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Das Felsentor
ОглавлениеVerwirrt öffnete sie die Augen. Undine kam nur langsam zu sich und erinnerte sich wieder daran, dass sie am Eingang dieser Höhle ihre Schwester aus den Augen verloren hatte. Es fehlte nach wie vor jede Spur von ihr. Eine tiefe Finsternis umgab sie wieder, als auf einmal ein Schrei ertönte:
„Undine! Undine!“ erschallte es ganz in ihrer Nähe.
Es war Flora. Sie erkannte ihre Stimme.
„Flora!“
Sie stießen aneinander. Undine atmete erleichtert auf. Endlich waren sie wieder zusammen.
„Ist bei dir alles in Ordnung?“ fragte sie.
„Ja. Ich wurde nur von einem merkwürdigen Licht geblendet und wusste ein paar Minuten lang, nicht mehr wer oder wo ich bin.“
„Ich auch. Lass uns sofort nach Hause zurückgehen. Ich fühle mich scheußlich hier.“
„Gib mir deine Hand“, schlug Flora ihr mit ruhiger Stimme vor.
Undine kam innerlich zur Ruhe. Sie war so glücklich, ihre Schwester unversehrt wiedergefunden zu haben. Die beiden Mädchen gingen schnellen Schrittes wieder zurück. Sie freuten sich bereits auf ihr Zuhause.
„Papa wird staunen, wenn wir ihm erzählen, was wir hier gefunden haben“, sprach Flora aufgeregt.
Mit einem Mal hörten sie auf zu reden und standen wie angewurzelt auf der Stelle. Sie erschraken.
Vor ihnen erschien ein großes, zweiflügeliges schmiedeeisernes Tor. Es begann sich langsam zu schließen.
„Lass uns rausrennen!“, brüllte Undine.
Sie hatten die Türschwelle fast erreicht, als es klirrend vor ihren Nasen zufiel. Undine rüttelte daran. Sie versuchte verzweifelt es aufzubekommen. Aber es blieb zu.
„Wir sind hier eingesperrt“, stellte Undine entrüstet fest.
Flora wollte etwas sagen. Doch in diesem Moment blieben ihr die Worte im Halse stecken: Eine große Schriftrolle erschien vor dem Tor. Langsam entrollte sie sich wie von Zauberhand. Eine leuchtende Schrift funkelte in der Dunkelheit:
Diese Höhle hat Euch auf eine Reise in die Märchenwelt geschickt, um eine Aufgabe zu erfüllen. Erst wenn ihr in diesem Königreich eine wichtige Prüfung erfolgreich bewältigt habt, wird sich das Tor wieder öffnen. Kehrt um und geht tiefer in die Höhle. So kommt ihr zum Tor in das Märchenland.
„Nein! Es kann nicht sein! Hättest du nur auf mich gehört, so wären wir schon längst wieder daheim“, warf Undine ihrer Schwester vor.
„Weiß du was? Ich freue mich auf dieses Abenteuer!“, setzte ihr Flora entgegen. „Das ist auf jeden Fall spannender als im Ferienhaus zu sitzen.“
Undine hingegen konnte der Idee spontan mal so eben eine unbekannte Märchenwelt, zu entdecken, überhaupt nichts Gutes abgewinnen.
„Was machen wir, wenn Monster uns angreifen?“
„Hier sind keine Monster!“, erwiderte Flora leicht gereizt.
Undine spürte, wie die Wut in ihr aufstieg.
„Wenn wir in den Klauen eines Drachen stecken, werde ich dich daran erinnern!“
Flora schwieg. Sie erwartete mit so viel Ungeduld die kommenden Erlebnisse, dass sie sogar die Gelegenheit für einen Streit ungenutzt ließ. Undine dachte hingegen nur über eine Möglichkeit nach, so schnell wie möglich zu entkommen.
Da ihnen aber zunächst nichts anderes übrigblieb, drehten sie dem Tor den Rücken zu und folgten dem Weg in die andere Richtung. Nach einiger Zeit sahen sie einen Ausgang vor sich. Die beiden traten aus der Höhle heraus und schauten sich um…