Читать книгу Möwe und Pflaumenbaum - Veronika Beci - Страница 7

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Entlassung aus dem Krankenhaus. Abgeholt werden. Erst bezahlen, dann das Haus verlassen. Auf dem Weg nach draußen der Junge mit dem blutigen Kopfverband. Seine Mutter folgt mit von entsetzen aufgerissenem Gesicht dem Bett, das zwei Pfleger eilig über die graugestrichenen Flure ziehen. Ein Blutstropfen auf dem Krankenhausboden.

Ich werde ein Buch über Blutstropfen schreiben – sie glänzen so schön. Nein, nicht über Blutstropfen. Über Möwen und Pflaumenbäume.

Im Auto dann erregtes Gebimmel des Handy. Arne, am Steuer, drängt mir das Handy auf. „Ich bin 's Schatz. Claudia. Das Buch ist auf jeder, absolut jeder Bestsellerliste! Abfragen wegen Interviews und Lesungen. Auch schon Lizenzverhandlungen. Wann können wir uns sehen, um Absprachen zu treffen? Wie geht es Dir überhaupt?“ Arnes gezischelte Mahnung: „Schmiede das Eisen, solange es heiß ist!“

Er bremst vor dem Haus. Er sieht gut aus, smart. Höflich hält er mir die Wagentür auf. Perfektion vom Scheitel bis zur Sohle. Zuhause. Eisiges Bedanken, dass Arne mich nach Hause gebracht hat. Ich hätte auch ein Taxi nehmen können. Auf den Stufen vor der Haustür dreht er sich wieder um. „Ich muss noch zu einem wichtigen Termin. Es tut mir sehr leid. Du kommst doch zurecht?“ Er küsst mein Haar, ohne eine Antwort abzuwarten. Ich stehe in der offenen Tür und sehe ihm nach, wie er in seinem Sportwagen davonbraust.

Türe zu. Aufatmen. Türe verriegeln. Aufatmen.

Zyklopen haben Zyklopenangst.

Etwas Merkwürdiges ist daran, wenn man nach langen Wochen nach Hause kommt. Alles ist bekannt und doch fremd. Jemand hat offenbar gelüftet. Arne. Überall weißer Staub. Wollmäuse neben den Stuhlbeinen. Eine dünne Spinne huscht auf und vorbei. Jemand hat alle meine Blumen auf den Balkon gestellt und regelmäßig gegossen. Ich stelle die Töpfe zurück. Den Kaktus auf meinen Schreibtisch. Die Stifte liegen hier, wie ich sie immer hinlege. Meine Post liegt da, aufgestapelt.

In der Küche. Der Kaffee in der Dose duftet längst nicht mehr. Der Kühlschrank ist leer. Arne hat anscheinend noch nicht eingekauft. Ich finde in einem Schrank noch ein paar Blätter Minze und brühe mir Tee auf. Während ich ihn schlürfe sehe ich aus dem Fenster den fallenden Blättern zu. Sie verschleiern den Pflaumenbaum hinterm Haus gelbgolden.

Es ist erst früher Nachmittag, aber ich fühle mich so zerschlagen, dass ich zu Bett gehe. Ich wäre so gern im Schlaf geborgen, aber ich schlafe nicht, Ich sehe die Nacht kommen und gehen. Ich sehe den Tag kommen.

Wundervoll. Vor dem Schlafzimmerfenster stehen Bäume mit Kronen aus gelber Wolle.

Es ist Morgen.

Möwe und Pflaumenbaum

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