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Die Entdeckung

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„Es ist wirklich anstrengend. Ich muss jetzt erst etwas trinken“, rief Undine schnaufend.

Sie hielt inne und holte eine Trinkflasche aus ihrem Rucksack. Flora tat es ihr nach.

Die Schwestern brachten die letzte Etappe ihres Wettlaufs hinter sich und erreichten endlich den Waldrand. Mit ein paar Schritten gelangten sie zwischen die hohen Bäume. Hier war endlich Schatten. Die Hitze ließ rasch nach. Es war viel angenehmer, sich zu bewegen, ohne den Stich der Sonne auf der Haut zu spüren. Die Mädchen hörten, wie die Blätter unter einem kühlenden Windhauch raschelten.

Undine und Flora gaben sich die Hand. Sie wagten sich zum ersten Mal allein hierher.

Undine blieb abrupt stehen. Sie zeigte nach vorne.

„Schau da! Hast du diese komische Felsöffnung schon gesehen?“

Flora bemühte sich all die Spaziergänge, die sie seit ihrer frühen Kindheit in diesem Wald mit ihrer Familie gemacht hatte, aus ihrem Gedächtnis wachzurufen. Nach einer Weile gab sie dennoch auf.

„Nein! Ich kann mich nicht daran erinnern.“

Undine kratzte sich nachdenklich am Kopf.

„Ich sehe sie auch zum ersten Mal. Wir gehen normalerweise auf einem ganz anderen Weg mit Papa.“

Floras Blick klebte regelrecht an dem Eingang fest.

„Ich muss unbedingt wissen, was es da drinnen gibt. Komm mit!“, forderte sie Undine auf.

Undine bekam allein bei dem Gedanken an Höhlen ein mulmiges Gefühl. Sie schämte sich aber es ihrer jüngeren Schwester gegenüber zuzugeben.

Sie waren inzwischen vor dieser seltsamen Felsöffnung angekommen. Sie erhob sich vor ihnen, wie ein weit geöffneter Mund aus Stein, dahinter ein finsterer Schlund. Nichts als Dunkelheit war, darin zu sehen. Undine hatte nicht die geringste Lust, ihre Nase dort hinein zu stecken. Sie wäre am liebsten sofort wieder nach Hause geflitzt.

„Ich möchte nicht hineingehen“, murmelte sie beschämt über ihren mangelnden Mut, als sie den begeisterten Gesichtsausdruck ihrer Schwester sah.

Flora fühlte sich, ganz im Gegenteil, von diesem Ort wie magisch angezogen. Zappelnd vor Ungeduld konnte sie sich kaum noch zurückhalten. Undine bereute es schon, ihr diese Felsöffnung gezeigt zu haben.

„Vielleicht verbirgt sich hier ein längst vergessener Schatz.“

„Wie wäre es stattdessen mit einer Wasserquelle?“, erwiderte Undine spöttisch.

Zum Leidwesen ihrer Schwester war Flora fest entschlossen, in die Öffnung hineinzusteigen. Sie machte einen Schritt nach vorne und kletterte hinab.

„Komm zurück!“ rief ihre Schwester entsetzt.

Ehe Undine sich versah, war Flora verschwunden und wie von der Dunkelheit verschluckt. Ein Augenblick später flackerte in der Öffnung ein heller Blitz auf.

„Flora! Flora! Wo bist du?“

Ein panisches Gefühl überkam Undine. Sie musste Flora finden. Zitternd ging sie in die Höhle herein. Das von außen hereinströmendem Tageslicht half ihr zunächst, sich in diesem Gang aus grauem Gestein zu orientieren. Doch bald war es nur noch schwarz um sie herum. Ihr Herz pochte wie wild in ihrer Brust. Schweiß tropfte ihren Rücken hinunter.

Hatte sich Flora vielleicht versteckt? Spielte sie ihr einen dummen Streich?

„Flora! Sag mir sofort, wo du bist!“

Stille! Nichts als Stille und Düsternis um sie herum! Was war passiert!

Undine trat tiefer in den unheimlichen Untergrund. Ängstlich tastete sie sich in diesem finsteren Loch zögernd nach vorne. Wie lange würde sie das noch aushalten? Bisher war zum Glück nichts passiert. Doch malte sie sich hinter jeder Ecke bedrohliche Monster aus. In ihrer Fantasie stellte sie sich vor, wie schreckliche Kreaturen überall im Dunkel lauerten. Und sie war ihnen hilflos ausgeliefert. Aber jetzt konzentrierte sich Undine auf einen einzigen Gedanken: Flora finden. Nur so fand sie die Kraft einen Fuß vor den nächsten zu setzen. Sie erwartete jetzt jeden Moment ein Lebenszeichen von ihrer Schwester zu bekommen. Flora konnte sich noch nicht so weit von ihr entfernt haben. Sie horchte. Nichts. Plötzlich wurde alles blendend weiß um sie herum und eine überwältigende Lichtflut erfasste sie. Was war das? Undine schrie und dann verlor sie das Bewusstsein.


Undine und Flora

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