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Der Aktaion-Mythos

(Palaiphatos, Unglaubliche Geschichten 6)

Man sagt, Aktaion sei von den eigenen Hunden verschlungen worden. Das aber ist lügnerisch. Ein Hund liebt nämlich seinen Herrn und Ernährer am meisten, und insbesondere Jagdhunde umschwänzeln alle Menschen. Einige aber sagen, dass Artemis ihn in einen Hirsch verwandelt habe, den Hirsch aber die Hunde getötet hätten. Mir scheint freilich, dass Artemis tun kann, was sie will – doch ist es nicht wahr, dass ein Hirsch aus einem Mann oder aus einem Hirsch ein Mann wird; die Dichter haben all diese Mythen verfertigt, damit diejenigen, die sie hören, sich nicht gegen das Göttliche vergehen. Was wahr ist, verhält sich vielmehr wie folgt: Aktaion war ein Mann, der aus Arkadien stammte und ein Jagdliebhaber war. Er zog immer viele Hunde auf und jagte in den Bergen, wobei er seine eigenen Angelegenheiten vernachlässigte.

Durch seine Jagdleidenschaft, so Palaiphatos weiter, verbrauchte Aktaion sein ganzes Vermögen. Daher konnte man auch in einer allegorischen Deutung behaupten, Aktaion sei von den eigenen Jagdhunden aufgefressen worden. Für Palaiphatos waren Mythen oft lügnerisch und ein Erzeugnis der Dichter. Ziel der Erfinder dieser Mythen war es, den Menschen Furcht vor den Göttern einzuflößen.

Epikur

Epikur verneinte in der Zeit um 300 v. Chr. nicht die Existenz der Götter, sondern vertrat nur die Ansicht, dass sie sich nicht um die Menschen kümmerten; Opfer und Gebete werden, so der Philosoph, von den Göttern nicht erhört – viel weiter ging der angebliche Atheismus der Antike nicht. Dennoch empfahl Epikur, die Götter als Vorbilder für die rechte Lebensführung verehren. Dies bestätigt sich auch bei einer genauen Lektüre des Lukrez, der im 1. Jahrhundert v. Chr. in De rerum natura Teile der Philosophie Epikurs als Lehrgedicht in lateinischer Sprache vorlegte. Eine Dekonstruktion der Götter findet sich bei Euhemeros, einem nur indirekt überlieferten Autor aus dem frühen 3. Jahrhundert v. Chr. Für ihn waren die Götter lediglich Menschen, die man aufgrund ihrer besonderen Leistungen kultisch verehrte.

Stoiker

Nicht alle Philosophenschulen hielten kritischen Abstand zu den Göttern und ihren Kulten. In den Konzepten Platons spielte Religion eine wichtige Rolle. Für die Vertreter der Stoa, der wohl einflussreichsten philosophischen Richtung der Antike, waren die Götter wirkmächtig; daher sahen es die Stoiker für sinnvoll an, den Göttern zu opfern. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass die antike Religionskritik in der Neuzeit eine stärkere Wirkung entfaltete als in der Antike. Erst als Kritik an der unangreifbaren Stellung der Kirchen laut wurde, gewannen die wenigen antiken Zeugnisse für Religionskritik und Atheismus an Bedeutung. Sie waren antike Autoritäten, auf die man sich berufen konnte.

Religion in der Antike

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