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Zweites Kapitel

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Arne wohnt sehr weit weg, nicht mehr in dem gelben Haus am Marktplatz, wo er früher gewohnt hat, als wir noch in die Vorschule gingen. Er ist der einzige aus unserer Klasse, der mit dem Schulbus zur Schule kommt.

»Wohnst du immer noch in Stockholm?« fragte Janna, und Linda kicherte so, daß sie nur noch auf einem Bein stehen konnte.

»Leider nicht«, sagte Arne. »Bis Stockholm sind es ja fünfhundert Kilometer.«

»Aber das wißt ihr wahrscheinlich gar nicht«, sagte Jorma.

»Ihr seid ja noch nie in Stockholm gewesen.«

Jorma hält zu Arne, egal, was Arne tut.

»Ich bin doch schon mal in Stockholm gewesen. Im Tierpark mit meiner Oma«, sagte Janna und plusterte sich auf.

»Das kann ich mir vorstellen, da paßt du genau hin. Zu den affen«, sagte Arne lachend. Er hat auf fast alles eine Antwort.

Gestern hat unsere Lehrerin gesagt, wir sollen besonders nett zu Arne sein, weil er doch neu in der Klasse ist, aber heute sah sie aus, als ob ihr das wieder leid täte.

Arne kennt fast alle, und als es heute nach der großen Pause klingelte, da hat er sich was Lustiges einfallen lassen.

Das hat er in Stockholm gelernt.

Wir gingen nicht in den Klassenraum wie sonst, sondern hüpften alle in einer Reihe auf einem Bein. Aber unsere Lehrerin fand das überhaupt nicht witzig.

Sie fragte uns ziemlich ärgerlich, was wir uns dabei gedacht hätten, so ins Klassenzimmer zu hüpfen. Aber niemand antwortete ihr. Dann fragte sie, wer sich das ausgedacht hätte, und da antwortete auch niemand. Da fragte sie Linda, die ihr am nächsten stand, ob sie etwas von diesem Gehüpfe wisse. Linda schüttelte ängstlich den Kopf.

Aber Maria Magnusson sagte: »Das war doch noch gar nichts. In Stockholm machen sie das jeden Tag.«

Einen Augenblick war es still. Dann guckte Frau Svensson auf ihren Goldring und sagte: »Was für ein Glück, daß wir in unserer netten kleinen Stadt wohnen, wo man sich auch benimmt wie in einer netten kleinen Stadt.«

Das gefiel Linda so gut, daß sie Beifall klatschte, und das tat sie eine ganze Weile.

Um drei Uhr war die Schule erst aus, und da war es schon fast dunkel.

»Es ist ungerecht«, sagte Janna, »daß es im Winter in Schweden so selten hell ist.«

»Und wenn es schon mal hell ist, ist man in der Schule«, sagte Maria Magnusson.

»In Stockholm war es den ganzen Tag dunkel«, sagte Arne.

»Wirklich«, sagte Jorma, »stimmt das?«

»Jedenfalls wenn man in der Untergrundbahn ist«, sagte Arne.

Wir wurden ganz still. Ich glaub nicht, daß jemand aus meiner Klasse jemals mit der U-Bahn gefahren ist. Einige sind mit der Berg-und-Tal-Bahn in unserem Vergnügungspark gefahren, der heißt Liseberg. Aber da ist es nicht dunkel. »Wie viele Male am Tag bist du mit der U-Bahn gefahren, Arne?« fragte Krille.

»Zweimal«, sagte Arne. »Manchmal fünfmal. Kam ganz darauf an, wer an der Sperre saß. Oh, da kommt mein Bus. Tschüs.«

Arne sprang in den Schulbus und drehte sich nicht mehr nach uns um, als der Bus abfuhr. Das war auch gut so. Fast die ganze Klasse stand mit offenem Mund da.

»An der Sperre«, sagte Jorma bewundernd.

»Was heißt das schon, an der Sperre«, sagte Linda mit piepsiger Stimme.

Ja, das möchte ich wirklich wissen. Als ich mit Papa zusammen Mittag aß (braune Bohnen, erinnert mich bloß nicht daran!), fragte ich ihn, was das mit der Sperre bedeutete.

»Hum«, machte Papa. Er blätterte gerade in einer Zeitschrift, in der Stockrosen abgebildet waren. Im Frühling wollte er Stockrosen in unserem Schrebergarten pflanzen. »Aha«, sagte ich, »Sperre ist also so was wie hum. Sehr interessant!«

»Hum«, machte Papa wieder.

Meine Mama sagt, daß man beim Essen nicht lesen darf, außer man ißt ganz allein. Aber mein Papa hat das noch nicht begriffen. Vielleicht denkt er aber auch, daß es kein Lesen ist, wenn er sich ein paar alte Rosen anguckt.

»Was ist eine Sperre, Papa?« fragte ich.

»Hum«, machte er, »hum, hum.«

»Sperre!« schrie ich.

»Hum ... hum, hum«, machte Papa.

Da stand ich auf und sagte: »Papa, gibst du mir bitte fünfhundert Kronen, damit ich mir ein Seeräuberschiff Marke Playmobil kaufen kann?«

»Bist du verrückt«, sagte Papa blitzschnell. »Woher soll ich fünfhundert Kronen nehmen, und du hast doch noch nicht mal Geburtstag!«

»Ich wollte nur wissen, ob du noch lebst«, sagte ich.

Papa schüttelte den Kopf. Ich stellte meinen Teller in das Spülbecken und überlegte, ob ich nicht lieber an der Sperre sitzen wollte statt Hirnchirurg zu werden. Oder Schwimmlehrerin. Oder Delphinzähmerin. Ich weiß nicht, aber wenn ich mal heirate, dann will ich einen Mann haben, der gut hören kann.

Mimi und die kalte Hand

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