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1.3 Kapital für das Start-up-Ökosytem

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Etwas ausführlicher will ich auf die zweite Säule eingehen: Das Kapital. Der erste Ansatzpunkt muss dabei am Anfang liegen: bei der Anschubfinanzierung von Unternehmen. Start-ups sind wie Raupen. Sie haben nimmersatten Hunger, wachsen schnell, und die wenigsten überleben lang genug, um sich als schillernde Schmetterlinge zu entpuppen. Die digitale Gründerzeit entwickelt dabei sogar einen noch stärkeren Appetit als die industrielle – und verlangt noch lauter nach frischem Kapital. Der Wettbewerb ist global, und die Regeln der Plattformökonomie begünstigen nur die Besten, Schnellsten, Größten: Es gilt das Prinzip »the winner takes it all«. Wer mithalten will, muss auf schnelles und kapitalintensives Wachstum setzen. Und die passende Kapitalform für diesen ebenso großen wie frühen Kapitalbedarf ist Wagniskapital.

Bisher sieht es in puncto Wagniskapital in Deutschland und Europa bescheiden aus: Im Jahr 2018 wurden in ganz Deutschland gerade einmal 4,6 Milliarden Euro Wagniskapital investiert – weniger als ein Zehntel dessen, was US-amerikanischen Start-ups zugutekommt. 2019 lagen England und Frankreich bei VC-Investitionen in junge Unternehmen vor Deutschland. Und: Auch ganz Europa gerät ins Hintertreffen, nicht nur gegenüber den USA. Während sich die Investitionen in Europa zwischen 2012 und 2017 immerhin fast verdreifachten, sprangen sie in Asien auf fast den 15-fachen Betrag – und damit auf das Niveau der USA.

Besonders groß ist der Finanzierungsnachteil der jungen Unternehmen in Europa während der späteren, besonders kapitalintensiven Wachstumsphase. In Europa wird pro Finanzierungsrunde deutlich weniger Geld eingesammelt als in Asien und den USA. Facebook, Tesla und Uber haben während ihrer Entwicklung durchschnittlich gut 5 Milliarden Dollar eingesammelt – was sie konnten, weil Wagniskapitalgeber in den USA grundsätzlich mehr als 50 Prozent ihrer Mittel in dieser Phase investieren. In Europa sind es dagegen nur 38 Prozent. Darüber hinaus sind die Unterschiede nicht nur beim gesamten Investitionsvolumen, sondern auch bei den durchschnittlichen Investitionen pro Unternehmen gravierend.

Der Mangel an Wagniskapital in Deutschland hat verheerende Folgen: Jedes vierte Start-up will ins Ausland gehen, weil zu Hause das Geld fehlt und weil Mitarbeiterbeteiligungen


Abb. 2: Investitionslücken im Wachstumsprozess von Start-ups (Quelle: Heilmann/ Schön, 2020)

zu kompliziert und zu teuer sind. Das Geschäft wird häufig im Ausland gemacht. Das Datenkompressionsverfahren MP3 etwa wurde in Erlangen entwickelt und von der Fraunhofer-Gesellschaft patentiert. Doch deutsche Firmen wie Siemens zögerten, auf diese neue Technologie zu setzen – mit dem Ergebnis, dass der erste MP3-Player in Korea produziert wurde. Deutschland meldet in Europa die meisten Patente an, doch weil das Wagniskapital fehlt, heißt es oft: Invented in Germany, sold somewhere else.

Dass US-Unternehmen schneller und früher mit mehr Wagniskapital rechnen können und auch größere Finanzierungsrunden möglich sind, liegt vor allem an zusätzlichen Akteuren auf dem Markt: den mächtigen Pensionskassen und Versicherungen. Wollen wir eine neue Gründerzeit in Deutschland auslösen, brauchen wir vor allem attraktivere Bedingungen für solche institutionellen Investoren. Einen großen Schritt in diese Richtung hat die Bundesregierung gerade mit einem Zukunftsfonds für Wachstumskapital getan. Ein Dachfonds soll es institutionellen Anlegern vereinfachen, in Venture-Capital-Fonds zu investieren. Außerdem sollen bisherige Instrumente mit Wachstumsfaszilitäten ergänzt werden und somit die Finanzierungslücke gerade bei größeren Runden schließen. Der Fonds soll im kommenden Jahr starten und in den nächsten Jahren auf ein Volumen von zehn Milliarden Euro staatliches Kapital anwachsen. Gehebelt um das private Kapital kann man von mindestens dem doppelten, vielleicht dreifachen Volumen ausgehen – ein echter Quantensprung. Gemeinsam mit den bereits bestehenden – in den letzten Jahren geschaffenen oder ebenfalls stark angewachsenen – Instrumenten für Wachstumsfinanzierung wie HTGF, Coparion, KfW Capital und EIF wird die Bundesrepublik damit erstmals in ihrer Geschichte über eine veritable Finanzierungslandschaft für Wagnis- und Wachstumskapital verfügen.

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