Читать книгу Greta, Jupp und die Geister - Verena Prym - Страница 10
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So kommt es, dass Jupp und Greta sich im Gang bei den Garderoben wiederfinden. Jupp hat den blauen Eimer neben sich auf die Holzbank gestellt. Er hat das karierte Tuch, das normalerweise den Eimer bedeckt, ein wenig zur Seite gelupft und macht ein besorgtes Gesicht. Greta beobachtet ihn, wie er behutsam die Hand in den Eimer steckt, und hält den Atem an. Das Geheimnis des Eimers hat natürlich auch sie gepackt.
Einige Sekunden vergehen, dann lächelt Jupp. „Alles okay“, sagt er. Seine Stimme klingt erleichtert. „Der Herzschlag ist ruhig und gleichmäßig. Er schläft heute nur so ungewöhnlich lange ...“
Greta zögert. Es ist das erste Mal, dass Jupp über sein Geheimnis spricht. Nun weiß sie also, dass es etwas Lebendiges sein muss, das in dem Eimer steckt. Denn nur Lebewesen haben einen Herzschlag.
Aber was kann es nur sein, das er vor allen versteckt?
Für einen Fisch fehlt das Wasser im Eimer.
Für ein Kaninchen ist der Eimer zu klein.
Eine Schlange passt irgendwie nicht zu Jupp.
Vielleicht ist es ein Hamster?
Da fragt Jupp plötzlich: „Möchtest du mal hineinsehen?“
„Worein?“, fragt Greta verblüfft.
„Na, in den Eimer!“
Greta verschluckt sich beinahe, so aufgeregt ist sie nun. Will Jupp sie tatsächlich in sein Geheimnis einweihen?
„Aber sei schön vorsichtig, er ist noch ein Baby!“, warnt er.
Nun platzt Greta beinahe vor Neugier, doch sie zögert noch immer.
„Nur zu!“, ermuntert Jupp sie noch einmal.
Ganz behutsam hebt Greta das Tuch an. Zuerst erkennt sie nicht genau, was auf dem Eimerboden liegt, und zwinkert ein paarmal. Doch dann gibt es keinen Zweifel mehr. Dort, in einem Nest aus Heu, liegt ein klitzekleiner Geist und schläft.
Greta ist entzückt, so süß sieht er aus. Alles an ihm ist rund und niedlich. Sein handtellergroßer weißer Körper, sein Kopf und seine Händchen. Füße hat er keine. Ist ja auch klar, Geister schweben, sie brauchen keine Füße.
„Er ist wunderschön“, jauchzt sie. „Wo hast du ihn her?“
„Ich habe ihn gefunden“, erklärt Jupp. „In der Hecke beim Bäcker Koll.“
„Und er war ... ganz allein?“, wundert sich Greta.
Sie kann sich kaum vorstellen, dass ein so süßes Geisterbaby von seinen Eltern allein in einer Hecke zurückgelassen wurde.
Jupp zuckt die Schultern. „Ja, er war ganz allein. Keine Spur von den Eltern. Er wimmerte kläglich vor sich hin und ein krächzender Rabe lauerte schon.“ Da meint auch Greta, dass es richtig war, den kleinen Geist mitzunehmen.
„Ich sorge gut für ihn“, versichert Jupp. „Er bekommt viel frische Luft, und wenn ich ihn nachmittags spazieren trage, nehme ich das Tuch weg, sodass er den Himmel sehen kann. Er macht auch schon Flugübungen im Eimer.“
„Flugübungen?“, staunt Greta und versucht sich vorzustellen, wie es wohl aussieht, wenn der kleine Geist im Eimer auf und ab schwebt. Wie eine aufgeblasene weiße Hummel vielleicht. „Brummt er beim Fliegen?“, möchte sie wissen.
„Er ist doch kein Hubschrauber“, lacht Jupp. „Nein, wirklich, Greta, Geister schweben lautlos.“
Greta pfeift durch ihre Zahnlücke. „Lautlos? Da kennst du meine Geister aber schlecht!“
Jupp reißt die Augen auf. „Deine Geister?“
In diesem Augenblick steckt Frau Gruber den Kopf aus der Klassenzimmertür und bittet die beiden, in die Klasse zurückzukommen, da nun die Mathestunde beginne. Der Eimer könne ein allerletztes Mal mit hineingenommen werden, morgen müsse er aber zu Hause bleiben, sonst gäbe es ein Donnerwetter.
Jupp legt den Zeigefinger auf den Mund. „Der Babygeist ist unser Geheimnis, ja?“
„Klar doch“, verspricht Greta.
„Bis er wegfliegt“, ergänzt Jupp.
Greta reißt erschrocken die Augen auf. „Er fliegt weg? Wann denn?“
Jupp zieht die Schultern hoch. „Ich weiß nicht wann und auch nicht wohin. Er wird wohl dorthin fliegen, wo andere Geister wohnen. Geister leben gern in Gruppen zusammen.“
In Gretas Bauch beginnt es zu kribbeln. „Vielleicht fliegt er ja zu meinen Geistern aufs Dach“, meint sie freudig.
Da erscheint Frau Grubers Kopf erneut im Türrahmen. „Greeeta!“, ruft sie mit krächzender Stimme. „Das habe ich genau gehört! Hör auf mit den Geistergeschichten!“
Greta sieht Jupp an und kichert. „Wenn die wüsste! Jetzt geht es erst richtig los mit der Geistergeschichte!“
Sie überlegt einen Moment. „Hast du dem Babygeist eigentlich schon einen Namen gegeben? Also, ich finde, Schnuppe würde gut zu ihm passen.“
„Er hat schon einen Namen“, sagt Jupp.
„Und welchen?“, möchte Greta wissen.
Jupp grinst schelmisch. „Star Wars!“
Da schüttelt Greta lachend den Kopf. „Na ja, nicht so gut wie Schnuppe, aber immerhin besser als Lillifee.“