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Persönliches

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Jedes Buch ist Ausdruck des Menschen, der es verfasst. Die Intensität, mit der sich der Verfasser allerdings in die Inhalte einbringt, kann sehr verschieden sein, zum Beispiel bei einer wissenschaftlichen Ausarbeitung, die größte Objektivität anstrebt, im Verhältnis zu einer Autobiografie, die überwiegend subjektiv ist. Das vorliegende Buch über das Alter ist ausgesprochen persönlich oder auch bewusst subjektiv. Der Leser und die Leserin sollen deshalb etwas von der Person wissen, die hier schreibt.

die Lebenserfahrung »spricht mit«

Person birgt personare in seinem Wortstamm, was »durchtönen« heißt. Und so habe ich es auch immer erlebt, wenn ich ein Buch schrieb oder einen Vortrag hielt. Es spricht in den eigenen Sätzen etwas mit, was mehr ist als man selber. Ich möchte dieses Etwas Lebenserfahrung nennen, die geprägt wird und im Alter oft gesättigt ist von den Begegnungen mit anderen Menschen. Wir sind doch gar nicht denkbar ohne die Prägung durch andere Menschen, ganz zentral in Kindheit und Jugend, aber immer fortwirkend bis in das hohe Alter. Am stärksten wurde mir das als Arzt bewusst durch die Menschen, die sich mir anvertrauten und die die Medizin traditionell Patienten nennt. Sie waren meine eigentlichen Lehrer, durch sie habe ich alles gelernt, was mich (hoffentlich!) zu einem guten Arzt werden ließ. Das ist mir bei meinem ersten Buch Intuitive Medizin in jedem Kapitel bewusst geworden, manchmal wusste ich bei einem einzelnen Satz ganz konkret, wer ihn mir gerade »diktierte«.

Liebe zur Schöpfung Mensch

Durch mich »tönt« in allem der Arzt! Ich wusste mit drei Jahren, dass ich diesen Beruf ergreifen wollte, ich hatte die Intention offensichtlich »mitgebracht«. Es ist ein ganz auf den Menschen gerichteter Beruf, und du kannst nicht Arzt sein, ohne den Menschen zu lieben. Mediziner vielleicht, aber nicht Arzt. Und die Liebe gilt nicht zunächst dem einzelnen konkreten Menschen, der mir als Patient begegnet, sondern der Schöpfung Mensch. Sie ist ein einziges Wunder, vielleicht das größte aller Schöpfung. Ihr wollte ich mich verbinden, ja ihr dienen. Das Studium lieferte viel technisches Verständnis, unglaubliches Detailwissen, ca. 25.000 Seiten Lehrbuchwissen musste ich mir aneignen, um das Staatsexamen zu bestehen. Aber vom Menschen lernte ich kaum etwas, ganz vereinzelt von solchen Dozenten, die Vorlesungen anboten, die man nicht nachweisen musste, um das Examen zu machen. Sie wurden »fakultativ« genannt. Beispielsweise im Rahmen der Vorlesung Das Gesicht des Kranken während meiner Zeit an der Universität in Heidelberg führte uns vier Teilnehmer (!) der Dozent an das Krankenbett und lehrte uns wahrzunehmen, was das Gesicht eines Kranken alles erzählen kann, wenn man richtig schaut, bis hin zu einer Diagnose ohne Labor, Röntgen, Endoskopie oder MRT.

Anthroposophie

Auf der Suche nach mehr Verständnis vom Menschen begegnete mir durch einen älteren Bruder die Anthroposophie, und seither habe ich mich ihr ganz verbunden. Sie war es unwissend wahrscheinlich schon viel länger, und sie ist ein weiteres Element, das mich durchtönt. Als ich bei Steiner las, der Arzt brauche Menschenverständnis und Menschenliebe, traf dies auf uneingeschränkte Zustimmung in mir. Diese Zweiheit lebt in der Medizin als Diagnose und Therapie. Diagnose bedeutet, den anderen zu verstehen, wer er ist, wie er geworden ist, und vor allem, wer er werden will. Und es bedeutet, ihn so sein zu lassen, wie er ist, ihm keinen Stempel von Vorurteilen aufzuprägen und doch mit ihm zu entdecken, was er an sich durch die Krankheit, die uns nun verbindet, ändern möchte. Das ist ihm ja oft nicht bewusst, und eine der Künste der Diagnose ist es, dies herauszufinden und bewusst zu machen. Und dann die Wege zu suchen und zu finden, um diesen Entwicklungsschritt zu realisieren. Diese Erkenntnisarbeit quillt aus der Liebe, die das Verständnis ergänzt und zur Therapie wird.

Christliches

Und ein drittes Element erlebe ich mich durchtönen: das Christliche in der Welt. Es fällt mir schwer, hier »Christentum« zu schreiben, weil sich viel zu viel mit diesem Wort verbindet, was durch die Jahrtausende ausgelebt wurde, was mit dem Gründerwesen, dem Christus, nichts gemein hat. Von sehr jugendlichen Jahren an wusste ich, dass ich Christ sein will, doch was mir an Kirche oder Konfession begegnete, korrespondierte nicht mit dem, was in mir klang. So wurde Dostojewskis Erzählung vom Großinquisitor in dem Roman Die Brüder Karamasow eine tiefe Bestätigung meines Empfindens. Ein wirkliches Erkennen und Wissen, was es heißt, Christ sein zu wollen, fand ich erst in der Anthroposophie.

Offenheit

Es sind diese drei Elemente, die mich durchtönen, aus denen ich lebe und als Arzt gearbeitet und gelehrt habe, von denen der Leser und die Leserin wissen sollten: Arzt aus Menschenverständnis und Menschenliebe; Anthroposophie und der Mensch Rudolf Steiner; und die Christuswesenheit, die als Gottessohn Mensch geworden ist und sich uns innig verbunden hält mit all seiner Liebe und seinen vielen Helfern. Ich könnte von Weltanschauung sprechen, wenn dieses Wort nicht oft missbraucht würde, als bedeute es Einengung bis zur Ideologie. So wird die Anthroposophische Medizin von Kritikern oder Gegnern gerne als »weltanschaulich« disqualifiziert, als ob die Naturwissenschaften nicht auch eine spezifische Sicht auf Mensch und Welt vermitteln würden, also Weltanschauung seien. Ich kann von mir sagen, dass ich mich nie einengen ließ auf bestimmte Anteile oder Sichtweisen, sondern für alles mir Begegnende offen blieb, zu lernen und meine Anschauung von Mensch und Welt zu erweitern. Und da kann ich den Bogen wieder zum Alter schlagen. Denn wenn ich gefragt wurde, welche Mittel es denn gäbe, um gesund alt zu werden und zu sein, war und ist meine Antwort: »Bleibe immer neugierig und höre nie auf zu lernen!«

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