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Neubesinnung

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Nach den vielen Veränderungen habe ich endlich mein Leben wieder halbwegs ins Gleichgewicht gebracht. Meine Frau will unwiderruflich nicht mehr zu mir zurückkehren und wünscht demnächst die Scheidung. Sie macht mir unumwunden klar, dass es ihr ohne mich besser geht und sie auf keinen Fall noch mal meine Dienerin spielen will. Diesen Teil ihres Lebens hielt sie für abgeschlossen.

Sollte ich mich nun schuldig fühlen?

Wir haben uns noch einmal in einem Café getroffen und auf neutralem Boden über unsere Situation und unsere Zukunft gesprochen. Es ging dabei sehr gesittet und sachlich zu. Eine Scheidung wäre jetzt zwar wünschenswert, müsse aber nicht übereilt werden, da sie nicht noch einmal den Fehler einer Heirat machen werde. Wenn ich allerdings ein Bedürfnis habe, könne man ja immer noch beschleunigen. Die Kinder sind mit allem einverstanden und haben meiner Liebreizenden volle Unterstützung zugesagt, vor allem seelische und moralische! Sie sei auf mein mickriges Gehalt nicht mehr angewiesen, ich soll aber wenigstens noch etwas für die Kinder locker machen. Dann ließe sich alles in Ruhe regeln.

Ich fühle mich wie eine Marionette, wie ein Spielball: Sie haben alles geregelt, ich muss mich nur noch daran halten. Fein so!! Man hat mir das Heft des Handelns aus der Hand genommen und das wurmt mich! Ich habe mich auf keine Diskussionen eingelassen, fange nun aber an, mir ernsthaft Gedanken über den Fortgang meines kleinen Rest-Lebens zu machen.

Im Beruf ist alles relativ einfach und auf absehbare Zeit geregelt. Ich habe mir einen guten Ruf erarbeitet, bin oft zu Vorträgen eingeladen und nicht sonderlich scharf auf den Chefposten, wegen der überbordenden Bürokratie. Es reicht auch so schon. Es dauert nicht mehr lange, da werden Patienten nach Aktenlage behandelt, gespeichert auf einer Chipkarte. Ich bin zwar unkündbar, aber die ärztlichen Ambitionen, mit denen ich einmal angetreten bin, habe ich längst begraben müssen.

Und nach meinem privaten Misserfolg, ist die Lebenslust insgesamt etwas melancholisch geworden. Da hocke ich nun in meinen vier Wänden; das Fernsehprogramm ist zum Weggucken, das Essen schnell gemacht und gegessen, und ich bin mir selber ausgeliefert.

Zum Trost mache ich mir einen Rotwein von den älteren Jahrgängen auf und verdrücke mich damit in meinen bequemsten Sessel.

Ich will versuchen, mich mit diesem Tag doch noch zu versöhnen. Mit übler Laune lässt sich nicht gut schlafen.

Und dabei fällt mir Claudia ein. Und die wunderschöne Zeit an der Ostsee, und in mir keimt Sehnsucht auf, Sehnsucht nach dem Geruch ihrer Haut. Auch nach Sonne und Erde, die so unnachahmlich duftet, wenn nach langer Trockenheit im Sommer die ersten Regentropfen fallen.

Es ist inzwischen Herbst geworden, die Abende werden länger und die wären vermutlich viel schöner, wenn ich sie mit einem lieben Menschen verbringen könnte. Ich sollte sie endlich einmal anrufen und suche nun stundenlang nach dem Zettel mit Adresse und Telefonnummer. Ich habe ihn sehr gut weggelegt, an einen völlig logischen Platz. Das ist doch klar!

Ich ärgere mich, dass ich so lange gewartet habe; es würde mir gerade heute gut tun, mit ihr zu sprechen. Mir fällt aber noch nicht einmal das Kaff ein, in dem sie lebt, ihren Nachnamen weiß ich auch nicht! Ich könnte im Internet suchen, aber wonach?

Es wird vermutlich besser sein, mich noch einmal auf den Weg zu machen, um sie auf ihrem Hof zu besuchen. Die Arbeit auf einem bäuerlichen Anwesen sollte, jahreszeitlich bedingt, allmählich weniger geworden sein, und sie müsste, nach meinen Vorstellungen, jetzt mehr Freizeit haben.

Vielleicht könnte ich Claudia noch einmal entführen. Unser gemeinsamer Ausflug an die See hatte sich in meiner Erinnerung inzwischen zu einem Abstecher ins Paradies verwandelt. Es ist schon erstaunlich, worauf eine angeregte Phantasie so alles kommt. Ich nehme mir vor, an diesem Wochenende einen Neuanfang zu versuchen und kann kaum noch an etwas anderes denken, weder mit Kopf noch mit Bauch. Ich packe schon Mitte der Woche einen kleinen Koffer und will vorbereitet sein, falls ich sie wieder zu einem spontanen Ausflug überreden kann.

Ich steigere mich derartig in meine Vorfreude, dass ich sämtliche Zweifel zum Schweigen überreden kann. Ob sie mich nach so langer Funkstille überhaupt wiedererkennen wird oder ob sie ein Wiedersehen noch wünscht?

Am Sonnabendmorgen fahre ich mit gemischten Gefühlen los. Diesmal mit meiner Limousine. Inzwischen bin ich so unsicher geworden, dass ich mich vor dieser Begegnung fast fürchte und es lieber dem sogenannten Zufall überlassen würde und ihn entscheiden ließe, ob es eine Fortsetzung geben soll. Meine Amoklaufende Phantasie bringt mich fast aus dem Gleichgewicht. Bisher bin ich eigentlich bekannt für meine rationale Denke, der ich nur gelegentlich Ausflüge ins Emotionale gestatte. Aber selbst dann bin ich immer noch Herr in meinem Hause.

Mein Herz schlägt wie verrückt, je näher ich ihrem Dorf komme.

Begehren hat´s eilig - Liebe wächst langsam

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