu fühlen.
Stell dir vor du stehst morgens auf und ein außerirdisches Wesen hat deine Jeans um zwei Größen geschrumpft, das passiert mir fast täglich. Auf meinem Einkaufszettel stehen nie Chips, Schokobananen, Erdbeerschokolade, aber ich vergesse Sie auch nie. Auch Rotwein und Prosecco ist ein Fixposten.