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Müller, Friedr. von
ОглавлениеDie Handschriften Goethe’s, deren Sendung der intime Freund des Hauses, der Weimarische Kanzelar und General-Vermittler Weimarischer Angelegenheiten, Herr Dr. Friedrich von Müller mit nachfolgendem Schreiben vermittelt, haben sich in Tieck’s Briefsammlung, wie sie in unsere Hände gelangte, nicht mehr vorgefunden, obgleich dieselbe doch sehr viele, eben auch nicht an ihn gerichtete, sondern nur als Reliquien aufbewahrte Blätter enthielt. Da die von uns mitgetheilten Briefe Goethe’s dem Sekretair diktiret worden sind, so befand sich außer den Namensunterschriften, auch nicht eine Zeile Goethe’s in den dickleibigen Bänden. —
Nicht nur Autographensammler, auch Solche, die ohne Sammler zu seyn, Verehrer Goethe’s sind, werden, gleich uns, aus Herrn von Müllers Worten mit Freuden ersehen, daß Ludwig Tieck den Wunsch ausgesprochen hatte, „etwas von G.’s eigener Handschrift zu besitzen.“
Weimar, 19. Sept. 32.
Sie haben, hochgeehrter Freund und Gönner! eine Reliquie aus Göthe’s Nachlaß, und zwar etwas von seiner eignen Handschrift gewünscht; nach langer Auswahl will es mir scheinen, daß beiliegendes eigenhändig aufgesetztes Schema zu einem Hefte von Kunst und Alterthum von besonderm Interesse für Sie seyn würde. Frau von Göthe fügt zwey Zeichnungen des Verewigten hinzu, wovon eine für Fr. Gräfin Finkenstein, mit den allerangelegentlichsten Empfehlungen an Euer Wohlgeboren und all’ die werthen Ihrigen; sie hat dabey in der That Ihnen zu Liebe ihren festen Vorsatz gebrochen, keine Handzeichnung des Verewigten jemals wegzugeben. Mögen Sie, mein Theurer! diese zweyfachen Handzüge unseres edlen Abgeschiedenen stets mit der Ueberzeugung von der aufrichtigen Achtung, die er Ihnen und Ihrem, dem seinigen wahlverwandten Streben und Wirken widmete, betrachten!
Zugleich erlauben Sie mir Ihnen meine anliegende Denkschrift auf Göthe zu übereignen, die wenigstens ihren Titel: Beitrag zur Characteristik &c. rechtfertigen dürfte. Denn recht absichtlich wählte ich die Darstellung nur einer Seite aus dem reichsten Leben, aber einer solchen, die meines Wissens nach nicht hervorgehoben und näher beleuchtet worden ist.
Ich darf Sie wohl bitten, unserm gemeinschaftl. Freunde, dem Hrn. Grafen Baudissin, die weitern Anfuge Göthescher Handschriften zu übergeben?
Haben Sie denn in einem Feuilleton der allerneusten Stücke des Journals des Debats die Anzeige und Analyse Ihres Phantasus gelesen? Sie ist im Ganzen gut und wohlmeinend geschrieben, nur vermögen die Franzosen durchaus nicht, sich in eine deutsche Dichterseele rein hineinzudenken und fügen daher unwillkührlich immer noch einen Schnörkel daran. Inzwischen ist es schon merkwürdig genug, daß ihnen das Verständniß genialer Leistungen des Auslandes zu dämmern beginnt.
Ich erlaube mir Sie auf das Schlußheft von Kunst und Alterthum, welches in dieser Michaelis-Messe erscheint, aufmerksam zu machen, da ein Aufsatz von Göthe: „Für junge Dichter“ und zwey seiner Briefe über den Abschluß des Faust Sie gewiß sehr interessiren werden.
Faust selbst, der 2te Theil nämlich, erscheint in der ersten Lieferung nachgelassener Werke unfehlbar zu Weihnachten und ich bin äußerst begierig, welchen Eindruck diese wahrhaft wundersame Composition auf Sie machen wird.
Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung
Euer Wohlgeboren
gehorsamster Diener
F. von Müller.