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1.6 Die Mitarbeiter stehen im Zentrum der neuen Gründerzeit

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Die vierte Säule unseres Start-up-Ökosystems gehört den Mitarbeitern. Start-ups müssen bei der Suche nach hochqualifizierten Talenten unterstützt werden. Rund zwei Drittel der deutschen Start-ups klagen über Schwierigkeiten bei der Personalsuche, weil etablierte Unternehmen mehr Sicherheit und höhere Gehälter bieten. Im globalen War for Talents bekommen sie die jungen und risikoaffinen, nicht aber die erfahrenen und stabilisierenden Mitarbeiter. Daher setzen viele Start-ups auf eine moderne Unternehmenskultur, flache Hierarchien, verantwortungsvolle Aufgaben und eben Mitarbeiterbeteiligungen, die Angestellte am Erfolg des Unternehmens teilhaben lassen.

Mitarbeiterbeteiligungen können die Wettbewerbsnachteile der Start-ups verringern, indem sie bei langfristiger Bindung eine Aussicht auf zusätzliche Entlohnung eröffnen. Zudem machen sie Mitarbeiter im besten Fall zu Business Angels und seriellen Entrepreneuren, die ihr Geld nach und nach in weitere, ob eigene oder andere Start-ups stecken und sie über die wechselseitigen Beteiligungen noch enger vernetzen. Im Falle eines Exits bedeutet das, dass Mitarbeiter wie die Gesellschafter einen Teil des Verkaufspreises erhalten. Bei sehr guten Exits kann dieser kleine Teil durchaus in die Tausende gehen, und es ist diese Aussicht, die viele dazu bewegt, Abstriche beim Festgehalt im Vergleich zum Konzerngehalt zu machen. Mitarbeiterbeteiligungen im Falle eines Exits sind also enorm wichtig, sowohl für die Angestellten als auch für die Start-ups selbst. Nicht selten ist die Form der Beteiligung eine der ersten Fragen, die in Bewerbungsgesprächen gestellt werden.

Was sich in der Theorie einfach anhört, erweist sich in der Praxis allerdings oft als schwierig. Mitarbeiterkapitalbeteiligungen verfolgen im Grunde zwei Ziele: Sie sollen erstens motivieren; das wird durch die Teilhabe am Exit-Erlös und die Aussicht auf eine überproportionale Vergütung erreicht. Zweitens sollen wichtige Angestellte an das Unternehmen gebunden werden. Darum wird die Beteiligung nicht schon zu Beginn eingeräumt, sondern über typischerweise zwei bis drei Jahre mit kontinuierlichem Zuwachs erarbeitet (Anwachsungsklausel) und darüber hinaus vereinbart, dass die Beteiligung bei früherer Kündigung ganz oder teilweise verfällt (Verfallsklausel). Beide Klauseln sind mit der GmbH als häufigster Rechtsform der Start-ups kaum wirtschaftlich umzusetzen. Denn jede Anteilsübertragung bedarf einer notariellen Beurkundung und Aktualisierung des Handelsregisters. Zudem bringen echte Anteile auch unabdingbare Informations-, Einsichts-, Anfechtungs- und Stimmrechte mit sich, die Gesellschafterversammlungen sehr kompliziert machen. Anders als die AG ist die GmbH also schon strukturell nicht auf viele und häufig wechselnde Minderheitsgesellschafter ausgelegt.

Von daher könnte man meinen, dass die AG die Gesellschaftsform der Wahl sei – was wenig verwundern würde. Schon in der Gründerzeit des 19. Jahrhunderts hatte das Gesellschaftsrecht zur dynamischen Entwicklung beigetragen – nach gründlicher Vorarbeit. Den Stein-Hardenberg-Reformen ab 1807 folgte eine ganze Kaskade von juristischen Reformen. Nach dem Urheberschutzgesetz von 1837 wurde 1843 das preußische Aktienrecht eingeführt, 1861 folgte mit dem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch das erste gesamtdeutsche Gesetzbuch, 1877 das Deutsche Patentgesetz. Als Gottlieb Daimler 1884 in seinem Gewächshaus mit Wilhelm Maybach am Verbrennungsmotor bastelte und sein Vermögen nicht ausreichte, um seine Entwicklung zu finanzieren, waren alle rechtlichen Voraussetzungen vorhanden, die er zur Gründung seiner Aktiengesellschaft Daimler-Motoren-Gesellschaft brauchte. Erst sie brachte ihm finanzstarke Aktionäre ins Haus und legte das Fundament des späteren Weltkonzerns.

Die Tatsachen allerdings sprechen dagegen, dass jungen Unternehmen heute noch mit der AG gedient wäre. Anders als in der Schweiz sind die allermeisten Kapitalgesellschaften in Deutschland eine GmbH. Das hat verschiedene Ursachen: Die Gründung einer AG ist deutlich aufwendiger und kostspieliger – das erforderliche Stammkapital ist mit mindestens 50.000 Euro doppelt so hoch wie bei der GmbH. Sodann ist die Struktur der AG komplizierter – der Aufsichtsrat als weiteres Organ neben Gesellschafterversammlung und Management ist vorgeschrieben. Und schließlich ist das Aktienrecht zwingend, während das GmbH-Recht abweichende Satzungsregelungen zulässt. Die GmbH ist damit sehr viel flexibler und kann besser auf die Bedürfnisse der Gesellschafter und des Managements ausgerichtet werden. Diese Nachteile können die Vorteile der leichten Übertragbarkeit der Aktien offenbar nicht ausgleichen.

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